Schliesslich setzten wir uns wieder hin und sprachen weiter über Malerei, Heilige und andere Dinge. Ich genoss das Zusammensein mit ihr. Gerade als mir danach war, alles um uns herum zu vergessen, machte mich die Seherin auf eine ältere Pilgerin aufmerksam, die vor einer Marienstatue niedergekniet war und mit weinerlicher Stimme unverständliche Formeln vor sich hin murmelte. Ich sah, dass das Gesicht der Betenden tränenüberströmt war.
"Ich konnte noch nie begreifen, wie jemand nur so viele Emotionen gegenüber einer kitschigen Gipsfigur entwickeln kann", kommentierte ich spöttisch das Geschehen.
"Ihr Herz ist gross, und sie kann sehr tief empfinden", fand die Seherin. "Aber ihre Liebe ist eine emotionale Liebe; sie beschränkt sich auf einzelne Gegenstände, Personen oder Ideen, die sie anzuziehen versucht. Wäre sie eine Seherin, dann wäre ihre Anziehungskraft so gross, dass sie alles im Bild gleichermassen anziehen würde."
Ich wunderte mich über ihren Gebrauch des Ausdrucks 'Anziehungskraft'. Nestor hatte mit 'Anziehungskraft' immer eine Kraft bezeichnet, die in einem negativen Sinn auf uns wirkt und gegen die wir ankämpfen müssen.
Die Seherin erklärte darauf, dass die Anziehungskraft nichts anderes sei als Liebe, die in jeder Bewusstseinsschicht verschieden wirke. Jemand, der weit entfernt von seiner einen Kugel lebe, der sei eben stark von der Materie angezogen seine Liebe beschränke sich auf materielle Dinge. Menschen, die ihrer Kugel schon näher seien, würden entsprechend mehr auf Herzensliebe achten, die aber noch leidenschaftlich sei und daher in gegenteilige Emotionen wie Ärger, Hass und Eifersucht umschlagen könne. Doch wenn Nestor sage, ich müsse die Anziehungskraft überwinden, dann bedeute dies, dass ich mich nicht mehr von den Dingen dieser Welt anziehen lassen solle; stattdessen müsse ich selbst so liebend werden, dass alles um mich herum mitsamt der Leuchtstruktur durch mich angezogen werde.
"Diese Pilgerin hat nie sehen gelernt", wiederholte sie, "sonst würde sie mit ihrer Liebe die Struktur aufleuchten lassen und anziehen und sie könnte ihr eigenes Herz darin finden und zum Glühen bringen."
Text von Floco Tausin, "Mouches Volantes"
Grüsschen
Aurelia
"Ich konnte noch nie begreifen, wie jemand nur so viele Emotionen gegenüber einer kitschigen Gipsfigur entwickeln kann", kommentierte ich spöttisch das Geschehen.
"Ihr Herz ist gross, und sie kann sehr tief empfinden", fand die Seherin. "Aber ihre Liebe ist eine emotionale Liebe; sie beschränkt sich auf einzelne Gegenstände, Personen oder Ideen, die sie anzuziehen versucht. Wäre sie eine Seherin, dann wäre ihre Anziehungskraft so gross, dass sie alles im Bild gleichermassen anziehen würde."
Ich wunderte mich über ihren Gebrauch des Ausdrucks 'Anziehungskraft'. Nestor hatte mit 'Anziehungskraft' immer eine Kraft bezeichnet, die in einem negativen Sinn auf uns wirkt und gegen die wir ankämpfen müssen.
Die Seherin erklärte darauf, dass die Anziehungskraft nichts anderes sei als Liebe, die in jeder Bewusstseinsschicht verschieden wirke. Jemand, der weit entfernt von seiner einen Kugel lebe, der sei eben stark von der Materie angezogen seine Liebe beschränke sich auf materielle Dinge. Menschen, die ihrer Kugel schon näher seien, würden entsprechend mehr auf Herzensliebe achten, die aber noch leidenschaftlich sei und daher in gegenteilige Emotionen wie Ärger, Hass und Eifersucht umschlagen könne. Doch wenn Nestor sage, ich müsse die Anziehungskraft überwinden, dann bedeute dies, dass ich mich nicht mehr von den Dingen dieser Welt anziehen lassen solle; stattdessen müsse ich selbst so liebend werden, dass alles um mich herum mitsamt der Leuchtstruktur durch mich angezogen werde.
"Diese Pilgerin hat nie sehen gelernt", wiederholte sie, "sonst würde sie mit ihrer Liebe die Struktur aufleuchten lassen und anziehen und sie könnte ihr eigenes Herz darin finden und zum Glühen bringen."
Text von Floco Tausin, "Mouches Volantes"
Grüsschen
Aurelia