Eine Frage an die Familienaufsteller unter euch ...

Wie kommst Du zu dieser Ansicht (die Du mit absolutem Richtigkeitsanspruch äusserst) ? Woher meinst Du das zu wissen ?
"Es zeigt sich" hat doch nicht mit Absolutheitsanspruch zu tun? Ich habe selbst in etlichen hundert Aufstellungen seit 2000 bei ganz unterschiedlichen Aufstellern der unterschiedlichsten "Schulen" - von Hellinger himself über Varga von Kibed, vom schamanistischen Erich Haretzmüller bis zur channelnden Jasmin Howorka, von den Essens bis zu SchülerInnen von all den Genannten, gesehen (= es zeigt sich), dass Aufstellungen zu überzeugenden Lösungsbildern gekommen sind - es hängt also (für mich ) offensichtlich nicht von irgendeiner konkreten Ausprägung von Theorie oder Spiritualität oder einem ganz bestimmten Seelenbild ab (die Genannten haben ganz gewiss kein übereinstimmendes), ob Aufstellungen gelingen. Wohl aber erscheint mir als eigentlich selbstverständlicher, aber nixdesto sehr wichtiger Gesichtspunkt der, den ChrisTina betont hat: dass der Klient mit seinem Weltbild, seiner Sprache und seinem Anliegen, in seinem So-Sein, im Mittelpunkt steht.

Soviel also, wie ich zu dieser Ansicht komme. Bestätigt hat sie sich dann für mich durch die Beschäftigung mit der Annäherung Varga von Kibeds und Insa Sparrers an die Aufstellungsarbeit, die sie als "Systemische Strukturaufstellungen" entwickeln, lehren und erforschen und sich in vielem auf de Shazer, Wittgenstein und buddhistische Erkenntnistheorie beziehen. Du hast auch von Entscheidungen gesprochen und von Ausflüchten - eine meiner Entscheidungen ist eben, mich in Theorie und Praxis der Aufstellungsarbeit an den "Systemischen Strukturaufstellungen" zu orientieren, die ihren eigenen (konstruktivistischen) Katalog von Grundannahmen haben, ohne deswegen zu behaupten: Wir haben Recht (was in einem konstruktivistischen Kontext auch ziemlich paradox wäre). Und in diesem Umfeld hat sich für mich auch das Bild von "Seele" entwickelt, das ich ausführlich dargestellt habe.

Ich habe also praktische und theoretische Gründe, um zu meiner Aussage zu gelangen - und ich räume ein, ich hätte schreiben müssen "es hat sich mir gezeigt" statt "es zeigt sich". Aber ich meine, ich hätte eh deutlich genug gemacht, dass ich eben gerade nicht die absolute Richtigkeit von irgendwas postulieren möchte, indem ich geschrieben hatte:

jake schrieb:
... für mich bedeutet es einen erleichternden Freiheitsgrad mehr, nicht glauben zu müssen, sondern meine Modelle von vornherein als solche betrachten zu dürfen. Das heißt ja keineswegs das Leugnen von Wirkungen, ganz im Gegenteil. Und es heißt vor allem: Respekt gegenüber anderen Modellen und die Möglichkeit, sich über Modelle auszutauschen ... was in der Regel friedlicher und ertragreicher abläuft, als wenn sich dogmatische Fundamentalisten, die vor allem gern glauben möchten, die Schädel einschlagen (hoffentlich nur symbolisch).

Und jetzt fahr ich erst mal eine Woche in den Süden... schöne Tage und alles Liebe,
Jake
 
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es hängt also (für mich ) offensichtlich nicht von irgendeiner konkreten Ausprägung von Theorie oder Spiritualität oder einem ganz bestimmten Seelenbild ab (die Genannten haben ganz gewiss kein übereinstimmendes), ob Aufstellungen gelingen.
Im Bild : "Ich war bei verschiedenen Ärzten - HNO, Internist, Gynäkologe, : und überall habe ich erfolgreiche Behandlungen gesehen. Es macht also nichts aus, welche Fachrichtung ein Arzt studiert hat, Heilungen geschehen überall."

Bei der Teilnahme an Aufstellungen selbst erlebt man ja nicht die Langzeitwirkung. Und diesbezüglich ist es offensichtlich manchmal eben gerade nicht gleichgültig, welcher Lösungsansatz verfolgt wird. Das gibt es auch, dass Menschen zB. immer wieder Familienaufstellungen machen (die im Familiensystem bleiben - auch bei verschiedenen Aufstellern), ohne dass eine wirksame Lösung gefunden wird. Und erst ein anderer Lösungsansatz hilfreich ist - und genauso umgekehrt.

Es ist auch schlichtweg falsch, dass Klienten Therapeuten mit korrespondierendem Weltbild aussuchen (wie Du oben behauptet hast). Das geschieht oft so - aber bestimmt nicht immer. Manchmal findet ein Mensch erst mit dem Wechsel seines Weltbildes (auch : seiner religiösen Erlebnisweise) Lösungen.

Sprache prägt Wirklichkeit. Man kann eine Erzählung (auch ein Erleben) völlig verfälschen, wenn man es in eine andere Sprache übersetzt. Die Systemiker haben eine eigene (Kunst)Sprache und Sichtweise entwickelt - die grundsätzlich sehr hilfreich sein kann, aber auch geradezu vergewaltigend werden kann, wenn man sie jemand anderem überstülpt.

Du kannst gerne Dich selbst als Konstruierenden von Konstrukten erleben. Ich erlebe mich durch so eine Beschreibung nicht verstanden.

Gawyrd

PS.: Schönen Urlaub !
 
Im Bild : "Ich war bei verschiedenen Ärzten - HNO, Internist, Gynäkologe, : und überall habe ich erfolgreiche Behandlungen gesehen. Es macht also nichts aus, welche Fachrichtung ein Arzt studiert hat, Heilungen geschehen überall."
Ja, aber ich habe nicht von Psychotherapeuten nach Jung, Freud oder Adler, Gesprächs-, Gestalttherapeuten und Psychodramatikern gesprochen, sondern von AufstellerInnen. Im Rückblick auf die Geburt meiner Kinder erinnere ich mich aber an zwei Hebammen, die wir beide als sehr kompetent und förderlich für die Geburt erlebt haben, und die eine war ganz klassisch "schulmedizinisch" am Wirken, die zweite dann (weil wir uns auch selber inzwischen anders orientiert hatten) dann alternativ mit TCM und Homöopathie... und beides führte zu wundervollen Geburtserlebnissen.
Bei der Teilnahme an Aufstellungen selbst erlebt man ja nicht die Langzeitwirkung. Und diesbezüglich ist es offensichtlich manchmal eben gerade nicht gleichgültig, welcher Lösungsansatz verfolgt wird. Das gibt es auch, dass Menschen zB. immer wieder Familienaufstellungen machen (die im Familiensystem bleiben - auch bei verschiedenen Aufstellern), ohne dass eine wirksame Lösung gefunden wird. Und erst ein anderer Lösungsansatz hilfreich ist - und genauso umgekehrt.
Ich habe zum einen nicht geschrieben, dass es gleichgültig ist, welcher Lösungsansatz verwendet wird - ich habe geschrieben, dass ganz unterschiedliche Zugänge zum Aufstellen zu guten Lösungsbildern führen können ... du leitest da eine Schlussfolgerung ab, die ich für unzulässig halte. Nur weil verschiedene Wege zu (möglicherweise ebenso verschiedenen) Zielen führen, ist es nicht egal, welchen Weg ich nehme. Und was die Aufstellungs-Groupies anlangt: Eben das meine ich ja auch, dass gelegentlich einfach ein anderer Lösungsansatz hilfreich sein kann. Das muss aber in alle Richtungen gelten. Steve de Shazer hat das mal ganz wunderbar abgekürzt: Widerstand ist ein Therapiefehler.
Es ist auch schlichtweg falsch, dass Klienten Therapeuten mit korrespondierendem Weltbild aussuchen (wie Du oben behauptet hast). Das geschieht oft so - aber bestimmt nicht immer. Manchmal findet ein Mensch erst mit dem Wechsel seines Weltbildes (auch : seiner religiösen Erlebnisweise) Lösungen.
Wenn das so angekommen ist, dann hab ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt - ich meine, dass oft "passende" KlientInnen und AufstellerInnen zueinander finden. Freilich kann das auch anders sein, aber auch dann meine ich, dass vielleicht zunächst mal der Wechsel des Klienten-Aufsteller-Settings angedacht werden könnte, bevor ich mir gleich über den Wechsel des Weltbilds Gedanken mache. So ein Weltbild wurzelt m.E. ja einigermaßen tief und lässt sich nicht wie ein Anzug wechseln. Und ich hätte allergrößte Scheu davor, einem Menschen zu suggerieren, er hätte das falsche Weltbild und müsse erst andersgläubig werden, um gesunden zu können.
Sprache prägt Wirklichkeit. Man kann eine Erzählung (auch ein Erleben) völlig verfälschen, wenn man es in eine andere Sprache übersetzt. Die Systemiker haben eine eigene (Kunst)Sprache und Sichtweise entwickelt - die grundsätzlich sehr hilfreich sein kann, aber auch geradezu vergewaltigend werden kann, wenn man sie jemand anderem überstülpt.
Ich nehme mal an, Du meinst jetzt mit Systemiker die Syst-Leute ... oder alle, die an systemischen Therapieformen arbeiten? Wie auch immer, ich bin da völlig bei Dir, was die vergewaltigende Sprache durch Überstülpen betrifft. Genau das meinte ich ja... und das sehe ich als potenzielles Risiko bei anthropomorphen Seelenbildern ebenso gegeben wie bei Wittgensteinscher Grammatik. Wo vermutest Du, dass jemand jemandem etwas überstülpen wollte?
Du kannst gerne Dich selbst als Konstruierenden von Konstrukten erleben. Ich erlebe mich durch so eine Beschreibung nicht verstanden.
Ich erinnere mich da gern an ein Seminar mit Steve deShazer, der es mit den Worten "Ich hoffe, dass unsere Missverständnisse nützlich sein werden!" begann. Wir wissen ja, dass beim Empfänger einer Mitteilung selten das ankommt, was der Sender mitteilen wollte. Schön jedenfalls, dass Du mir gestattest, mich zu erleben, wie ich's tue :)

Danke für die Urlaubswünsche - ich werd's genießen...

Alles Liebe,
Jake
 
Wo vermutest Du, dass jemand jemandem etwas überstülpen wollte?
Wenn Du zB. im Zusammenhang mit dem Versuch, seelische Erfahrungen mitzuteilen von "Konstrukten" und "Glauben" sprichst.

Mir geht es genau darum, NICHT zu konstruieren und NICHT zu glauben - sondern einfach hinzuhören und hinzuschauen, was sich zeigt und was sich in Folge bewährt. Das ist natürlich immer nur eine momentane und sozusagen provisorische Annäherung an die Wirklichkeit. An dem Bild, das heute stimmig scheint, kann morgen oder in 10 Jahren ein wesentlicher Irrtum (oder mehrere) deutlich werden.

Das ist für mich die Gradwanderung : zu dem zu stehen, was und wie ich jetzt wahrnehme und erlebe (und eben nicht : konstruiere) - ohne es als "Wahrheit" einzubetonieren. Und gleichzeitig mit meiner Positionierung offen zu bleiben für bessere Annäherungen in der Zukunft.

Gawyrd
 
Und genau das meine ich mit "Ausflucht". Wenn man vor lauter Relativieren und Wissen ums Konstruieren keinen momentan gültigen "Standpunkt" (oder "Gehweg") mehr zuläßt.

Im Bild : Natürlich wissen wir nicht, was Materie wirklich ist und Licht auch nicht. Auch wenn ich weiß, dass "Kaffeehäferl" und "Kaffee" und "Licht" letztlich noch unverstandene "Konstrukte" sind, gieß ich mir morgens Kaffee ins Kaffeehäferl ein und schalte abends das Licht ein - und sitz nicht solange im Dunklen, bis endlich klar ist, was Licht wirklich ist.

Genau so mache ich es halt auch mit der "Seele".

Gawyrd
 
Das ist für mich die Gradwanderung : zu dem zu stehen, was und wie ich jetzt wahrnehme und erlebe (und eben nicht : konstruiere) - ohne es als "Wahrheit" einzubetonieren. Und gleichzeitig mit meiner Positionierung offen zu bleiben für bessere Annäherungen in der Zukunft.
Schön, dass Letzteres so ist. Ersteres ist schon wieder so ein ... naja, Missverständnis. Jemand, der auf dem erkenntnistheoretischen Boden des Konstruktivismus steht, stünde "eben nicht" nicht zu dem, was er wahrnimmt und erlebt? Wenn Du das wirklich meinst, wär das eine ziemlich arge Unterstellung. Ich geh mal davon aus, es handelt sich einfach um den üblichen Kurzschluss, wenn von Konstrukten die Rede ist ... selbstverständlich stellt der Konstruktivismus nicht die Realität als solche in Frage, sondern befasst sich mit dem, was sich zwischen Wirklichkeit und unserem Erkennen von Wirklichkeit abspielt, mit den Prozessen von Wahrnehmung, Deutung, Interpretation, mit dem, was sich zwischen unmittelbarem Eindruck und Bewusstwerdung dieses Eindrucks abspielt. Selbstverständlich stehe ich zu dem, was ich wahrnehme und erlebe ... was sich auch auf meine Wahrnehmung des Wahrnehmens erstreckt. Eben deshalb äußere ich hier auch eine andere Meinung... in der Hoffnung, dass manche das als Bereicherung von Vielfalt verstehen und nicht als Ringen um die "richtige Sicht".
Und genau das meine ich mit "Ausflucht". Wenn man vor lauter Relativieren und Wissen ums Konstruieren keinen momentan gültigen "Standpunkt" (oder "Gehweg") mehr zuläßt.
Wenn das so wäre, dann könnte ich Dir dabei womöglich folgen. Bloß: genau diesen für mich gültigen Standpunkt/Gehweg (hübsche Begriffspaar!) habe ich ja - ziemlich ausführlich - ausgedrückt, auch, dass der sich keineswegs im Relativieren und Konstruieren erschöpft. Und ich hab schon kapiert, dass Du keinen Geschmack an dieser Sichtweise findest ... ist das nun schon Relativieren, wenn ich Deinen Standpunkt/Gehweg respektiere und zugleich auch meinen anderen danebenstelle, als eine von vermutlich vielen bemühten Möglichkeiten, letztlich Unsagbares in Begriffe zu fassen?

Alles Liebe,
Jake
 
Etwas ist mir in diesem Gespräch erstmals ein- und aufgefallen :

Wiedergeburt ist ja nix ausgefallen Exotisches oder eine Sektierersicht. Ich vermute. dass es die Weltsicht der religiös-interessierten Mehrheit der Weltbevölkerung ist - also bestimmt keine Randgruppenidee. (Auch bei uns war sie ja lange üblich und selbstverständlich, bis die christlichen Kirchen sie radikal unterdrückt und ausgerottet haben.)

Warum wird bei jeder Erwähnung einer Verbindung von Wiedergeburt und Aufstellung reflexhaft der
opa.gif
warnende Zeigefnger
oma.gif
hochgehalten : "Achtung, nur ja keine Missionierung" etc. (um die es hier eh nie geht und nie gegangen ist - warum nur laufen manche Leute so gern offene Türen ein ???)

Wenn schon, denn schon : Wenn man HIER warnt, müsste man auch DORT warnen, wo Therapeuten / Aufsteller vom Glaubenskonzept der Einmalgeburt ausgehen : dass sie ihre Weltanschauung nicht Klienten aufzwingen. Und die Gefahr, dass man in Mitteleuropa nach der unreflektierten Glaubensprämisse der Enmalgeburt behandelt wird, ist wohl ein bisserl größer, als dass jemand unfreiwillig für die Wiedergeburt "vereinnahmt" wird, oder ?

Gawyrd
 
Hallo Sirya,

zu 1.
dass niemand der AL darauf eingeht, liegt an unseren unterschiedlichen Sichtweisen. Im allgemeinen wird unter Trauma ein schwer belastendes Erlebnis verstanden, wo es dann zu einer Dissoziation kommt. Nach meinen Recherchen können auch viele kleinere schlimme Erlebnisse zu Traumata führen. Und diese wirken genauso fatal die die erstgenannten, wenn nicht sogar schlimmer. Dann kommt hinzu, dass die Mehrheit der Therapeuten das Ausmaß von Trauma nocht nicht erkannt hat.

zu 2.
Die Nachbetreuung kann noch so gut sein, sie hängt vom Glaubenssystem des Therapeuten ab. Dazu siehe 1. z.B. Und entsprechend bewirken die Aufstellungen Gutes, gar nichts oder hinterlassen tiefe Wunden. An Beispielen dazu wäre ich interessiert. Die Verantwortung des th. kann nur so gut sein, wie er für sein Wohlergehen selbst Verantwortung trägt. Tut er das nicht, wird er immer Wege finden, sich aus dieser rauszumogeln.

zu 3.
Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Jemand der Psychotraumata als real und weit verbreitet ansieht, geht völlig anders vor, als jemand der meint ein Patient sei selbst für seine Krankheit verantwortlich und es läge am Patieten wieder gesund zu werden, er brauche nur zu wollen (oder anders ausgedrückt: genau den Anweisungen des Th. zu folgen). Es ist schwer auszuhalten mitanzusehen, dass der Patient nicht weiter kommt, und sich im Kreis dreht.

Liebe Grüße Pluto

Liebe Pluto,

zu 1. kann ich nicht viel sagen. Daß viele kleine Verletzungen sehr massiv sein können, klingt für mich schlüssig - steter Tropfen höhlt den Stein!

zu 2. ja, letztendlich liegt es dann eben am Klienten , daß es nichts geworden ist bzw. noch schlimmer geworden ist oder tief verletzt hat. Ich schreib dir eine PN, weil es doch recht öffentlich hier ist.

zu 3. die Kunst ist möglicherweise, den Patienten dazu zu ermuntern, heil sein zu wollen? Und da ist der Satz, daß man es nur wollen müsse, etwas fehl am Platz. Denn wo Barrieren sind und jemand in seinem Versteck verweilt, muß so viel am Vertrauen gearbeitet werden, bis derjenige bereit ist, sich die Welt außerhalb seines Verstecks anzusehen. Und da mangelt es wohl dran.

Liebe Grüsse

Sirya
 
Lieber Gawyrd!
Wiedergeburt ist ja nix ausgefallen Exotisches oder eine Sektierersicht. Ich vermute. dass es die Weltsicht der religiös-interessierten Mehrheit der Weltbevölkerung ist - also bestimmt keine Randgruppenidee. (Auch bei uns war sie ja lange üblich und selbstverständlich, bis die christlichen Kirchen sie radikal unterdrückt und ausgerottet haben.)
Größtenteils einverstanden - wobei sich ja auch die Vorstellungen von Wiedergeburt weltweit deutlich unterscheiden - von der Idee der Wiedergeburt einer Identität (Re-Inkarnation im engeren Sinn) bis hin zu einer Wiedergeburt ohne Identität, wie ja zum Beispiel der zahlenmäßig auch nicht ganz unbedeutende Buddhismus die Vorstellung von "Ich" oder "Selbst" - also der wieder zu inkarnierenden Identität - stark relativiert (wenn ich Thich Nhat Han richtig gelesen habe). Wobei letztere Wiedergeburts-Vorstellung selbstverständlich auch auf Begriffe wie Karma Auswirkungen hat. Wie kann ich mir Karma ohne individuelle Wiedergeburt, ohne reinkarnierendes Selbst vorstellen? Wie auch immer - freilich ist das keine Randgruppenidee. Aber sollten wir religiöse/spirituelle Überzeugungen dem Majorisierungsprinzip unterwerfen? Das würde mir ziemlich sauer aufstoßen. Mir läge eher daran, fremde (bzw. mir fremde) Glaubensgewissheiten zu achten - was doch wohl auch möglich sein sollte, ohne auf das Gespräch über verschiedene Überzeugungen zu verzichten!? Darf ich meine Skepsis bezüglich einer individuell-identischen Wiedergeburt nicht äußern, weil die Mehrheit der Weltbevölkerung einer anderen Überzeugung nachgeht? Und noch eins: Ich achte auch christliche Glaubensüberzeugungen - wo diese zum Machtmissbrauch missionierender Eiferer geführt hat (ich nehme an, das meinst Du mit "radikal unterdrückt und ausgerottet"), ist selbstverständlich ebenso dagegen aufzutreten wie gegen jede andere absolutistisch agierende Gruppierung, die sich im Besitz einer mit Macht durchzusetzenden Wahrheit wähnt. Dass ein Christ aber an seine Auferstehung (so individuell wie die Reinkarnation) glaubt und daran, für seine Lebensführung geradestehen zu müssen (eine Art von Karma, oder?), ist für mich ebenso zu achten wie jede der verschiedenen Überzeugungen von Wiedergeburt/Reinkarnation und auch jede agnostische oder atheistische Haltung.
Warum wird bei jeder Erwähnung einer Verbindung von Wiedergeburt und Aufstellung reflexhaft der
opa.gif
warnende Zeigefnger
oma.gif
hochgehalten : "Achtung, nur ja keine Missionierung" etc. (um die es hier eh nie geht und nie gegangen ist - warum nur laufen manche Leute so gern offene Türen ein ???)
Ich weiß nicht, worauf sich diese Wahrnehmung stützt. Zum Thema wurde die Frage hier, weil Kinnarih im Thread die Frage stellte:
Kinnarih schrieb:
Gibt es auch Aufstellungsleiter, denen die Idee des "Mehrmals-lebens" fremd ist ? (Denn ich stell mir vor, die würden ja dann schön schauen, wenn sich zeigt, ein Problem wurzelt in einem vorangegangenen Leben...)
Darauf hat es Antworten gegeben. Ich hab mir den gesamten Thread noch einmal durchgelesen - und kann nicht nachvollziehen, wo oder wodurch hier eine Warnung vor Missionierung ausgesprochen worden wäre??? Ich habe - wie auch ChrisTina - darauf hingewiesen, dass es AufstellungsleiterInnen und -formen gibt, in denen die spirituelle Ausrichtung nicht bestimmend ist und dass solche Aufstellungen ebenfalls zu guten Ergebnissen/Lösungen/Lösungswegen führen. Wenn Du mit Mehrheiten operieren möchtest - ich gehe mal davon aus, dass sowohl AufstellerInnen, die im Hellinger-Umfeld (also systemisch-phänomenologisch und gar nicht konstruktivistisch, um diese Engführung mal aus dem Weg zu räumen) ausgebildet wurden, als auch AufstellerInnen, die aus der Syst-Richtung kommen oder der Heidelberger Schule, mit Klienten ganz unterschiedlicher spiritueller oder ideologischer Überzeugungen arbeiten und das, was sich in den Aufstellungen zeigt, nicht von ihrem eigenen Weltbild abhängig machen, sondern mit dem umgehen (können), was im konkreten Einzelfall einer jeden Aufstellung sich zeigt. Manche besser, manche schlechter - Menschen mit Menschen :) Und es hat sich, wie wir beide wissen, vieles entwickelt, das in den Settings und in der konkreten Arbeit des Aufstellens andere Wege beschreitet als der "Mainstream" - Spannendes, Interessantes und wohl auch die eine oder andere Sackgasse...
Wenn schon, denn schon : Wenn man HIER warnt, müsste man auch DORT warnen, wo Therapeuten / Aufsteller vom Glaubenskonzept der Einmalgeburt ausgehen : dass sie ihre Weltanschauung nicht Klienten aufzwingen. Und die Gefahr, dass man in Mitteleuropa nach der unreflektierten Glaubensprämisse der Enmalgeburt behandelt wird, ist wohl ein bisserl größer, als dass jemand unfreiwillig für die Wiedergeburt "vereinnahmt" wird, oder ?
Warnen... tja, wenn - nur, siehe oben: Wer hat denn wen wovor gewarnt??? Wie kommt es, dass Du das so empfindest? Ich denke, Warnungen wären nur dort angebracht, wo eben das geschieht, was Du ja auch als Missbrauch siehst - wenn AufstellerInnen ihren KlientInnen und RepräsentantInnen ihre eigenen Vorstellungen aufdrängen. Und das Risiko, von der einen oder anderen Glaubensprämisse vereinnahmt zu werden, sehe ich als gering, solange als aufstellerischer common sense angenommen werden kann, dass gute Aufstellungsergebnisse nicht von bestimmten spirituellen Überzeugungen abhängen. "Meines ist anders als Deines" kann, so sehe ich's, zu einer fruchtbaren Vielfalt führen und zu einer angenehmen Wahlfreiheit für KlientInnen. "Meines ist besser als Deines" ... aber ich denke, über die Fragwürdigkeit einer solchen Position brauchen wir nicht zu reden.

Alles Liebe,
Jake
 
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Aber sollten wir religiöse/spirituelle Überzeugungen dem Majorisierungsprinzip unterwerfen? Das würde mir ziemlich sauer aufstoßen.
Das Korrigieren von Missverstehungen (schönes Wort, gell ?) ist mühselig. Wo wurde etwas von "Unterwerfung unter das Majorisierungsprinzip" geschrieben ? Ich hab mir erlaubt anzumerken, dass das Weltbild der Wiedergeburt (in verschiedensten Formen - schon klar) keine obskure Randgruppen-Sicht ist, bei der man BESONDERE Vorsicht walten lassen müsste. Sondern eines der durchaus gängigen und kulturell akzeptierten Weltbilder. Und dass die Vorsicht bezüglich Weltbild-Überstülpungen bei allen Weltbildern gleichermaßen angebracht ist (worüber wir ja einer Meinung sind.)

Das war schon alles.
 
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