Projektion ist wahrscheinlich unvermeidlich, egal worum es geht, auch bei der Selbstbetrachtung. Man denke nur an dieses neulich veröffentlichte Untersuchungsergebnis, das sich die meisten Menschen für netter einschätzen, als sie von der Umwelt wahrgenommen werden und bei geschönten/bearbeiteten Fotos von sich meinen, das entspreche der Realität, während sie die realistischen Aufnahmen als "ungünstig" einstufen.
Was ich jedoch sehr okay finde, man macht sich die Welt ein bißchen heiler und heller, man sieht sich netter und schöner und dasselbe macht man wohl, wenn man verliebt ist. Man wird nie alles "erkennen wie es tatsächlich ist", sondern sich mehr in der Wunschwelt aufhalten.
Zur Liebe gehört die Verklärung, die rosarote Brille, das gilt ebenso für die Liebe zu den Eltern oder anderen Personen, die einem nahe zu wichtig sind und genau diese Verklärung macht es dann vielleicht möglich über sich hinauszuwachsen und zu verzeihen, wo man sonst untröstlich gewesen wäre, noch immer das Positive zu sehen und daran festzuhalten.
Ich glaube ohne das Element von Verklärung, Projektion und verzerrter Wahrnehmung könnten wir das Leben mit all seinen Ungereimtheiten, Verletzungen und Unebenheiten schwer ausstehen, es ist ja sicherlich keineswegs ein Zufall, dass nahezu alle Menschen (in der Studie waren es 98%) zur geschönten Sicht neigen und somit ist daran nichts auszusetzen, so lange man fähig ist, wenn es notwendig ist ein wenig zu relativieren und sich nicht ausschließlich auf die eigene Sicht oder Wahrnehmung zu verlassen, sondern auch immer Perspektiven und Blickwinkel und Betrachtungsweisen/Gedanken von anderen hineinnimmt und zulässt, dann passt das schon.
Ebenso sollte man klarerweise nie die Selbstkritikfähigkeit verlieren oder sich in hoffnungslose Sachen verstricken oder jemanden noch zum Nonplusultra erklären, wo diese Person einem vorwiegend schadet, dann wird es eher ungut, aber ich glaube, bei den meisten bleiben die Verzerrungen im akzeptablen und für sie eher zuträglichen Rahmen/im Sinne einer Erleichterung.