Bei dem Thema geht es eigentlich wesentlich mehr um das Denken als um die Sprache selbst, also mehr darum wie ein Begriff assoziiert wird als um männliche oder weibliche oder sächliche Grammatik. Und das wird sicherlich auch individuell sein, aber man kann sich selbst fragen wie man etwas assoziiert. Ich frage mich die ganze Zeit wie ich als Kind dachte, denn das Gendern war damals (80er, 90er) in meinem Umfeld, die gesamte Schulzeit über, kein Thema.
Was ich meine ist, mal mich selbst als Beispiel genommen: Wenn von "die Bauarbeiter" die Rede war, dann habe ich das eher männlich assoziiert. Wenn aber von "die Lehrer" oder "das Lehrerzimmer" gesprochen wurde, dann habe ich da nicht ausschließlich an Männer gedacht. Vielleicht sogar umgekehrt, denn ich hatte mehr Lehrerinnen als Lehrer. Übrigens habe ich persönlich selbst den Beruf "Zimmermann" nicht zwingend männlich assoziiert, denn eine junge Frau mit der ich viel zu tun hatte als ich Kind war, war Zimmermann und sie nannte sich auch nicht "Zimmerfrau", vermutlich weil die Assoziation bei vielen da eher Richtung Hotel oder was auch immer gegangen wäre. Nun ist sie sicherlich eher eine Ausnahme in dem Beruf, aber nur das hat meine Assoziation zum Begriff "Zimmermann" bereits verändert.
Ich glaube, persönliche Assoziationen spielen eine viel größere Rolle als die grammatischen Geschlechter einer Sprache. Wer denkt bei "der Bikini" an einen Mann? Wer denkt bei "der Mascara" an einen Mann? Sicher, das ist definitiv möglich und kaum jemand ist überrascht wenn z.B. selbst ein ultra-harter Metal-Sänger Lidschatten trägt. Oder "der Rock"... meine erste Assoziation wäre weiblich, aber mindestens Braveheart sieht das anders. Umgekehrt dasselbe...
Worauf ich hinaus will ist einfach: Wir assoziieren auch Dinge zum Teil tendenziell geschlechtsspezifisch, was sich aber durch Erfahrung beträchtlich ausweiten kann. Vor allem gibt es viele Objekte die grammatisch geschlechtlich zugeordnet werden, in unserem Denken aber gar keine biologisch geschlechtliche Rolle spielen. "Der Körper" wäre so ein Beispiel... "die Nase", "die Hand", "der Fuß", "der Arm".
Je mehr ich darüber nachdenke, desto weniger halte ich vom Gendern. Denn Kinder müssen nur lernen, und das lernen sie m.A.n. schon lange, dass es nicht nur männliche Ärzte oder Lehrer oder Journalisten oder was auch immer gibt. Gleichzeitig werden die wenigsten Kinder an Frauen denken wenn es um Bauarbeiter geht, egal wie oft "der/die Bauarbeiter*in" geschrieben wird.