Mein entfernter Großonkel sitzt im Pflegeheim und kennt mich nicht mehr.
Was er sagt, wenn ich auf Besuch bin, ist nicht viel, und wenn er was sagt ists meißt unverständlich.
Er zeigt auf das Aquarium was da steht und ist davon begeistert.
Er zeigt auf den Großbildfernseher in der Cafeteria, egal was gerade läuft, und ist begeistert.
Seine Erinnerungen sind weg, ihm Fotos zu zeigen von seinen schon lang verstorbenen Eltern, oder schon verstorbenen Geschwistern, würde in einem Desaster enden.
Weil ihm dann wieder bewusst werden könnte, dass sie verstorben sind. Und er alt ist, in einem Pflegeheim sitzt, und sich nicht mehr um sich selber kümmern kann.
Er weiß Dinge von den letzten Jahren bis Jahrzehnten nicht mehr.
Er weiß größtenteils nur noch einige Dinge von vor über 40 oder mehr Jahren.
Sein Bewusstsein ist demnach weg...nicht alles vollständig, aber vieles...
Oder wie würdest du einen Zustand in Demenz nennen?
Nein, das ist nicht das Bewußtsein, das bei Demenz schwindet. Das Bewußtsein des Menschen bleibt per definitionem vollständig erhalten. Was sich jedoch verändert, ist die Qualität und die Quantität des Bewußtseins. Das Bewußtsein selber bleibt ein vollständig zu schützendes und ganzes Gut bis nach dem Tod des Menschen. (Schon und vor allem aus ethisch-moralischen Gesichtspunkten ist es gut, diesen Begriff so zu verwenden, wie es im allgemeinen Sprachgebrauch üblich ist.)
Die Qualität und die Quantität des Bewußtseins bezeichnet man als Bewußt-"heit". Sie umfaßt im Bereich der Qualität des Bewußtseins die Orientierung zu sich selber, zum Ort, zu anderen Personen und zur momentanen Situation. Was Dein Verwandter also erlebt ist eine Veränderung seiner Bewußtseins
qualität. Damit
verändert sich natürlich auch sein Bewußtsein, aber es schwindet nicht, es geht nicht weg. Was schwindet ist die Bewußt-"heit", das "-sein" (Sein) bleibt bis zum Schluß erhalten und überdauert sogar manchen Glaubenseinstellungen nach den Tod. In einer anderen Qualität eben, in der "Essenz", und in der ist die Gesamtheit enthalten. Die Theorien vom Leben nach dem Tod bauen auf gerade dieser Wandlungsfähigkeit unserer Bewußtseinsqualität auf.
Der andere Aspekt der Bewußtheit ist die Quantität des Bewußtseins. Sie ist die Art der Wachheit, man nennt das Vigilanz. Die beiden Extreme oder Pole der Vigilanz sind völlige Wachheit und Aufmerksamkeit auf der einen Seite und das Koma auf der anderen Seite.
(Sollte es so sein, daß Dein Verwandter Symptome von Müdigkeit und körperliche Schlafheit hat, dann ist er medikamentös falsch behandelt, denn die Demenz verändert die Vigilanz des Menschen, also die Bewußtseinsquantität nur im Endstadium. Ansonsten ist der Mensch wach und benötigt in einer förderlichen Umgebung in aller Regel auch keine die Wachheit beeinflussenden Psychopharmaka, genau wie das bis zur Erfindung derselben nie ein Mensch mit Gehirnverkalkung benötigte, weil ein Schnäpschen zum Einschlafen reicht(e).)
Das ist die Begrifflichkeit vom Grundsatz her. Dieser Sprachgebrauch ermöglicht es, den Menschen stets als unantastbares Ganzes, als "Volles Bewußtsein" in einem ethisch-moralischen Sinne zu betrachten, als vollwertiges Individuum, selbst wenn der Mensch verwirrt ist, verrückt erscheint oder im Koma liegt.
Absolut gesehen, auf einer Meta-Ebene in der wir alle Eins sind, ist das Bewußtsein sogar unversehrbar, unbegrenzt, unsterblich und dauert unendlich lange an. Das bist Du im Moment.
Ich entschuldige mich dafür, daß ich so rasch solche Dinge aufschreibe und daß es unpersönlich klingt. Es ist so nicht gemeint.
lg und alles Gute,
Trixi Maus