Flüchtlinge fressen deutsche Kinder" und „wunderbare N****"
September 7, 2015
von
Sophie Claassen
Nazis sind hässlich. Saudumme und vom Hass zerfressen Sozialversager, die ihren Aggressionen im Netz freien Lauf lassen und denen es nicht mal mehr ausreicht, sich vor lauter besoffenem Nationalstolz in die eigene
Jogginghose zu machen, sondern inzwischen lieber
„Heil Hitler" brüllend auf verängstigte Kinder urinieren. Deutschland ist
entsetzt. Die deutsche Prominenz hält dagegen.
Farin Urlaub,
Joko und Klaas,
Oliver Kalkofe und selbst der in Intellektuellenkreisen eher unbekannte
Jan Leyk, sie alle sind sich in einer Sache einig: Leute, die vor Asylunterkünften hetzen oder ihre menschenfeindlichen Einstellungen über Facebook verbreiten, sind vor allem eins, nämlich dumm. Aber so einfach ist es nicht. Egal, ob man die Hetzer nun als Bekloppte, „Intelligenzflüchtlinge" oder gar rhetorisch ungeschickt als „
undeutsch" bezeichnet, es hilft niemandem etwas, all diejenigen, die sich fremdenfeindlich, rassistisch oder „besorgt" über Neuankömmlinge äußern, über einen Kamm zu scheren und alle Vorurteile mit niedriger Intelligenz und mangelnder Bildung zu erklären.
Nur weil du reich bist und einen Uniabschluß hast, bist du nicht weniger rassistisch
Derartige Pauschalisierungen entbehren nicht jeglicher Grundlage, aber sie sind dennoch falsch, weil dabei zum Beispiel vergessen wird, dass—davon abgesehen, dass nicht jeder, der in seinem Leben „nichts geleistet" hat, automatisch ein Nazi ist—die AfD von finanziell gut situierten Bildungsbürgern gegründet wurde, oder dass auch in
manchen wohlhabenden Gegenden massiv gegen Asylunterkünfte demonstriert wird. Rechte und fremdenfeindliche Meinungen sind kein Problem einer kleinen fanatischen und sozial schwachen Minderheit, sondern bis weit in die Mitte der Gesellschaft verbreitet. So belegt eine
Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung aus dem Jahr 2014, dass zum Beispiel 17 Prozent der befragten Bürger die Meinung vertraten, dass es in Deutschland zu viele Ausländer gibt.
Wir alle haben eine gesellschaftliche Verantwortung. Rechte Meinungen zu verurteilen, ist einfach, solange es sich bei denen, die sie verbreiten, um Unbekannte handelt, die man in den sozialen Netzwerken verbal attackieren kann, ohne sich einer direkten Konfrontation aussetzen zu müssen. Was aber, wenn wir im richtigen Leben mit rassistischen und fremdenfeindlichen Kommentaren konfrontiert werden? Und das nicht nur von einem Besoffenen an der Bushaltestelle, sondern von Leuten aus unserem eigenen sozialen Umfeld? Was wenn Oma plötzlich das N-Wort sagt und uns ein erschrockenes „
Holla" als Reaktion nicht ausreicht? Oder wenn Onkel Werner sich beim Mittagessen darüber beschwert, dass „die alle so viel Taschengeld kriegen", während der aufrichtige deutsche Steuerzahler schon mit einem Bein im Armenhaus steht? Da Schweigen in so einer Situation ebenso unangebracht ist, wie besagtem Onkel aus Wut eine Ladung braune Bratensoße übers Hemd zu gießen, habe ich eine Sozialpsychologin, einen Kommunikationstrainer und einen Rassismusforscher gefragt, wie man in solchen Fällen am besten reagiert.
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