Achtung des Schicksals und Wertung

Ahja. Dann wär es vielleicht hübsch, auch die andere Seite der "persönlichen Animositäten" nach "Unter uns" zu bitten.

Zurück zum Thema. Ich versteh nicht ganz, warum für dich - zumindest kommt das bei mir so an - eine Aussage, die eine Tatsache beschreibt, in jedem Fall eine Verurteilung ist. Ich seh darin, daß ich nachvollziehen kann, warum jemand aus seiner Haut nicht herauskonnte - und trotzdem sage, das war eine Sauerei - keinen Widerspruch. Ich muß nicht einmal bös sein auf denjenigen, über den ich das sage - ich seh es nur und nenn es beim richtigen Namen...

Sowas muß ich mir doch selbst auch gelegentlich eingestehen - wenn ich ehrlich zu mir selbst bin.
Richtig. Das war mein erster Gedanke, als ich auf den Thread klickte. Aber dann dachte ich mir: ne, hier ist Thema Familienaufstellung. Also muß es hier um irgendeine Form von Drama gehen. Also machte ich eine Weile mit. :D
 
Werbung:
Richtig. Das war mein erster Gedanke, als ich auf den Thread klickte. Aber dann dachte ich mir: ne, hier ist Thema Familienaufstellung. Also muß es hier um irgendeine Form von Drama gehen. Also machte ich eine Weile mit. :D
Eigentlich nicht. Bei einer Aufstellung sieht man, was passt. Punkt. Und diskutiert nicht endlos herum, "jo derf ma denn des überhaupt ?". Manchmal tut ein deftiger Kraftausdruck gut und reinigt die Luft. ("Sauerei" ist da eh noch harmlos.)

Gawyrd
 
Bleiben wir bei diesem Beispiel - genau das war es nämlich in ihrem Fall. Durch die Aufstellung kam heraus, warum der Mann das gemacht hatte.

Ich kann jetzt nur mal für mich selbst sprechen (wenn ich wüsste, wie sie da gestrickt ist, hätte ich diesen Thread nicht eröffnet) - wenn ich jemanden VERSTEHE, wenn ich nachvollziehen kann, warum jemand so und nicht anders gehandelt hat - wenn ich mir vorstellen kann, dass ich an dessen Stelle genauso gehandelt hätte - wie kann ich dann bewerten und urteilen?

Bleiben wir bitte bewusst bei diesem Beispiel - ich möchte nicht, dass das Thema wieder beim missbrauchten Baby landet.

Liebe Grüße
Suena

Hallo Suena,

verständliches Verhalten wird ja nicht automatisch richtig.
Wir müssen werten, denn wir wollen doch auch entscheiden, welches Verhalten wir selbst für akzeptabel halten. Ohne diese Unterscheidung geht es gar nicht.
Entscheidend scheint mir, ob deine Bekannte ihren Vater ablehnt, weil er sich diese Sauerei, die nüchtern gesehen ja durchaus eine sein kann, erlaubt hat.
Die Entlastung durch die Aufstellung könnte ja darin bestehen, dass sie dieses Handeln nicht verfolgen und für die Mutter Partei ergreifen muss.
Und gleichzeitig kann sie sich darüber klar sein und auch aussprechen, dass sie ein solches Verhalten bei niemandem für richtig hält. Also auch nicht tatenlos zusehen würde, wenn jemand das unter ihren Augen macht, oder gar selbst so handeln.
Das scheint mir okay und gut mit dem Abgeben der elterlichen Angelegenheiten an die selbigen vereinbar.

Beste Grüße,

Eva
 
"Dynamiken" und "Gründe" sind keine Entschuldigungen. Sie heben nicht die Willensfreiheit auf.
oh doch. In weiten Teilen der Bevölkerung aber allemal. Da ist das Verhalten so "genormt" in der Familie, durch das Erwarten der Eltern zu einander und an die Kinder, daß ein regelrechter Zwang entsteht, der dann Gewalt und Aufmerksamkeit zum Ausbrechen bringt. Von Willensfreiheit kann doch wirklich bei weiten Teilen der Bevölkerung gar nicht die Rede sein. Dafür muß man erst mal mündig sein und das sind die meisten Menschen doch gar nicht.

Ich frage mal umgekehrt : woher kommt das Bemühen, für "Sauereien" um jeden Preis Ausreden und Entschuldigungen zu finden (letztlich geht's um nichts anderes) - anstatt sie einfach beim Namen zu nennen und ihnen Einhalt zu gebieten.
Zum Teil weil man damit die eigene Geschichte verleugnet. Denn man hat ja mitgemacht und macht ja mit. Man müßte sich selber vor dem Spiegel entblößen und wie der Kaiser mit seinen neuen Kleidern über die Straße spazieren - sinngemäß. Und das im Kollektiv. Und das wird natürlicherweise nie passieren.

Oder anders ausgedrückt: es bliebe nichts übrig, wenn man es täte.

"Ver-stehen" ist sehr oft eine Form, sich selbst etwas vorzumachen, um sich vor fälligen Konsequenzen zu drücken - die man ergreifen müsste, wenn man zu dem steht (und nicht ver-steht), was und wie man erlebt.

Gawyrd
Ich schätze es ja, daß man genau auf Sprache guckt, aber die Silbe Ver macht nix Schlimmes an das Stehen dran. Es gibt gemeinsam mit ihm eine völlig neue Wortbedeutung, die mit "Stehen" nichts zu tun hat. Natürlich kann man einen solchen Zusammenhang gefahrlos interpretieren, nur ein Weltbild sollte man daraus nicht stricken. (falls Du zu so etwas neigen solltest.)

Weißt Du, wenn ich etwas nicht verstanden habe, dann habe ich mich auch noch nicht davon gelöst. Und das ist bei uns allen so. Denn: bei jedem Lösungsprozess ist das Verstehen ein Teilschritt. Verstehen / erkennen / feststellen ist da immer ein Teil. Ganz im Sinne eines Sat -Or - I. "Stehen" dagegen ist so gut wie immer Stillstand.
 
Hallo Melodie,

nicht alle Täter wissen, dass sie was angestellt haben. Hier beziehe ich die Eltern mit ein. Ein Kind denkt, es hätte etwas angestellt, dass die Eltern sich so und so verhalten. Es denkt, es sei der wahre Täter. Dies muss dem erwachsen gewordenen Kind mal gesagt werden. Tut dieser Mensch seine Eltern verstehen, dann tut er sich damit einen Bärendienst, denn er wird weiterhin ein Täter bleiben. Bevor die Liebe fließen kann, muss das Kind erst mal wieder Kind sein können und dort abgeholt werden wo es stehen geblieben ist. Diesem Menschen dann zu sagen, er dürfe seinen Eltern keine Vorwürfe machen, was sie ihm getan haben und es sei wichtig ihr Leiden nachvollziehen zu können führt in die Sackgasse. Es ist ein Irrweg.

Dem Klienten muss geholfen werden, Verständnis für sich aufzubringen, dass es in solch schwierigen Lebensumständen überleben konnte und überlebt hat. Ihm Verständnis beibringen, dass es unschuldig ist für das, was ihm seine Eltern angetan haben, denn es war klein und kannte keinen anderen Weg als auszuharren. Und dass dieser Mensch benennen und aussprechen darf, was ihm für Leid zugefügt wurde. Normalerweise hat er nämlich riesige angst davor, schlimme Dinge auszusprechen, weil: er könnte aus der Familie ausgestoßen werden. Dieses Risiko will er niemals eingehen. Also fügt er sich, und tut alles seine Eltern zu lieben. Mit allem Zugeständnissen, die von manchen Aufstellern von ihm abverlangt werden. Um endlich dazu zu gehören. Nicht dazugehören, das kennt es schon genug. Das ist eine riesen Wunde.

Und wenn ich dann lese, dass unter den Teppich gekehrt werden soll, was die Threaderstellerin erwähnte, dann konnte diese Aufstellung nur schief gehen. Der Blick war auf das Wohl der Eltern gerichtet und nicht auf das Wohl der Klienten vor Ort.

ich glaube bald, dass sich in der FA-Szene fast nur Eltern-Verherrlicher rumtreiben, die ihre Idealisierungen anderen einpflanzen.

LG Pluto
 
Eigentlich nicht. Bei einer Aufstellung sieht man, was passt. Punkt. Und diskutiert nicht endlos herum, "jo derf ma denn des überhaupt ?". Manchmal tut ein deftiger Kraftausdruck gut und reinigt die Luft. ("Sauerei" ist da eh noch harmlos.)

Gawyrd
Man darf alles - in gewissen Rahmen. Gibt es denn irgendwo mal vernünftige Quellen zu diesem Aufstellungs-Driet? Hat Herr oder Frau Professor-Doktor da mal irgendwie mittlerweile was zu gesagt, so daß sich für mich das Lesen lohnen würde? Und bitte nicht irgendein Erfahrungsbüchlein von einer Psychotherapeutin oder einem Heilonkel. :) gibts sowas? Dann bilde ich mich von mir aus doch glatt fort.
 
Weißt Du, wenn ich etwas nicht verstanden habe, dann habe ich mich auch noch nicht davon gelöst.
Hallo Trixi,

Das ist ein eigenes Thema - deswegen nur kurz. "Verstehen" ist sehr oft die Konstruktion einer Entschuldigung, mit der man Konfrontation oder Konsequenzen ausweicht. Man setzt sich kurz zum Richter ein und fällt einen Freispruch wegen mildernder Umstände - pffft, Seufzer der Erleichterung : Alles darf so bleiben wie es ist.

Aber das ist eine andere Geschichte ...

Gawyrd
 
Da wurde nix verwechselt, Melodie. Genau dieser Satz widerstrebt mir als Ziel.

Ist das für dich momentan noch offen, auch nicht aus meinen übrigen Posts nachvollziehbar? Falls ja, gehe ich gerne noch drauf ein. Möchte allerdings anmerken, dass du ein Ziel, das dir widerstrebt ja nicht zu deinem machen brauchst.



Das bringt es recht gut zum Ausdruck: "Eltern sein" kann man im rein biologischen Sinn. Und "Eltern werden" tut man, indem man sich verhält, so wie Eltern das tun. Und wenn biologische Eltern sich nicht so verhalten, wie das ihrem Kind zusteht, worauf ihr Kind ein Recht hat - dann sind sie eben Fremde.[/QUOTE]

Wenn das so ist, braucht man sich damit dann auch nicht länger zu befassen. Falls es aber dann doch nicht so recht läuft, lohnt sich der Blick auf möglicherweise doch vorhandene innere Bindungen und deren Zustand dann immer noch.
Und was nicht so ist, wie es sein soll, wird auch nicht so wie es sein soll, wenn man das hundertmal beschwörend runterbetet. Es kann doch nicht der Sinn einer Aufstellung sein, als "Lösung" einen Satz anzubieten, der eben nicht stimmt und somit ein Lüge ist. Der Sinn einer Aufstellung ist es doch, eine Lösung zu finden, die befreit - Lügen befreien aus nichts. .

Absolut richtig!

Wenn meine Mutter ein Rabenbratl ist, dann ist und bleibt sie ein Rabenbratl und wird auch dann keine "richtige" Mutter, wenn ich das vor mich hinbete... nur ich gerate in Konflikte, weil ich etwas runterbete, von dem ich GENAU weiß, daß es gelogen ist... Das einzige, was mich dann befreit, ist, sagen zu dürfen, meine Mutter ist ein Rabenbratl, aber ich kann jetzt sehen, daß sie nicht anders kann - und muß mich ihr gegenüber auch zu nichts mehr weiter verpflichtet fühlen (eben auch nicht mehr dazu, ihre Lebensprobleme stellvertretend für sie weiterzutragen)..

Meine ist garantiert schlimmer als deine :D
Merkst du, wie du deine Entscheidung, ihr zu etwas verpflichtet zu sein, von ihrem Wert als Mutter, wie du ihn einschätzst, abhängig machst?
Sie könnte die wunderbarste aller Mütter sein - du wärst dennoch frei, dein Leben, wie du es von durch sie bekommen hast, zu genießen und geradezu verpflichtet, ihr ihre Probleme zu lassen. Aus Achtung und weil du nur das Kind bist :)

Du hast es mir nicht beantwortet: warum wird so dran geklammert, Eltern, die sich unmöglich verhalten haben, irgendwie zu "richtigen" Eltern zurechtbiegen zu müssen?????? Warum ist es so schwer, die Wahrheit als Lösung zu akzeptieren? (Stellt sich eine Anschlußfrage: Wer will denn da etwas nicht sehen - und warum?).

Hab ich wohl überlesen, sorry.
Es ging nicht um richtige oder ideale Eltern, Eltern wie sie sein sollten.
Insofern gibt es da nichts zu beschönigen oder zurechtzubiegen. Es ging darum, dass Huren, Vergewaltiger, Rabenbratl und was auch immer, in dem Moment, in dem sie mich in die Welt setzten, die "einzig richtigen für mich" sind, weil es a) keine anderen für mich gibt und ich b) wenns gelingt, annehme, was ist um statt gegen was zu kämpfen, was nicht mehr zu ändern ist, dass es mich nur so geben kann. Das muss mir ja nicht gefallen, aber ich kann es nehmen und gestalten.

Und warum du es "putzig" findest, daß ein Kind ein Recht darauf hat, von seinen Eltern liebevoll behandelt zu werden, weißt wohl nur du allein. So etwas WILL ich gar nicht nachvollziehen können, bedaure.

Kleine Kinder sind dringend darauf angewiesen, von ihren Eltern adäquat behandelt zu werden. Sie erleiden Schaden, wenn nicht. Ich mache mich sicher nicht über diese Bedürftigkeit lustig oder verkenne die tiefe Not von Kindern, deren Eltern versagen.
Putzig sind für mich erwachsene Kinder, die an das heutige Verhalten ihrer Eltern Ansprüche stellen.

Dass du das, was du da vielleicht gedacht hast, dass ich meine, nicht nachvollziehen können willst, kann ich bestens verstehen.

:umarmen:
Eva
 
Werbung:
Zurück
Oben