Erleuchtung dürfte einer der am meisten missverstandenen Begriffe im spirituellen Bereich sein. Dieses Missverständnis beruht in erster Linie darauf, dass die Ursprünge für spirituelle Entwicklungsprozesse in den östlichen Philosophien und Religionen zu finden sind. Allgemein dürfte bekannt sein, wie blumenreich und phantasievoll die indische Sprache ist. Die hinduistischen Schriften zum Beispiel sind umgeben von einem mystischen Schleier, der viele Begebenheiten, für die man keine rationalen Erklärungen finden konnte, durch metaphysische Umschreibungen verständlich zu machen versucht.
Der Hinduismus ist einer der gesellschaftlichen Grundpfeiler Indiens, der viele Jahrtausende die indische Gesellschaft prägte. Er ist auch heute noch die am weitesten verbreitete Religion in Indien. Etwa 80 Prozent aller Inder gehören auch heute noch dem hinduistischen Glauben an. Er beruht im wesentlichen auf zwei Elementen. Das eine Element entspringt der Vorstellung, dass es eine höhere göttliche Ordnung gibt, die sich allerdings in unterschiedlichen Göttern offenbaren kann. Und das zweite Element, auf dem der Hinduismus beruht, ist die Vorstellung von der Reinkarnation, also einer Wiedergeburt nach dem Tode.
In dieser Vorstellungswelt, lebten natürlich auch alle Yogis, Mönche und Weisen, die sich dem spirituellen Leben verschrieben hatten und nach Erleuchtung strebten. Sie waren zutiefst religiöse Menschen, glaubten selbstverständlich an die Wiedergeburt und akzeptierten vorbehaltlos die mystischen Vorstellungen, mit der gerade die Yogaschriften durchdrungen sind. Dabei wurden natürlich auch alle möglichen übersinnlichen Fähigkeiten ziemlich kritiklos akzeptiert und dementsprechend ausgeschmückt.
Darum verwundert es natürlich überhaupt nicht, dass man Yogis, von denen man annahm, dass sie aussergewöhnliche spirituelle Fortschritte gemacht hatten, die also Erleuchtung erlangt hatten, in einem Licht darstellte, die oft mit der Wirklichkeit nicht mehr viel gemeinsam hatte. Viele Yogis trugen selber wohl auch zu ihrer eigenen Glorifizierung bei. Schliesslich brachte es ihnen Ansehen, Zulauf an interessierten Jüngern und dementsprechend materiellen Wohlstand.
Ich will damit natürlich nicht sagen, dass die Yogis in erster Linie an spirituellem Wohltand interessiert waren. Aber ich sehe durchaus eine ziemlich grosse Kritiklosigkeit der traditionellen hinduistischen Philosophie gegenüber, und die Lust die Wirklichkeit etwas phantasievoller auszuschmücken. Im Laufe der Jahrhunderte bildeten sich dadurch allerlei Legenden über sogenannte Erleuchtete, denen man alle möglichen Wundertaten und übersinnliche Fähigkeiten andichtete.
Wie mir scheint, neigt der Osten auch heute noch dazu, die Fähigkeiten der Erleuchteten ein wenig zu überhöhen. Liest man zum Beispiel die
Autobiographie Paramahansa Yoganandas, die übrigens wahrscheinlich das weltweit am meisten gelesene Buch über Yoga ist, so findet man dort schwebende und hellsehende Yogis, Yogis, die zwar hunderte von Kilometern entfernt sind, sich aber trotzdem ihren Jüngern zeigen, indem sie sich über diese Distanz materialisieren und mit ihnen reden. Wie selbstverständlich erscheinen den Yogis während der Meditation alle möglichen Götter, Tote werden wiedergeboren, selbst ganze Königspaläste werden materialisiert.
Ebenso wundert es dann auch nicht, wenn neben dem materiellen Körper noch ein astraler und kausaler Körper existiert. So werden dem astralen Körper übersinnliche Fähigkeiten zugeordnet. Der kausale Körper dagegen soll die Seinsform der ewigen Seligkeit darstellen. Somit symbolisiert er gewissermassen den seligen Endzustand aus dem Kreislauf von Tod und Wiedergeburt, vergleichbar mit dem christlichen Himmel, in der die Individuen gottgleich in einem paradiesischem Zustand leben. Wie selbstverständlich wird auch akzeptiert, dass es die kosmische Energie Prana gibt, aus der das Universum erschaffen wurde. Angeblich soll der Mensch diesem Prana sein Leben zu verdanken haben, da er neben dem Sauerstoff auch eben dieses Prana einatmet. So etwa gibt es laut Yogananda, viele Astralsphären mit unterschiedlichen Astralebenen, die aus feinen Licht- und Farbschwingungen bestehen, welche in etwa mit dem Nordlicht vergleichbar und von astralen Wesen bevölkert sind, die sich astraler Beförderungsmittel aus Licht bedienen.
Bei Yogananda liest sich das dann etwa wie folgt: Das gewöhnliche astrale Universum ist von Millionen Astralwesen bevölkert, die vor kürzerer oder längerer Zeit von der Erde gekommen sind, sowie von Myriaden Feen, Wassernixen, Fischen, Tieren, Kobolden, Gnomen, Halbgöttern und Geistern, die alle, je nach ihrer karmischen Beschaffenheit, auf entsprechenden Astralebenen leben. Gute und böse Geister wohnen in getrennten Sphären. Während sich die guten frei umherbewegen können, bleiben die bösen Geister auf die ihnen zugewiesene Zone beschränkt.
Genauso wie die menschlichen Wesen auf der Oberfläche der Erde, die Würmer im Boden, die Fische im Wasser und die Vögel in der Luft leben, so leben auch die Astralwesen, je nach ihrem Entwicklungsgrad, in ihrem natürlichen Schwingungsbereich. Zwischen den bösen, gefallenen Engeln, die aus verschiedenen Astralwelten ausgestoßen wurden, finden Kämpfe und Kriege statt. Bomben aus Biotronen und vibrierende mantrische Strahlen, bestehend aus gesprochenen oder gesungen Lauten, die bei tiefer Konzentration wie geistige Geschosse wirken, dienen ihnen als Waffen. Diese Ausgestoßenen leben in den finsteren Regionen des niederen Astralkosmos, wo sie ihr schlechtes Karma abbüßen.
Teil 2 folgt später.
Alles Liebe. Gerrit