Terrageist
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Mir ging gerade einiges durch den Kopf. Erinnerungen an früher, Kindheitsanteile, die man weiter mit sich herumträgt.
Seit ich ganz klein war schon, hatte meine Mutter immer wieder schwere Asthmaanfälle und bekam keine Luft.
Sie saß dann da, konnte sich nicht mehr bewegen, und wenn der Notarzt kam, musste man ihr den Ärmel aufschneiden, um ihr eine Spritze geben zu können.
Ich fand das als Kind ziemlich schrecklich. Zum einen natürlich die Angst, sie zu verlieren, also vor dem Tod meiner Mutter, Hilflosigkeit und Lebensangst hingen auch damit zusammen. Dann Schuldgefühl, denn wenn ich ein wenig "frech" gewesen war, sie sich nicht durchsetzen konnte, bekam sie einfach keine Luft mehr.
Das Gefühl machte sich breit, Herr über Leben und Tod sein zu können.
Hatte ich rechtzeitig den Notarzt gerufen (wir hatten früher noch nicht mal Telefon), dann bezeichnete sie mich als ihre Lebensretterin. Ich war in einem Fall mitten in der Nacht (als kleines Kind) aufgestanden, und sie saß am Tisch und bekam keine Luft. Sie hatte nur ganz leise gerufen.
Nun, auch die Angst vor dieser Art "Ersticken" war für mich furchtbar. Sie sagte oft, wenn es ihr gut ging, das sei etwas das sie ihrem ärgsten Feind nicht wünschen würde.
Nichts konnte je darüber hinaus. Mein Vater, alle wagten kaum, etwas "Falsches" zu tun.
Auch die Morallatte war hoch gehängt. Mein Vater, mit dem sie Streit und Probleme hatte, sagte mal zu ihr, sie könne ruhig keine Luft kriegen, er würde trotzdem (Roulette) spielen gehen.
Da war sie ja hoch, dass er das gesagt hatte, nahm sie ihm ziemlich übel.
Dafür bekam mein (drei Jahre jüngerer) Bruder auch häufig Prügel. Wenn ich und er sich stritten, was häufiger vorkam, so ging es meiner / unserer Mutter schlecht und sie rief nach unserem Vater, der dann gar nicht mehr guckte, was eigentlich los war, sondern meistens direkt auf meinen Bruder losging.
Mich fasste er niemals an, ich weiß auch nicht warum.
Manchmal war er kurz davor, aber dann sank seine Hand wieder, wir sahen uns still an, in meinen Augen wohl die Angst, aber ich fühlte dann auch immer so eine Art Wehrlosigkeit und Hingabe in das was kommen wollte.
Das war immer der Augenblick, an dem er sich beruhigte, sich umdrehte und wegging.
Ja warum schreibe ich das. Ist mir gerade im Moment danach zumute, eben kamen mir aus eher unerfindlichen Gründen beim Nachdenken an Vergangenheiten die Tränen.
Ich erinnere mich, dass meine Mutter ihre Gefühle weitestgehend abgestellt hatte.
Sie hat es mir mal erzählt. Als kleines Kind kam sie zu ihrem brutalen Vater, und sie hatte zwar Angst, war aber auch zornig auf ihn. Von ihren Großeltern hatte sie nur Schlechtes über ihn gehört, und dann gaben sie sie (als sie sechs Jahre alt war) ab zu ihm und ihrer Mutter, weil sie ihnen selbst über den Kopf gewachsen war.
Er schlug sie oft und brutal , aber sie schrie nie. Denn sie wollte nicht schreien. Sie schaffte es, alles in sich zu verbarrikadieren. Als sie später als erwachsene Frau ein Kind zur Welt brachte, sagte man wohl zu ihr, sie solle schreien. Aber sie konnte es nicht. Sie konnte niemals Schmerzgefühle herauslassen.
Kinder übernehmen von ihren Eltern. Kurz vor der Geburt meines ersten Kindes saß ich in der normalen Arztpraxis und stellte auf der Toilette fest, dass ich blute. Ich ging nach draußen und sagte es.
Aber ich sagte es ganz ruhig , ohne jede Aufregung.
Man ließ mich eine Weile sitzen, der Arzt käme gleich. Als er mich dann auf seinem Stuhl hatte, sagte er scheinbar überrascht zu mir, "Sie bluten ja richtig."
Ja, genau das hatte ich ja gesagt, aber eben nicht theatralisch genug. Man nahm es nicht richtig ernst.
Nun, am selben Tag noch brachte ich meinen Sohn zur Welt und es war alles in Ordnung.
Das ist jetzt schon über 30 Jahre her. Sollte nur ein Beispiel sein, für abgestellte Gefühle, wofür das auch immer dienen kann.
Es führte zu Verkrampfungen bei meiner Mutter früher, was sicher nicht so gut war.
Ich selbst gewöhnte mir an, nicht mehr so viel bei ihren Anfällen zu fühlen, das denke ich mir zumindest, denn auch ich wollte ja leben, und es war etwas ziemlich regelmäßiges.
Nun, ich höre hier auf. Wollte nicht herumjammern. Ist alles ziemlich lange her, sagt aber vielleicht etwas aus über das Wesen unserer Persönlichkeit und Psyche.
An anderer Stelle schrieb ich ja, dass ich später begann, eng mit meiner Mutter zusammenzuarbeiten.
In psychologischer Hinsicht, innere Wege, Verarbeitung usw.
Der Gedanke war für mich damals, das "Heilen" der Familienwunde, um es mal so zu nennen.
Nun, wie auch immer, liebe Grüße, wer sich hier durchgewurschtelt hat.
Seit ich ganz klein war schon, hatte meine Mutter immer wieder schwere Asthmaanfälle und bekam keine Luft.
Sie saß dann da, konnte sich nicht mehr bewegen, und wenn der Notarzt kam, musste man ihr den Ärmel aufschneiden, um ihr eine Spritze geben zu können.
Ich fand das als Kind ziemlich schrecklich. Zum einen natürlich die Angst, sie zu verlieren, also vor dem Tod meiner Mutter, Hilflosigkeit und Lebensangst hingen auch damit zusammen. Dann Schuldgefühl, denn wenn ich ein wenig "frech" gewesen war, sie sich nicht durchsetzen konnte, bekam sie einfach keine Luft mehr.
Das Gefühl machte sich breit, Herr über Leben und Tod sein zu können.
Hatte ich rechtzeitig den Notarzt gerufen (wir hatten früher noch nicht mal Telefon), dann bezeichnete sie mich als ihre Lebensretterin. Ich war in einem Fall mitten in der Nacht (als kleines Kind) aufgestanden, und sie saß am Tisch und bekam keine Luft. Sie hatte nur ganz leise gerufen.
Nun, auch die Angst vor dieser Art "Ersticken" war für mich furchtbar. Sie sagte oft, wenn es ihr gut ging, das sei etwas das sie ihrem ärgsten Feind nicht wünschen würde.
Nichts konnte je darüber hinaus. Mein Vater, alle wagten kaum, etwas "Falsches" zu tun.
Auch die Morallatte war hoch gehängt. Mein Vater, mit dem sie Streit und Probleme hatte, sagte mal zu ihr, sie könne ruhig keine Luft kriegen, er würde trotzdem (Roulette) spielen gehen.
Da war sie ja hoch, dass er das gesagt hatte, nahm sie ihm ziemlich übel.
Dafür bekam mein (drei Jahre jüngerer) Bruder auch häufig Prügel. Wenn ich und er sich stritten, was häufiger vorkam, so ging es meiner / unserer Mutter schlecht und sie rief nach unserem Vater, der dann gar nicht mehr guckte, was eigentlich los war, sondern meistens direkt auf meinen Bruder losging.
Mich fasste er niemals an, ich weiß auch nicht warum.
Manchmal war er kurz davor, aber dann sank seine Hand wieder, wir sahen uns still an, in meinen Augen wohl die Angst, aber ich fühlte dann auch immer so eine Art Wehrlosigkeit und Hingabe in das was kommen wollte.
Das war immer der Augenblick, an dem er sich beruhigte, sich umdrehte und wegging.
Ja warum schreibe ich das. Ist mir gerade im Moment danach zumute, eben kamen mir aus eher unerfindlichen Gründen beim Nachdenken an Vergangenheiten die Tränen.
Ich erinnere mich, dass meine Mutter ihre Gefühle weitestgehend abgestellt hatte.
Sie hat es mir mal erzählt. Als kleines Kind kam sie zu ihrem brutalen Vater, und sie hatte zwar Angst, war aber auch zornig auf ihn. Von ihren Großeltern hatte sie nur Schlechtes über ihn gehört, und dann gaben sie sie (als sie sechs Jahre alt war) ab zu ihm und ihrer Mutter, weil sie ihnen selbst über den Kopf gewachsen war.
Er schlug sie oft und brutal , aber sie schrie nie. Denn sie wollte nicht schreien. Sie schaffte es, alles in sich zu verbarrikadieren. Als sie später als erwachsene Frau ein Kind zur Welt brachte, sagte man wohl zu ihr, sie solle schreien. Aber sie konnte es nicht. Sie konnte niemals Schmerzgefühle herauslassen.
Kinder übernehmen von ihren Eltern. Kurz vor der Geburt meines ersten Kindes saß ich in der normalen Arztpraxis und stellte auf der Toilette fest, dass ich blute. Ich ging nach draußen und sagte es.
Aber ich sagte es ganz ruhig , ohne jede Aufregung.
Man ließ mich eine Weile sitzen, der Arzt käme gleich. Als er mich dann auf seinem Stuhl hatte, sagte er scheinbar überrascht zu mir, "Sie bluten ja richtig."
Ja, genau das hatte ich ja gesagt, aber eben nicht theatralisch genug. Man nahm es nicht richtig ernst.
Nun, am selben Tag noch brachte ich meinen Sohn zur Welt und es war alles in Ordnung.
Das ist jetzt schon über 30 Jahre her. Sollte nur ein Beispiel sein, für abgestellte Gefühle, wofür das auch immer dienen kann.
Es führte zu Verkrampfungen bei meiner Mutter früher, was sicher nicht so gut war.
Ich selbst gewöhnte mir an, nicht mehr so viel bei ihren Anfällen zu fühlen, das denke ich mir zumindest, denn auch ich wollte ja leben, und es war etwas ziemlich regelmäßiges.
Nun, ich höre hier auf. Wollte nicht herumjammern. Ist alles ziemlich lange her, sagt aber vielleicht etwas aus über das Wesen unserer Persönlichkeit und Psyche.
An anderer Stelle schrieb ich ja, dass ich später begann, eng mit meiner Mutter zusammenzuarbeiten.
In psychologischer Hinsicht, innere Wege, Verarbeitung usw.
Der Gedanke war für mich damals, das "Heilen" der Familienwunde, um es mal so zu nennen.
Nun, wie auch immer, liebe Grüße, wer sich hier durchgewurschtelt hat.
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