Etlichen Deiner Gedanken kann ich nicht mal mehr folgen. Ich gebe zu, da könnte teilweise auch alienesisch gesprochen werden, so fremdartig kommen mir die vor... Spätestens bei "Feindesliebe", wie sie von Christen propagiert wird, steige ich aus...
Das glaub ich dir, ohne die entsprechenden Erfahrungen und vor allem auch ein entsprechendes Verständnis der Erfahrungen, fehlt der Anknüpfungspunkt. Du könntest wahrscheinlich sogar einige der Erfahrungen gemacht haben, die da meinen Hintergrund bilden, hast sie aber anders gedeutet oder übersehen.
Für mich macht Feindesliebe total Sinn, weil sie meine wahre Natur bestätigt. Mein Selbst ist unangreifbar und daher ist Feindesliebe der natürliche Ausdruck dieses Selbst. Feindesliebe macht allerdings gar keinen Sinn, wenn man darin eine Methode sieht, die man anwenden kann, dann funktioniert es wahrscheinlich auch nicht.
Feindesliebe ist eine Folge aus der Selbsterkenntnis. Nur dann ist sie natürlich und hat überhaupt eine Chance sinnvoll gelebt zu werden. Wenn ich nur so tue als ob, weil ich darin einen moralisch ansprechenden Wert oder ein nachzueiferndes Ideal sehe, dann ist Feindesliebe bedeutungslos und vielleicht sogar schädlich, weil sie die Angst verdrängt, die ohne die Erkenntnis eben doch noch da ist. Dann lieber keine Feindesliebe und lieber ehrlich und authentisch etwas anderes.
Das Problematische an Gerechtigkeit, Ausgleich, Rache etc. ist, dass sie einen Menschen beeinträchtigen. Die Begründung dafür ist, dass ein anderer Mensch beeinträchtigt/angegriffen wurde. Indem wir Angriff als Handlungsmöglichkeit in Erwägung ziehen machen wir ihn überhaupt erst möglich. Darum steckt darin ein Teufelskreis.
Das heißt im Umkehrschluss nicht(!), dass wir einfach die ganzen Handlungen, die wir im Namen von Gerechtigkeit ausführen (Gerichtsverhandlungen, Verurteilungen, Gefängnisstrafen, Erziehungsmaßnahmen, Wiedergutmachung etc.) einfach unterlassen und dann wird alles gut. Da wissen wir alle, dass das nicht funktionieren wird. Hier gilt das gleiche wie oben geschrieben. Es geht nicht darum eine bestimme Handlung auszuführen und sich davon etwas zu versprechen, sondern eine innere Haltung, die auf Selbsterkenntnis und Erfahrung beruht, einzunehmen und erst diese Haltung führt dann Stück für Stück zu Handlungen und nur in dem Maße, wie diese Haltung eine gesellschaftliche Grundhaltung geworden ist, können wir auch über Änderung auf gesellschaflticher Ebene nachdenken.