Liebe Tini,
was meinst du genau mit wo ich im körper die resonanz spüre?
ich versuche dir zu erklären, was ich meine.
Stell dir vor, im Zentrum des Ganzen steht deine Nase. Ist ja irgendwie auch so. Die Nase ist neutral, weder gut noch schlecht. Sie ist in Ordnung, wie sie jetzt ist. Wir bewerten sie nicht.
Nun geht es los. An deinem rechten Ohr sitzt die Stimme namens Ästhetin. Sie beginnt leise, dir ins Ohr zu flüstern, dass deine Nase nicht ok ist. Erst nimmst du es kaum wahr, und es wird langsam lauter und lauter. Die Stimme breitet sich in deinem Kopf aus und wird zu einem Gedanken. Der wiederum breitet sich aus und es werden ganze Gedankenströme. Sie nehmen deinen ganzen Kopf ein. Die Ästhetin erzählt dir „mit der Nase kann man sicher etwas machen, dass sie schöner aussieht, sicher schöner anfühlt. Dass du zufriedener damit bist.“ Du machst dich auf die Suche nach Möglichkeiten, sammelst Informationen. Die Ästhetin ist total zufrieden mit dir. Je mehr Informationen du sammelst, umso ruhiger ist sie. „Du bist auf einem guten Weg“, sagt sie. Du hast einen Arzt gefunden, der dir helfen wird, dass deine Nase schöner aussieht und dir gefällt. Da kommt plötzlich die Stimme ins linke Ohr. „und was ist, wenn es schief geht?“ Leise schleicht sie sich ein, die Zweiflerin. Erst nur selten, denn die Ästhetin ist stärker und wettert dagegen. „Quatsch, alles wird gut werden. Der Arzt ist ein Experte auf dem Gebiet. Hast du die Bilder nicht gesehen, wie vielen Menschen er schon helfen konnte?“ Die Zweiflerin im rechten Ohr gibt nicht auf. Sie meldet sich öfter mal zu Wort. „Aber es gibt Risiken, die nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Was ist, wenn der Arzt einen schlechten Tag hat und es sieht hinterher schlimmer aus als jetzt?“ Die Ästhetin brüllt von rechts „Es ist die einzige Möglichkeit, dass die Nase toll aussieht, also wird es gemacht. Und wenn es nicht gut geht, dann ist der Arzt eben unfähig, dann müssen wir das akzeptieren. Basta!“
So geht es hin und her, das ist das, was in deinem Kopf losgeht und dich zu keiner Entscheidung führt. Es ist die Ästhetin gegen die Zweiflerin (nenn sie gerne anders, wenn du möchtest). Das kann einem den Schlaf rauben.
Wichtig ist jetzt zu begreifen, es findet alles im Kopf statt. Es sind die Egos, welche aneinander geraten. Die Nase ist da zweitrangig geworden. Sie sitzt immer noch in der Mitte deines Gesichtes, guckt rechts und links und fragt sich, „Was hat das alles mit mir zu tun? Ich bin doch in Ordnung, so wie ich bin.“
Aus so einer Situation heraus einen Entscheidung zu treffen ist nicht ratsam. Denn wer gewinnt von den beiden? Einer wird sich immer zu Wort melden. Gibst du der Ästhetin recht, dann wird die OP gelingen, alles fühlt sich toll an und die Zweiflerin ist besiegt … bis die Ästhetin sich etwas Neues sucht, was in Ordnung gebracht werden muss. Gibst du der Zweiflerin recht, dann sieht die Nase hinterher schlimmer aus als jetzt und die Zweiflerin sieht sich bestätigt. Aber was hat sie davon? Sie fühlt sich bestätigt und muss mit dem Ergebnis leben.
Am Ende wird nur einer gewinnen: und das ist der Arzt. Dem ist zum Einen deine Erwartungshaltung ihm gegenüber völlig egal, denn er ist versichert. Und er hat sein Bestes gegeben und sein Geld verdient.
Nun aber zum interessanteren Teil des Ganzen. Wie kommst du dahinter, was wirklich ist?
Durch deine Egos herrscht so eine Lautstärke in deinem Kopf, dass das Wirkliche nicht durchdringen kann. Wenn du die erlaubst, deine Gedanken zur Ruhe zu bringen, ganz still zu werden, dann kannst du es herausfinden.
Das bedeutet, nimm dir Zeit und Raum und konzentriere dich nicht auf die Gedanken, sondern auf deinen Körper. Atme tief ein in deinen Bauch und erlaube dir, ganz still zu werden. Achte auf deinen Bauch, lass die Gedanken ziehen. Das braucht Übung, vor allem, wenn die Egos wirklich sehr laut sind und schon viel Raum in deinem Kopf eingenommen haben.
Wenn du dir selbst die Ruhe erlaubst, wirst du feststellen, dass sich in deinem Bauch erst einmal gar nichts rührt. Überhaupt nichts. Er ist ruhig. Du wirst merken, dass die Gedanken immer wieder versuchen, die Oberhand zu gewinnen. Echt nervig können sie sein. Beobachte sie einfach und dann lass sie ziehen.
Wenn du in der Ruhe angekommen bist (dazu beglückwünsche ich dich), kannst du mal fragen, welches Gefühl steckt hinter dem Thema „Nase“. Lade das Gefühl ein, sich zu zeigen. (nicht die Gedanken, es geht um das Gefühl). Vielleicht dauert es eine Weile, vielleicht merkst du Wiederstand in dir aufkommen. Vielleicht fängt der Bauch an, nervös zu werden. Atme einfach weiter und lass alles kommen, was da will. Irgendwann wird sich ein Gefühl melden, es kann das „ich-bin-nicht-perfekt-Gefühl“ sein, es kann das „niemand-liebt-mich-mit-meinem-Makel-Gefühl“ sein, was auch immer, du wirst es herausfinden.
Ich gehe davon aus, dass es mit mangelndem Selbstwert zu tun hat, auch Perfektionismus wäre möglich. Ein Mangelgefühl wird es sein. Dieses Gefühl ist der Kern deines Themas „Nase“. Diesen Kern kannst du nehmen, ihn erforschen und die Ursache dafür finden. Wenn du das getan hast, wird es dir leicht fallen, eine Entscheidung zum Thema OP zu fällen, denn dann fühlst du wirklich, was gut und richtig für dich ist.
Der Text ist sehr lang geworden. Ich hoffe, ich konnte dir Anregungen mit auf den Weg geben.
Alles Liebe für dich