Die Physiologie der Enthaltsamkeit I
In der heutigen Zeit hat sich, nicht nur in der allgemeinen Öffentlichkeit, sondern auch unter den Ärzten, die Anschauung durchgesetzt, dass der Glaube an den physiologischen Wert der Enthaltsamkeit zu den dunklen Zeiten des religiösen Aberglaubens und der wissenschaftlichen Unkenntnis gehört, der unvereinbar mit dem heutigen physiologischen Wissen ist. Bestimmte Pseudo-Sexologen haben diese Idee zu ihrem kommerziellen Vorteil ausgenutzt und haben in der öffentlichen Meinung eine Phobie gegen die Enthaltsamkeit erschaffen, sie als eine gesundheitliche Gefahr und als Ursache für Nerven- und psychische Erkrankungen dargestellt. Auf der Grundlage dieser Ansicht haben Mediziner und Psychoanalytiker die Enthaltsamkeit als Ursache nervöser Beschwerden der Jugend angesehen und haben jungen Männern geraten, Prostituierte aufzusuchen und Geschlechtskrankheiten als ein geringeres Übel als das Risiko der Enthaltsamkeit betrachtet.
Ein sorgfältiges Nachdenken sollte jedoch jeden aufgeschlossenen Leser davon überzeugen, dass die obige Ansicht falsch und dass die Enthaltsamkeit als solche nicht schädlich, sondern sehr heilsam ist. Treten trotzdem Probleme auf, wenn jemand enthaltsam lebt und keine sexuellen Beziehungen pflegt, dann liegt die Ursache nicht an der Enthaltsamkeit, sondern an einigen sexuellen Problemen, wie etwa den übermäßigen nächtlichen Pollutionen (Samenergüssen), usw.. Im Hinblick auf den Reichtum des Samens an Lecithin, Cholesterin, Phosphor und anderen Bestandteilen des Nerven- und Hirngewebes, ist es klar, dass sexuelle Zügellosigkeit für den Verlust dieser wertvollen Nervennahrung und für das gestörte Funktionieren des Nervensystems und des Gehirns verantwortlich ist. Diese gesundheitlichen Beeinträchtungen können aber niemals, im Gegensatz zu den unwissenschaftliche Ansichten einiger Psychoanalytiker, durch die Enthaltsamkeit entstehen.
Wie wir wissen, bilden die inneren Sekrete der Sexualdrüsen, die Basis der individuellen physischen und geistigen Vitalität und die Sexualhormone sind sowohl innerhalb als auch außerhalb der Hoden vorhanden. Viele der Auswirkungen, die diesen Hormonen zugeschrieben werden, sind, wie wir gesehen haben, physiologische Auswirkungen des bewahrten Samens. Die Bewahrung des Samens bedeutet die Bewahrung der Sexualhormone und eine erhöhte Vitalität. Der Verlust des Samens dagegen bedeutet den Verlust der Hormone und eine verminderte Vitalität. Der chronische Mangel an diesen Hormonen führt zu Altersschwäche. Voronoff und Steinbach bemühten sich, diesen Vitalitätsverlust durch eine Erhöhung der Sexualhormone im Blut entgegenzuwirken.
Quelle:
The physiological value of continence