ich hab jetzt mal angefangen, die "Ordnungen der Liebe" zu lesen....Sehr viel in diesem Buch ist als Dialogform geschrieben und da kommt mir der Hellinger wie ein arrogantes, eingebildetes A******* vor.
Hallo Ahorn,
sympathisch ist er nicht. Mir persönlich ist dieses eingeschnitzte Lächeln in Verbindung mit seinem Säuseln sehr zuwider, zumal er beides beibehält, während er Menschen heftig zusetzt.
Wirkt auf mich wie Sadismus im heiligen Gewande. Ganz klasse finde ich es, wenn solche Attitüden imitiert werden, am besten noch unter Gebrauch seines wordings
Nicht vergessen darf man allerdings, dass er mit seinem Auftreten häufig zur Projektionsfläche für all das wird, was jemand an seinen Eltern auszusetzen hat. Je weniger das in Bezug auf die eigenen Eltern bewusst ist, um so wilder die Projektionen.
Und er hat der Aufstellungsarbeit vor allem durch Tabubrüche und Provokationen zu der Bekanntheit verholfen, die sie heute hat.
Er weiss natürlich genau, was in dem anderen abgeht, er weiss, was der andere fühlt, warum der andere handelt, wie er handelt - Hellinger weiss alles!
Und er lässt den anderen auch gar nicht nachspüren, ob das wirklich so stimmig ist - oder lässt den anderen gar selbst auf die Lösung kommen.
Denn: Hellinger kennt doch sowieso DIE Lösung, die für alle Menschen dieselbe ist, da braucht der Klient ja gar nicht nachspüren, ob das, was Hellinger sagt, für ihn auch wirklich so stimmt, wie Hellinger es behauptet, denn Hellinger hat immer Recht!
Also wirklich: diese Art stösst mir sehr übel auf - und ist für mich ein Argument mehr, nicht an einer Aufstellung "nach Hellinger" teilzunehmen.
Also das mit den Aufstellern, die laut Eigendarstellung "nach Hellinger" arbeiten, ist schwierig zu durchschauen. Ich habe da ja mal nachgeforscht und nachgefragt, was es eigentlich bedeutet, dieses "nach Hellinger".
Vom Grundsatz her ist jede Familienaufstellung schon mal zeitlich gesehen "nach" Hellinger und rein technisch läuft es ja auch ab wie Hellinger es praktiziert und publik gemacht hat: Die Wirkung des Platzes, das Stellvertreterphänomen und die verblüffende Beobachtung, dass Gefühle von längst Verstorbenen, Spannungen und Tabus aus früheren Generationen als Auslöser von Schwierigkeiten der Anliegenbringer sichtbar und veränderbar werden.
Dann gibt es den Ausdruck "nach Hellinger" als Synonym für phänomenologisch-systemische Arbeit in Abgrenzung zur systemischen Familientherapie. Es gibt "Familienstellen", wie Hellinger selbst seine Arbeit nennt, als Ausdruck einer weitgehenden Übernahme seines Stils und seiner Lehre, mit Schwerpunkt "die Ordnung wieder her zu stellen", wobei der Blick mehr auf die Sanierung des Systemes als auf die individuelle Optimierung des Klienten geht.
Hier sind auch die Nachahmer zu finden, um nicht zu sagen, die Nachäffer...
Historisch gesehen, gehen aus dieser Phase der Entwicklung der Aufstellungsarbeit ganz wunderbare Weiterentwicklungen hervor: Die initiatische Arbeit von Robert Langlotz, die Traumaaufstellung von Professor Fran Ruppert, Daan van Kampenhout und Francesca Mason Boring haben schamanische Arbeit integriert, Varga von Kibéd/Insa Sparrer mit Syst bilden fast einen eigenständigen Zweig der Aufstellungsarbeit - um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Da Hellinger inzwischen eine einzig gültige Weiterentwicklung des Familienstellens für sich reklamiert, die er "DAS neue Familienstellen" nennt, kann auch das gemeint sein, mit Aufstellungsarbeit "nach Hellinger".
Meine Nachfragen haben allerdings ergeben, dass sich kaum ein Aufsteller, der den Begriff zur Beschreibung seiner Arbeit verwendet, wirklich klar darüber ist, was er denn genau damit ausdrücken will - oder ungern darüber Auskunft geben möchte...
Natürlich außer den Hellinger-Anhängern unter ihnen
Gut ist es auch, die Person Hellinger vom Werk zu trennen und sich, nach kritischer Prüfung und kluger Wahl, aus seiner Philosophie das zunutze zu machen, was persönlich nachvollziehbar, psychologisch sinnvoll und fundiert, sowie ethisch vertretbar ist.
Die Ordnungen der Liebe, jedenfalls die zentralen Leitgedanken daraus (Recht auf Zugehörigkeit etc), sind mir persönlich als Orientierung sehr wertvoll.
Mit einem scharfen Messer kannst du eine Kehle aufschlitzen, du kannst damit aber auch einen Luftballon rasieren. So ist das auch mit der Aufstellungsarbeit.
Leider ist zur Zeit so gar nicht klar, wie man sich als Aufstellungsklient einen passenden Anbieter suchen und sich vor Schaden schützen kann. Damit gehen gute Chancen verloren. Denn gerade jetzt, wo die Epigenetik auf biologischer Ebene die Bedeutung der Erfahrungen der Ahnen und den Einfluss von Umweltbedingungen nachweisen kann, wird die Klärung von mehrgenerationalen Einflüssen noch einleuchtender.
Langer Text, danke fürs Durchhalten an alle, die bis hier gelesen haben.
Sonnige Grüße,
Eva