Oft, ja. Aber: nur die Vergebung bringt doch denjenigen Abstand, den es braucht, damit Heilung geschehen kann.
Es ist ja eben nicht damit getan - und das weißt Du ja aber bestimmt - einen Einzelnen Auslöser für mein zweifelhaftes Verhalten zu "beschuldigen" und die Schuld weg haben zu wollen durch Vergebung. Das wäre ein oberflächliches, doofes Leben, das eiteitei und Licht und Liebe will, ohne zuvor die Bedingung zu klären, in der überhaupt Vergebung Sinn macht.
Wenn ich laufend immer nur allem vergebe, dann bleibe ich das Opfer. Meines Erachtens. Es reicht daher nicht zu vergeben, sondern man benötigt noch mehr, um sich "von den Sünden" - das sind ja die wiederkehrenden Dinge - zu lösen. Und "Aufzubrechen in's Neue" - das ist ja die Verheißung, das sogenannte "Paradies" (Ein geistiger Zustand, den man durch Vergebung erreichen soll.).
Wenn ich den paradiesischen Zustand, die Sündenfreiheit, erreichen will, muß ich mir selber und allen anderen vergeben. Ich muß mich im Grunde reduzieren: auf ein Ich, ein Du, und ein (übergeordnetes) Selbst. Drei Personen, drei Teile sind da von Bedeutung.
Will das Ich mehr als das Du, dann kann das Selbst einerseits entscheiden: wer hat Recht? Welche Seite im Zauderer und Haderer und Diskutierer (Ich vs. Du) hat Recht, wer wird nun die Zukunft bestimmen? Wie führt die Vergangenheit zu einem Richten zwischen diesem Ich und dem Du?
Man Selbst kann lernen das Gegeneinander des Ich und des Du im Innen und im Aussen mit Abstand zu betrachten und sich eine "eigene Meinung" bilden. Damit hat das Selbst natürlicherweise die Möglichkeit, einen Ausgleich, eine Harmonie, eine Heilung herzustellen im Ich und im Du und im Widerstreiten dieser Teile.
Das "Sich-Zurücknehmen", welches das Selbst auf unterschiedliche Weise erreichen kann, ist damit ein integraler Bestandteil des Lernens im Umgang mit dem Ich und dem Du.
Damit das Selbst immer mehr Abstand vom widerstreitenden IchDu bekommt und sich letztlich erhebt als die wahre Verortung des wahrnehmenden Ich auf einer höheren Ebene (man könnte es als das Selbst-Ich bezeichnen) - damit also das Selbst immer mehr Abstand vom widerstreitenden IchDu bekommt, benötigt es selbstverständlich Praxis, Übung, Gelegenheit. Es benötigt Orientierung, wie es die Anteile des Ichs und des Du, die in ihm widerstreiten, untersuchen, bewerten und loslassen soll.
Nun gibt's auf der ganzen Welt Anleitungen zu dieser Frage und eine davon stellt die Bibel dar. Der Heilige Geist - nach dem fragst Du ja - ist derjenige Teil, der es dem Selbst stets ermöglicht, das heilsame, das heilste und auch das heilige zu sehen, das zwischen dem Ich und dem Du geschieht.
Der unheilige, verächtliche und urteilende Geist würde sich das Ich und das Du betrachten und würde es insgesamt als lästig und blödsinnig empfinden. Oder er würde sich stets zugunsten einer der beiden Seiten entscheiden und würde somit das Verbleiben im "Hamsterrad", dem Karma, festigen. Von dieser richtenden und strafenden Seite des "Beobachters" aus kann also eine heilsame Betrachtung der eigenen inneren Widerstreite und des "Lebensversuchs" der eigenen Person wohl kaum in Richtung einer Erlösung geschehen.
Daher lehrt die Bibel den verständig Lesenden das Vorhandensein Eines, der außerhalb von uns ist und jederzeit zu einer "heiligen" Betrachtung in der Lage ist. Und die Bibel bietet als Bezeichnung für dieses "Eine" dreierlei an: Gott, Jesus Christus und der Heilige Geist. Alle drei sind Eins, und jeder der drei beinhaltet die Aussage des Anderen.
Diese drei "spielen uns vor" - erzählt in der Bibel - wie wir selber mit unserem Selbst das Ich und das Du verstehen und befrieden können. Es zeigt uns den Leidensweg, den das Ich geht, weil es das Du und seine Absichten zwar wahrnimmt, aber nicht versteht, warum es sich so verlassen anfühlt als Ich, wenn das Du nicht da ist. Es zeigt uns die Erlösung auf dem Wege der Vereinigung des Ichs mit dem Du zum Selbst und das dann so entstehende Heilige des Geistes in uns selber.
Das Besondere ist, daß der Heilige Geist nicht als Person erscheint, sondern als für mich auch intellektuell faszinierende Information: Dein Geist hat das Potential zur Heiligkeit. Was wären das für Gedanken, wenn ich "heilige" Gedanken hätte? Was wären das für Gefühle, wenn ich "heilige" Gefühle hätte? Das kann man sich mal fragen. Wenn man solche heiligen Gedanken und Gefühle in sich entdeckt, dann kann man beobachten, wie sich die eigenen Gedanken und Gefühle in den Alltag einweben und wie und in welchem Umfang sie Anstoß sind für das Geschehen im Äusseren.
Die Hingabe an den Christusgedanken ("Ich gebe mich hin an Dich, weil wir selbst das so wollen" - ein gemeinschaftsgründender Gedanke und daher entsteht ja dann auch das Christentum daraus) - die Hingabe an den C.-Gedanken also führt uns in eine Gemeinschaft. Eigentlich in zwei: die innere Gemeinschaft mit dem Ich, dem Du und dem Selbst, welches der Heilige Geist durch das Leben begleitet. Und dann die äussere Gemeinschaft, die in der Gemeinschaft mit anderen Gläubigen entsteht.
Übrigens zum Schluß noch der Gedanke: die deutsche Sprache läßt etwas übrig, wenn bereits alles vergeben ist: das Verzeihen. Verzeihen ist etwas anderes als Vergeben. Und Verzeihen muß der Mensch selber.
Und: wenn man überlegen will, inwieweit man das Vergeben bereits "verstanden" hat - und das muß man gewissermaßen um es abgeben zu können an den Heiligen Geist als schon geschehen - wenn man also das Vergeben betrachten will, wie man es versteht, dann sollte man mal überprüfen, was beim Vergeben eigentlich "Geben" ist. Dazu nur noch der Hinweis: Vergeben ist energetisch das Gegenteil von Vernehmen. Es geht in der Tat um Informationsaustausch, um Kommunikation. (Und auch dafür dient wer? Der Heilige Geist, im Gespräch mit Gott.)
lg,
Trixi Maus