Die Anatta-Lehre Buddhas

@opti:
Übrigens heisst es ja auch im von dir zu den Skandhas verlinkten Wikipedia-Artikel weiter unten:
Wikipedia schrieb:
Diese fünf Faktoren sind wechselnd, nicht steuerbar, rasch vergänglich und abhängig voneinander, so dass auch der Mensch ihren Veränderungen unterworfen ist. Er ist ein dauernd wechselnder Prozess und keine dauerhafte Substanz. Somit hat der Mensch auch keine unsterbliche Seele und keine Persönlichkeit, die sein Handeln und denken bestimmt, also kein „Ich“.
[...]
Wenn man diese Komponenten untersucht, aus denen wir gemäß der Lehre des Buddha zusammengesetzt sind, können wir feststellen, dass darin kein "Ich" und kein festes Selbst zu entdecken sind. Häufig wird hier das Gleichnis eines Wagens verwendet, der nur eine bestimmte Zusammenstellung von Einzelteilen ist, aber einen Wagen an sich gibt es eigentlich nicht. Spezielle Kontemplationen und Meditationen mit den fünf Skandhas fördern diese Erkenntnisse. Für gewöhnlich betrachten wir uns aber als eine feste Einheit, was der Buddha als Haupthindernis auf dem Weg zur Erleuchtung bezeichnet hat. In dieser illusorischen Annahme eines festen "Ichs" ist die Ursache allen Leidens zu erkennen.
Das ist genau das, was Milon oder ich meine. Buddha sprach von "Anatta". Dieser Begriff wird häufig als die Lehre vom "Nicht-Selbst" übersetzt, ich benutze den Begriff "Nicht-Ich" oder sage manchmal "Es gibt kein Ich" und meine genau das gleiche. Der Begriff "Selbst", den ich manchmal benutze, entspricht ungefähr dem Begriff "Buddha-Natur", den die Buddhisten oft benutzen. Ramana Maharshi weist darauf hin, dass kein Ich auffindbar sei, und das Selbst verwirklicht werden solle, meine Terminologie geht also mit (der deutschen Übersetzung) seiner konform.
Es gibt hier (leider) keine einheitliche Terminologie. Allerdings ist mir sehr wohl bewusst, dass es abweichende Nuancen in den Begrifflichkeiten gibt, man sollte sich aber nach meiner Meinung nicht daran aufhängen.

Milon sagt es richtig: Die Lehre der 5 Skandhas soll aufzeigen, dass ein Ich keine hermetisch abgeschlossene Einheit ist. Das "Ich" besteht nach Buddha aus 5 Komponenten, ist also "zusammengesetzt" und daher keine echte Einheit. Und das gilt wiederum für jede der 5 Komponenten, keine davon ist eine echte Einheit, sondern sie ähneln vielmehr Prozessen. Das ist einfach verifizierbar, wenn man mal den Gedankenstrom beobachtet. Da tauchen neue Gedanken auf, alte gehen weg, oft sind Gedanken gar nicht richtig ausformuliert. Es gibt in diesem Sinne keinen "Verstand", also kein viertes Skandha, es gibt lediglich einen Strom von Gedanken. Das vierte Skandha ist folglich "leer" von unabhängiger Existenz. Oder anders ausgedrückt: Es ist nur als Idee in unserm Kopf vorhanden, nämlich als Idee eines "Verstandes", aber bei genauer Betrachtung ist diese Idee gar nicht real, bloss eine Illusion. Das heisst NICHT, dass es keine Gedanken gäbe, es heisst also nicht, dass Gedanken nicht-existent seien, sondern es heisst, dass es einen Verstand bzw. ein viertes Skandha als hermetisch abgeschlossene Einheit nicht gibt. Und das gilt eben für alle Skandhas.

Maya als "Illusion" darf also nicht verstanden werden im Sinne, dass es die Welt gar nicht gäbe. Sondern es muss so aufgefasst werden, dass es "irgendetwas" gibt, aber wir eine falsche Vorstellung darüber hegen, woraus das "Irgendetwas" seinem Wesen nach besteht. Tatsächlich wissen wir gar nicht richtig oder können gar nicht richtig bestimmen, was dieses "Irgendwas" wirklich ist.
 
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opti schrieb:
Und wofür soll die Leere gut sein, die wir angeblich jeden Moment erleben? Und dann machst du es dir ganz einfach und meinst, wir alle sind ebenfalls Leere. Nein, ich empfinde mich nicht als Leere, sondern als Mensch aus Fleisch und Blut.

:) Opti, du BIST ja ein Mensch aus Fleisch und Blut. Und der in der Übertragung aus dem Sanskrit unglücklich gewählte Begriff der Leerheit heißt ja eben NICHT, daß du nicht existent wärest. Du existierst. "Sunyata" bedeutet aber mehr als das übersetzte Wort "leer" - es wird übrigens auch mit "Reinheit" übersetzt.

Laß es uns noch einmal versuchen. Es wäre schade, wenn du dich in intellektuellem Gestrüpp verhängst, das die Sicht verstellt. Denn genau davon, daß alle diese vielen Begriffe und Definitionen für die Praxis nicht wichtig sind, wenn du das Herz der Dinge einmal gefunden hast, haben wir schon einige Zeit vorher gesprochen, wenn du dich erinnerst.

Lösch einmal deine bisherige Übersetzung leer=nichtexistent von der Festplatte, und zwar ganz. Und dann schau einmal das Leben an. Findest du irgendetwas im ganzen großen Universum, das ganz allein für sich bestehen kann? Ich nicht. Die Position der Gestirne ist abhängig von der Schwerkraft und den Zentrifugalkräften, die sie in ihrer Bahn halten. Das Licht, das sie ausstrahlen, ist abhängig von ihrer chemischen Zusammensetzung. Daß das Licht überhaupt sichtbar wird, ist davon abhängig, daß es auf etwas trifft, das es reflektiert - und dazu auch noch davon, daß ein Organ da ist, das die Schwingung als Licht empfangen kann und ein Bewußtsein, das diesen Empfang als "Licht" interpretiert. Dein ganzer Körper, den du ja als existent empfindest, ist abhängig von den einzelnen Bausteinen, aus denen er besteht - und die Tatsache, daß du ihn als Körper empfindest, ist abhängig davon, daß du ein Bewußtsein hast, ..... und so weiter.

Gibt es nun irgendetwas, das existieren könnte, für sich allein aus sich heraus völlig unabhängig von allem anderen, was existiert? Wenn du konsequent zu Ende denkst, findest du auf diese Frage eine Antwort. :)

Und DAS haargenau und nicht mehr und nicht weniger ist mit Sunyata gemeint - vielleicht wäre ja sogar eine Übersetzung "Verbundenheit" zielführender, ich weiß es nicht... es würde aussagen, daß alles was existiert, nur deshalb existiert, weil es untrennbar mit allem anderen verbunden ist... und das wird dir jeder Naturwissenschaftler bestätigen.

Und weil das so ist, daß eben alles von allem anderen abhängig existiert, verändert sich auch alles ständig. Alles, was es gibt, ist in ständigen Werden und Vergehen begriffen - du kannst diesen Prozeß nicht auch nur für einen einzigen Moment aufhalten, nicht einmal hypothetisch. Alles setzt sich ständig neu zusammen und baut sich wieder ab. Dauernd - von Augenblick zu Augenblick. Und DESHALB sagt Buddha in seinen Worten, so wie er es eben fassen konnte, daß man dieses Ich nirgends finden kann - weil es sich ja eben auch dauernd verändert - du bist heute nicht das Ich, das du vor 20 Jahren warst - und doch ist eine Kontinuität da, so daß du noch immer sagen kannst, ich erkenn mich noch wieder... wenn auch nicht in allem. Und DESHALB lehrt Buddha, daß das Atman eine Fehlannahme ist, weil es eben ein angenommener Fixpunkt ist - und den gibt es nicht und nirgends - und auch das wird dir jeder Naturwissenschaftler bestätigen.

Das ICH - ganz real, so wie wir es erleben - ist der Punkt, in dem alle seine verschiedenen Faktoren zusammentreffen - räumlich und zeitlich. Du erlebst Anwesenheit und Gegenwart, nicht wahr?

Wenn wir schon bei den Worten des Buddha waren. Du sprichst davon, daß er eine bestimmte Lehrrede an einen Schwerkranken gerichtet hat und ob das nun Allgemeingültigkeit habe - oder eben nur für den Kranken. - Es hat Bedeutung für alle, die sich in der Situation des Kranken wiedererkennen. Buddha ist kein Buchschreiber, er ist ein Lehrer. Als guter Lehrer wirst du den INHALT der Lehre (im Idealfall dessen, was du aus eigener Erkenntnis WEISST) transportieren und nicht den Wortlaut, nicht wahr? Also wirst du dich danach richten, was für einen Schüler du vor dir hast und danach deine Worte wählen. Wenn du das nun 40 Jahre lang tust, dann wirst du eine Menge verschiedene Worte und Bilder erfunden haben, um 1000den Menschen immer dieselben INHALTE zu übermitteln. Und wenn nun alle die 40 Jahre lang ein treuer Schüler brav hinter dir hergelaufen ist und ALLES ALLES auswendig gelernt hat, was du gesagt hast und dieser Schüler erzählt nun alles alles was du gesagt hat, weiter, so wie du es gesagt hast, auch nachdem du schon gestorben bist - was passiert dann?

Siehst du. Und deshalb gibt es nur einen Weg, Buddhas Lehre zum Leben zu erwecken - du mußt schauen, zu wem er gesprochen hat und dich fragen, bin ich so ein Typ wie der, zu dem er da spricht - und wenn ja, dann trifft das Gesagte etwa auf dich zu. Wenn nein, dann NICHT!!!!! Verstehst du, was ich meine? Es ist gar nicht beabsichtigt, daß du mit allem einverstanden bist, was er formuliert hat, weil er ja zu verschiedenen Menschen gesprochen hat und dabei INHALTE übertragen hat.

Puuuuuuhhhhh das ist ja richtig anstrengend - danke für deine vielen grübelnden Fragen - sie zwingen einen, sich klar zu werden über das, was man sagen will.

Ähm ja - und noch eines - solang du dir bewußt bist, daß das, was du parfümierst, eben vergänglich ist, und das womit du es parfümierst, auch, spricht nichts dagegen, sich ein gut duftendes sattcremiges Duschgel zu kaufen und in vollen Zügen jeden Augenblick zu genießen, in dem es seine schaumige Konsistenz auf der Haut entwickelt und vollbewußt zu spüren, wie das klare lauwarme Wasser es sanft wieder abspült...zu empfinden, wie sich das Aroma des Duftstoffes entfaltet und nachzuspüren, was das für ein Erleben in dir auslöst... und du kannst dann auch kontemplieren, wie sich alles von deinem Körper löst, was ihn belastet und verunreinigt hat und dabei eventuell sogar ein Samadhi-Erlebnis haben, weil dir plötzlich klar wird, wie das alles voneinander abhängt und von Augenblick zu Augenblick weiterfließt...
:baden:
In diesem Sinne....
 
Hallo fckw

Ich habe mir jetzt überlegt, ob ich auf deinen Beitrag eingehen soll oder auf den Artikel von wikipedia, auf den du dich in deinem Beitrag beziehst. Ich habe mich zunächst einmal für den Artikel von wikipedia entschieden. Auf deinen Beitrag gehe ich eventuell später ein. Vielleicht erübrigt sich das aber auch, weil beide Beiträge sich in etwa mit gleichen Inhalten beschäftigen. Ich stimme mit dem Artikel von wikipedia allerdings nicht überein. Darum möchte ich einmal meine Bedenken formulieren. Hier aber noch einmal der Artikel von wikipedia:

Zitat von Wikipedia
Diese fünf Faktoren sind wechselnd, nicht steuerbar, rasch vergänglich und abhängig voneinander, so dass auch der Mensch ihren Veränderungen unterworfen ist. Er ist ein dauernd wechselnder Prozess und keine dauerhafte Substanz. Somit hat der Mensch auch keine unsterbliche Seele und keine Persönlichkeit, die sein Handeln und denken bestimmt, also kein „Ich“.
[...]
Wenn man diese Komponenten untersucht, aus denen wir gemäß der Lehre des Buddha zusammengesetzt sind, können wir feststellen, dass darin kein "Ich" und kein festes Selbst zu entdecken sind. Häufig wird hier das Gleichnis eines Wagens verwendet, der nur eine bestimmte Zusammenstellung von Einzelteilen ist, aber einen Wagen an sich gibt es eigentlich nicht. Spezielle Kontemplationen und Meditationen mit den fünf Skandhas fördern diese Erkenntnisse. Für gewöhnlich betrachten wir uns aber als eine feste Einheit, was der Buddha als Haupthindernis auf dem Weg zur Erleuchtung bezeichnet hat. In dieser illusorischen Annahme eines festen "Ichs" ist die Ursache allen Leidens zu erkennen.

Und zum Verständnis noch einmal die 5 Daseinsgruppen auch Skandhas genannt:

1. Körperlichkeitsgruppe
2. Gefühlsgruppe
3. Wahrnehmungsgruppe
4. Geistformationsgruppe
5. Bewusstseinsgruppe

Diese 5 Daseinsgruppen unterliegen zwar einem dauernd wechselhaftem Prozess, sie sind aber während des ganzen Lebens des Menschen vorhanden. Und wenn ich den Menschen über diese Daseinsgruppen definiere, so halte ich es für falsch, zu behaupten, der Mensch hätte keine Persönlichkeit, die sein Handeln und Denken bestimmen. Selbstverständlich hat er eine Persönlichkeit, die von seinem Handeln und Denken bestimmt wird. Jedenfalls solange, wie er im Besitz seiner geistigen und körperlichen Kräfte ist, also während seines Lebens. Am Ende seines Lebens allerdings erlöschen diese Daseinsgruppen.

Wenn man die einzelnen Elemente der 5 Daseinsgruppen untersucht, so wird man darin natürlich keine Persönlichkeit entdecken. Aber alle 5 zusammen bilden eine Persönlichkeit. Das kann man doch nicht bestreiten.

Den Vergleich mit dem Wagen sollte man ohnehin vergessen. Ein Wagen besteht nämlich nur aus der ersten Daseinsgruppe, der Körperlichkeit. Alle anderen Daseinsgruppen sind beim Wagen nicht vorhanden.

Ich halte die Annahme eines Ichs überhaupt nicht für ein Hindernis auf dem Weg zur Erleuchtung. Und auch wenn ihr mir tausendmal erzählt, dass dieses Ich nicht vorhanden sei, so bin ich davon überzeugt, dass ihr genau so von einem Ich ausgeht, wie ich. Die Identität mit dem Ich hat uns die Natur in die Wiege gelegt. Und sie hat gut daran getan. Hätte sie es nämlich nicht getan, so hätte das wohl über kurz oder lang unseren Tod bedeutet.
 
Hallo Kinnaree

Du sagst, dass man in diesem ständigen Werden und Vergehen dieses Ich nicht finden kann. Das sehe ich etwas anders. Dort, wo die 5 Daseinsgruppen vorhanden sind, dort ist für mich auch das Ich vorhanden, die Persönlichkeit Mensch.

Und selbst, wenn dieses Ich in der Realität tatsächlich nicht existent oder leer ist, wir haben ja nur eine begrenzte Möglichkeit, die Realität zu erfassen, so möchte ich mich auf das Ich beschränken, welches ich wahrnehme. Und dieses Ich ist für mich sehr wohl vorhanden. Und jeden Versuch, dieses Ich wegzudiskutieren, halte ich für unlauter.

Ich bin davon überzeugt, dass sich jeder Mensch über dieses Ich definiert. Und ich glaube nicht daran, auch nur ein Mensch dieses Ich wirklich in Frage stellt.
 
opti schrieb:
Hallo Kinnaree

Du sagst, dass man in diesem ständigen Werden und Vergehen dieses Ich nicht finden kann. Das sehe ich etwas anders. Dort, wo die 5 Daseinsgruppen vorhanden sind, dort ist für mich auch das Ich vorhanden, die Persönlichkeit Mensch.

Und selbst, wenn dieses Ich in der Realität tatsächlich nicht existent oder leer ist,

Opti. :liebe1: Es ist so schön, wie du dich wehrst - aber schau mal:

Ich habe dich gebeten, diese Gleichung nichtexistent=leer von deiner persönlichen Festplatte zu löschen, und ich weiß, warum ich das tue. Ich bin eine Kochlöffelbuddhistin, wenn du verstehst, was ich meine - bei mir muß das, was ein Lehrer mir erzählt, praktisch nachvollziehbar sein, sonst kann ich damit nix anfangen. (Damit hab ich schon einst meine Mathematikerin im Gymnasium in den Wahnsinn getrieben - mit der Frage "und was gibt ma des in da Praxis?") Also kannst du davon ausgehen, was immer ich zum Thema sage, sage ich deshalb, weil ich mich selbst damit auseinander und dann wieder zusammengesetzt habe.

Also. Ich sage nicht und nirgends, daß man im ständigen Werden und Vergehen kein Ich finden kann, (und ich werde es auch nie sagen, denn es ist nicht wahr) - ich sage, daß man es NUR im ständigen Werden und Vergehen finden kann - denn es IST selbst ständiges Werden und Vergehen. ICH ist kein Zustand, sondern ein Prozeß - und selbstverständlich vorhanden. Das lehrt auch Buddha, er wehrt sich nur vehement (und für die Zeit, in der er lebte, durchaus revolutionär) dagegen, dieses Ich als einen unveränderlichen Fixpunkt zu sehen. Was dir jeder Psychologe bestätigen wird - dein Ich ist ein von vielen Faktoren abhängiger ständiger Prozeß und als solcher selbstverständlich vorhanden!

Also. Das eigentlich Geniale an dem, was Buddha lehrt, siehst du, wenn du noch einen Schritt weiter gehst. Vielleicht schaff ichs, die Worte dafür zu finden. Wir wissen schon aus der Schulzeit, aus wie vielen verschiedenen Faktoren (ich nenn das jetzt einmal so) wir bestehen. Du kannst auch Bausteine sagen. Alle diese körperlichen und geistigen und seelischen Bausteine, materiell und nichtmateriell, bilden zusammen unser ICH. Wenn du aber jetzt jeden Baustein einzeln anschaust, wirst du in keinem davon dieses Ich finden - na sicher net, das ist ja eine Binsenweisheit, Buddha erzählt ja da nix Neues, und das ist ja noch nicht der Kern der Sache. Wenn ich jetzt aber weiß, jeder dieser Bausteine ist in sich ein Prozeß, veränderlich, im Fluß - und alle diese Bausteine zusammen ergeben eine komplexe Persönlichkeit, dann ist die ja auch ein Prozeß, veränderlich, im Fluß - was also IST denn dann dieses Ich, dessen Existenz wir ja gar nicht leugnen können, weil sie ja evident ist, und die auch Buddha nie geleugnet hat, weil er das ja erkannt hat - was IST es denn nun?

Dieses Ich ist der Zusammenhang von allen seinen einzelnen Faktoren. Es ist der ZUSAMMENHANG, der ist da und wird da sein und kann nicht geboren werden und kann nicht sterben - die einzelnen Faktoren werden sich verändern und damit wird sich auch der Zusammenhang verändern, aber er wird immer noch da sein, immer. Von Augenblick zu Augenblick. Darauf können wir uns verlassen --- :)

Naja. ich hab mich bemüht, was ich erfahren und erlebt habe, in Worte zu fassen. Es werden Worte bleiben, wenn ihnen kein Erleben gegeben wird.
 
Hallo fckw

fckw schrieb:
@opti:
Übrigens heisst es ja auch im von dir zu den Skandhas verlinkten Wikipedia-Artikel weiter unten:

Das ist genau das, was Milon oder ich meine. Buddha sprach von "Anatta". Dieser Begriff wird häufig als die Lehre vom "Nicht-Selbst" übersetzt, ich benutze den Begriff "Nicht-Ich" oder sage manchmal "Es gibt kein Ich" und meine genau das gleiche. Der Begriff "Selbst", den ich manchmal benutze, entspricht ungefähr dem Begriff "Buddha-Natur", den die Buddhisten oft benutzen. Ramana Maharshi weist darauf hin, dass kein Ich auffindbar sei, und das Selbst verwirklicht werden solle, meine Terminologie geht also mit (der deutschen Übersetzung) seiner konform.
Es gibt hier (leider) keine einheitliche Terminologie. Allerdings ist mir sehr wohl bewusst, dass es abweichende Nuancen in den Begrifflichkeiten gibt, man sollte sich aber nach meiner Meinung nicht daran aufhängen.

Milon sagt es richtig: Die Lehre der 5 Skandhas soll aufzeigen, dass ein Ich keine hermetisch abgeschlossene Einheit ist. Das "Ich" besteht nach Buddha aus 5 Komponenten, ist also "zusammengesetzt" und daher keine echte Einheit. Und das gilt wiederum für jede der 5 Komponenten, keine davon ist eine echte Einheit, sondern sie ähneln vielmehr Prozessen. Das ist einfach verifizierbar, wenn man mal den Gedankenstrom beobachtet. Da tauchen neue Gedanken auf, alte gehen weg, oft sind Gedanken gar nicht richtig ausformuliert. Es gibt in diesem Sinne keinen "Verstand", also kein viertes Skandha, es gibt lediglich einen Strom von Gedanken. Das vierte Skandha ist folglich "leer" von unabhängiger Existenz. Oder anders ausgedrückt: Es ist nur als Idee in unserm Kopf vorhanden, nämlich als Idee eines "Verstandes", aber bei genauer Betrachtung ist diese Idee gar nicht real, bloss eine Illusion. Das heisst NICHT, dass es keine Gedanken gäbe, es heisst also nicht, dass Gedanken nicht-existent seien, sondern es heisst, dass es einen Verstand bzw. ein viertes Skandha als hermetisch abgeschlossene Einheit nicht gibt. Und das gilt eben für alle Skandhas.

Maya als "Illusion" darf also nicht verstanden werden im Sinne, dass es die Welt gar nicht gäbe. Sondern es muss so aufgefasst werden, dass es "irgendetwas" gibt, aber wir eine falsche Vorstellung darüber hegen, woraus das "Irgendetwas" seinem Wesen nach besteht. Tatsächlich wissen wir gar nicht richtig oder können gar nicht richtig bestimmen, was dieses "Irgendwas" wirklich ist.

Ich möchte nun versuchen, auf deinen Beitrag einzugehen. Wenn Ramana Maharshi meint, dass kein Ich auffindbar sei, und das Selbst verwirklicht werden solle, so kann ich das nur religiös interpretieren. Denn dieses Selbst ist für mich nichts anderes als ein Ausdruck für Gott. Und es ist davon auszugehen, dass RM genau so in seinem religiösen Fanatismus gefangen war, wie die meisten Yogis. Und wir sollten uns von der Vorstellung einer Gottheit lösen. Das ist Glauben, aber kein Wissen.

Ich stimme nicht mit dir überein, wenn du meinst, die 5 Daseinsgruppen sind zusammengesetzt und ergeben keine Einheit. Für mich ergeben die 5 Daseinsgruppen sehr wohl eine Einheit und zwar sogar eine sehr geniale Einheit. Ich kann dir auch nicht zustimmen, wenn du meinst, wir hätten keinen Verstand. Selbstverständlich haben wir ein Gehirn (Verstand), das im allgemeinen wunderbar arbeitet, auch wenn wir nicht im Detail verstehen, wie das Gehirn arbeitet, wie z.B. Gedanken entstehen und vergehen, wie das Gehirn mit der Gefühlsebene zusammen arbeitet, wie Wahrnehmung geschieht oder Bewusstsein sich entwickelt.

Du sagst, die 4. Wahrnehmungsebene, die Geistformationsgruppe, sei für dich leer. Dann müsste man sich einmal anschauen, wie diese Wahrnehmungsebene arbeitet. Ich stelle mir unter der Wahrnehmungsebene ein sehr kompliziertes Gebilde dar, aus gespeicherter Erfahrung, aus gespeicherter Information, mit wahrscheinlich Milliarden von synaptischen Verbindungen, die versuchen, das Geschehen irgendwie einzuordnen. Dahinter stehen Milliarden von Molekülverbindungen, die im Gehirn vorhanden sind, die alle diese unendlich vielen Informationen beinhalten. Ob man da wirklich von Leere sprechen kann?

Mag sein, dass eine Idee nicht real, nicht als materielles Element, vorhanden ist, und nichts anderes als eine Illusion ist. Hinter dieser Idee aber steht das Gehirn und das ist sehr wohl vorhanden. Und damit existiert für mich auch das 4. Skandha, die Wahrnehmungsebene. Und selbstverständlich existieren auch alle anderen Wahrnehmungsebenen. Am einfachsten kann man dieses noch für die Gefühlsebene nachvollziehen. Gefühle sind letzten Endes auch nichts anderes als physiologische, ich nenne es einmal, Erscheinungsformen. Aber auch die Bewusstseinsebene ist doch etwas halbwegs Reales, obwohl ich darauf jetzt nicht eingehen möchte.
 
Kinnaree schrieb:
Opti. :liebe1: Es ist so schön, wie du dich wehrst - aber schau mal:

Ich habe dich gebeten, diese Gleichung nichtexistent=leer von deiner persönlichen Festplatte zu löschen, und ich weiß, warum ich das tue. Ich bin eine Kochlöffelbuddhistin, wenn du verstehst, was ich meine - bei mir muß das, was ein Lehrer mir erzählt, praktisch nachvollziehbar sein, sonst kann ich damit nix anfangen. (Damit hab ich schon einst meine Mathematikerin im Gymnasium in den Wahnsinn getrieben - mit der Frage "und was gibt ma des in da Praxis?") Also kannst du davon ausgehen, was immer ich zum Thema sage, sage ich deshalb, weil ich mich selbst damit auseinander und dann wieder zusammengesetzt habe.

Also. Ich sage nicht und nirgends, daß man im ständigen Werden und Vergehen kein Ich finden kann, (und ich werde es auch nie sagen, denn es ist nicht wahr) - ich sage, daß man es NUR im ständigen Werden und Vergehen finden kann - denn es IST selbst ständiges Werden und Vergehen. ICH ist kein Zustand, sondern ein Prozeß - und selbstverständlich vorhanden. Das lehrt auch Buddha, er wehrt sich nur vehement (und für die Zeit, in der er lebte, durchaus revolutionär) dagegen, dieses Ich als einen unveränderlichen Fixpunkt zu sehen. Was dir jeder Psychologe bestätigen wird - dein Ich ist ein von vielen Faktoren abhängiger ständiger Prozeß und als solcher selbstverständlich vorhanden!

Also. Das eigentlich Geniale an dem, was Buddha lehrt, siehst du, wenn du noch einen Schritt weiter gehst. Vielleicht schaff ichs, die Worte dafür zu finden. Wir wissen schon aus der Schulzeit, aus wie vielen verschiedenen Faktoren (ich nenn das jetzt einmal so) wir bestehen. Du kannst auch Bausteine sagen. Alle diese körperlichen und geistigen und seelischen Bausteine, materiell und nichtmateriell, bilden zusammen unser ICH. Wenn du aber jetzt jeden Baustein einzeln anschaust, wirst du in keinem davon dieses Ich finden - na sicher net, das ist ja eine Binsenweisheit, Buddha erzählt ja da nix Neues, und das ist ja noch nicht der Kern der Sache. Wenn ich jetzt aber weiß, jeder dieser Bausteine ist in sich ein Prozeß, veränderlich, im Fluß - und alle diese Bausteine zusammen ergeben eine komplexe Persönlichkeit, dann ist die ja auch ein Prozeß, veränderlich, im Fluß - was also IST denn dann dieses Ich, dessen Existenz wir ja gar nicht leugnen können, weil sie ja evident ist, und die auch Buddha nie geleugnet hat, weil er das ja erkannt hat - was IST es denn nun?

Dieses Ich ist der Zusammenhang von allen seinen einzelnen Faktoren. Es ist der ZUSAMMENHANG, der ist da und wird da sein und kann nicht geboren werden und kann nicht sterben - die einzelnen Faktoren werden sich verändern und damit wird sich auch der Zusammenhang verändern, aber er wird immer noch da sein, immer. Von Augenblick zu Augenblick. Darauf können wir uns verlassen --- :)

Naja. ich hab mich bemüht, was ich erfahren und erlebt habe, in Worte zu fassen. Es werden Worte bleiben, wenn ihnen kein Erleben gegeben wird.

Im Grunde genommen stimmen unsere Aussagen doch überein. Du bestreitest dieses Ich ja eigentlich genau so wenig wie ich. Du sagst ja "dein Ich ist ein von vielen Faktoren abhängiger ständiger Prozeß und als solcher selbstverständlich vorhanden!". Das findet meine Zustimmung. Ebenso findet deine Aussage "... was also IST denn dann dieses Ich, dessen Existenz wir ja gar nicht leugnen können..." meine Zustimmung. Die Existenz des Ichs wird aber von anderen bestritten.

Es gibt allerdings einen Punkt, in dem ich nicht mit dir überein stimme. Und zwar dort, wo du dich auf religiöse Gleise begibst: "... der ist da und wird da sein und kann nicht geboren werden und kann nicht sterben...". Das riecht mir nach Reinkarnation. Und deshalb mache ich mich lieber aus dem Staub.
 
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opti schrieb:
Es gibt allerdings einen Punkt, in dem ich nicht mit dir überein stimme. Und zwar dort, wo du dich auf religiöse Gleise begibst: "... der ist da und wird da sein und kann nicht geboren werden und kann nicht sterben...". Das riecht mir nach Reinkarnation. Und deshalb mache ich mich lieber aus dem Staub.
Nix religiös. Es ist nämlich (und vor allem mir) völlig wurscht, wie man das interpretiert. Ein Zusammenhang wird nicht geboren, er ist da. (Ein Auto ist auch ein Zusammenhang vieler Einzelteile - und wird doch kaum je wiedergeboren :banane: )

Interessant ist in diesem Zusammenhang doch auch, daß Buddha in dieser Frage Formulierungen wählt, die völlig offen bleiben für jede Interpretation. Für jede. Denn ein wahrer Lehrer stellt keine Dogmen auf (das erledigen dann schon seine Schüler...)

Das ist doch das Geniale an diesem 2500 Jahre alten Typen - du MUSST nicht an Reinkarnation glauben, um mit seinen Worten etwas anfangen zu können. Ob ich selbst nun eher der einen oder anderen Auffassung zuneige, spielt auch gar keine Rolle.

Also. Völlig unreligiös - fern von allen Dogmen ist es eine Tatsache, daß es immer irgendeine Art von Zusammenhang einzelner Faktoren geben wird - und in Verbindung mit einem entsprechenden Bewußtsein wird sich dieser Prozeß selbst als "ich" erleben. Und deshalb vorhanden sein, unleugbar. Buddha selbst sagte aber seinen Schülern unmißverständlich, die Persönlichkeit, die jetzt im Augenblick bestehe, werde sich mit dem Tod auflösen - nona, kann ich da nur sagen. Nur, sie löst sich ja auch im Leben ununterbrochen auf - und setzt sich neu zusammen... (Über die Frage, WAS es denn nun eigentlich sei, das wiedergeboren werde, kannst du dich mit buddhistischen Lehrern monatelang in philosophische Spitzfindigkeiten verlieren...)

Die Ansicht, daß es sich bei diesem ominösen ICH um einen Prozeß handelt, findest du auch bei fckw:
keine davon ist eine echte Einheit, sondern sie ähneln vielmehr Prozessen
Ihr beide müßtet nur noch klären, wie ihr ECHTE Einheit definiert - ich halte diesen Unterschied für eine reine Definitionsfrage. Denn auch du sagst ja inzwischen, daß die einzelnen Faktoren sich verändern, kontinuierlich.

Wie auch immer, sag was du willst zu mir, aber nicht "religiös" brrrrrrrrr*schüttelschauder* :)
 
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