Liebe Foris,
ich würde gerne ein Thema zur Diskussion stellen. Nämlich was passiert, wenn man einmal im Leben eine Fehlentscheidung getroffen hat? Sprich wenn ich eigentlich wusste, dass dies ein Ausbruch aus einer Situation war, die man hätte durchhalten müssen über einen längeren Zeitraum. Wird es dann wieder einen Weg geben, der wieder auf den geplanten Pfad führt oder wird das Leben dann komplett anders verlaufen? Was meint ihr? Ich freue mich auf eure Ansichten und Antworten.
LG Jutoka
Hallo Jutoka,
im Grunde hat venus-pluto Recht, meine ich: Es gibt keine Fehlentscheidungen. Aber das sieht natürlich anders aus, wenn man ein Urteil in eigener Sache trifft. Wenn man's also als Fehler betrachtet, dann könnte man sich auch an Henry Ford II. halten, der mal sagte: "Ich bin froh über die Fehler, die ich gemacht habe sie haben mir alle dabei geholfen, besser zu werden!"
Niemand trifft eine Entscheidung absichtlich und mit klarem Blick auf mögliche Folgen so, dass sie/ser sich später darüber ärgern muss. Jeder macht es immer so gut, wie er/sie es im Augenblick kann ... erst später zeigt sich dann, ob es eine Entscheidung ist, die man so wieder treffen würde oder die man bereut. Und bereuen heißt im Idealfall: sehr nüchtern daraus lernen.
Was man zunächst einmal lernen kann aus den vielen "Fehlentscheidungen" (oder was man dafür hält), die man in der Regel eh schon im eigenen Leben getroffen hat, und auch aus denen anderer Menschen: Es geht immer weiter.
Bei eigenen und fremden Fehlern könnte man hinschauen, wem es damit besser und wem es schlechter geht danach ... schlechter geht es in der Regel denen, die sich quasi selbst für ihren Fehler permanent niedermachen und das weitere Leben mit der Grundhaltung führen "ach hätte ich doch damals nicht ..." wenn man Depressionen liebt und sich gern beschissen fühlt, ist das ein guter Weg. Manche wählen ihn auch als Selbstbestrafung für das, was sie ihrer Meinung nach getan haben.
Besser geht es in der Regel denen, die sehen, dass man Entscheidungen nicht zurücknehmen kann. Die gehören zu den Rahmenbedingungen des Lebens, die man sich selber schafft, und wie bedrängend solche Rahmenbedingungen werden, hängt sehr davon ab, wie man damit umgeht. Was man aus der neuen Situation macht. Und die sich begnadigen können von der scheinbaren Pflicht, eigene Fehler auch selbst zu bestrafen.
Große Worte es ist alles andere als leicht, sich vom Hättiwari zu lösen (hätte ich doch, wäre ich vielleicht ...). Es braucht Zeit, auch so etwas wie eine Zeit der Trauer. Und dann ist der Blick auf die eigenen Ressourcen dran. Welche kenne ich, auf welche kann ich zugreifen ... und welche neuen kann ich womöglich entdecken und entwickeln?
Rückwärts zu leben geht jedenfalls nicht. Leben geht voran, und wenn es überhaupt möglich sein sollte, aus einer als schlecht empfundenen Entscheidung zu Umständen zu finden, wie sie vorher gewesen waren, dann kann das nur in der Zukunft liegen sprich, in den Schritten, die hier und heute dorthin führen. Es wird nie wieder so sein, wie es einmal war, ganz grundsätzlich ... und vor allem das lässt sich ja auch als große Chance begreifen. Es hatte seine Zusammenhänge, wie es zur "Fehlentscheidung" gekommen ist, und die sollten nicht ausgeblendet werden. Die spielen eine Rolle, wenn es wirklich gelingen sollte, das, was war, zu revitalisieren und mit neuen, wertvollen Erfahrungen weiterzuführen.
Wenn das nicht geht: Mitten im Wolkenbruch stehend ist es freilich eine Herausforderung, den nächsten Sonnentag zu imaginieren, an dem man in der Wiese liegt und mit der Seele baumelt ... und doch weiß man: Es kann alles ganz anders kommen. Es kann toll werden. Und dank Fehlentscheidung kann es noch toller werden, mit der Reife und dem Wachstum, die man als redlich erworbenen Gewinn aus der gut bearbeiteten Fehlentscheidung genießen darf.
Drum: Alles Gute, Jutoka ... mach was draus!