Tommy
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Gut sinniert,nur geht daraus nicht deine Meinung samt Begründung hervor,ob der Mensch nun eher gut oder schlecht ist,am besten noch mit Beispielen deines Lebens unterfüttert.
Ich kenne zum Beispiel Menschen,die nicht schlecht sein,nicht nein sagen können,welches aber unter Umständen dazu führt,dass niemand sie ernst nimmt und sie ausgenutzt werden.
Gingen diese Menschen nun von sich selber aus,würden sie sagen,dass die menschliche Natur eher gut wäre,auch wenn sie vielleicht mehrheitlich die gegenteilige Erfahrung machen würden.
Die These, daß "der Mensch" "egoistisch" sei und zwar angeblich von Natur aus, ist ebenso plump wie leicht zu widerlegen. Und zwar nicht einmal durch irgendwelche hehren altruistische Großtaten, die auch in der Menschheitsgeschichte bekannt sind, sondern durch Tausende banaler Alltagshandlungen, denen wir Tag für Tag begegnen. Banales Beispiel:
Ich habe mich verirrt und frage irgendeinen Fremden nach dem Weg. Der bleibt stehen und erklärt mir ihn ausführlich.
Erklärung der *Der-Mensch-ist-von-Natur-aus-Egoist-und-das-ist-auch-gut -so*-Theoretiker?
Eine solche Handlung dürfte, wenns nach ihrer eindimensionalen Weltsicht geht, gar nicht vorkommen, sondern der Angesprochene müßte ohne Reaktion einfach weitergehen. Denn daß er anhält und mir Auskunft gibt, ist nicht nur nicht in seinem Interesse, sondern im Gegenteil, er hat einen Haufen Nachteile dadurch und nicht einen einzigen Vorteil. Er läßt sich von der Verfolgung eigener Ziele abbringen, verliert Zeit, unterbricht sich selbst in seinem Strom der Gedanken usw. Davon, daß ich den Weg zum Bahnhof finde, hat er keinen Nutzen.
Das ist zwar jetzt ein lapidares Beispiel, zeigt aber, daß die drastische *Mensch ist böse*-Anthropologie bereits an Kleinigkeiten scheitert. Man kann ohne großartige Anstrengungen auch die These vertreten, daß der Mensch von Natur aus altruistisch veranlagt und daß etwa Mitleid ein Gattungsgefühl sei, wie Jean-Jacques Rousseau behauptet hat. Altruismus und Mitleid läßt sich selbst bei höherentwickelten Primaten nachweisen, etwa bei Schimpansen:
Tiere, die um ihre Toten trauern, sind den Lebenden gegenüber meist zu besonderer Fürsorge fähig, hielt der Verhaltensbiologe Frans de Waal fest: Im Taï National Park beobachtete er Schimpansen dabei, dass sie durch Leoparden verwundete Gefährten versorgten. „Sie entfernten Blut, wedelten die Fliegen weg, nahmen während der Reise Rücksicht auf die Verletzten“, schreibt de Waal in seinem Buch „Das Prinzip Empathie“, und: „Es ist ein Irrtum, dass die Natur ein egoistischer Kampf ums Leben ist."
http://www.welt.de/wissenschaft/article11901494/Wie-Tiere-um-ihre-Toten-trauern.html
Empirisch gesehen sind mindestens ebenso viele altruistische Handlungen im Alltag zu beobachten wie egoistische. Wenn man schon auf einer anthropologischen Ebene arbeiten will (ich gab die Gründe, warum das ausichtslos ist), dann hätte man wohl die meisten Chancen mit einer Theorie der Doppelgesichtigkeit der *menschlichen Natur*, also egoistischer und altruistischer Handlungsimpulse.