Ich halte es ich nicht für sinnvoll, Missstände aufzuzeigen, mit dem Ziel jemanden zu verurteilen (z.B. 'Ärzte', 'Apotheker').
Diese Perspektive/Vorgehensweise erscheint mir Lösungsorientiert - hilfreich:
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Viele Arzneimittel, hohe Kosten
In einer Kostenanalyse der University of Arizona wurde festgestellt, dass bei etwa 1,7 Millionen US-amerikanischen Heimbewohnern jährlich 7,6 Milliarden Dollar für arzneimittelbezogene Probleme (ABP) ausgegeben werden.
Dies entspricht einem Aufwand von 4471 US-Dollar pro Heimbewohnerjahr, der sich infolge von Behandlungsfehlern und neu auftretenden medizinischen Problemen entwickelt.
Legt man etwa 3 Milliarden US-Dollar Arzneimittelumsatz in Altenheimen zugrunde, entstehen bei jedem Dollar, der für die eigentliche Arzneitherapie ausgegeben wird, 2,53 Dollar Kosten durch ABP.
Mittels einer monatlichen Analyse der Arzneimittelversorgungtherapie durch »Consultant Pharmacists« und einer darauf aufbauenden Zusammenarbeit zwischen Ärzten, Apothekern und Pflegekräften konnten 47 Prozent dieser Kosten, das heißt 3,6 Milliarden Dollar gespart werden. Dennoch lasten auf jedem ausgegebenen Dollar für Arzneimittel immer noch 1,33 Dollar neu entstehende Kosten durch ABP (9).
Neu: Geriatrische Pharmazie
Sowohl für den einzelnen älteren Patienten als auch für das Gesundheitswesen ist es von größter Bedeutung, den Medikationsprozess qualitätsgesichert zu begleiten und zu optimieren, zum Beispiel mit einem Medikationsmanagement. Die grundlegenden Fähigkeiten dazu hat der Apotheker in seinem Studium erworben. Dies gilt insbesondere seit der Novellierung der Approbationsordnung, mit der die Klinische Pharmazie als Examensfach aufgenommen wurde. Zudem verfügen gerade Offizinapotheker über vielfältige Erfahrungen mit älteren Patienten und ihren arzneimittelbezogenen Problemen. Um den komplexen Erfordernissen in vollem Umfang gerecht zu werden, muss sich der Apotheker jedoch auch Wissen über das Fehler- und Risikomanagement, das Lebensumfeld von Senioren, seniorenbetreuende Einrichtungen und Netzwerke sowie psychologisch-kommunikative Fähigkeiten zur Schulung und Beratung aneignen.
Aus diesem Grund wurde in der Weiterbildung die Zusatzbezeichnung als »Fachapotheker für Geriatrische Pharmazie« geschaffen. Die Weiterbildung Geriatrische Pharmazie wird seit einem Jahr von der Apothekerkammer Nordrhein angeboten und in Kürze auch im Kammerbereich Westfalen-Lippe eingeführt. Dabei wird vor allem ein strukturiertes praktisches Vorgehen bezüglich der Erfassung und Analyse arzneimittelbezogener Probleme vermittelt. Neben theoretischem Unterricht umfasst die Weiterbildung Studienarbeiten und ein Praktikum in einer Pflegeeinrichtung.
Ziel ist es, die Apotheker auf eine interdisziplinäre Tätigkeit mit Medizinern, Pflegepersonal, Angehörigen und Patienten vorzubereiten (25). Die Geriatrische Pharmazie ist somit eine spezifische Ausprägung der Klinischen Pharmazie, die klinisch-pharmazeutisches, geriatrisches und gerontologisches Fachwissen vereint, um die Arzneimittelversorgung des alten Patienten bezüglich Wirksamkeit, Sicherheit und Rationalität stetig zu verbessern. Die ersten Apothekerinnen und Apotheker haben die Weiterbildung im Februar 2008 erfolgreich abgeschlossen.
Derzeit arbeiten im Kammerbereich Nordrhein sieben der ersten weitergebildeten Apotheker im OPAL-Projekt (Optimierte Arzneimittelversorgung im Alter) daran, arzneimittelbedingte Risiken in Altenheimen zu erfassen und zu minimieren. Das OPAL-Projekt ist ein multidisziplinäres, von vier wissenschaftlichen Instituten und sozialen Verbänden begleitetes Arzneimittelversorgungsmodell, in dem die Geriatrische Pharmazie eine entscheidende Rolle einnimmt. In Zusammenarbeit mit heimversorgenden Apotheken und Heimträgern detektieren die weitergebildeten Apotheker arzneimittelbezogene Probleme, die den gesamten Medikationsprozess von der Lagerung, Dokumentation, Dispensierung und Arzneimittelanwendung bis hin zur Therapiebeobachtung und -verordnung betreffen. Anschließend werden geeignete Lösungen gesucht und nachhaltig in die Arbeitsabläufe der Heime integriert.
Dass klinisch-pharmazeutische Interventionen zu Verbesserungen und Einsparungen in der Arzneimitteltherapie beitragen können, haben randomisierte kontrollierte Studien in den USA und Australien gezeigt (26, 27). Um die Geriatrische Pharmazie in Deutschland voranzubringen, sind solche Studien auch hier unverzichtbar.
Fazit
Risikofaktoren bei älteren Patienten sind die häufige Polymedikation sowie physiologische und pathologische Veränderungen, die Pharmakokinetik und -dynamik der Arzneistoffe beeinflussen können. Rational ist eine Arzneitherapie bei betagten Menschen nur dann, wenn sie bezüglich Auswahl und Dosierung von Arzneimitteln möglichst weit individualisiert ist. Maßnahmen zur Complianceförderung und eine regelmäßige Überprüfung der Medikation können nicht nur die altersbedingten Risiken minimieren, sondern auch den Nutzen maximieren. Apotheker können in Offizin, Krankenhaus und Altenheimen gezielte Dienstleistungen anbieten und damit den älteren und alten Menschen besser gerecht werden. Die Geriatrische Pharmazie ist ein neues Weiterbildungsangebot, das dem Apotheker die dafür nötigen Kenntnisse und Fähigkeiten strukturiert vermittelt.
http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=5758