Ich habe mal einen Artikel für die Zeitschrift "Energie & Charakter" geschrieben. Die Autorenrechte sind bei mir. Falls es jemanden interessiert, könnte ich ihn hier irgendwo hinterlegen. Der Titel :"Bioenergetische Phänomene in der westlichen Literatur." In unserer Literatur ist oft in verschlüsselter, erzählerischer Form von Kundalinierlebnissen die Rede. So bei Homer, Goethe, E.T.A. Hoffmann, Rilke, Kafka, Musil, Döblin, JRR Tolkien und vielen anderen.
Hier ein kleiner, biographischer Teil davon:
Nachdem ich eines Tages das Buch 'Funktion des Orgasmus` von W. Reich gelesen hatte, begriff ich, dass nur Ängste uns hindern, zu uns selbst zu finden. Diese plagten mich damals chronisch. Ich begann nun, mich oft einfach hinzulegen und liess sie wachsen. Sie kamen zuerst in Form von Bildern und Halluzinationen, dann gab es nur noch die nackte Angst. Ausdrücke wie `die Angst steckt mir in den Knochen` wurden schrecklich wahr.
Hass stieg hoch, Wut und Angst fuhren mit mir Karussell. Immer häufiger hatte ich Zuckungen, zog es mich zusammen in die Stellung einer geschälten Crevette. Meine Zunge fuhr aus meinem aufgerissenen Mund, schlängelte, ein fremdes, wirbelloses Tier, verkrampfte sich schmerzhaft, Schreie. Dies dauerte Wochen. Dann fing es an, mich zu rütteln und zu schütteln. Ich musste jeweils auf die Knie, um nicht umgeworfen zu werden, und es durchfuhr mich vom Becken über den Rücken zum Hals hoch, den Kopf oft zwischen meinen Händen haltend, damit ich nicht am Nacken verletzt wurde. Ein Tanz, eine Entladung bioelektrischer Stauung! Das dauerte über einen Monat, täglich mehrmals und ließ sich nicht steuern, geschweige denn verhindern.
Nach ein paar Tagen der Ruhe fuhr ich auf einer Rolltreppe hoch in einen Bahnhof, als ein Summen ähnlich dem eines grossen Bienenschwarms, das immer heftiger wurde, meinen Kopf erfüllte. Dann fing sich alles wie von innen heraus zu ändern an. Es war, als ob ein durchscheinender Sinn leuchtend allem eine tiefe Bedeutung gäbe und sich dadurch unsere feste Wirklichkeit - die Materie - auflöste. Faden-ähnlich strömte eine Energie durch die Bahnhofshalle, die die Züge, die Fahrleitungen, Menschen und in den Teer getretene Kaugummis miteinander verband, wobei sich mein Bewusstsein in all dem auflöste, sich mit allem zu vereinen schien. Ich war hellwach, und ein jubelndes Glück unglaublicher Zugehörigkeit ergriff mich. Ich sah in mich - eine fantastische Innenschau: ein silberner Strom durchfloss meine Rückenwirbel, ergoss sich in das Stammhirn und zerstob in Licht und Gefühle. Dies dauerte Stunden. Ich wusste nicht, was mir geschah, aber dieses Gefühl der Verbundenheit und all das Seltsame, das diesem Erlebnis vorausging, die Vegetotherapie, retteten mich.
In der darauf folgenden Zeit floss der Strom oft und versiegte wiederum, allerdings selten mehr sichtbar. (Rilke: `Und so wie dieser Morgen waren viele, - und Abende waren so'). Er konnte heftig werden, mir mitten aus hellwacher Faszination das Bewusstsein rauben, mal induzierte er ein Kribbeln im Körper, ähnlich wie wenn stark unterkühlte Körperteile wieder erwärmt und durchblutet werden, mal da, mal dort, dann wieder ein ermüdendes Sengen, was am häufigsten geschah, oft ein Brennen, welches ich in dem missverstandenen katholischen Fegefeuer beschrieben fand, in dem gastrischen Feuer des Yogas, ein Fegefeuer, ein schmerzhaftes, reinigendes Feuer des Diesseits. Es konnte sich anfühlen wie der Strom einer Batterie auf der Zunge und verursachte schrecklich lange, schlaflose Nächte. Diese Energie kennt kein Erbarmen, beginnt in den grossen Zehen, wie es Goethe, Tolkien und auch Lee Sannella beschreiben, worauf ich später noch genauer zu sprechen komme. Die Siebenmeilenstiefel der Heilung, einmal begonnen, gehen ihre eigenen Wege. Vielleicht, dass sie mal eine Weile ruhen, auch angenehm heilend fliessen, dann wieder weiter plagen, Kindheitserinnerungen und unsäglich verdrängte Leiden hochspülen.
Später nahm dieser Strom eine goldene Farbe an, sprühte und perlte. Ich wurde zu diesem Strom. Heute fliesst er meist ausserhalb meiner Achtsamkeit, ruhiger und steter, was ich auch bin. (Für ein tieferes Verständnis des Gesagten verweise ich auf das Buch von Lee Sannella 4).
Es ist mir wichtig, nochmals anzumerken, dass ich glücklicherweise durch W. Reich zu diesen Erlebnissen gefunden habe, da ich sonst bestimmt, schwer traumatisiert wie ich war, ein schlechtes Ende in einer Klinik gefunden hätte.
Liebe Grüsse
Mintsch