Wieso hat man Emotionen?

HeiligerGeist

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Wenn das Ich und das Bewusstsein doch angeblich nur aus Körper und Hirnmasse bestehen, weshalb haben wir dann Emotionen? Könnten wir auch ohne Emotionen und Gefühle überleben?

Ich weiss ja nicht, wies bei euch aussieht, aber ich habe manchmal unbeschreiblich krasse und skurrile Gefühle, meistens nicht so starke, ich würde sie eher als Andeutung oder Schatten der richtigen Gefühle bezeichnen. (Die Liebe ist nur eines von tausenden (unbeschreiblichen) Gefühlen :) )

Stellt euch vor ihr habt eine Farbpalette und jede neue Farbkreation ist ein neues Gefühl, also 256^3 Möglichkeiten. Von wegen es gäbe nur Hass, Liebe, Trauer und Angst...

Die Frage ist nun, ob das eine unbeabsichtigte Nebenerscheinung der Evolution ist (Oder hat sich die Evolution selbst in den Arsch getreten, in dem sie bei uns Gefühle hervorbrachte, sodass wir uns nun bewusst gegen die Evolution entscheiden können/könnten?).
Mich würden natürlich auch weitere Meinungen über dieses Thema sehr interessieren.

LG,
Heiliger Geist
 
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wieso nicht? Insekten leben doch auch, ohne dass sie Gefühle haben sondern nur Reizempfindungen...

Über das Insektsein ist Deine Seele schon längst hinaus. Die Evolution macht für gewöhnlich keine 3-fachen Saltos rückwärts. Du hast einen Emotionalkörper, um darin alle Facetten Deiner Emotionen zu erfahren.
 
Über das Insektsein ist Deine Seele schon längst hinaus. Die Evolution macht für gewöhnlich keine 3-fachen Saltos rückwärts. Du hast einen Emotionalkörper, um darin alle Facetten Deiner Emotionen zu erfahren.

Und was ist deiner Meinung nach der Sinn des Besitzes aller Facetten der Emotionen? Besseres Überleben?
 
Hallo HeiligerGeist,

erstens: Die Frage, ob wir auch ohne Emotionen überleben könnten, ist nicht ganz einfach zu beantworten.
Evolutionär haben die nämlich durchaus ihre Berechtigung.

So kann man durch die "Fight-or-Flight"-Mechanismen im Gehirn sehr einfach den Ursprung von Angst und Aggression erklären - in manchen Fällen ist eine gesunde Portion Angst einfach überlebensnotwendig. Sie unterdrückt dein rationales Denken und macht dich nur noch reagieren - instinktiv. Du rennst einfach davon, ohne zu überlegen: "Soll ich, soll ich nicht?". Ausgehen tut diese Emotion aus den Amygdalae bzw. dem limbischen System.

Aggression, die ursächlich viel mit Testosteron und Adrenalin, aber auch mit dem Serotoninspiegel zu tun hat, hat ebenfalls ihre Berechtigung. Auch hier wird wieder dein rationales Denken unterdrückt, um dich schnell und instinktiv reagieren zu lassen. Du schlägst zu, ohne zu überlegen. Das hat schon so seinen Sinn.
Die Amygdalae (Regionen im Gehirn) sind sehr wichtig für alle Emotionen. Sie verwerten aufgenommene Informationen und "bewerten" sie emotional (=sagen, welche emotionale Reaktion jetzt angemessen ist).

Auch die emotionale Herkunft von Glück kann man sehr einfach erklären: Das geht großteils vom Neurotransmitter Dopamin (und tlw. von Serotonin) aus. Die Ursache ist denkbar einfach - Glück ist ein Motivationsmacher. Etwas wissenschaftlicher ausgedrückt: Glücksgefühle erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass du eine gewisse Aktion wiederholen wirst. Nach und beim Essen wird Dopamin ausgeschüttet. Dein Körper sagt dir damit: "Das is gut, kannste gern wieder machen". Die Belohnung beim Sex funktioniert nach dem gleichen Prinzip.

Also: Es kommt auf die Frage an, was eine Emotion für dich ist. Die paar Emotionen, die ich gerade geschildert habe, sind sehr wichtig fürs Leben und Überleben, weil sie dein Verhalten maßgeblich beeinflussen, und zwar in einer Weise die deinem Überleben zuträglich ist. Allerdings muss man fairerweise sagen: Dass du die Emotionen bewusst wahrnimmst, nämlich als Gefühl (also Glück als subjektives Glück wahrnimmst und nicht nur als einfaches Signal: "Bitte wiederholen", oder Angst als subjektive Angst wahrnimmst und nicht nur als einfaches Signal: "Jetzt bitte Puls erhöhen, Nor-/Adrenalin ausschütten, Pupillen verengen, und weglaufen"), das ist ein Nebenprodukt deines wohl entwickelten Gehirns und eigentlich nicht zum Überleben notwendig. Also: Emotionen sind lebensnotwendig, Gefühle nicht.

Kurze Erklärung: Emotionen definieren sich einfach als die Veränderung von diversen Prozessen in deinem Körper (Aktivierung versch. Hirnareale, Ausschüttung von Neurotransmitter/Hormonen, Aktivierung sympathischer Systeme, Veränderung des Pulses etc). Ein Gefühl hingegen ist die Manifestierung dieser Emotion in deinem Bewusstsein - das, was du dann subjektiv als Angst, Freude, Wut wahrnimmst.
Die Forschung in diesem Gebiet ist extrem komplex und nicht sehr weit fortgeschritten. Es gibt unter den Forschern zwei größere Theorien: Nämlich dass die Emotion "von selbst", ohne dein kognitives Zutun als sofortige Reaktion auf die wahrgenommene Information entsteht, und dein Gefühl (z.B. die Angst) nur eine weitere konsequente Reaktion auf die physiologischen Veränderungen ist, die dein Gehirn registriert. Sähe ca so aus:
Information -> Verwertung -> Emotion (phys. Prozesse) -> Reaktion des Gehirns/Bewusstseins (oh! der Adrenalinspiegel ist hoch und dies und das aktiv. Ich sollte jetzt Angst empfinden!)

Die andere Theorie ist, dass zuerst das Gehirn die Situation bewertet und dann sagt: "Eigentlich sollte ich jetzt Angst empfinden", und DANN kommen die physiologischen Prozesse der Angst ins Spiel. Das sähe so aus:
Information -> Verwertung -> Bewertung (Gehirn merkt: Oh, sieht aus wie Information, in der ich Angst haben sollte!) -> Emotion (phys. Prozesse)
Wie gesagt, Forschung in diese Richtung ist nicht gerade einfach. Hoffe ich konnte dir etwas helfen.

P.S.: Du hast (korrekt) gesagt "ich habe tausend verschiedene Gefühle" - das ist normal. Die hat jeder, bedingt durch die Komplexität unseres Gehirns. Aber grenze diese Gefühle von Emotionen ab. Der Unterschied ist bei Fragen wie diesen sehr wichtig.
 
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