Aktuelles Beispiel dafür was ich meinte:
Debatte über Kölner Übergriffe: CSU entdeckt die Lügenpresse
Die Medien lügen - diesen Vorwurf erheben Rechtsextreme, Pegida und AfD schon lange. Und jetzt auch die CSU. Nach den Übergriffen von Köln sprechen christsoziale Politiker vom "Schweigekartell" und "falsch verstandener Vorsicht".
http://www.spiegel.de/politik/deuts...s-thema-luegenpresse-fuer-sich-a-1070689.html
Der Witz dabei ist: Der Spiegel behauptet hier, DIE CSU würde sich dem Urteil anschließen die Medien würden lügen.
Wie sieht die Wirklichkeit aus?
Die CSU?
Im Artikel ist von zwei CSU-Politikern die Rede, Andreas Scheuer und H.P. Friedrich. Das ist also mindestens undifferenziert wenn gleichzeitig Differenzierung eingefordert wird.
"Lügenpresse?" - bzw. geht es überhaupt um Beschuldigung zu lügen?
Zitat zu Scheuer: Im Deutschlandfunk erhob Scheuer den Vorwurf, die Medien würden nicht angemessen über die Kölner Übergriffe berichten, womöglich sogar Informationen bewusst vorenthalten. "Ich appelliere an alle, dass wir über Klarheit und Wahrheit berichten", sagte Scheuer, um dann den Mahner zu geben: "Die Menschen, die in Sorge sind in unserer Gesellschaft, wie sich unsere Gesellschaft entwickelt, die kritisieren genau das, dass es eine veröffentlichte Meinung teilweise gibt, die nicht die Realität widerspiegelt, weil man meint, man muss hier eine falsch verstandene Vorsicht an den Tag legen."
Zitat zu Friedrich: Friedrich sprach von einem "Skandal", weil es Tage gedauert habe, bis die öffentlichen Medien die Berichte in Köln aufgegriffen hätten. Mit einem "Schweigekartell und Nachrichtensperren lassen sich die Folgen der unkontrollierten Zuwanderung jedoch nicht lösen".
Was bleibt also übrig von dem Vorwurf die CSU würde sich denselben Stereotypen bedienen wie AFD und Pegida und NPD etc? Es sind zwei Politiker der CSU und keiner von beiden wirft den Medien vor zu lügen. Der härteste Vorwurf ist Nicht-Berichterstattung.
Was macht der Spiegel also hier? Er verdient sich den Vorwurf zu lügen. Abgesehen davon bedient er mit dem Artikel selbst die extremsten Stereotype:
Ab-nach-rechts:
Mit dem Vorwurf angeblich bewusst unterdrückter Berichterstattung bedient die CSU jene Stimmung, welche in Kreisen rechtsextremer Parteien wie der NPD schon lange geschürt wird: Sie behaupten, der öffentlich-rechtliche Rundfunk und die großen Verlage würden die ganze Wahrheit verschweigen und nur Auszüge berichten - sie würden manipulieren und lügen.
Vor allem Pegida heizte diese Anfeindungen noch einmal an, "Lügenpresse - halt die Fresse" wird auf Kundgebungen der islamfeindlichen Bewegung regelmäßig skandiert. Reporter von Zeitungen und öffentlich-rechtlichen Sendern wurden sogar körperlich angegangen.
Diese Anti-Stimmung hat auch die rechtspopulistische AfD übernommen, auch wenn deren Parteichefin Frauke Petry den Begriff "Lügenpresse" lieber meidet. Dieser war bereits im Ersten Weltkrieg ein zentraler Kampfbegriff für die Medien, die angeblich die damaligen deutschen Interessen zu wenig vertraten. Auch die Nationalsozialisten nutzten ihn, um pauschal unabhängige Medien zu diffamieren. Womöglich auch deshalb spricht die AfD-Chefin lieber von "Pinocchiopresse".
(...)
Da wird dann also gleich mal die gesamte Diffamierungs-Liste aufgefahren die es geben kann. Vom ersten Weltkrieg über die Nazis unter Hitler bis zur NPD, Pegida und AfD.
Wie sehen die Gegenargumente aus?
Zitat:
"Friedrich erwähnte dabei nicht, dass lokale Medien sehr wohl frühzeitig über die Vorfälle berichtet hatten. Dass die Polizei selbst zunächst von einer friedlichen Silvesternacht gesprochen hatte. Dass das ganze Ausmaß der Übergriffe erst mit Verzögerung bekannt wurde und sich dann auch in den überregionalen Medien niederschlug. Dass dann sehr wohl auch jene Zeugenaussagen wiedergegeben wurden, die die mutmaßlichen Täter vor allem dem nordafrikanischen oder arabischen Raum zuordnen."
1. Das lokale Medien berichten, die bundesweiten Medien aber nicht, obwohl die sozialen Netzwerke schon kochten worauf die lokalen ja reagierten ist kein Gegenargument, sondern eher ne Art Indizienbeweis das die großen Medien eben lieber schweigen wollten solange es ging.
2. Das die Polizei selbst zunächst von einer friedlichen Silvesternacht gesprochen hatte ist ebenfalls keinesfalls ein Gegenargument, sondern etwas das mal hinterfragt werden sollte. Denn wie ist es möglich, dass die Polizei eine solche Pressemitteilung rausgibt während es solche "Zeugenaussagen" aus den Reihen der Polizei selbst gibt:
"Ein Täter hat einer Zivilpolizistin in die Hose gefasst", berichtete Plickert. Bei den am Einsatz beteiligten Polizeibeamten herrsche eine "tiefe Betroffenheit".
http://www.rp-online.de/nrw/staedte...kte-zivilpolizistin-in-die-hose-aid-1.5667697
Der "Bild"-Zeitung schildert ein 37-jähriger Bereitschaftspolizist: „Wir wurden zum Bahnhof gerufen, weil sich dort eine aggressive Menschenmenge von etwa 400 Leuten aufhalten sollte.
Als wir eintrafen, stellten wir fest, dass es deutlich mehr waren.“ Nach Mitternacht seien dann immer mehr sexuelle Übergriffe auf Frauen gemeldet worden. „Wenn wir zur Stelle vorgedrungen sind, war niemand mehr da. Wir waren geschockt von den Ausmaßen der Taten. Wir konnten sie leider nicht verhindern“, so der Beamte, der vor Ort auch bedroht wurde: „Wenn man einen Verdächtigen ansprach, wurde man sofort von seinen Freunden umringt. Das war bedrohlich.“
http://www.focus.de/politik/deutsch...ebergriffen-an-der-reeperbahn_id_5193291.html
Aber der Spiegel nutzt lieber die offensichtlich verlogene Pressemitteilung der Polizei obwohl es Beamte gab die selbst extrem bedrohliche Erfahrungen gemacht haben, als Teil einer Gegenargumentation.
3. Ja, dann haben die Medien auch überregional berichtet... mal abgesehen davon dass sich das ZDF entschuldigen musste weil sie selbst Montag abend um 19 Uhr noch nichts brachten und während viele Seiten schon lange Artikel hatten, war es gerade der Spiegel der vergleichsweise extrem spät dran war.
Lange Rede kurzer Sinn... der Spiegel verdient sich den Vorwurf zu lügen regelrecht mit so einem Bullshit-Artikel.