Missbrauch bei spirituellen Lehrern

sam.sr. schrieb:
Besser hätte auch ich es nicht ausdrücken können :liebe1: außer vielleicht noch der kleine Nachsatz, daß es insgesamt vielleicht doch etwas mit der ´Leichtigkeit des Seins´ zu tun hat ?

Die unsichtbaren "Waffen" des Herrn sind in der Tat leicht und auch leicht zu bedienen und man wird auch wissen, wann und wo man sie einzusetzen hat und die geistige "Abwehrwaffe" ist wirkungsvoller und mächtiger als alle Materie :)
 
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Mushin schrieb:
Mich beschäftigt seit Längerem etwas anderes, was aber hierhinein gehört: nämlich die Frage der Bezahlung des Lehrers. Ausgangspunkt meiner gewissen Aversion waren die damals sehr überhöhten Preise bei T.H.; verstärkt wurde es, als ich von einer inzwischen verstorbenen Lehrerin erzählt bekommen habe, dass sie das Bezahltwerden strikt für alle spirituellen Lehrer abgelehnt hat. Den Aspekt der nötigen Kostenerstattung einmal beiseite gelassen (das ist sowieso selbstverständlich), entsteht folgende Frage für mich: Liegt in diesem "Arbeits-Geldverhältnis" nicht automatisch die Gefahr der Verselbstständigung des Lehrerstatus? In erster Linie vom Lehrer her gesehen, der natürlich wie alle Menschen sein Einkommen sichern will und sich daher "als Lehrer" (als!) konstituieren. So wird er z.B. kaum eigene Zweifel kundtun, ich meine: grundsätzliche Zweifel, die aufkommen können. Aber die Gefahr der Verselbstständigung des Lehrerstatus besteht auch von Seiten der Schüler, die ja für ihr Geld etwas haben, also eine spirituelle Entwicklung "bekommen" wollen - und daher Kritik und Gegenwehr unbemerkt einschränken. Vor allem aber treibt mich eine weitere Frage um: Kann so etwas Heiliges wie die spirituelle Ebene mit Geld verknüpft sein? So etwas Fundamentales - das jenseits aller kapitalistischen Verhältnisse liegt?
Zur fundamentalen Frage zuerst: Es ist schwer festzustellen, ob es überhaupt eine Spiritualität jenseits der herrschenden Verhältnisse gibt (sofern sie natürlich nicht oben auf irgendwelchen Säulen oder in versteckten Hütten in der Einsamkeit stattfindet). Es ist ein Bisschen wie die Frage, ob es eine Spiritualität jenseits der Körperlichkeit gibt: Wir werden es dereinst wissen, wenn wir unseren Körper (diesen muttergeborenen) abgelegt haben. Davor können wir natürlich über Erfahrungen, die eine Nicht-Körperlichkeit nahelegen (die wir jedoch wohl doch über das Medium eben dieses Körpers machen) spekulieren, aber ich halte diese inzwischen für unfruchtbar.

Ich habe bis Anfang letzten Jahres hauptsächlich von Übersetzungen gelebt, weil ich - so meine damalige Argumentation - nicht davon abhängig sein will, dass Menschen mein Produkt (Seminare & Events) kaufen. Dann habe ich zweierlei bemerkt: Erstens, dass ich mir selbst genügend vertrauen kann, dass ich nämlich durch Erfolg nicht zu korrumpieren bin. Eine andere Frage, die sich mir jetzt ganz anders stellt, da das Geld nicht so reinfließt, dass ich einige Dinge, die hier in der Gemeinschaft absolut notwendig wären, finanzieren kann: Nämlich, gebe ich den Menschen mehr von dem was sie wollen, oder bin ich immer noch 'rein in der Lehre' und mache nur, was ich für richtig, bzw. authentisch halte?
Eine schwierige Gratwanderungen; allerdings stellt sie sich derzeit wieder ein wenig anders, denn ich sehe nun wieder sehr viel deutlicher, welchen Weg ich gehen möchte. Und falls diese neue 'demokratische Spiritualität' nicht nachgefragt wird, werde ich eben wieder versuchen, in meinen alten Beruf als Übersetzer zurückzukehren.

Der andere Grund, weshalb ich vor anderthalb Jahren mit dem Übersetzen aufgehört habe, war der, dass ich erst wirklich kreativ werden kann, wenn ich Raum und Energie dafür habe, die spirituelle Arbeit weiterzuentwickeln. Und das hat die Zeit seither ja auch bewiesen: Ich habe einen Wandel durchgemacht, den ich in den 10 Jahren davor so nicht hätte machen können, und zwar, weil ich nicht durch meine täglichen 6 bis 8 Stunden Übersetzerarbeit an halbseidene Psychologietexte (meistens aus dem amerikanischen Kulturraum) abgelenkt meine ganze Aufmerksamkeit für lernen und lehren hatte.

Ja, es gibt die Gefahr der Verselbstständigung, Korrumpierbarkeit, die Bemühung, keinen Zweifel an sich aufkommen zu lassen und mit seinen Selbstzweifeln im geheimen Kämmerlein klarkommen, usw. usf., um das Produkt - das man ja als spiritueller Lehrer selber ist - nicht zu gefährden. Und interessanterweise: als einige Male versucht habe, dieses Thema bei anderen spirituellen Lehrern anzusprechen, wurde es gleich mit Spiri-Lingo glatt gebügelt und die Verletzlichkeiten und Zweifel konnten erst gar nicht aufkommen...

Das gleiche gilt ja für die ganze Missbrauchsdiskussion: Es ist wirklich ein verdammt dünner Ast, auf dem ich da hin- und herschwanke. Verletzlichkeit zu zeigen etc. ist nicht unbedingt gut fürs Produkt. Die Menschen gehen dann doch lieber zu denen, die Sicherheit ausstrahlen und ihre Zweifel geheim halten, wenn sie sie überhaupt zulassen. Das tut der Forschung am Spirituellen nicht gut, aber der nach Rettung dürstenden Seelen moderner Sucher natürlich sehr wohl.

In Liebe,
Mushin
Die in der Email aufgeworfenen Fragen sind sehr interessant. Wenn ich richtig informiert bin, ist es bei den Sufis Tradition, für ihre Leistung Geld zu nehmen. Ich habe mir auch lange hin- und herüberlegt, und ja natürlich, die Lebenskosten sollen einmal gedeckt sein. Aber darüberhinaus?

Ein wichtiger Punkt in meinen Augen ist aber eben auch, und das erkenne ich ganz konkret an mir selbst, meine eigenen inneren Widerstände, die ich ständig gegen einen Lehrer habe. Es ist eine gewisse Demütigung für mich als Schüler, Geld für so eine Dienstleistung zu geben, denn es heisst auch vor mir zuzugeben, dass ich noch längst nicht an dem Punkt angekommen bin, wo ich gerne hinmöchte (inwiefern das realistisch ist oder nicht, sei mal dahingestellt). Diese innere Demütigung halte ich für eine sehr wichtige Erfahrung, denn sie hilft mir als Schüler, mich freizumachen vom Stolz, alles selbst erreichen zu wollen. Hilfe anzunehmen - das ist unheimlich schwierig. Zuzugeben, dass man hilfsbedürftig ist, das geht an den Stolz. Wenn der Lehrer nun von mir eine Bezahlung einfordert, dann ist es ausgerechnet die äusserste Banalität der Angelegenheit, die mir hilft, mich mit diesem Stolz zu konfrontieren - denn anders käme ich, wie ich einfach in der Vergangeneit viele Male feststellen musste, kaum an den Punkt, wo ich an diesem Stolz auch mit mir arbeiten kann. Ich gebe also nicht in erster Linie Geld für den Lehrer, sondern ich gebe es, damit ich im Akt des Gebens mit mir selbst konfrontiert werde. Den Lehrer betrifft zumindest dieser Aspekt eigentlich gar nicht wirklich, ich benutze ihn als Schüler lediglich als Instrument um meine eigenen Gewohnheiten und mein Ego auszuhebeln.

Und ja, auf der Lehrerseite ist das eine extrem schwierige Gratwanderung. Er sieht ja auch, dass der Schüler ohne Hilfe nur zufällige Schritte macht. Darf er aber vom Schüler etwas verlangen, was dieser nicht will, dabei aber wissend, dass es für den Schüler notwendig ist, um ein höheres/tieferes Ziel zu erreichen? Denn, hat der Schüler dem Lehrer nicht eigentlich genau diesen Auftrag erteilt? Es ist ungefähr so, wie wenn eine Person von A nach B will. Das ist ihre Grundintention. Nun gibt es aber auf dem Weg eine Hängebrücke, die die Person nicht überqueren will. Da ihr die Erfahrung fehlt, glaubt sie oder will glauben, dass sie die Brücke nicht zu überqueren braucht. Der Lehrer, der (hoffentlich) einen besseren Überblick über die Sache hat, weiss aber, dass die Person nur nach B kommt, wenn sie die Brücke überquert. Hat er nun das Recht, vom Schüler genau das zu verlangen? Und, braucht sich der Schüler dem Lehrer in dieser Sache unterzuordnen? Das ist wirklich nicht einfach zu beantworten.
 
Mushin schrieb:
Mag gnatzig klingen, wenn ich nachfrage... aber vielleicht bis du es ja nicht gewöhnt, Butter bei die Fische zu tun, und hältst das deshalb für gnatzig und irritierend.
Ich halte so etwas für neugierig und denke mir: Da will es jemand wirklich wissen und interessiert sich für das was ich sage so sehr, dass er die Hintergründe kennen möchte.
Tja, so unterschiedlich kann man die Welt und Kommunikation sehen...

In Liebe,
Mushin

Bei unserer Unterhaltung zu einem deiner Beiträge - Geschichten auf einer deiner Websiten war aber von dem von mir fett markierten Teil nichts zu merken.

Manuela
 
Aleunam schrieb:
Bei unserer Unterhaltung zu einem deiner Beiträge - Geschichten auf einer deiner Websiten war aber von dem von mir fett markierten Teil nichts zu merken.

Manuela

Das sehe ich ein Wenig anders.
Aber du kannst ja einen Link hier platzieren, dann können die Leute hier - falls sie überhaupt daran interessiert sind - sich selber ein Urteil bilden.

In Liebe,
Mushin
 
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