Robert Enke - Selbstmord

Oder man hat plötzlich zuviel Zeit zum Nachdenken, wenn man nicht jede Woche im Tor steht, und dadurch wird die Depression schlimmer. Das ist
bei mir oft in Semesterferien passiert, wenn ich nicht aufstehen musste und
immer zuhause geblieben bin. Selbst wenn Enke wohl soviel Zeit auch in der Pause nicht hatte, kann das theoretisch auch negativ gewirkt haben.

Natürlich kann man durch eine Pause erst Recht ins "Loch fallen." Das ist aber auch nur ein Indiz für Depressionen. Denn Schuld daran hat ja nicht die freie Zeit, die ein Mensch ohne Depressionen ja sehr wohl genießen und für sich nutzbar machen kann, ohne in irgendwelche Löcher zu fallen. Ich denke, die Depression holt einen früher oder später sowieso ein, wenn sie nicht beachtet wird. Man kann sie mit übersteigerter Aktivität eine Zeitlang übertünchen, oft sucht sie sich dann andere Kanäle, z. B. in chronischen Schmerzen oder irgendwelchen Süchten. Oder es kommt zum ganz großen Knall, wenn man zulange versucht hat die Alarmsignale zu überhören.


mmt, so ging es mir als Kind immer. Da zuhause schulische Leistungen sehr wichtig waren, hatte ich das Gefühl immer Einser nach Hause bringen zu müssen. Da ich aber in Augen meiner Mutter hochbegabt gewesen bin
(was ich selbst nicht so sehe, ich denke, dass ich intelligent bin, und mir manchmal interessante Lösungen einfallen, aber es hat seine Grenzen),
wurde das als selbstverständlich angesehen.

Ich halte dich tatsächlich für hochbegabt. :)
Was aber nicht bedeutet, dass dir deshalb alles zugeflogen kommt, versteht sich. Manche Hochbegabung beruht tatsächlich neben der Intelligenz vor allem auf der Fähigkeit, mit jeder Faser seiner Seele fühlen zu können und alles um sich herum wahrnehmen zu können. Und das ist Gabe und Fluch gleichermaßen. Man zahlt immer einen Preis für diese Hochbegabung. Anders ist es sicherlich bei jemandem, der einen hohen IQ aber einen verkümmerten EQ hat. Der kann seinen Weg geradeaus gehen, schaut nicht nach rechts oder nach links, geht steil auf der Karriereleiter vorwärts, weil seine eigenen Emotionen ihm nicht hinderlich sind. Das sind dann die klassischen "Fachidioten", die eigentlich "Sonstidioten" sind. Ob das aber wirklich erstrebenswert ist? Naja, kommt darauf an, was man für sich vom Leben erwartet. Ich sage: nein.



Dazu kam, dass mir die Schule
gefallen musste, obwohl ich sie innerlich hasste (schweres Mobbing, Einsamkeit), aber ich wollte meine Eltern nicht enttäuschen.
Ja, mir hat wohl auch Liebe und Anerkennung sehr gefehlt.

Ja, das glaube ich dir gerne. Ich frage mich, ob deine Eltern überhaupt deine feinfühlige Seite wahrgenommen haben.


Wenn ich bei irgendwas gedacht habe, dass ich das nicht kann, dann habe ich es gar nicht versucht, ging mir bei der Liebe dann später auch so, und dadurch habe ich erst recht versagt.

Das ist ja genau das was ich meine. Die Perfektionsansprüche sind so übergroß, dass man es gar nicht erst probiert. Man scheitert von vornherein an seinen Ängsten und seinem miesen Selbstwertgefühl. Wenn man diese Ängste nicht hätte und ein Versagen nicht einem Todesurteil gleich kommen würde, dann könnte man doch sagen: "Ich probiere es einfach. Entweder es klappt oder eben nicht." Aber so dreht man sich in der Perfektionsspirale und versagt dadurch erst recht. Das Aberwitzige dabei ist: Anderen gesteht man sehr wohl immer wieder zu, zu versagen, in Fettnäpfchen zu treten, die Bälle des Lebens daneben zu werfen. Man mag sie immer noch genauso wie vorher, manchmal vielleicht sogar noch mehr. Fehler machen einen Menschen schließlich erst richtig menschlich und liebenswert. Nur man selbst will immer den großen Zampano machen und meint, anders hätte man ja nichts verdient.
 
Werbung:
Lalala...Es ist November. Im November (Skorpion) denke ich intensiver über den Tod nach als sonstwann im Jahr. Im Sommer waren alle so lustig. Da war er aber da - der Tod. Wenn im Herzen November ist, dann sieht die Seele nur noch das Dunkel und nichts spielt mehr eine Rolle. Ich sehe ihn heute intensiver als im Sommer. Kann ihn besser verstehen. Und akzeptieren. Wenn wir ein Leben leben, dass nicht das Leben ist, das wir leben wollen, kann man schon mal früher gehen. Ich verlasse Veranstaltungen auch früher, dir mir nicht gefallen :o
Es ist allgemein schwer zu verstehen. Ich stell mir immer die letzten Minuten vor. Da redest du mit jemanden und keine zwei Stunden später isser wech...für immer. Auf der einen, wie auf der anderen Seite. An Novembertagen beschäftigt es mich sehr, was man denkt, kurz bevor man geht. Bewusst geht. Nicht aus dem Affekt, sondern geplant. Über Monate.

Es gibt verschiedene Arten von Suizid. Latent depri muss man dazu nicht sein.

Aber es ist sinnlos, übers Wieso, Weshalb, Warum zu philosophieren. Gehen tun wir alle irgendwann. Ich bewundere den Mut. Davon abgesehen hab ich natürlich während solcher trüben Novembertage dank Erfahrung manchmal den Gedanken: Jetzt weiß ich wenigstens, wie es geht *hust*. Ich würde diesen Weg für mich aber erstmal ausschließen, weil ich viel zu neugierig bin, wie es denn mit mir sonst zu Ende gehen würde ;) Nur: wenn es mein Weg ist, mich auch irgendwann selber wegzuräumen, dann wird genau das wohl mein Weg gewesen sein. Sowas steckt ja bekanntlich an. Puh! Das gibt mir natürlich auch zu denken - an solch trüben Tagen. Doch fänd ich es letztlich nicht schön, doch selber entscheiden zu können? Ich bin sehr zwiespältig, was das angeht. Klar, lösen sich Probleme in Nichts auf - für den, der geht. Doch die, die da bleiben, haben den Krautsalat am Hacken. Mit samt aller Trauer, mit der sie niemals gerechnet hätten. Und man merkt als der, der da blieb, hier in diesem Leben, dass alles ganz anders, viel einfacher lösbar ist, als durch den Tod. Man muss nur loslassen - dazu muss man nicht den Zug oder irgendwelches Zeug aus dem Baumarkt wählen.

Wieso ist es so schwer, im Leben loszulassen? Ich bin sehr aggressiv geworden durch das, was passiert ist ... weil mir ein Mensch seinen Schei** einfach mit reingedrückt hat. Das Ganze hat einen riesigen Rattenschwanz nach sich gezogen. Kontakte entstanden, die sonst nie entstanden wären. Plötzlich war ich Teil einer Geschichte, die nie meine war, musste mich, nebst meinen wirklich eh schon eklatanten Eigen-Problemen, noch um das Seelenheil der anderen, wirklichen Hinterbliebenen kümmern.

Die Phasen, die ich nach der Sache durchlebe, sind irre. Monatlich geht es um was anderes das Thema betreffend. Und im November geht es um meine eigene Einstellung zum Tod. Der November ist auf jeden Fall der Monat, in dem ich jeden verstehe, der sich vor den Zug wirft. Ich betone: "verstehe".

Gute Nacht!
 
Meine Güte,
was für kalte Sätze gesprochen werden, wenn jemand sich das Leben genommen hat. Esist doch völlig egal, ob dieser Mensch prominent ist oder nicht, man fühlt mit ihm und seiner Familie. Und es ist bestimmt für viele depressiv Erkrankten gut, dass jetzt darüber gesprochen wird, denn es kann ihnen Mut machen, mit ihrer Krankheit umzugehen.
Das denke ich nicht, dass man mit ihm und seiner Familie fühlt. Das kann doch keiner ermessen und wirklich fühlen, was sie fühlen.
Natürlich kann man betroffen sein, traurig, oder was auch immer - aber MIT ihnen fühlen?
So nah stand ihm und seiner Familie wahrscheinlich niemand von uns, dass das einer von uns könnte....
 
Das denke ich nicht, dass man mit ihm und seiner Familie fühlt. Das kann doch keiner ermessen und wirklich fühlen, was sie fühlen.
Natürlich kann man betroffen sein, traurig, oder was auch immer - aber MIT ihnen fühlen?
So nah stand ihm und seiner Familie wahrscheinlich niemand von uns, dass das einer von uns könnte....

Es sind halt die üblichen Phrasen, die in so einer Situation abgelassen werden...ist jetzt nicht negativ gemeint...im real life sagt man auch pflichtschuldigst..."mein herzlichs beileid"...und immer noch besser als die, die hier schon wieder mit leichenfledderei anfangen.."er hätte doch" oder "warum hat er nicht"...
Depressionen sind eine Krankheit, eine der schlimmsten, die es gibt und niemand kann das nachvollziehen, was das bedeutet, nicht wirklich, außr er leidet tatsächlich selber darunter...und damit meine ich jetzt nicht diese "Selbstmitleidsphasen", die wohl viele mal haben oder eben mal einfach für ein oder zwei Tage/Wochen down sein...Depressionen können sogar "vererbt" werden...wann sie ausbrechen...ob sie ausbrechen, warum...wenn das einer wüßte...und ob das dann was nützen würde.

Die Betroffenen selber müssen Zeit ihres Lebens Medikamente nehmen...manch einer will das nicht, weil diese Pille zwar keine extremen "Tiefs" mehr zulassen aber auch keine echte Freude mehr empfunden werden kann...irgendwie immer eine Art "Wattezustand" verursachen.

Sage
 
Die Betroffenen selber müssen Zeit ihres Lebens Medikamente nehmen...
Das ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Manche schaffen es auch ohne Medikamente, da wieder rauszukommen. Andere brauchen nur eine Zeitlang diese Medikamente. Jemand, der über mehrere Jahre sowas nimmt, ist mir bisher noch nicht begegnet.
Das hängt von vielen Faktoren ab. Persönlichkeit, Hilfsstrategien, Ursache der Erkrankung.

Wo ich Dir jedoch Recht gebe: man sollte niemanden dafür verurteilen. Man weiss nämlich nicht, ob man nicht auch selbst einmal betroffen sein könnte - gibt nämlich auch noch andere Ursachen als die Gene.....
 
Das ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Manche schaffen es auch ohne Medikamente, da wieder rauszukommen. Andere brauchen nur eine Zeitlang diese Medikamente. Jemand, der über mehrere Jahre sowas nimmt, ist mir bisher noch nicht begegnet.
Das hängt von vielen Faktoren ab. Persönlichkeit, Hilfsstrategien, Ursache der Erkrankung.

Wo ich Dir jedoch Recht gebe: man sollte niemanden dafür verurteilen. Man weiss nämlich nicht, ob man nicht auch selbst einmal betroffen sein könnte - gibt nämlich auch noch andere Ursachen als die Gene.....

Ich kannte einen, der manisch depressiv war, da war es auch Vererbung, er mußte immer Medikamente nehmen, wenn er sie absetzte kam es u.a. zu Agressionsschüben, er rannte auch aus dem Haus, irrte umher, wurde dann von der Polizei aufgegriffen, seine Frau konnte ihn dann dort abholen.
Es ist weder für den Betroffenen noch für die Anghörigen leicht, damit zu leben. Und für Außenstehende ist es schwer, zu erkennen, ob jemand tatsächlich depressiv ist oder...wie man so "schön" sagt, einfach "nur rummemmt"...
Wenn man sich mal nur für einen Moment vorstllt, daß Robert Enke das hätte durchmachn müssen, was man z.B. Oliver Kahn jahrelang auf dem Spielfeld zugemutet hat, von Seiten der fans...man kann in niemanden hineinschaun...auch Enke wirkte nach außen hin stark...


Sage
 
Da wirft sich für mich die Frage auf - hätte der Verein irgendwas tun müssen?


Was kann der Verein schon wirklich in dieser Situation tun?

Als Enke körperlich krank war, gab man ihm die Zeit, sich auszukurieren. Und stellte seine Position als Nummer 1 im Tor nicht in Frage.
Und als er körperlich wieder soweit war, gab man ihm die Chance zum Spielen.

Nach außen hin gab es jedenfalls von Hannover 96 keine Infragestellung von Enke.

Und, in Behandlung war er ja schließlich schon.

Wie die Frau Enke (ein wunderbarer Mensch, mit viel Stärke und dem Mut, Trauer offensiv anzugehen) gestern in ihrer Pressekonferenz anklingen ließ, hätte es nur die Möglichkeit gegeben, das Robert Enke seine Depression öffentlich gemacht hätte. Und das war ihm, auf Grund seiner Entscheidung, nicht möglich.

Frau Enke sagte gestern: "Ich glaubte, dass unsere Liebe ihm hilft".

Aber, wenn man wirklich tief in einer Depression steckt, dann erkennt man selbst große Liebe Anderer nicht mehr. Man will sie nicht erkennen.

:)

crossfire
 
Werbung:
Da wirft sich für mich die Frage auf - hätte der Verein irgendwas tun müssen?

Was soll der Verein da tun? Mit Freunden, Spielerkolkegen und Verein hat er ja nicht über sich und seine Depression gesprochen und der Verein wusste sicherlich, dass er in Behandlung ist. Enke hat keinen anderen an sich ran gelassen, also was soll der Verein da tun?
 
Zurück
Oben