Würde gerne Familienstellen - aber welche Frage?!

Diavola

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19. Februar 2005
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Köln
seit weihnachten beschäftigt mich das thema "familienaufstellung" durch ein
"zufälliges" gespräch mit einer arbeitskollegin.
heute bin ich in dem thread "dank an hrn. hellinger" auf folgendes posting
von walter r. gestossen:

1. Viele Missbrauchsopfer verdrängen das Erlebte. Sie KÖNNEN sich nicht erinnern. In der Therapie ist das ganz heikel - man hat oft Hinweise, die für Missbrauch sprechen, aber keine eindeutigen Belege.
Es kann zB. auch sein, dass eine Tochter sich missbraucht glaubt, de facto
aber die Mutter missbraucht worden ist, es verdrängt hat und die Erinnerung
auf die Tochter übergesprungen ist. (Das habe ich mehrfach erlebt.) Das ist
für einen Therapeuten eine derart heikle Gradwanderung - einerseits
geschehenen Missbrauch nicht zu übersehen und andererseits nicht durch
Verdächtigungen (die sich im Nachhinein als falsch herausstellen) eine
Familie völlig in Aufruhr zu versetzen.

das erinnert mich sehr an mich selber. seit nov. 2005 "erinner" ich mich an
meinen mißbrauch. in mir steigen bilder hoch, ich spüre die schmerzen, die
man mir "zugefügt" hat. mein körper reagiert total merkwürdig
(rückenschmerzen, kreislaufprobleme, schwindelanfälle, übelkeit, etc.). wenn
mann mich zieht, zerrt, meine handgelenke festhält, noch nicht mal mit böser
absicht, bekomme ich existenzielle angst, obwohl ein teil von mir weiß, dass
diese unbegründet ist. aus dieser angst heraus, weil ich mich bedroht und
angegriffen fühle, kann ich auch richtig austeilen - nicht körperlich, aber
ich "konstruiere" mir da schon situationen, in der unbewußten absicht, dass
ich den anderen so treffen möge, wie er mich traf.
ich weiß, in welchem alter (7) ich ca. war, in welchem zimmer ich mich
befand, um mich herum ist alles dunkel, ich weiß, ich bin nicht alleine, aber
ich SEHE nicht den menschen, der mir das alles zugefügt hat. ganz "logisch"
gesehen, hatte nur mein vater die möglichkeit, wir haben mit keinem anderen
mann zusammengelebt und niemand anders hatte zugang zu unserem haus.

mit 14, 24 und kurz vor meinem 34. geburtstag, gab es drei sexuelle
übergriffe. es ging da "nur" um zärtlichkeiten, die ich nicht gewillt war zu
geben, aber bei dem letzten (okt 05) wachte ich nachts auf und die hand des
mannes lag zwischen meinen beinen und ich hatte ihn definitiv nicht dazu
aufgefordert. er sagt aber definitiv, dass ich sie im schlaf dort hingelegt
hätte. ich glaube ihm das auch, einfach deshalb, weil er selber mißbraucht
wurde.

desweiteren habe ich mehrere jahre als prostituierte gearbeitet.

2. Bei geschehenem Missbrauch ist oft die Aggression der Betroffenen völlig gelähmt - dafür haben die Betroffenen eine Affinität zu Gewalt (und Eigenaggression).

auch das trifft bei mir zu, sowohl als kind, als auch als erwachsene galt ich
als mensch mit hohem aggressionspotential.

3. Wenn Missbrauchsopfer in der Familie ihre Erlebnisse anzusprechen versuchen, werden sie manchmal von der ganzen übrigen Familie abgeblockt und als LügnerIn dargestellt.
ich habe mit meiner kernherkunftsfamilie aus verschiedenen gründen keinen
kontakt mehr. mit meinem vater (nach dem ich sehr komme) ungewollt (dank
seiner freundin) und er meldete sich anfang dez 05, als das thema bei mir
ganz frisch war. ich bat ihn einfach, dass er verständnis dafür haben sollte,
dass ich jetzt keinen kontakt mit ihm haben kann und er hat sich bis heute
dran gehalten. ihm habe ich nichts sagen können.
meiner mutter hab ich meine erinnerungen in einem brief geschrieben - sie
weiß wohl nicht, ob sie mir glauben soll oder nicht, jedenfalls hat sie
danach den losen und unverbindlichen kontakt, den wir bis dahin hatten, von
sich aus abgebrochen.
mit meiner schwester (3 jahre jünger als ich), habe ich von mir aus den
kontakt schon vor ca. 8 jahren abgebrochen.
meine cousine, die 6 monate jünger ist als ich, weiß es und glaubt mir auch.
aus "zeitmangel" hatten wir jahrelang keinen kontakt, im feb 06 hat sie sich
bei mir gemeldet. wie sich herausstellte, hatten wir bezgl. mißbrauch ein
ähnliches thema.

4. Gar nicht so selten haben Missbrauchsopfer eine besonders enge
gefühlsmäßige Bindung an den Täter / die Täterin - in diesem Fall tun sie
viel, um ihn zu schützen und zu decken.

ich will meinen vater (so er es war, wer auch immer das war) nicht schützen.

ich habe aber eine unglaubliche sehnsucht nach ihm, wir haben uns dinge zu
erzählen, die gleichen interessen, ich hätte so gerne wieder kontakt zu ihm,
etwas in mir zieht mich zu ihm hin, aber ich weiß nicht wirklich, wie ich das
angesichts der ganzen erinnerungen, die ich oder mein körper haben,
bewerkstelligen soll.
in den letzten 14 tagen habe ich 4 menschen getroffen, die selber schon
gestellt haben - menschen die ich schon länger kenne und wo das nie ein thema war.
es scheint mir jetzt einfach so, als käme ich auch mit einer fa weiter. aber
ich weiß nicht wirklich, was ich fragen soll. es scheint alles so komplex und
diffizil.

Wenn einer von euch eine Idee dazu hätte, wäre ich sehr dankbar. :)
 
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okay - ich drück mich manchmal umständlich aus :)

- bilde ich mir alles ein (was ich nicht glaube)? da ich das nicht glaube, kann die erinnerung von *irgendwem* tatsächlich auf mich übergesprungen sein? und wenn ja - wie das? und von wem? und wie "werde ich das wieder los" oder wie finde ich einen umgang? letzteres ist schwer auszudrücken...

in der konsequenz daraus: bringt es mir tatsächlich etwas, eine familienaufstellung zu machen? verstehe ich dann meinen vater (so er es war) besser? wird es mir möglich sein, wieder mit ihm kontakt zu haben? und wenn ich es richtig verstanden haben sollte: man sollte doch mit einer konkreten frage in eine familienaufstellung gehen - wie sollte die denn bei mir lauten?

- war er es oder nicht (*sarkasmus* schuldig oder nicht, das ist hier die frage. wobei ich generell nicht an "schuldsuche" im landläufigen sinne glaube.)
- was ist mir damals tatsächlich widerfahren?

ich kann das, was ich wissen möchte nicht auf einen punkt - sprich frage - bringen.
oder sollte ich es eher mit einer rückführung probieren? ich habe das gefühl, dass dieses thema sehr wichtig ist für mich, dass ich es lösen muß, weil es mir im beruf (unabhängig von mir) mehrmals über "den weg gelaufen" ist. aber ich weiß nicht, wie. :)
 
Rehi Diavola,

es geht bei einer Aufstellung nicht um eine konkrete Frage, sondern um ein konkretes Anliegen, und das ist bei dir vorhanden.

Um die korrekte Definition würde ich mir an deiner Stelle keine all zu großen Sorgen machen, das findet ihr schon während der Aufstellung heraus.

Wobei, was damals wirklich passiert ist, wirst du nach der Aufstellung auch nicht konkret wissen - es kann sich dein Verdacht bestätigen, oder auch nicht - aber du darfst dir von der Aufstellung selbst keine Wunder erwarten.
 
Liebe Diavola,

Dass Du viel sehr klar beschreibst, und es doch in einem (gnädigen) Nebel bleibt, zeigt von einem gesunden Selbstschutz. Es kommt gerade soviel ins Bewußtsein, wie verkraftbar ist. Es wird wahrscheinlich noch einiges mehr von Bedeutung sein, als Du hier schreibst.

Du näherst Dich Deinen Themen wie die Katze, die um den heißen Brei schleicht, und die tut es mit gutem Grund, um sich die Zunge nicht zu verbrennen.

Was Du schreibst, erweckt in mir den Eindruck, dass ein längerfristiger Kontakt in Einzelgesprächen sehr zu empfehlen wäre - aus mehreren Gründen :

- Dein Leben ist voller abgebrochener Beziehungen. Wenn in der Familie Beziehungen abgebrochen werden, dient das oft dazu zu verhindern, dass Ereignisse ausgesprochen werden, für die man sich zutiefst schämt. Da ist es gut, nicht nur eine Aufstelung zu machen und dann wieder im eigenen Stübchen zu verschwinden - sondern einem Menschen mitzuteilen, was geschehen ist und was man erlebt hat. Und dann diesem Menschen weiterhin zu begegnen - dem zu begegnen, DER WEISS - und so auch sich selbst weiter zu begegnen.

- Es kann auch etwas zu schnell und zu heftig durchbrechen. Da ist die Vorbereitung der Psyche gut - und dass Du nach dem Seminar sofort jemanden hast, zu dem Du gehen kannst. Solche tiefen Wunden brauchen manchmal lange, bis sie heilen können. Wenn man mit der Vorgeschichte, die Du beschreibst nach einem Seminar alleine und unbegleitet dasteht, kann man daran auch fast verrückt werden.

- In den Vorgesprächen kann auch klar werden, wo am besten anzusetzen ist : ob man gleich zum Kern vordringt oder besser behutsam mit Randthemen anfängt.

Die Verbindung von Aufstellung und Rückführung scheint mir bei Dir ideal. Das Erleben des großen Zusammenhangs (durch Vorleben hindurch) kann das erträglich und annehmbar machen, was rein auf dieses Leben bezogen zuviel des Leides und des Schmerzes sein könnte. Auf der seelischen Ebene (der Vorleben) wird vieles ruhiger und annehmbarer, was in der direkten Konfrontation unerträglich wäre.

Du scheinst das sehr klug und besonnen anzugehen, Respekt ! (Bitte versteh das als Wiedergabe meines Eindruckes - nicht als unangemessene Bewertung.)

Ich wünsch Dir viel Glück auf Deinem Weg !

Reinhard
 
Die Verbindung von Aufstellung und Rückführung scheint mir bei Dir ideal. Das Erleben des großen Zusammenhangs (durch Vorleben hindurch) kann das erträglich und annehmbar machen, was rein auf dieses Leben bezogen zuviel des Leides und des Schmerzes sein könnte. Auf der seelischen Ebene (der Vorleben) wird vieles ruhiger und annehmbarer, was in der direkten Konfrontation unerträglich wäre.

Hallo Reinhard!

eine kurze Frage noch dazu:

wie sähe so eine Kombination von Aufstellung und Rückführung denn praktisch aus?
Also was macht man zuerst, oder mischt man die beiden Methoden völlig?
Stellt man das frühere Leben auch auf, wen die Erinnerung von dort kommt?

Oder kannst du vielleicht einfach ein Beispiel nennen, damit ich mir darunter etwas vorstellen kann.

DANKE im voraus,
Susanna
 
Wie sähe so eine Kombination von Aufstellung und Rückführung denn praktisch aus ? Also was macht man zuerst, oder mischt man die beiden Methoden völlig ? Stellt man das frühere Leben auch auf, wen die Erinnerung von dort kommt ?
Liebe Susanna,

Ich kann Dir gerne beschreiben, wie sich diese Arbeitsweise bei mir entwickelt hat :

Wenn spürbar wird, dass es sich um eine "alte" seelische Verstrickung handelt bzw. um ein Problem, das in einem Vorleben wurzelt, werden die StellvertreterInnen mit der Rolle der "Seele der Person" beauftragt. Die bitte ich dann, am Boden den Punkt in Zeit und Raum zu finden, wo "es" geschehen ist, was jetzt noch wirkt. Dann gehen die "Seelen" hin und ich bitte sie, die Menschen zu werden, die sie damals waren. Wenn spürbar wird, dass da mehr Menschen beteiligt waren, werden für sie weitere Stellvertreter dazugestellt. Es ist verblüffend, wie dicht diese Bilder werden können. Manchmal ist die umgebende Landschaft und die Kultur geradezu zu sehen : Wüste, Meer, Wald, Sakralbauten, Eigenart der Bevölkerung etc. Mit der Zeit kristallisiert sich das Geschehen heraus - was geschehen ist, was die Hauptperson damals getan hat, was die Verstrickung begründet hat. Dann geht es darum, dass die Seelen der beteiligten Personen miteinander ins Reine kommen. (Aus Vorleben wirken nur ganz massive Ereignisse : Mord, magische Handlungen, Fluch, seelisch bindende Gelübde etc.) Was sehr schön dabei ist : dass da auch Heilsames für die Seelen von früheren Opfern geschehen kann.

Wenn dies gelöst ist, gehen wir wieder in die Gegenwart und überprüfen, ob die seelische Lösung auch in den realen Gegenwartsbeziehungen das Ausgangsproblem bereinigt hat.

Ist das für Dich in der Kürze verständlich ?

Liebe Grüße, Reinhard
 
Ist das für Dich in der Kürze verständlich ?

Hallo Reinhard!

Ja - verstehe schon. Man stellt also die früheren Leben zuerst (anstelle einer Rückführungstherapie in Trance - womit ich mich beschäftige) und löst die Konflikte.
So weit - so gut.

Sieht man sich auch an welche Personen man im heutigen Leben wiedergetroffen hat oder nur welche Situationen man wiedererlebt? (das macht ja bei der Regressionstherapie technisch keinen Unterschied)
Oder schaut man sich ganz einfach nur an ob sich in der Gegenwart etwas verändert hat?

Mir ist noch nicht ganz klar wie die Anknüpfung von der Reinkarnations-Stellung an die Gegenwartsstellung funktioniert.

Danke :)
 
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Mir ist noch nicht ganz klar wie die Anknüpfung von der Reinkarnations-Stellung an die Gegenwartsstellung funktioniert. Danke :)
Für den Anfang gibt es mehrere Möglichkeiten : manchmal ist das schon vor der Aufstellung bei der Beschreibung des Themas erkennbar, dass es sich um "Altlasten" handelt, manchmal sind in der Gegenwartsaufstellung Wirkkräfte erkennbar (zB. "Besetzungen"), denen nachgegangen wird, manchmal zeigt es sich, dass Personen der Gegenwart eine alte Verbindung oder Verstrickung miteinander haben.

Am Ende schaut man zB., ob diese beeinträchtigenden Wirkkräfte tatsächlich verschwunden sind, ob Folgewirkungen der "Altlasten" (Ängste, sexuelle Beeinträchtigungen etc.) gelöst sind, ob die realen Personen (die durch alte Schicksale Schwierigkeiten miteinander hatten) nun versöhnt sind.

Ich glaube jetzt habe ich den Punkt, wo Du Dir nicht klar bist :

Hier werden in der Gegenwartsaufstellung nicht nur reale Personen berücksichtigt, sondern auch die Anwesenheit von hilfreichen und / oder "unerlösten" Seelen. Insoferne ist zwischen Vorleben und Gegenwart nicht so ein Bruch, wie es Dir erscheint. Es wird die Einwirkung von Vorleben in die Gegenwart aufgegriffen und gelöst.

LG, Reinhard
 
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