Das Schweigen des Opfers --weil es sich das aussucht @ Lichtbox und Co

Jo, anfreunden kann ich mich damit auch nur, wenn ich bestimmte Definitionen dazu ausnehme bzw. voraussetze. Leider lassen sich insbesondere esoterische Konzepte so flexibel auslegen, dass von "Himmel bis Hölle und alles dazwischen" dabei herum gedacht werden kann.

Die Psychologie hat es da wohl etwas einfacher. :)

LG
Any

Kommt auf die Sichtweise an ... :)

Die Psychotherapie ist mittlerweile so weit, daß sie weit weg ist von einem "sollte" oder gar "muß" - jedes Opfer benötigt seinen Weg und sein Tempo und auch sein ganz individuelles Ziel (was sich im Verlauf durchaus ändern kann aber auch nicht muß).
Und so einen Weg zu begleiten kann schwieriger sein als das Festhalten an "Norm-" und "Sollwerten" und irgendwelchen esoterischen oder gesellschaftskonformen Zielen. (da sind wir schon wieder bei Watzlawik, der hält davon auch nichts - zwinker)
 
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Ja - und? Jeder lebt in seiner subjektiven Wirklichkeit, das ist seine Realität, was natürlich nicht ausschließt, dass die Verantwortung für alles Tun bei jedem selbst liegt.
,

...genau so wie sich das Opfer seine Wirklichkeit konstruiert und solange Täter und Opfer nicht von ihren Wirklichkeitskonstruktionen loskommen, stecken sie in einer dualistischen Endlosschleife von: ich - unschuldig/Opfer du - schuldig/Täter. Wie soll da Heilung stattfinden, wenn nicht irgendwo ein Begreifen ist, dass sich die jeweiligen Konstrukte zwangsläufig bedingen?
Ein Täterverhalten zieht zwangsläufig Opfer an und ein Opferverhalten zieht Täter an.



Du bedienst damit eine populistische Stammtisch-Haltung,bei der Täter generell böse und Opfer generell zu bemitleiden sind.
Die Dinge so platt in schwarz/weiß zu sehen, hilft m.E. weder dem Opfer noch dem Täter.



Nein, das sollte keiner wollen - außer vielleicht das Opfer selbst? Opfer zu sein kann durchaus eine Lebenshaltung sein.
Ein bestärken in der Opferrolle und der Täterverdammung hilft den Betroffenen auch nicht weiter. Meist sind es grad die schmerzlichen Erfahrungen, die aufwecken. Mitleid hält m.E. nur in der Opferrolle fest und als Opfer ist man hilflos und muss "erleiden".

Für mich ist der beste Weg gegen ein Opferdasein die Ermutigung zu Eigenverantwortung (und das will doch hoffentlich jeder?);)

lg
Gabi

Ein z.B. vierjähriges Kind, was seit Geburt mißbraucht wurde kann keine Eigenverantwortung übernehmen (es gibt Kinder, die öffnen jedem, auch fremdem, Mann den Hosenschlitz, weil sie nichts anderes von Männern kennen, noch nie eine andere Erfahrung mit einem Mann gemacht haben - für sie ist das NORMAL und sie reagieren völlig entsetzt, wenn der Mann entsetzt reagiert ...).
Und wenn denn dieser Mißbrauch weitergeht kann diese Person auch mit 20 keine Eigenverantwortung übernehmen - allein aus dem Grund, weil sie es nie lernen konnte.
Da hilft erstmal ganz klar: Du bist NICHT schuld und auch NICHT beteiligt und es ist schlimmes UNRECHT, was Dir geschehen ist.

Konstrukte kann man nicht "überwinden", sie machen unser Menschsein aus.

Bleiben wir bei diesem Beispiel:
Es ist schon extrem schwierig für solch eine 20jährige Person, "Normalität" zu erkennen und zu verstehen (in anderen Familien läuft es anders, Mißbrauch ist nicht normal!) und dann ein anderes Konstrukt für sich zu entwickeln (welches könnte es da geben?, wie kann man sowas üben und ausprobieren?, wie fühlt sich "Normalität" überhaupt an?, ist "Normalität" nicht irgendwie gefährlich?, was kann mir da passieren? usw.).
 
Ich möchte kurz hinzufügen, dass die meisten Straftäter normal sind. Sollte das nicht schon Anlass zu großem Bedenken geben?
 
Auf den Thread aufmerksam geworden aus moderatorischer Gewohnheit ;), hab ich mich jetzt aufmerksam durchgelesen. Ich würde mich freuen, wenn es hier gelänge, dieses heiße Thema ohne gegenseitige verbale Fußtritte durchzuarbeiten. Denn es ist ein wichtiges Thema.

An diesem Satz, Tor, bin ich hängengeblieben, weil der für mich im Hinblick auf meinen Weg aus der Gewaltopferspirale so nicht stimmt. Ja, ich habe mich in meinem Inneren befunden - ich habe den Weg in eine die Wirklichkeit wegblendende Phantasiewelt gewählt, das war meine Überlebensstrategie als Kind (da war Gewalt in allen Spielarten außer sexuell, das blieb mir erspart).

Der Satz stimmt dennoch für mich nicht. Denn. Daß ich mich in meinem Inneren befand, heißt noch lang nicht, daß ich mich gekannt habe. Ich habe mich selbst in einen Teil meiner selbst zurückgezogen. Was da alles, mir unbewußt, sonst noch in mir war und mir unbewußt mein ganzes Leben dirigiert hat, das habe ich erst im Laufe der Therapie und danach sehen können. Und immer noch wird mir immer wieder noch etwas sichtbar, was vorher verschleiert war. Deshalb war und ist für mich dieser Blick in mich hinein etwas GANZ Wichtiges und der eigentliche Schlüssel zur Tür hinaus aus dem selbstgewählten Gefängnis meiner Scheinwelt.

Warum sage ich "selbstgewählt"?

Ich habe eine ganz bestimmte Frage meiner Therapeutin in einer der ersten Stunden gestellt. Ich fragte "Warum hab ich den Weg in die Flucht aus der Realität gewählt? Warum habe ich niemals aufbegehrt? Warum habe ich mich dazu entschieden, alles zu erdulden? Denn es gibt ja auch andere, die nicht ewig und drei Leben gewartet haben, bis sie zur Gegenwehr gegriffen haben..."

Die Antwort auf diese Frage habe ich in der Therapie so schön langsam gefunden. Und diese meine Antwort rückt diesen leidigen Satz, dem dieser Thread hier seine Existenz verdankt, ziemlich von der Stelle.

Denn dieses leidige "hastudirselbstausgesucht" geht ja am Kern der Dinge so haarscharf vorbei, daß es weh tut. Ich bin unter anderem deshalb Buddhistin geworden, lieber Tor, weil in mir das Gefühl immer stärker wurde, da kann es nicht nur ein Leben geben. Ich bin mir sicher, ich bin nicht zum ersten Mal auf diesem Planeten. Und in meiner Logik muß es zwischen diesen mehreren Malen einen Zusammenhang geben. Wie genau der aussieht, darauf habe ich sicher keine letztgültige Antwort. Ich denke mir nur, wenn ich als kleines Kind an eine Mutter gerate, die mit ihrem Berufsbild "Mutter sein" so total überfordert ist wie es die meine war, dann hat das eine Grundlage. Und daß ich darauf bereitwilligst einsteige und mich nicht nur niedermachen lasse, sondern noch selbst noch viel weiter fertigmache, das hat auch eine Grundlage - und die finde ich in mir selbst und sonst nirgends. Denn andere Kinder haben zum Beispiel auf solche Mütter mit solchem Trotz und solchem Widerstand reagiert, daß sie eventuell aus ihrer Situation befreit wurden...


Und deshalb, so denke ich, bin auch ich es, die diese Grundlage verändern kann. Wäre es anders, alle Therapie wäre ohne Chance. Ist sie aber nicht.

Deshalb meine ich, "in mir selbst gab es, warum auch immer, eine Resonanz zu meiner Mutter" trifft in meiner Geschichte den Kern eher. Und wenn ich das sage, dann bedeutet das haargenau nicht, daß meine Mutter nun einen Freibrief gehabt hätte oder andere Mütter einen Freibrief haben, sich so beknackt zu verhalten und ihre Kinder fertigzumachen. Und wenn ich sage, ich habe mir auf der Grundlage meiner selbstgewählten Strategie mein Kindheitsdrama in allen beknackten Partnerschaften meines Lebens reinszeniert, dann bedeutet das genau nicht, die Kerle, die sich mir gegenüber so beknackt verhalten haben, hätten ein Recht dazu. Haben sie nicht. Aber mir werden erst dann keine solchen Scheixxkerle mehr in die Biographie geraten, wenn ich begriffen habe, daß ich selbst es bin, die die Grundlage meines Lebens verändern kann...

Mit den Fingern nachgedacht habend
und dieses Nachdenken einfach hier hereinstellend
grüßt freundlich
Kinnaree


Andere Kinder haben wieder ein anderes Leben geführt, hatten vielleicht Freunde oder Lehrer oder Nachbarn oder sonst wen, der sie bestärkt hat, haben vielleicht Bücher gelesen, wo Kinder sich wehren, es im Fernsehen gesehen. Hat auch jeder Mensch ein anderes Temperament, manche sind ruhiger, andere aktiver, introvertiert, extrovertiert, fallen eher auf.
Vielleicht wurden sie anders behandelt von der Mutter, vielleicht hat Deine Dir den Mut schon ganz früh genommen, was Du gar nicht mehr weißt, weil Du zu klein warst.

Du hast nichts falsch gemacht, hätte Dir wer geholfen, hättest Du Vertrauen gehabt und Dir hätte jemand zugehört, dann wäre es vielleicht auch ganz anders gelaufen.
 
Auf den Thread aufmerksam geworden aus moderatorischer Gewohnheit ;), hab ich mich jetzt aufmerksam durchgelesen. Ich würde mich freuen, wenn es hier gelänge, dieses heiße Thema ohne gegenseitige verbale Fußtritte durchzuarbeiten. Denn es ist ein wichtiges Thema.

An diesem Satz, Tor, bin ich hängengeblieben, weil der für mich im Hinblick auf meinen Weg aus der Gewaltopferspirale so nicht stimmt. Ja, ich habe mich in meinem Inneren befunden - ich habe den Weg in eine die Wirklichkeit wegblendende Phantasiewelt gewählt, das war meine Überlebensstrategie als Kind (da war Gewalt in allen Spielarten außer sexuell, das blieb mir erspart).

Der Satz stimmt dennoch für mich nicht. Denn. Daß ich mich in meinem Inneren befand, heißt noch lang nicht, daß ich mich gekannt habe. Ich habe mich selbst in einen Teil meiner selbst zurückgezogen. Was da alles, mir unbewußt, sonst noch in mir war und mir unbewußt mein ganzes Leben dirigiert hat, das habe ich erst im Laufe der Therapie und danach sehen können. Und immer noch wird mir immer wieder noch etwas sichtbar, was vorher verschleiert war. Deshalb war und ist für mich dieser Blick in mich hinein etwas GANZ Wichtiges und der eigentliche Schlüssel zur Tür hinaus aus dem selbstgewählten Gefängnis meiner Scheinwelt.

Warum sage ich "selbstgewählt"?

Ich habe eine ganz bestimmte Frage meiner Therapeutin in einer der ersten Stunden gestellt. Ich fragte "Warum hab ich den Weg in die Flucht aus der Realität gewählt? Warum habe ich niemals aufbegehrt? Warum habe ich mich dazu entschieden, alles zu erdulden? Denn es gibt ja auch andere, die nicht ewig und drei Leben gewartet haben, bis sie zur Gegenwehr gegriffen haben..."

Die Antwort auf diese Frage habe ich in der Therapie so schön langsam gefunden. Und diese meine Antwort rückt diesen leidigen Satz, dem dieser Thread hier seine Existenz verdankt, ziemlich von der Stelle.

Denn dieses leidige "hastudirselbstausgesucht" geht ja am Kern der Dinge so haarscharf vorbei, daß es weh tut. Ich bin unter anderem deshalb Buddhistin geworden, lieber Tor, weil in mir das Gefühl immer stärker wurde, da kann es nicht nur ein Leben geben. Ich bin mir sicher, ich bin nicht zum ersten Mal auf diesem Planeten. Und in meiner Logik muß es zwischen diesen mehreren Malen einen Zusammenhang geben. Wie genau der aussieht, darauf habe ich sicher keine letztgültige Antwort. Ich denke mir nur, wenn ich als kleines Kind an eine Mutter gerate, die mit ihrem Berufsbild "Mutter sein" so total überfordert ist wie es die meine war, dann hat das eine Grundlage. Und daß ich darauf bereitwilligst einsteige und mich nicht nur niedermachen lasse, sondern noch selbst noch viel weiter fertigmache, das hat auch eine Grundlage - und die finde ich in mir selbst und sonst nirgends. Denn andere Kinder haben zum Beispiel auf solche Mütter mit solchem Trotz und solchem Widerstand reagiert, daß sie eventuell aus ihrer Situation befreit wurden...

Und deshalb, so denke ich, bin auch ich es, die diese Grundlage verändern kann. Wäre es anders, alle Therapie wäre ohne Chance. Ist sie aber nicht.

Deshalb meine ich, "in mir selbst gab es, warum auch immer, eine Resonanz zu meiner Mutter" trifft in meiner Geschichte den Kern eher. Und wenn ich das sage, dann bedeutet das haargenau nicht, daß meine Mutter nun einen Freibrief gehabt hätte oder andere Mütter einen Freibrief haben, sich so beknackt zu verhalten und ihre Kinder fertigzumachen. Und wenn ich sage, ich habe mir auf der Grundlage meiner selbstgewählten Strategie mein Kindheitsdrama in allen beknackten Partnerschaften meines Lebens reinszeniert, dann bedeutet das genau nicht, die Kerle, die sich mir gegenüber so beknackt verhalten haben, hätten ein Recht dazu. Haben sie nicht. Aber mir werden erst dann keine solchen Scheixxkerle mehr in die Biographie geraten, wenn ich begriffen habe, daß ich selbst es bin, die die Grundlage meines Lebens verändern kann...

Mit den Fingern nachgedacht habend
und dieses Nachdenken einfach hier hereinstellend
grüßt freundlich
Kinnaree

Hi kinny :

Selbst gewähltes Gefängniss !

Ja verstehe ich kann ich nachvollziehen . Ich selbst befand mich in meinem Gefängniss Jahrzehnte lang und hatte mit all seinen Auswüchsen zu kämpfen und das war ein riesen Eisberg . Aus diesem Grund meinte ich das Opfer ihr innerstes Selbst am besten kennen weil sie sich die länste Zeit darin befunden haben . Opfer ziehen sich ja aus selbst Schutz dahin zurück wo kein Böser Mann Onkel Vater whatever hinkommt und das ist eben und
leider nuneinmal ihr innerstes . Es kann Jahre dauern bis man aus diesem Gefängniss wie du es nennst wieder herauskommt deswegen wäre es ja für Opfer egal ob in Öst. oder Deutschland von Gewalt und oder missbrauch ja so immens wichtig das diese bescheuerte scheiß Verjährungsfrist wegfällt .

Ok du hast nach außen hin *scheinbar* niemals aufbegehrt , und ich kann mir vorstellen wie dich das aufgefressen hat . Nur wie willst du aufbegehren , dich *wehren* wenn dir das niemand zeigt ?!?!

Die die ich kenne und die sich gewehrt haben ( du weßt Heimkinderskandal..)
davon leben nur mehr vllt 2 % sich wehren als Kind ein Ding der Unmöglichkeit . Ich dachte auch ich kann mich wehren und lief einfach davon nur um dann feststzustellen das ich DANN noch mehr in der Scheiße saß , das ich da noch tiefer drinnen war . Ich habe mich dafür gewehrt das ich schlussendlich im Gefängniss saß , mit 17 der einzige Jugendliche im einser Landl dem Wiener Gefängniss für verurteilte Straftäter .

Ok du bist Buddhistin und wenn du mir sagst du glaubst an dieseskarma Dings
dann ist es OK für mich . natürlich musstest du oder musst du den Weg nach außen erst wieder lernen das habe ich nie in Frage gestellt und ich denke das du in meinem so dahingeschriebenen Satz etwas missverstanden hast .


Wenn du jetzt als Kind an Eltern gerätst die mit dir völlig überfordert sind , kannst du selbstverständlich versuchen die Spielregeln zu deinem Gunsten zu verändern allerdings ist das ein Kampf David ( du) gegen Goliath
( der / die Täter) und diese deine Gegner haben alle Macht der Welt das ist oftmals ein Kampf gegen übermächtige Feinde und es ist weder eine Schande
noch ein Verbrechen klein beizugeben und sich dem *Schicksal* zu fügen es ist eine Art , ein Weg zu überleben . :umarmen:


jetzt als Erwachsene Frau hast du alle Möglichkeiten die Spielregeln nach deinem Willen zu beeinflusen . Ich ziehe da einen Unterschied weisst du zwischen einem vllt 8 jährigen Mädchen und einer 30 jährigen Frau .

Das gleiche gilt auch natürlich für Männer . Mir würde das was bis zu meinem 16 Lebensjahr mit mir gemacht wurde heute niemand mehr antun .
Ich würde ihm zeigen was die Hölle auf Erdne ist aber sicher nicht umgekehrt .
Ich bin zwar nicht allzu Muskulös und habe so einige Alterswehwechen :D
Aber heute habe ich dne Mut nein zu Brüllen mit mir nicht .

Und das sicherlich nicht deswegen weil ich in der Karma Theorie eine Erklärung gefunden habe sondern dank eines Psychotherapeuthen der brilliant in seinem Fach war der mir klar machte was für mich auch sehr wichtig war der da drüben der war der Täter und deine Mutter war mitschuld .
Ich habe neben meinen ganzen Syndromen und Komplexen bis zu meinem 25 Lj etwa meine Peiniger *geliebt* und mein *Zuhause* vermisst :wut1:

Und weil das noch nicht schlimm genug war habe ich mich dann auch noch dafür gehasst jemals so empfunden zu haben ...

nach allem was ich hierso übers Karma usw gelesen habe ist es für mich nach wie vor unverständlich wie (und ich halte mich für jemanden der rational denkt und gleichzeitig über einen *gsunden* Menschenverstand verfügt ) jemand auf die Idee kommen kann das dieser Weg ein über den * Tellerrand* schauen sein soll und Menschen , Opfern von Gewalt helfen soll oder kann .

ich nehme mein Leben gerne selbst in die Hand und kann mich damit nicht abfinden das das alles vorherbestimmt sein soll .

mfg und schönen Rest advent sonntag

T
 
Ja - und? Jeder lebt in seiner subjektiven Wirklichkeit, das ist seine Realität, was natürlich nicht ausschließt, dass die Verantwortung für alles Tun bei jedem selbst liegt.
,

...genau so wie sich das Opfer seine Wirklichkeit konstruiert und solange Täter und Opfer nicht von ihren Wirklichkeitskonstruktionen loskommen, stecken sie in einer dualistischen Endlosschleife von: ich - unschuldig/Opfer du - schuldig/Täter. Wie soll da Heilung stattfinden, wenn nicht irgendwo ein Begreifen ist, dass sich die jeweiligen Konstrukte zwangsläufig bedingen?
Ein Täterverhalten zieht zwangsläufig Opfer an und ein Opferverhalten zieht Täter an.



Du bedienst damit eine populistische Stammtisch-Haltung,bei der Täter generell böse und Opfer generell zu bemitleiden sind.
Die Dinge so platt in schwarz/weiß zu sehen, hilft m.E. weder dem Opfer noch dem Täter.



Nein, das sollte keiner wollen - außer vielleicht das Opfer selbst? Opfer zu sein kann durchaus eine Lebenshaltung sein.
Ein bestärken in der Opferrolle und der Täterverdammung hilft den Betroffenen auch nicht weiter. Meist sind es grad die schmerzlichen Erfahrungen, die aufwecken. Mitleid hält m.E. nur in der Opferrolle fest und als Opfer ist man hilflos und muss "erleiden".

Für mich ist der beste Weg gegen ein Opferdasein die Ermutigung zu Eigenverantwortung (und das will doch hoffentlich jeder?);)

lg
Gabi


Mitgefühl ist aber ganz wichtig, und daß klar ist, daß der Täter schuld ist und nicht das Opfer.
Eigenverantwortung ist kein Problem, viele Opfer geben sich selbst die Schuld an allem, das führt aber nur dazu, daß sie sich noch schlechter fühlen und nicht wieder auf die Beine kommen.

Daß ein Opfer leidet, ist nun mal so, da funktioniert es leider nicht so, daß man ihm das Mitgefühl und die Unterstützung streicht und es wird durch ein Wunder gesund.
Ein "hör auf, ein Opfer zu sein" hat noch nie jemandem geholfen, da verschließt man sich nur und leidet dann halt alleine weiter und braucht so vielleicht noch länger.
 
für mich schwingt da mit: ich habe mich nicht genug gewehrt.
Mag mich aber auch irren.

Nein, dieses Gefühl habe ich nicht. Das hatte ich auch nicht, als ich der Therapeutin die Frage gestellt habe. Beim Auffinden des eigenen Anteils an der jahrelangen Misere geht es ja eben nicht darum, eine "Schuld" zu konstruieren, sondern im Gegenteil: herauszufinden, warum es gar nicht um "Schuld" geht. Herauszufinden und ganz materiell gesehen zu begreifen, warum ich damals keine andere Möglichkeit hatte - und wie lange das in meinem Leben dazu geführt hat, daß ich weiterhin keine andere Strategie gefunden habe. Denn erst dann, wie du weiter unten richtig sagst, hatte ich eine echte Wahl.

Deshalb ist es so wichtig, herauszufinden, auf welche Art und Weise das antrainierte "Opferverhalten" weiterhin Täter angelockt hat. Darum gehts bei dieser Fragestellung, "womit war ich daran beteiligt"...

du hattest als Kind eine Überlebens'strategie' (und das ist m.E. die ganz simple Grundlage) - von Wahl kann da meines Erachtens nicht wirklich die Rede sein.

Ja sicher war es der Wunsch, zu überleben. Und ich hatte damals keine andere Möglichkeit. Andere Kinder hatten vielleicht eine andere Möglichkeit, weil sie anders geartet waren oder das Umfeld anders war. Und zur Möglichkeit der Wahl komme ich aber erst, wenn mir bewußt wird, daß es überhaupt eine andere Möglichkeit gibt. Zu der komme ich erst, wenn ich (irgendwann zwischen Ü-Vi und U-Hu) erfasse, daß ich aus meinem antrainierten Opferleben raus kann, wenn ich es nur will.

Wenn diese Strategie nicht mehr nützlich/adäquat ist und du das auch reflektieren kannst (ein Kind kann das nicht), dann hast du die Wahl - vorher nicht.

Ja. Und. In meinen Augen kommt es zu einem wirklich sinnvollen Reflektieren erst, wenn ich micht NICHT mehr damit zufrieden gebe, wieder alle Schuld dem bösen Täter in die Schuhe zu schieben und bereitwilligst weiterleiden zu wollen (indem ich unweigerlich den nächsten Täter einlade in mein Leben). Wirklich sinnvoll reflektieren konnte ich erst, als ich akzeptiert habe, DASS ich selbst es bin, die ununterbrochen die alten Dramen reinszeniert. Deshalb fragte meine Therapeutin mich ja auch als allererstes "wieviel Drama BRAUCHEN Sie noch?" und diese Frau hat aber sowas von ins Schwarze getroffen, das kann ich heute drei Jahre danach erst wirklich sehen. Erst wenn ich bereit bin, zu sehen, was ICH selbst inszeniere, kann ich endlich ändern. Mich und mein Leben. Und es hat gute drei Jahre gedauert, bis ich an der Wurzel des Dramas angelangt war...

Der leidige Satz, der soviel Widerspruch hervorruft, ist ja deshalb so leidig, weil die Wortwahl mißverständlich ist. Tor von Gor hat ja vollkommen recht damit, die Schwächen dieser Wortwahl aufzuzeigen. Denn es geht nicht um selbst AUSGESUCHT im Sinne von "selber schuld". Sondern es geht darum, zu sehen, wo war in mir die Resonanz zu dem, was mir nicht gut getan hat. Welche Frequenzen muß ich verändern, damit ich mit etwas in Resonanz komme, was mir gut tut... DAMIT ich in Zukunft eben kein Drama mehr reinszeniere. Damit ich endlich aufhöre damit, mich ein Leben lang selbst zu bestrafen - für etwas, was mir angetan wurde. Das IST ja das Fatale an dieser Gewaltopferspirale, das ist die Struktur, die es zu durchbrechen gilt.

Deshalb halte ich es für so wichtig, aus dem Faktum "da gibt es einen Anteil an dem, was mir geschieht, den ich selbst verändern kann" JEDEN Anklang von "Schuld" herauszuhalten und sich so bedacht wie möglich auszudrücken.

Freundlich grüßend
Kinnaree
 
Ein z.B. vierjähriges Kind, was seit Geburt mißbraucht wurde kann keine Eigenverantwortung übernehmen (es gibt Kinder, die öffnen jedem, auch fremdem, Mann den Hosenschlitz, weil sie nichts anderes von Männern kennen, noch nie eine andere Erfahrung mit einem Mann gemacht haben - für sie ist das NORMAL und sie reagieren völlig entsetzt, wenn der Mann entsetzt reagiert ...).
Und wenn denn dieser Mißbrauch weitergeht kann diese Person auch mit 20 keine Eigenverantwortung übernehmen - allein aus dem Grund, weil sie es nie lernen konnte.
Da hilft erstmal ganz klar: Du bist NICHT schuld und auch NICHT beteiligt und es ist schlimmes UNRECHT, was Dir geschehen ist.

Ich verstehe - und klar ist ein Kind nicht schuldig und braucht jede denkbare Hilfe und Unterstützung.
Das Beispiel mit einem Kindesmißbrauch ist natürlich ein Totschlagbeispiel.
Eine ausgewogene Argumentation und Klärungsversuche können doch eigentlich nur ohne persönliche Betroffenheitsempathie und ohne persönliche Identifikation und mit einer gewissen Distanz zum Thema erfolgen.
Mir ist schon klar, dass dies für jemanden der persönlich betroffen ist nicht möglich ist.
Aber letztlich geht es doch hier nicht um ein Einzelschicksal, sondern um eine möglichst ganzheitliche Betrachtungsweise, die auch die Hintergründe von Täter und Opfer im Auge hat.

Konstrukte kann man nicht "überwinden", sie machen unser Menschsein aus.

Nein - das schrieb ich auch nicht.
Es reicht oft schon, wenn es gelingt den Blickwinkel innerhab des Konstrukts neu zu justieren. Das ist sicher nicht leicht und läuft meist über Leiderfahrungen.


Bleiben wir bei diesem Beispiel:
Es ist schon extrem schwierig für solch eine 20jährige Person, "Normalität" zu erkennen und zu verstehen (in anderen Familien läuft es anders, Mißbrauch ist nicht normal!) und dann ein anderes Konstrukt für sich zu entwickeln (welches könnte es da geben?, wie kann man sowas üben und ausprobieren?, wie fühlt sich "Normalität" überhaupt an?, ist "Normalität" nicht irgendwie gefährlich?, was kann mir da passieren? usw.).

Wenn Normalität als unbedingt erstrebenswertes Ziel angesehen wird....
Sollte eine 20jährige Person nicht eher darin bestärkt werden, die eigene Norm, im Leben, in der Liebe, in der Sexualität, zu finden?

lg
Gabi
 
Nein, dieses Gefühl habe ich nicht. Das hatte ich auch nicht, als ich der Therapeutin die Frage gestellt habe. Beim Auffinden des eigenen Anteils an der jahrelangen Misere geht es ja eben nicht darum, eine "Schuld" zu konstruieren, sondern im Gegenteil: herauszufinden, warum es gar nicht um "Schuld" geht. Herauszufinden und ganz materiell gesehen zu begreifen, warum ich damals keine andere Möglichkeit hatte - und wie lange das in meinem Leben dazu geführt hat, daß ich weiterhin keine andere Strategie gefunden habe. Denn erst dann, wie du weiter unten richtig sagst, hatte ich eine echte Wahl.

Deshalb ist es so wichtig, herauszufinden, auf welche Art und Weise das antrainierte "Opferverhalten" weiterhin Täter angelockt hat. Darum gehts bei dieser Fragestellung, "womit war ich daran beteiligt"...



Ja sicher war es der Wunsch, zu überleben. Und ich hatte damals keine andere Möglichkeit. Andere Kinder hatten vielleicht eine andere Möglichkeit, weil sie anders geartet waren oder das Umfeld anders war. Und zur Möglichkeit der Wahl komme ich aber erst, wenn mir bewußt wird, daß es überhaupt eine andere Möglichkeit gibt. Zu der komme ich erst, wenn ich (irgendwann zwischen Ü-Vi und U-Hu) erfasse, daß ich aus meinem antrainierten Opferleben raus kann, wenn ich es nur will.



Ja. Und. In meinen Augen kommt es zu einem wirklich sinnvollen Reflektieren erst, wenn ich micht NICHT mehr damit zufrieden gebe, wieder alle Schuld dem bösen Täter in die Schuhe zu schieben und bereitwilligst weiterleiden zu wollen (indem ich unweigerlich den nächsten Täter einlade in mein Leben). Wirklich sinnvoll reflektieren konnte ich erst, als ich akzeptiert habe, DASS ich selbst es bin, die ununterbrochen die alten Dramen reinszeniert. Deshalb fragte meine Therapeutin mich ja auch als allererstes "wieviel Drama BRAUCHEN Sie noch?" und diese Frau hat aber sowas von ins Schwarze getroffen, das kann ich heute drei Jahre danach erst wirklich sehen. Erst wenn ich bereit bin, zu sehen, was ICH selbst inszeniere, kann ich endlich ändern. Mich und mein Leben. Und es hat gute drei Jahre gedauert, bis ich an der Wurzel des Dramas angelangt war...

Der leidige Satz, der soviel Widerspruch hervorruft, ist ja deshalb so leidig, weil die Wortwahl mißverständlich ist. Tor von Gor hat ja vollkommen recht damit, die Schwächen dieser Wortwahl aufzuzeigen. Denn es geht nicht um selbst AUSGESUCHT im Sinne von "selber schuld". Sondern es geht darum, zu sehen, wo war in mir die Resonanz zu dem, was mir nicht gut getan hat. Welche Frequenzen muß ich verändern, damit ich mit etwas in Resonanz komme, was mir gut tut... DAMIT ich in Zukunft eben kein Drama mehr reinszeniere. Damit ich endlich aufhöre damit, mich ein Leben lang selbst zu bestrafen - für etwas, was mir angetan wurde. Das IST ja das Fatale an dieser Gewaltopferspirale, das ist die Struktur, die es zu durchbrechen gilt.

Deshalb halte ich es für so wichtig, aus dem Faktum "da gibt es einen Anteil an dem, was mir geschieht, den ich selbst verändern kann" JEDEN Anklang von "Schuld" herauszuhalten und sich so bedacht wie möglich auszudrücken.

Freundlich grüßend
Kinnaree

Hallo Kinnaree,

ich bin wirklich beeindruckt von deiner starken, differenzierten Haltung, insbesondere weil du eben nicht nur theoretisierst sondern aufgrund deiner Erfahrungen ganz wertvolle Denkanstöße gibst.

lg
Gabi
 
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