Wie kommst Du denn zu dieser Geschichte? Über das Schweigen der Frauen in der Bibel hatte ich ja schon etwas geschrieben. Die Rolle Josephs ist in der Tat etwas undurchsichtig, was zumindest in diesem Punkt ein reales Faktum zu der ansonsten konstruierten Geburtsgeschichte erscheint.
Die These Joseph sei der Ziehvater Jesus, dürfte reine Spekulation sein. Fakt ist, daß Maria schwanger war und Joseph sie nicht zur Frau nehmen wollte. Erst durch das Zureden eines Verwandten von Maria ließ er sich zu diesem Schritt bewegen. Wer hingegen nicht bei seinem leiblichen Vater aufwuchs, sondern bei einem Ziehvater, war Joseph selbst.
Fakt ist jedenfalls, daß Jesus aus irgendwelchen Gründen ein angespanntes Verhältnis zu seiner Familie hatte, was auch in den Evangelien zum Ausdruck kommt. Joseph wird nur einmal außerhalb der Geburtsgeschichte beiläufig erwähnt. Gerade diese familiäre Zwiespältigkeit ist auch einer der Punkte, die für die Existenz eines historischen Jesus sprechen.
Ich gehe auch nicht davon aus, daß Jesus in Bethlehem geboren wurde, damit sollte lediglich die Prophezeiung zur Abstammung des Messias aus dem Hause David erfüllt werden.
Ohne die glorifizierende Ausschmückung der Geburtsgeschichte wäre dieser Hintergrund wohl kaum ein erwähnenswertes Detail für die Lehre gewesen, deshalb hatte es Markus vorgezogen, dieses einfach wegzulassen.
Merlin
Ich darf Dir hier gleich in mehreren Punkten Deiner Darstellung widersprechen? Vielen Dank!
Was Maria betrifft wird umgekehrt ein Schuh daraus. Denn es werden Jesus, dem Nazaräner, nicht wenige Wunder nachgesagt. Maria ist zweifellos seine Mutter, konnte sie auch Wunder tun, war die Wundertätigkeit etwa gar eine erbliche Bedingung der weiblichen Erblinie? In der Verneinung was Wunder betrifft bei Maria, wird das aber ausgeschlossen. Zur väterlichen Erblinie kommen wir etwas später. Denn davor stellt sich die Frage bei Maria, was sie gesagt habe, und da kommen wir nur auf ein Gespräch mit einem Engel, wo angeblich ein ausführlicher Kommentar dokumentiert wird. Zeitlich ist das in der Erfassung und in der Häufigkeit dieser oder ähnlicher Ereignisse ein Unding. So um das Jahr Null soll das gewesen sein. Vorher nichts und nachher nichts, und der Text selbst wäre nach dem Jahr 30 niedergeschrieben worden, in ähnlicher Weise wie es hier allen Evangelien vorgeworfen worden ist, in einem größeren Zeitabstand. Wie gesagt die einzige Spur auf einem realen Weg führt dabei über einen jugendlichen Verwandten der mit etwa 7 Jahren mitbekommen hat, da war etwas in der Familie seines älteren Bruders Josef, als die zumindest einmal bei der Durchreise vorbei kam, in Jericho.
Der Erstgeborene übernimmt nach dem Tod des Oberhauptes die Führung und Verantwortung der Familie, darum ist es nicht verwunderlich, dass er zu seiner Mutter in Befehlsform spricht, das ist gar nichts Besonderes.
Wurde so der Tod vom Ziehvater beschrieben, dann ist es durchaus möglich die Einsilbigkeit von Maria im Gehabe des einst 7jährigen verwandten Bruder darzustellen, und dem erlaubt man in den Texten keine ganzen Sätze zu sprechen, sondern nur ein Wort: Meister.
Hat aber so dargestellt Maria nicht gesprochen, dann liegt es doch nahe, dass die besagten Wundertätigkeiten in der eigenen Familie, also bei sich selbst beginnen sollten beim Nazaräner, und Maria sollte von ihrem Gebrechen befreit werden. Nur wird uns verschleiert mitgeteilt, das war in Nazareth nicht der Fall, hier auf dem Boden wo Engel ein- und ausgegangen sein sollen, tat sich gar nichts.
An einer anderen Stelle wird nämlich Josef eine solche Begegnung bescheinigt, nicht Maria. Also könnte die Wundertätigkeit auch eine Vererbung durch den Vater sein? Was wegen der Adoptierung hier unmittelbar verworfen werden muss.
Aber wie ist das nun mit dem tatsächlichen leiblichen Vater? Gab es im damaligen Umfeld des Nazaräners einen anderen namhaften Wundertäter? In den zweifellos später entstandenen Berichten, die über den Rahmen von Taufe am Jordan bis zum Sterben hinaus gegangen sind, da war plötzlich ein Stammbaum auf dem Markt von einem anderen Joseph der auch nichts mehr sagen konnte, weil er schon gestorben war, und die Dinge nicht mehr beeinflussen konnte. Diesen Hohenpriester hat man dann sehr wohl in den Texten eingebaut, mit seinem öffentlich bekannten Stammbaum in gehobenen Kreisen, der hatte zwar auch keine Wunder bewirkt, aber er war nicht nur in einen höheren Rang im öffentlichen Leben aufgestiegen, sondern hatte auch ein unverkennbare Ähnlichkeit gehabt mit dem Nazaräner. In seinem Amt war er in der Nähe des Allerheiligsten, und damit wäre auch eine selbst nur suggestive Wundertätigkeit einer Heiligung durch die höchste Stelle im Nachkommenden unterworfen gewesen, wenn man das nur rechtzeitig reklamieren wollte. Etwa so: Er ist der Sohn des Allerhöchsten. Mit dem unmittelbaren Mangel behaftet, dass dieser leibliche Vater selbst von der gebräuchlichen kommandoartigen Hypnose nicht viel am Hut gehabt hatte.
Du wirst zugeben müssen, damit lassen sich viele Formeln im NT auflösen; und mehr noch, die Struktur dieser Darstellung lässt sich nicht ganz einfach um 100 Jahre in die Zukunft versetzen und von einer einfachen alleinigen griechischen philosophischen Richtung sprechen, wo plötzlich die Bischöfe wie die Pilze aus dem Waldboden sprießen.
Von Cäsar Nero und seinen Wundern während seiner Regentschaft von 54 bis 68,
mag ich da gar nichts mehr singen;
oder vom Sohn des Nazaräners, dem Enkelsohn von Maria, den der Vogel vor seiner Taufe am Jordan noch den Namen Immanuel geben wollte.
und ein
