Hier noch einmal der Text:
Indem wir klar verstehen, daß keine absolute Esszenz vorhanden ist, auf die shunyata hinweist, erkennen wir, wenn shunyata als unausdrückbar, unvorstellbar, und bar jeder Bezeichnung beschrieben wird, daß dies nicht impliziert, daß es da ein Ding gäbe, das diese Bezeichnungen als Charakteristiken besitzt. Shunyata ist insubstantiell und unerkennbar. Insubstantialität bedeutet nicht "Nicht-Existenz", sondern lediglich die Verneinung, daß die Dinge aus sich selbst heraus wirklich sind. Daher meint Unerkennbarkeit auch nicht einen Zustand der Unbewußtheit; sondern es dient dazu, die Tendenz einzudämmen, die Phänomene durch Konzeptualisation zu verdinglichen. Daher ist shunyata selber leer sowohl im ontologischen wie im epistemologischen Sinne. Sie ist leer eines jeden selbst-genügenden Seins, und sie ist jenseits beider Charakterisierungen "leer" und "nicht-leer". Nur wenn wir beide Seiten im Sinn behalten, können wir sehen, wie Nagarjuna die "Leerheit der phänomenalen Welt" mit der "Leerheit jedweder absuluten Entität oder Annahme" in Beziehung setzt.
Ich habe mir den Text zum wiederholten Male durchgelesen, wurde aber nicht schlau daraus. Dann aber kam mir die Idee, Shunyata durch Gott zu ersetzen. Man kennt ja die Versuche, die Existenz Gottes, die ja eigentlich nicht nachweisbar ist, durch die Hintertür einzuführen. Und dabei kommen dann offensichtlich solche verdrehten Texte heraus. Jedenfalls ergibt der Text dann wieder einen Sinn. Ich will's mal versuchen:
Indem wir klar verstehen, dass keine absolute Essenz vorhanden ist (dass wir Gott nicht als Essenz auffassen sollten), sollten wir erkennen, dass wir uns Gott als unausdrückbar, unvorstellbar, und bar jeder Bezeichnung vorstellen sollten. Dies impliziert aber nicht, daß es da ein Ding (ein Etwas, etwas Göttliches) geben könnte, das diese Bezeichnungen als Charakteristik besitzt.
Gott ist insubstantiell (immateriell, substanzlos) und (für uns Menschen) unerkennbar. Insubstantialität bedeutet nicht "Nicht-Existenz", sondern lediglich die Verneinung, daß die Dinge aus sich selbst heraus wirklich sind. Damit soll gesagt werden, dass Gott zwar nicht Nicht-Existent ist, dass also ein Gott existiert, dass die Dinge aus sich selbst heraus (ohne Gott) aber nicht existieren können.
Daher meint Unerkennbarkeit auch nicht einen Zustand der Unbewußtheit; sondern es dient dazu, die Tendenz einzudämmen, die Phänomene durch Konzeptualisation zu verdinglichen. Unter diesem Satz verstehe ich, dass es nicht auf unsere Unbewusstheit zurückzuführen ist, wenn wir Gott nicht erkennen können, dass wir aber von der Tendenz ablassen sollten, Gott in irgendein Konzept zu pressen und ihn zu verdinglichen (zu vermenschlichen).
Daher ist shunyata (Gott) selber leer sowohl im ontologischen (im Sinne von Sein - Sein materiell verstanden) wie im epistemologischen (erkenntnistheoretischen, philosophischen) Sinne. Gott ist leer eines jeden selbst-genügenden Seins und jenseits beider Charakterisierungen "leer" und "nicht-leer".
Nur wenn wir beide Seiten im Sinn behalten, können wir sehen, wie Nagarjuna die "Leerheit der phänomenalen Welt" mit der "Leerheit jedweder absoluten Entität oder Annahme" in Beziehung setzt. Hier geht es wohl um die beiden gegensätzlichen Auffassungen des Ostens und des Westens. Der Westen ist materiell orientiert, also im Sein (Leerheit der phänomenalen Welt) und der Osten (die buddhistische Welt) ist religiös orientiert (Leerheit jedweder absoluten Entität oder Annahme), die man nun versucht, miteinander in Beziehung zu bringen.