Keine Ahnung, wem ich es glauben würde.
Es ist auch schwierig, da eine Instanz zu finden. Wichtig bist ja du selbst. Und "gewissenlos" bist du ganz sicher nicht.
Ich bin nicht schuld, ich hab alles versucht. Ja.
Vielleicht bin ich auch einfach nur traurig wegen der verlorenen Zeit.
Von wegen "verlorener Zeit" ist mir noch eine andere Idee gekommen. Wer weiß denn, ob die Zeit wirklich verloren war/ist?
Das ist jetzt natürlich spekulativ, aber es kann ja auch sein dass du eigentlich das Studium als nicht passend für dich erkannt hast und das Deinem-Bruder-Helfen ein Vorwand war, um das Studium schmeißen zu können. Du konntest ja nicht ahnen dass du dich dabei verheizt. Das Ausmaß wird einem ja oft erst dann klar, wenn man in der Sache drin steckt ... oder es entwickelt sich dann anders als man dachte.
Oder andere Möglichkeit ... wer weiß was passiert wäre, wenn du das Studium zum damaligen Zeitpunkt durchgezogen hättest. Vielleicht hätte das dazu geführt dass du später mal in einer Situation gelandet wärst, die noch schlimmer für dich gewesen wäre, oder jemanden kennengelernt hättest, der dir noch mehr geschadet hätte. Das kannst du jetzt nicht mehr herausfinden, aber immerhin die Möglichkeit in Betracht ziehen. Vielleicht macht es das etwas leichter.
Kennst du den Film "Sliding Doors" (deutscher Titel: Sie liebt ihn - sie liebt ihn nicht)? Da werden parallel zwei verschiedene weitere Lebensverläufe der Protagonistin gezeigt, je nachdem ob sie eine bestimmte U-Bahn verpasst oder erreicht. Nicht alles, was auf den ersten Blick schlecht erscheint muss auch tatsächlich schlecht sein bzw. muss sich nicht negativ auf das komplette weitere Leben auswirken.
Schau mal darauf, was du schon geschafft hast,
trotz extrem belastender familiärer Situation:
Du hast eine schöne Wohnung. Das hat auch nicht jeder.
Du hast eine beste Freundin, hat auch nicht jeder.
Du hast ein halbes Studium, schafft auch nicht jeder.
Du hast Chemie-Vorlesungen besucht ... !!!
Kannst mit Geld umgehen ...
Und sicher noch vieles mehr.
Vielleicht ist es gar nicht so von Nachteil, dass du jetzt, als nicht mehr Jugendliche, entscheiden kannst was für einen Beruf du ergreifen willst. Immerhin kennst du dich schon besser als mit 20 ... ich finde es sowieso reichlich gewagt, mit 20 oder noch jünger entscheiden zu sollen, was man sein ganzes weiteres Leben machen wird.
Vielleicht klappt es ja, dass deine bisherigen Leistungen dir auf einen anderen Studiengang angerechnet werden.
Vielleicht finanziert dir der AMS auch eine schulische Ausbildung... du hast jetzt die Chance mal in dich reinzuhören, was dir Freude machen könnte.
Vielleicht regeneriert sich ja sogar das drogengeschädigte Hirn deines Bruders irgendwann mal wieder ... jedenfalls bis zu einem gewissen Grad. Aber darauf kannst du keinen Einfluss nehmen und du musst in der Zwischenzeit auch nicht auf dem Pulverfass sitzen und schockiert darauf warten, ob wohl wieder ein Ausbruch von ihm passiert.