Erkenntnistheoretische Kritik richtet sich
sowohl gegen die methodischen Grundlagen als auch gegen die experimentelle Absicherung. Eine der frühen Kritiken stammt von
Arthur Kronfeld.
[66] Diese Kritik wurde in den folgenden Jahren immer wieder vorgetragen, etwa von
Karl Jaspers.
[67] Er kritisierte z. B. die
Begriffsbildung des Unbewussten als
idealtypisch und somit als nicht in strengem Sinne objektivierbar.
[68] Hieraus ergibt sich, dass sie auch nicht
falsifizierbar ist.
[69]
Karl Popper, der eine Zeit lang bei Alfred Adler in dessen
Erziehungsberatungsstellen und
Heimen gearbeitet hatte,
[70] kritisierte die Theorien Sigmund Freuds als doppelt verschanzten Dogmatismus: „Freud selbst fand es sehr seltsam, daß seine Patienten Freudsche Träume hatten, während die von Adler Adlersche Träume hatten. Und er hat sich die Frage gestellt, ob man darin nicht eine Widerlegung seiner Theorie sehen müßte. Aber er hat einen Schluß gezogen, der die Frage verneint: der Patient versuche nur, sich seinem Psychoanalytiker angenehm zu machen, was ihn dazu bringe, passende Träume zu haben, da das Phänomen der Übertragung ins Spiel komme. So ist dann alles wieder in Ordnung …“
[71] Die Kritik Poppers, bei der Psychoanalyse handele es sich um eine
Pseudowissenschaft, wurde immer wieder geäußert, z. B. vom Wissenschaftstheoretiker
Anthony A. Derksen.
[72]
Der Wissenschaftshistoriker Thomas Samuel Kuhn kritisierte, auf einer anderen methodischen Grundlage als Popper stehend, die Psychoanalyse als unwissenschaftlich und betrachtete die Grundlagen psychoanalytischer Erkenntnisgewinnung als zweifelhaft. Diese Kritik wurde insbesondere von
Adolf Grünbaum wiederholt.
[73] So bekräftigte Grünbaum in einer psychoanalytischen Fachzeitschrift im Jahre 2000 seine Kritik an der Freud’schen Psychoanalyse.
[74] Ausdrücklich bezog er die Kritik aber auch auf die postfreudianische Psychoanalyse. Er zitierte den Psychoanalytiker
Morris Eagle[75] zustimmend mit den Worten: „Die unterschiedlichen Formen der sog. zeitgenössischen Psychoanalyse … stehen auf keinem gesicherteren epistemologischen Fundament als die wichtigsten Lehren und Behauptungen der Freud’schen Theorie. … Es existiert kein Beweis, dass die gegenwärtigen psychoanalytischen Theorien die mit der Freudschen Theorie verbundenen epistemologischen und methodologischen Schwierigkeiten überwunden haben.“ Grünbaum ging davon aus, dass Popper die Problematik zu undifferenziert betrachtet hatte, und vertrat den Standpunkt, dass einige Behauptungen von Freud über die Psychoanalyse, insbesondere die so genannte „Necessary Condition Thesis“, durch klinische Befunde falsifiziert worden seien. Er stufte sie als schlechte Wissenschaft ein.
[76] Grünbaum kritisierte außerdem, dass die Erkenntnisgewinnung in der Psychoanalyse problematisch sei, da es in der Behandlungssituation zu Kontaminationen (also Verfälschungen der Beobachtung durch
Suggestion) komme und somit auch zu einer Verfälschung der Theorie.