Mahabharata

Mahabharata 1. Buch
Sambhava Parva des Adi Parva 81


Yayati und Devajani heiraten

Nach einiger Zeit begab sich die schöngesichtige Devajani wieder in jenen Wald, um sich zu vergnügen. Von Sarmishta und ihren tausend Mädchen begleitet, wanderte sie ungezwungen umher und war sehr glücklich, daß all diese Mädchen ihr aufwarteten. Mit leichtem Herzen tranken sie vom Honig der Blumen, naschten an mancher Frucht und verzehrten viele andere. Und wieder geschah es, daß König Yayati, der Sohn des Nahusha, müde und durstig von der Jagd, an diesen Ort kam. Der König erblickte Devajani, Sarmishta und all die anderen Mädchen mit himmlischen Ornamenten geziert und voll sinnlicher Mattigkeit wegen des süßen Honigs, den sie alle getrunken hatten.

Devajani mit dem lieblichen Lächeln und unerreicht in Schönheit und Antlitz lehnte entspannt inmitten der anderen, und Sarmishta massierte sanft ihre Füße. Bei dem Anblick sprach Yayati zu den Mädchen: „Oh liebenswerte Damen, ich möchte euch beide nach euren Namen und Eltern fragen. Es scheint, daß diese tausend Mädchen euch beiden dienen.“ Devajani antwortete dem Monarchen: „Hör auf mich, bester Mann. Wisse, ich bin die Tochter von Shukra, dem spirituellen Führer der Asuras. Diese Gefährtin ist meine Dienerin. Sie begleitet mich, wohin ich auch gehe. Sie ist Sarmishta, die Tochter des Asura Königs Vrishaparva.“

Da fragte Yayati: „Ich bin neugierig zu erfahren, warum deine Gefährtin mit den schönen Augenbrauen und dem reizenden Gesicht, die Tochter des Asura Königs, deine Dienerin ist?“ Devajani erwiderte: „Oh bester Mann, alles rührt vom Schicksal her. Wundere dich nicht weiter. Dein Aussehen und dein Auftreten lassen den König vermuten. Deine Rede ist angenehm und gleicht den Worten der Veden. Sag mir deinen Namen, woher du stammst und wessen Sohn du bist.“

Der Monarch sagte: „Während meines Brahmacharya Gelübdes traten die Veden in mein Ohr ein. Ich bin als Yayati bekannt, Sohn eines Königs und selbst König.“ Devajani erkundigte sich weiter: „Oh König, warum kamst du hierher? Willst du Lotusblüten sammeln oder angeln oder jagen?“ Und Yayati sprach: „Oh Liebenswerte, auf der Jagd nach Hirschen wurde ich durstig und suchte nach Wasser. Ich bin auch sehr müde. Ich erwarte nur euren Befehl, diesen Ort wieder zu verlassen.“ Doch Devajani sagte: „Wohl dir! Sei mein Freund und Ehemann! Mit meinen tausend Damen und Sarmishta erwarte ich deine Befehle.“

Als Yayati dies vernahm, meinte er: „Oh du Schöne, ich verdiene dich nicht. Du bist die Tochter von Shukra und stehst weit über mir. Dein Vater kann dich nicht einmal großen Königen übergeben.“ Doch Devajani meinte: „Brahmanen haben sich schon immer mit Kshatriyas und Kshatriyas mit Brahmanen vermischt. Du bist der Sohn eines Rishi und selbst ein Rishi. Daher, oh Sohn des Nahusha, heirate mich.“ Yayati erwiderte jedoch: „Oh du mit den schönen Gesichtszügen, es ist wahr, die vier Kasten stammen aus einem Körper. Doch in Reinheit und Pflichten sind sie nicht gleich. Die Brahmanen sind allen überlegen.“

Und Devajani: „Diese, meine Hand wurde niemals zuvor von einem Mann berührt außer von dir. Daher akzeptiere ich dich als meinen Herrn. Wie kann nur irgendein anderer Mann meine Hand berühren, die zuvor von dir selbst, einem Rishi, berührt wurde?“ Yayati sprach: „Die Weisen wissen, daß ein Brahmane mehr zu meiden ist, als eine wütende Giftschlange oder ein loderndes Feuer mit tanzenden Flammen.“ Da fragte Devajani: „Oh Bulle unter den Männern, warum sagst du, daß man einen Brahmanen meiden sollte, mehr als eine giftige Schlange oder ein brennendes Feuer?“

Der Monarch antwortete: „Die Schlange tötet nur einen. Auch die schärfste Waffe tötet nur einen. Aber ein wütender Brahmane kann ganze Städte und Königreiche vernichten. Deswegen, oh du Zarte, meine ich, daß man einem Brahmane mehr aus dem Weg gehen sollte, als allem anderen. Ich kann dich nicht heiraten, oh Liebenswürdige, es sei denn, dein Vater übergibt dich mir.“ Da sprach Devajani: „Ich habe dich gewählt. Es ist also ausgemacht, oh König, daß du mich akzeptierst, wenn mein Vater mich dir übergibt. Du brauchst keine Angst zu haben, mich Demütige anzunehmen, wenn ich dir übergeben werde. Denn du hast nicht um mich gebeten.“

Vaisampayana erzählte weiter:
Schnell schickte Devajani eine der Dienerinnen zu ihrem Vater, und das Mädchen erzählte ihm alles, was geschehen war. Sogleich begab sich Shukra in den Wald und erblickte Yayati, den Herrn der Erde, der sich tief vor ihm verneigte, den Brahmanen ehrte und mit gefalteten Händen seine Befehle erwartete. Zuerst ergriff Devajani das Wort: „Dies, oh Vater, ist der Sohn des Nahusha. Er nahm meine Hand, als ich in Not war. Ich verbeuge mich vor dir. Übergib mich ihm. Denn ich werde keinen anderen Mann auf dieser Welt heiraten.“

Sukra meinte dazu: „Oh du herrlicher und mutiger König, du wurdest tatsächlich von meiner lieben Tochter als Ehemann akzeptiert. Ich übergebe sie dir. Nimm sie als deine Gattin an, oh Sohn des Nahusha.“ Da sprach Yayati: „Ich flehe um den Segen, oh Brahmane, daß mich die Sünde der Vermischung der Kasten nicht berührt, wenn ich es tue.“ Da versicherte ihm Sukra: „Ich werde dich von dieser Sünde lossprechen. Fürchte nicht, sie zu heiraten. Ich gewähre dir Absolution. Versorge tugendhaft deine Gattin, die schlankhüftige Devajani. Ein Übermaß an Glück sei mit dir in ihrer Gesellschaft. Und diese andere Maid, Vrishaparvas Tochter Sarmishta, soll immer von dir geachtet werden. Doch du darfst sie niemals auf dein Lager rufen.“

Nach diesen Worten Shukras umschritt Yayati den Brahmanen. Dann durchlief der König die besonderen Zeremonien für eine Heirat gemäß den Shastren. Mit der hervorragenden Devajani empfing er von Sukra einen reichen Schatz nebst Sarmishta und zweitausend Dienerinnen. Von Shukra selbst und den Asuras geehrt, kehrte dieser beste Monarch anschließend mit freudigem Herzen in seine Hauptstadt zurück.
 
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Yayati und Sarmishta heiraten heimlich

Yayati kam in seine Stadt zurück, die der von Indra glich, betrat die inneren Gemächer und setzte seine Braut Devajani ein. Von ihr angewiesen ließ er für Sarmishta ein Wohnhaus in der Nähe des Asoka Hains im Garten des Königs errichten. Der König umgab Sarmishta mit tausend Dienerinnen und ehrte sie, indem er alles arrangierte, was ihr Essen und ihre Kleidung anbelangte. Doch es war Devajani, mit welcher der Sohn von Nahusha viele Jahre in Glück und Freude verbrachte wie ein Himmlischer.

Als ihre Zeit gekommen war, empfing die schöne Devajani und brachte als erstes Kind einen hübschen Jungen zur Welt. Doch nach tausend Jahren kam auch Vrishaparvas Tochter Sarmishta ins rechte Alter und begann nachzudenken: „Meine Zeit ist gekommen. Doch ich habe noch keinen Ehemann erwählt. Oh, was wird geschehen? Was soll ich tun? Wie kann ich zur Erfüllung meiner Wünsche gelangen? Devajani wurde bereits Mutter. Und meine Jugend ist dazu bestimmt, vergebens zu verrinnen. Soll ich ihn zum Gatten erwählen, den Devajani erwählte? Ja, das ist mein Entschluß! Der Monarch soll mir einen Sohn schenken. Wird der Tugendhafte mir ein Gespräch unter vier Augen gewähren?“

Vaisampayana fuhr fort:
Während Sarmishta so hin und her überlegte, wanderte der König lustlos im Asoka Hain umher und stand plötzlich schweigend vor Sarmishta. Da erkannte Sarmishta mit dem schönen Lächeln die Gelegenheit, trat vor den König, welcher ohne Begleitung oder Zeugen gekommen war, und sprach mit gefalteten Händen: „Oh Sohn des Nahusha, niemandem ist es erlaubt, die Damen zu sehen, die in den inneren Gemächern von Soma, Indra, Vishnu, Yama, Varuna und dir leben.

Du weißt, oh König, daß ich schön und wohlgeboren bin. Ich flehe dich an, oh König. Meine Zeit ist gekommen. Sorge dafür, daß sie nicht fruchtlos vergeht.“ Yayati antwortete: „Ich weiß wohl um die Ehre deiner Geburt, denn du stammst aus der stolzen Familie der Danavas. Und du bist mit Schönheit gesegnet. Ich sehe wahrlich keinen einzigen Makel an deinen Gliedern. Doch Sukra befahl mir während der Heirat mit Devajani, daß die Tochter Vrishaparvas niemals mein Bett teilen sollte.“

Da erwiderte Sarmishta: „Es wird gesagt, oh König, daß eine Lüge nicht sündig ist,
wenn man im Scherz spricht,
sich an einer Frau erfreuen will,
die Gelegenheit zu einer Heirat besteht,
der Gefahr des unmittelbaren Todes ausweichen oder
das gesamte Wohlergehen einer Person retten kann.
In diesen fünf Fällen ist eine Lüge verzeihbar.

Oh König, es ist falsch, daß derjenige als gefallen gilt, der nicht immer die Wahrheit sagt, wenn er gefragt wird. (Dutt: Nur die Lüge ist Sünde, die einer schädlichen Sache gilt.) Sowohl Devajani als auch ich wurden als Gefährtinnen hergerufen, um demselben Zweck zu dienen. Wenn du also gesagt haben solltest, daß du dich auf eine von uns beiden beschränkst, war das eine Lüge.“ Yayati sprach: „Ein König sollte in den Augen seines Volkes immer Vorbild sein. Der Monarch, der die Unwahrheit spricht, wird sicher Vernichtung erfahren.

Ich selbst wage es nicht, die Unwahrheit zu sprechen, auch wenn mich der größte Verlust bedroht.“ Sarmishta antwortete: „Oh Monarch, man schaut auf den Ehemann einer Freundin wie auf den eigenen. Die Heirat einer Freundin ist wie die eigene. Du wurdest von meiner Freundin zum Gatten erwählt. Daher bist du genauso mein Ehemann.“ Und Yayati erwiderte: „Es ist zweifellos mein Gelübde, daß ich gewähre, worum man mich bittet. Du hast eine Bitte, also sage mir, was ich für dich tun soll.“

Da sprach Sarmishta: „Oh König, rette mich vor Sünde. Beschütze meine Tugend. Laß mich die höchste Tugend in dieser Welt praktizieren, indem ich durch dich Mutter werde. Es wird gesagt, oh König, daß eine Ehefrau, ein Diener und ein Kind niemals Reichtum für sich selbst gewinnen können. Ihr Reichtum gehört immer demjenigen, dem sie angehören. Ich bin die Dienerin von Devajani. Und du bist Devajanis Herr und Meister. Also bist du genauso mein Herr und Meister. Ich flehe dich an, erfülle meine Wünsche.“

Nach diesen Worten war der Monarch überzeugt, daß alles, was sie gesagt hatte, richtig war. Daher ehrte er Sarmishta, indem er ihre Tugend beschützte. So verbrachten sie einige Zeit miteinander, nahmen dann zärtlich Abschied voneinander und gingen wieder ihre eigenen Wege. Und es geschah, daß die lieb lächelnde Sarmishta mit den schön geschwungenen Augenbrauen von dieser Verbindung mit dem König schwanger wurde. Und nach angemessener Zeit brachte die Lotusäugige einen Sohn zur Welt, der so herrlich war wie ein himmlisches Kind mit Augen wie Lotusblüten.
 
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Sambhava Parva des Adi Parva 83

Yayati wird von Shukra verflucht

Vaisampayana sprach:
Nun, oh Bharata, als die lieblich lächelnde Devajani von der Geburt dieses Sohnes erfuhr, wurde sie eifersüchtig, und Sarmishta wurde zum Objekt ihrer unfreundlichen Überlegungen. Devajani ging zu ihr und sprach zu Sarmishta: „Oh du mit den schönen Augenbrauen, welche Sünde hast du begangen indem du dich dem Einfluß der sinnlichen Begierde hingabst?“ Sarmishta erwiderte: „Ein gewisser Rishi mit tugendhafter Seele und völliger Achtung der Veden kam zu mir. Da er in der Lage ist, Segen zu gewähren, bat ich ihn um die Erfüllung meiner Wünsche, die auf tugendhaften Betrachtungen beruhen.

Oh du mit dem süßen Lächeln, ich würde niemals die sündige Erfüllung meines Begehrens suchen. Ich sage dir aufrichtig, daß dieses Kind von mir von diesem Rishi ist.“ Da sprach Devajani: „Wenn das so ist, ist es gut und richtig, oh du Sanfte. Doch wenn dir seine Abstammung, sein Name und seine Familie bekannt sind, dann möchte ich sie hören.“ Da antwortete Sarmishta: „Oh du mit dem liebevollen Lächeln, dieser Rishi ist an Askese und Energie so herrlich wie die Sonne. Als ich ihn sah, hatte ich keine Kraft, ihn danach zu fragen.“ Und Devajani meinte dazu: „Wenn das wahr ist, dann hast du dieses Kind wirklich von einem hohen Brahmanen empfangen, und ich, oh Sarmishta, habe keinen Grund für Zorn.“

Und Vaisampayana fuhr fort:
So sprachen und lachten sie miteinander und trennten sich wieder. Devajani kehrte beruhigt, über das, was Sarmishta ihr erzählt hatte, in den Palast zurück. Auf diese Weise, oh König, bekam Yayati mit Devajani zwei Söhne mit Namen Yadu und Turvasu, die wie Indra und Vishnu waren. Und Sarmishta, die Tochter von Vrishaparva, wurde im Laufe der Zeit Mutter von insgesamt drei Söhnen namens Drahyu, Anu und Puru.

Dann geschah es eines Tages, daß Devajani von Yayati begleitet zu einem einsamen Teil des Waldes spazierte und dort drei Kinder von himmlischer Schönheit vertrauensvoll spielen sah. Da sprach Devajani überrascht: „Wessen Kinder sind das, oh König, so hübsch und wie die Kinder der Himmlischen? In Pracht und Schönheit gleichen sie sehr dir, so meine ich.“ Ohne auf die Antwort des Königs zu warten, fragte sie die Kinder selbst: „Woher stammt ihr, Kinder? Wer ist euer Vater? Sagt es mir ehrlich, ich möchte es wissen.“

Da zeigten die Kinder auf den König und meinten, daß Sarmishta ihre Mutter wäre. Dann rannten die Kinder zum König und umfingen seine Knie. Doch der König wagte nicht, sie in Anwesenheit Devajanis zu umarmen. Da weinten die Kinder traurig und zogen sich zu ihrer Mutter zurück. Und der König errötete zutiefst über dieses Verhalten der Jungen. Als Devajani die Zuneigung der Jungen für den König beobachtete, erkannte sie das Geheimnis und sprach zu Sarmishta:

„Wie konntest du es wagen, mich so zu kränken, wo du von mir abhängst? Hast du keine Angst, wieder zu deinen asurischen Gepflogenheiten zurückzukehren?“ Doch Sarmishta entgegnete: „Oh du mit dem angenehmen Lächeln, alles, was ich dir über den Rishi gesagt habe, ist vollkommen wahr. Ich habe richtig gehandelt und bin den Regeln der Tugend gefolgt. Daher fürchte ich dich nicht. Als du dir den König zum Gatten erwählt hast, habe ich das auch getan. Oh du Schöne, der Ehemann einer Freundin ist nach altem Brauch wie der eigene Ehemann. Du bist die Tochter eines Brahmanen und verdienst dafür meine Verehrung und Wertschätzung. Doch weißt du nicht, daß dieser königliche Weise von mir noch höher geschätzt wird?“

Nach diesen Worten erklärte Devajani dem König Yayati: „Du, oh Monarch, hast mir Unrecht getan. Ich werde nicht länger hier bleiben.“ Schnell erhob sie sich mit Tränen in den Augen, um zu ihrem Vater zurückzukehren. Höchst alarmiert und kummervoll folgte Yayati jedem ihrer Schritte und versuchte, ihren Zorn zu mildern. Doch Devajani blieb bei ihrem Entschluß mit zornesroten Augen. Sie sprach kein Wort zum König, ihre Augen flossen vor Tränen über, und schon bald gelangte sie zu ihrem Vater Sukra.

Grüßend stand sie vor ihm, und auch Yayati, der ihr dicht auf gefolgt war, grüßte und ehrte den großen Brahmanen. Dann sprach Devajani: „Oh Vater, die Tugend wurde durch das Laster besiegt. Die Niederen haben sich erhoben, und die Hohen sind gefallen. Ich wurde von Sarmishta, der Tochter Vrishaparvas, verletzt. Sie hat mit diesem König Yayati drei Söhne bekommen. Doch ich, Glücklose, habe nur zwei Söhne, oh Vater.

Der König ist berühmt für sein Wissen um die Gebote der Tugend. Doch, oh Vater, ich sage dir, er ist vom Pfad der Rechtschaffenheit abgewichen.“ Als Sukra all dies vernommen hatte, sprach er zu Yayati: „Weil du Monarch, das Laster zu deiner geliebten Beschäftigung gemacht hast, obwohl du voll und ganz mit den Geboten der Tugend vertraut bist, soll dich gräßliche Altersschwäche lähmen!“ Yayati sprach daraufhin: „Oh du Verehrenswürdiger, ich wurde von der Tochter des Asura-Königs gebeten, sie zur rechten Zeit zu befruchten.

Ich tat es aus Gründen der Tugend und nicht aus anderen Motiven. Der Mann, der insgeheim von einer sehnenden Frau in ihrer fruchtbaren Phase darum gebeten wird, und ihren Wünschen nicht nachkommt, wird von den Veden Gelehrten als Mörder eines Embryo bezeichnet, oh Brahmane, und verliert an Tugend. Oh Sohn des Bhrigu, aus diesem Grund und weil ich unbedingt Sünde vermeiden wollte, ging ich zu Sarmishta.“ Da erwiderte Shukra: „Du bist von mir abhängig. Du hättest mein Wort abwarten sollen. Da du falsch in der Pflichterfüllung gehandelt hast, oh Sohn des Nahusha, bist du der Sünde des Diebstahls schuldig.“

Durch den Fluch des zornigen Rishi wurde Yayati sogleich seiner Jugend beraubt, und gräßliche Altersschwäche überkam ihn. Da sprach Yayati: „Oh Sohn des Bhrigu, ich habe mich noch nicht gesättigt an meiner Jugend oder an Devajani. Sei mir gnädig, oh Brahmane, und nimm das Alter von mir.“ Doch Sukra sprach: „Ich habe niemals die Unwahrheit gesprochen. Darum wirst du jetzt vom Alter geplagt, oh König. Doch wenn du willst, befähige ich dich, deine Altersschwäche an einen anderen zu übertragen.“

Yayati sagte: „Oh Brahmane, gib dein Einverständnis, daß der Sohn von mir, welcher mir seine Jugend gibt, sich an meinem Königreich erfreuen soll und sowohl Tugend als auch Ruhm erlangen wird.“ Shukra antwortete: „Oh Sohn des Nahusha, wenn du an mich denkst, kannst du dein Alter an jeden Gewünschten übertragen. Der Sohn, der dir seine Jugend gibt, soll dein Nachfolger auf dem Thon werden. Er soll auch ein langes Leben, großen Ruhm und reichlich Nachkommenschaft haben.“
 
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Sambhava Parva des Adi Parva 84


Puru übernimmt das Alter seines Vaters

Vaisampayana erzählte:
So kehrte Yayati alt und gebeugt in seine Hauptstadt zurück, rief seinen ältesten und fähigsten Sohn Yadu zu sich und sprach zu ihm: „Liebes Kind, durch den Fluch von Shukra überkamen mich Altersschwäche, Falten und weißes Haar. Doch ich bin noch nicht gesättigt an den Vergnügungen der Jugend. Übernimm du, Yadu, mein Alter und meine Schwäche. Ich werde mich an deiner Jugend erfreuen, und wenn tausend Jahre vorüber sind, werde ich dir deine Jugend wiedergeben und mein Alter zurücknehmen.“

Doch Yadu erwiderte: „Es gibt so viele Unannehmlichkeiten im Alter besonders beim Essen und Trinken. Ich werde deine Schwäche nicht übernehmen, oh König, das ist mein Entschluß.
Weißes Haupthaar, Freudlosigkeit, ein Nachlassen der Nerven, Falten am ganzen Körper, Mißbildungen, Schwäche der Glieder, Abmagerung, Unfähigkeit zur Arbeit, und sogar durch die Hand von Freunden und Gefährten droht die Niederlage - das sind die Konsequenzen von Altersschwäche. Ich möchte die deine nicht übernehmen, oh König. Du hast viele Söhne, welche dir lieber sind.

Und du bist vertraut mit den Regeln der Tugend. Frag einen anderen Sohn von dir, dein Alter zu tragen.“ Da sprach Yayati: „Du stammst aus meinem Herzen, oh Sohn, doch du gibst mir nicht deine Jugend. Dafür sollen deine Kinder niemals Könige sein!“ Dann richtete er sich an den nächsten Sohn: „Oh Turvasu, übernimm du meine Schwäche und mein Alter. Mit deiner Jugend, mein Sohn, möchte ich mich an den Vergnügungen des Lebens erfreuen. Und nach tausend Jahren tauschen wir wieder.“

Doch die Antwort von Turvasu lautete: „Ich mag Altersschwäche nicht, oh Vater. Sie zerstört allen Appetit und jede Freude, sowohl Stärke und Schönheit eines Menschen, seine Klugheit und sogar sein Leben.“ Und Yayati antwortete ihm: „Du kamst aus meinem Herzen, oh Sohn, doch du gibst mir nicht deine Jugend. Dafür, Turvasu, soll dein Geschlecht vergehen. Du Lump sollst König sein über die, deren Praxis und Gesetze unrein sind, bei denen Männer von niederem Blut Kinder zeugen mit Frauen von höherem Blut,
die von Fleisch leben und gemein sind,
die nicht zögern, sich den Frauen ihrer Vorgesetzten zu nähern,
die wie Vögel und Tiere leben, sündig sind und gottlos.“


Nachdem Yayati auch seinen zweiten Sohn von Devajani verflucht hatte, wandte er sich an Sarmishtas Sohn Drahyu: „Oh Drahyu, übernimm du für tausend Jahre mein Alter ohne alle Ausstrahlung und Schönheit und gib mir deine Jugend. Danach werde ich sie dir wiedergeben und mein leidiges Alter zurücknehmen.“ Dem antwortete Drahyu: „Oh König, ein alter Mann kann sich niemals an Elefanten und Wagen, Pferden und Frauen erfreuen. Sogar seine Stimme wird heiser und schwach. Daher möchte ich deine Altersschwäche nicht übernehmen.“

Und Yayati sprach zu ihm: „Du stammst aus meinem Herzen, oh Sohn, doch du weigerst dich, mir deine Jugend zu geben. Dafür werden sich deine heißbegehrten Wünsche niemals erfüllen. Du sollst ein König nur dem Namen nach sein in einer Gegend, wo es keine Straßen für Elefanten, Wagen und Pferde, keine Passage für Esel, Ziegen, gute Fahrzeuge, Stiere und Sänften gibt, und wo man nur mit Flößen oder schwimmend vorankommt. An solch einem Ort wirst du mit deinen Freunden leben.“

Als nächstes sprach er zu Anu: „Oh Anu, nimm du Alter und Schwäche von mir. Mit deiner Jugend werde ich die Freuden des Lebens für tausend Jahre genießen.“ Doch auch Anu weigerte sich: „Die Alten ernähren sich wie Kinder und sind immer unrein. Sie können nicht zur rechten Zeit die angemessenen Opfer für Agni darbringen. Nein, ich möchte deine Altersschwäche nicht haben.“ Da sprach Yayati zu ihm: „Du kamst aus meinem Herzen, oh Sohn, und gibst mir nicht deine Jugend. Du findest so viele Fehler am Alter. Dafür soll dich selbst das Alter überkommen. Deine Nachkommen, oh Anu, sollen sterben, bevor sie erwachsen werden. Und du sollst nicht in der Lage sein, Agni zu opfern.“

Zu guter Letzt wandte sich Yayati an seinen jüngsten Sohn Puru und fragte nun auch ihn: „Du, Puru, bist mein jüngstes Kind. Doch du sollst der Erste von allen sein. Altersschwäche, Falten und weißes Haar sind über mich gekommen wegen des Fluches von Shukra. Doch ich bin noch nicht gesättigt an den Freuden der Jugend. Oh Puru, übernimm mein Alter und die Schwäche. Dann genieße ich mit deiner Jugend die Vergnügungen des Lebens. Und wenn tausend Jahre vergangen sind, gebe ich dir deine Jugend zurück und nehme wieder mein Alter an.“

Demütig antwortete Puru: „Ich werde tun, worum du bittest, oh Monarch. Ich werde dir dein Alter und das Leiden abnehmen. Nimm du meine Jugend und erfreue dich an allen Behaglichkeiten dieses Lebens. Ich werde Alter und Schwachheit ertragen, dir meine Jugend geben und weiterleben, wie du es befiehlst.“ Da sprach Yayati: „Oh Puru, ich bin sehr zufrieden mit dir. Voller Freude sage ich dir, daß den Menschen in deinem Königreich all ihre Wünsche erfüllt werden.“ Danach dachte Yayati an den großen Asketen Shukra und übertrug sein Alter auf den Körper des hochbeseelten Puru.
 
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Sambhava Parva des Adi Parva 85


Yayati nimmt sein Alter zurück und Puru wird König

Nachdem der vorzügliche Monarch Yayati, Sohn des Nahusha, Purus Jugend empfangen hatte, wurde er sehr glücklich. Mit vollstem Verlangen und bis an die Grenzen seiner Kräfte stürzte er sich erneut in seine geliebten Beschäftigungen und erfuhr größtes Vergnügen in ihnen. Doch niemals handelte er gegen die Gebote der Tugend, wie es sich für ihn gehörte. Er stellte die Götter mit vielen Opfern zufrieden, führte Sraddhas für die Ahnen durch, erfreute die Armen durch Almosen, erfüllte die Wünsche der Brahmanen und die Bedürfnisse aller Menschen mit Essen und Trinken, wie es die Gastfreundschaft verlangte.

Er beschützte die Vaisyas (die Klasse der Landwirten und Kaufleuten) und war freundlich mit den Shudras (die Klasse der Dinner). Und die Verbrecher behandelte er mit angemessener Bestrafung. So erfreute der König alle seine Untertanen und beschützte sie tugendhaft wie ein zweiter Indra. Der Monarch verfügte über die Kräfte eines Löwen, war jung und besaß alles, was das Herz begehrte. So genoß er grenzenloses Vergnügen, ohne die Grenzen der Tugend zu überschreiten.

Nur, wenn er daran dachte, daß die tausend Jahre irgendwann vorüber sein würden, war er bedrückt. Da er mit den Mysterien der Zeit vertraut war, beobachtete er die Tage und Stunden genau, während er sich mit der himmlischen Nymphe Viswachi vergnügte. Mit ihr verbrachte er einige Zeit in Indras wunderschönem Garten, dann in Alaka (der Stadt Kuveras) und auch auf dem Berge Meru. Und als der Monarch wußte, daß die tausend Jahre vorüber waren, rief er seinen Sohn Puru zu sich und sprach zu ihm:

„Oh du Feindebezwinger, mit deiner Jugend habe ich die Freuden der Jahreszeiten in vollen Zügen und bis an die Grenzen meiner Kraft genossen, wie ich es begehrte.

Doch unsere Wünsche sterben niemals, wenn wir in ihnen schwelgen.
Tatsächlich lodern sie im Genuß nur noch höher auf, wie die Flammen, wenn Öl ins Opferfeuer gegossen wird.

Selbst wenn ein einziger Mensch alle Dinge auf Erden besäße,
allen Reis, alles Korn, Silber, Gold und alle Perlen, alle Tiere und Frauen,
er wäre doch nicht zufrieden.

Der Durst nach Vergnügen sollte daher aufgegeben werden.
Ja, wahre Freude erfahren diejenigen, welche ihren Durst nach den Dingen dieser Erde aufgegeben haben.
Dieser Durst ist schwer zu verbannen für die Gemeinen und Sündigen.
Er wird nicht schwächer, auch wenn das Leben verrinnt, und ist wahrlich eine verhängnisvolle Krankheit der Menschheit.

Diesem Durst zu entkommen, ist wahre Freude.
Mein Herz war für volle tausend Jahre den Objekten meiner Begierde zugetan.
Doch mein Durst nach ihnen ist nicht abgeklungen und wächst weiter Tag für Tag.
Ich werde ihn abwerfen und meinen Geist auf Brahma richten.

Ich werde den Rest meiner Tage mit den unschuldigen Rehen im Wald verbringen, friedlich und ohne den weltlichen Dingen anzuhängen. Mit dir, mein Puru, bin ich höchst zufrieden. Glück sei mit dir! Nimm nun wieder deine Jugend in Empfang mitsamt meinem Königreich. Denn du bist wahrlich der Sohn, der mir den größten aller Dienste erwiesen hat.“

Vaisampayana sprach:
So erhielt Yayati, der Sohn von Nahusha, sein Alter und Puru seine Jugend wieder. Dann wollte Yayati seinen jüngsten Sohn Puru auf den Thron setzen, doch die vier Klassen seiner Untertanen mitsamt den Brahmanen sprachen zum Monarchen: „Oh König, wie kannst du dein Königreich dem Puru übergeben und dabei deinen ältesten Sohn Yadu, den von Devajani geborenen Enkelsohn Shukras, übergehen? Yadu ist dein ältester Sohn, nach ihm wurde Turvasu geboren, und von Sarmishta kam zuerst Drahyu, dann Anu und dann erst Puru. Wie kann der jüngste den Thron verdienen, und alle älteren Brüder werden übergangen? Das fragen wir dich. Oh, halte dich an die Gebote der Gerechtigkeit.“

Yayati antwortete:
Hört, meine Untertanen, warum mein Königreich nicht meinem ältesten Sohn übergeben werden sollte. Mein ältester Sohn Yadu befolgte nicht meine Befehle. Die Weisen sagen, daß der kein Sohn ist, der die Worte des Vaters nicht achtet. Der Sohn jedoch, der die Bitten seiner Eltern erfüllt, demütig ist und mit ihnen liebenswürdig umgeht, ist der Beste der Söhne. Ich wurde von Yadu und Turvasu mißachtet, und auch von Drahyu und Anu. Allein Puru ist meinen Worten gefolgt. Nur von ihm wurde ich geachtet. Darum soll der Jüngste mein Thronfolger werden. Er nahm meine Altersschwäche auf sich.

Wahrlich, Puru ist mein Freund. Er tat, was ich wünschte. Und außerdem wurde es von Shukra selbst befohlen. Er sagte, daß der Sohn von mir, welcher mir gehorcht, nach mir König sein solle und die ganze Erde unter seine Herrschaft bringen würde. Daher bitte ich euch, laßt mich Puru auf den Thron setzten.

Da sprach das Volk: „Es ist wahr, oh König, daß der fähigste Sohn, der allseits um das Wohl seiner Eltern bemüht ist, das höchste Glück verdient, auch wenn er der jüngste ist. Puru hat dir Gutes getan und verdient daher den Thron. Und da Shukra selbst es so bestimmt hat, haben wir nichts mehr dagegen zu sagen.“
So übergab Yayati seinem Sohn Puru das Königreich. Dann führte er alle Initiationsriten für den Rückzug in den Wald durch und verließ bald darauf seine Hauptstadt, von Asketen und Brahmanen begleitet.

Die Söhne Yadus sind als Yadavas bekannt, während
die Söhne Turvasus Yavanas genannt werden.
Die Söhne von Drahyu sind die Bhojas und
die von Anu die Mlechas (die von Fleisch leben und gemein sind, die nicht zögern, sich den Frauen ihrer Vorgesetzten zu nähern,
die wie Vögel und Tiere leben, sündig sind und ohne transzendentales Vertrauen).

Die Nachfahren von Puru jedoch, sind die Pauravas, in deren Geschlecht auch du, oh Monarch, geboren wurdest, um mit beherrschten Leidenschaften für tausend Jahre zu regieren.
 
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Sambhava Parva des Adi Parva 86


Yayatis Aufstieg in den Himmel

Vaisampayana erzählte:
Nachdem König Yayati seinem lieben Sohn den Thron übergeben hatte, war er sehr glücklich und lebte das Leben eines Eremiten im Wald. So verbrachte er einige Zeit in Gesellschaft von Brahmanen, folgte vielen strengen Gelübden, ernährte sich von Früchten und Wurzeln, ertrug geduldig alle Arten von Entbehrungen und stieg letztendlich in den Himmel auf. Dort lebte er in Glückseligkeit. Doch schon bald wurde er von Indra wieder hinabgeworfen. Ich habe gehört, oh König, daß Yayati zwar aus dem Himmel fiel, doch er blieb am Firmament hängen, ohne den Boden zu erreichen. Und einige Zeit später stieg er wieder in die Gefilde der Himmlischen auf und wurde von Vasumanas, Ashtaka, Pratardana und Sivi begleitet.

Da sprach Janamejaya:
Ich möchte von dir alle Einzelheiten hören, warum Yayati zuerst die Erlaubnis erhielt, in den Himmel aufzusteigen, dann hinabgestoßen wurde und zuletzt wieder den Eintritt gewährt bekam. Erzähl uns dies alles, oh Brahmane, in Gegenwart all der anderen Rishis hier. Yayati, dieser Herr der Erde, glich wahrlich dem Herrn der Himmlischen. Der Begründer des großen Kuru Geschlechts hatte die Pracht der Sonne. Ich möchte die ganze Geschichte seines Lebens im Himmel und auf Erden hören, denn er war ruhmreich, weithin bekannt und hatte Wunderbares erreicht.

Vaisampayana antwortete:
Ja, ich werde dir die hervorragende Geschichte von Yayatis Großtaten im Himmel und auf Erden erzählen. Die Geschichte ist heilig und vernichtet alle Sünden, wenn man sie hört. Nun, König Yayati hatte also seinem jüngsten Sohn Puru das Königreich überlassen, nachdem er seinen anderen Söhnen ihre Bereiche zugewiesen hatte. Er selbst lebte fortan im Wald das Leben eines Einsiedlers. Mit Geist und Leidenschaften unter völliger Kontrolle stellte er die Götter und Ahnen mit Opfern zufrieden.

Er goß geklärte Butter den Riten gemäß ins heilige Feuer und befolgte die Vanaprasta Art des Lebens (als Waldeinsiedler). Der Ruhmreiche versorgte Gäste und Fremde mit den Früchten des Waldes und geklärter Butter, während er für sich selbst nur verstreute Getreidekörner sammelte. Dieses Leben führte der König für volle tausend Jahre. Er folgte einem Schweigegelübde und hatte seinen Geist unter vollständiger Kontrolle.

Auch verbrachte er ein ganzes Jahr, indem er nur von Luft lebte und ohne Schlaf auskam.
Das nächste Jahr lebte er inmitten von vier Feuern und die Sonne schien über ihm, während er die härteste Buße übte.
Nur die Luft war seine Nahrung, während er für sechs Monate aufrecht auf einem Bein stand.
Danach stieg der König der heiligen Taten in den Himmel auf und erfüllte sowohl den Himmel als auch die Erde (mit dem Ruhm seiner Taten).
 
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Sambhava Parva des Adi Parva 87


Der Rat Yayatis

Vaisampayana fuhr fort:
Während dieser König der Könige im Himmel, dem Heim der Götter, lebte, wurde er von Göttern, Sadhyas, Maruts und Vasus verehrt. Hin und wieder begab er sich sogar mit vollständig beherrschtem Geist und geheiligten Taten vom Reich der Himmlischen in die Sphäre Brahmaas (die höchste Stelle in einem materiellen Universum - die Stelle des ersten bedingten Lebewesen, der Schöpfer in der zweiten Teil der Schöpfung). Ich habe gehört, daß er sehr lange so lebte. Eines Tages ging der Beste der irdischen Könige, Yayati, zu Indra und wurde von ihm gefragt: „Was hast du gesagt, oh König, als dein Sohn Puru deine Altersschwäche übernahm und du ihm dein Königreich übergabst?“

Yayati antwortete:
Ich sagte zu ihm: Das Land zwischen den Flüssen Ganga und Yamuna gehört dir. Dies ist wahrlich der mittlere Bereich der Erde, während die außenliegenden Länder die Herrschaftsgebiete deiner Brüder sind. Ich sagte ihm auch, daß

die Zornlosen immer den Zornvollen überlegen sind,
wie die der Vergebung Zugeneigten über denen stehen, die keine Vergebung kennen.

Der Mensch steht über den niederen Tieren.
Unter den Menschen wiederum sind die Wissenden den Unwissenden überlegen.
Wenn dir Böses getan wird, räche dich nicht mit Bösem.

Wenn der Zorn in dir unbeachtet bleibt, verbrennt er dein Selbst.

Doch wenn er achtsam wahrgenommen wird, dann kann er nicht alle Tugend des Zornigen vernichten.
Du solltest niemals anderen Schmerzen durch grausame Reden zufügen.

Besiege niemals einen Feind durch verabscheuungswürdige Mittel.
Und sprich niemals solche bohrenden und sündigen Worte aus, die andere verletzen könnten.
Du mußt wissen, wer andere mit den Dornen von harten und grausamen Worten sticht, trägt in seinem Mund einen Rakshasa.
Bei dessen Anblick reißen Wohl und Glück sofort aus.

Du solltest dir immer die Tugendhaften als Vorbild nehmen.
Vergleiche zurückschauend deine Taten mit denen der Tugendhaften,
und achte niemals auf die rauhen Worte der Hinterhältigen.

Mach das Verhalten der Weisen zu deinem Ziel.
Der Mensch, der von den Pfeilen grausamer Rede von anderen Lippen verletzt wurde, weint Tag und Nacht,
denn sie stechen ihn mitten ins Herz. Daher streuen die Weisen niemals solche Reden aus.

Es gibt nichts in der Welt, mit dem du die Götter besser verehren kannst, als
mit Freundlichkeit, Freundschaft, Güte und lieben Worten für alle.
Daher solltest du immer Worte aussprechen, die beschwichtigen und keine, die brennen.

Achte jene, die deine Achtung verdienen.
Gib immer, doch bettle niemals.
 
Mahabharata 1. Buch
Sambhava Parva des Adi Parva 88


Indra wirft Yayati aus dem Himmel

Und noch eine Frage stellte Indra dem Yayati:
Oh König, nachdem du alle deine Pflichten erfüllt hattest, zogst du dich in den Wald zurück. Ich möchte dich fragen, oh Yayati, Sohn des Nahusha,
mit wem bist du an asketischer Enthaltsamkeit gleichzusetzen?

Und Yayati antwortete:
Oh Vasava, ich erblicke niemanden unter den Menschen, Himmlischen, Gandharvas oder großen Rishis, der mir an asketischem Verdienst gleicht.

Da sprach Indra:
Weil du, oh Monarch, die Höhergestellten, die Ebenbürtigen und sogar die unter dir Stehenden mißachtest, ohne ihre wirklichen Verdienste zu kennen,
sind deine Tugenden eben weniger geworden und du mußt aus dem Himmel fallen.

Und Yayati bat:
Oh König der Himmlischen, wenn meine Tugenden wirklich so gering geworden sind, daß ich deswegen aus dem Himmel falle, dann wünsche ich mir,
daß ich zumindest zu den Tugendhaften und Wahrhaften komme (Weil die Gemeinschaft einer einfärbt).

Und Indra gewährte dies:
Ja, oh König, du sollst zu den Tugendhaften und Weisen kommen und dort wieder viel Ruhm erlangen. Und nach dieser Erfahrung, oh Yayati,
wirst du nie mehr die mißachten, die über oder unter dir stehen, oder dir gleichen.

Da fiel Yayati aus den Gefilden der Himmlischen. Während er fiel, wurde er vom Besten der königlichen Weisen, von Ashtaka, dem Beschützer seiner Tugend, beobachtet.

Und Ashtaka fragte den Stürzenden:
Wer bist du, oh Jüngling, dem Indra gleich an Schönheit und dem lodernden Feuer an Glanz, der du aus der Höhe fällst?
Bist du dieser beste Himmelskörper, die Sonne, welche aus einer dunklen Wolkenbank heraustritt? Jeder, der dich aus dem Sonnenpfad stürzen sieht,
mit deiner unermeßlichen Energie und der Pracht von Feuer und Sonne, wundert sich oder wird ohnmächtig.

Wir sehen dich auf dem Pfad der Himmlischen, mit der Energie von Indra, Surya oder Vishnu, und treten vor dich hin, um die Wahrheit herauszufinden.
Wenn du uns als Erstes nach unseren Namen gefragt hättest, wären wir nicht der Unhöflichkeit schuldig geworden, dich zuerst zu fragen. Doch nun fragen wir dich:
Wer bist du? Und warum kommst du hierher? Hab keine Furcht. Laß Sorgen und Leid verstummen. Du bist nun unter Tugendhaften und Weisen.

Sogar Indra, der Vernichter von Vala, kann dir hier nichts tun. Oh du mit der heldenhaften Macht wie der König der Himmlischen,
die Weisen und Tugendhaften sind die Zuflucht ihrer kummerbeladenen Brüder.
Hier sind nur Weise und Tugendhafte versammelt. Daher bleib bei uns in Frieden. Wie das Feuer allein die Macht hat, Hitze auszusenden, die Erde allein die Macht hat,
dem Samen Leben einzuhauchen und die Sonne die Macht hat, alles zu erleuchten, so hat der Gast die Macht, über die Tugendhaften und Weisen zu verfügen.
 
Mahabharata 1. Buch
Sambhava Parva des Adi Parva 89 - I


Tugend, Schicksal, gegenwärtige Bemühungen

Yayati sprach:
Ich bin Yayati, Sohn des Nahusha und Vater von Puru. Weil ich die Wesen mißachtet habe, wurde ich der Gefilde der Himmlischen
und erfolgsgekrönten Rishis verwiesen und falle mit geschwundenem Verdienst hinab. An Jahren bin ich älter als ihr. Darum habe
ich euch nicht zuerst gegrüßt. Denn die Zweifachgeborenen achten immer den Älteren und den an Wissen und asketischem Verdienst Reicheren.

Ashtaka erwiderte:
Oh König, du sagst, daß der an Jahren Ältere der Achtung würdig ist. Doch es heißt, daß nur der wahrlich der Verehrung würdig ist,
der an Wissen und asketischem Verdienst höher steht.

Yayati meinte dazu:
Es wird gesagt, daß Sünde den Verdienst unserer tugendhaften Taten zerstört.
Auch die Eitelkeit enthält dieses Element, welches zur Hölle führt.
Die Tugendhaften folgen niemals den Sündhaften nach. Sie verhalten sich so, damit ihr religiöser Verdienst immer anwächst.

Ich selbst hatte großen religiösen Verdienst. Doch nun ist alles vergangen. Und ich werde ihn nicht gleich wiedererlangen, auch wenn ich
mich noch so anstrenge. Wer mein Schicksal betrachtet, wird sicher seiner Eitelkeit entsagen, wenn er wirklich an seinem eigenen Wohl
interessiert ist. Wer sich großen Wohlstand errungen hat und verdienstvolle Opfer durchführt, wer demütig bleibt, auch wenn er alle Arten
von Wissen erlangt hat, und wer die ganzen Veden studiert und sich der Askese mit einem von allen weltlichen Vergnügungen
abgewandten Herzen gewidmet hat, der geht in den Himmel ein.

Niemand sollte über seinen Reichtum jubeln. Niemand sollte eitel sein, der alle Veden studiert hat. Die Menschen haben verschiedene
Neigungen in der Welt. Das Schicksal ist das Bestimmende
. Eigensinnige Anstrengung dagegen ist kraft- und fruchtlos.

Die Weisen wissen um die Allmacht des Schicksals, und niemand sollte jubeln oder trauern, was immer sein Anteil sei.
Wenn die Wesen wissen, daß sowohl Wohl als auch Wehe vom Schicksal und nicht von ihrer eigensinnigen Kraft oder Anstrengung
in der Gegenwart abhängen, dann würden sie nicht trauern oder frohlocken, sondern sich daran erinnern, daß das Schicksal allmächtig ist.

Die Weisen sollten immer zufrieden sein, weder über Leid klagen, noch über Glück jubeln.
Wenn das Schicksal das Oberste ist, dann sind Leiden und Frohlocken überflüssig.

Oh Ashtaka, ich leide niemals unter Angst, noch widme ich mich der Trauer, denn ich bin mir sicher, daß ich in der Welt genau das bin,
wofür mich die große Seele (der große Ordner) bestimmt hat. Insekten, Würmer, alle eierlegenden Wesen, die Pflanzen, alle Kriechtiere,
Ungeziefer, die Fische im Wasser, Steine, Gras, Wälder, faktisch alle geschaffenen Wesen sind mit der Hohen Seele vereint,
wenn sie von den Wirkungen ihrer Taten befreit sind. Glück und Leid sind vergänglich. Warum also, oh Ashtaka, sollte ich trauern?
Wir können niemals wissen, wie wir handeln sollten, um Elend zu vermeiden. Darum sollte man nicht über Elend weinen.
 
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Mahabharata 1. Buch
Sambhava Parva des Adi Parva 89 - II

Yayati und die himmlische Bereiche

Erneut bat Ashtaka König Yayati, seinen tugendhaften, noch am Himmel verweilenden Großvater mütterlicherseits, zu ihm zu sprechen:
Oh König der Könige, erzähl mir genau von den Bereichen, die du im Himmel besucht und an denen du dich erfreut hast, und auch
wie lange du dort verweiltest. Du sprichst über die Tugend wie ein kluger Meister, der mit den Taten und Worten der großen Wesen vertraut ist.

Und Yayati antwortete:
Ich war ein großer König auf Erden und herrschte über die ganze Welt als mein Königreich. Durch die Kraft tugendhaften Verdienstes gelangte
ich nach dem Verlassen der Erde in viele hohe Bereiche. In ihnen lebte ich für volle tausend Jahre, und erreichte dann einen noch höheren
Bereich, welcher das Heim von Indra (alias Jehova oder Zeus) ist. Er mißt hundert Yojanas in alle Richtungen, ist wunderschön und hat tausend Tore.

Auch dort lebte ich tausend Jahre und kam dann noch höher. Dies ist der Bereich von vollkommener Schönheit, indem es keinen Verfall gibt.
Es ist das Gefilde des Schöpfers (das erste Lebewesen in einem Universum - Brahmaa) und Herrn der Erde, welches so schwer zu erreichen ist.
Auch dort lebte ich für tausend Jahre und kam danach in eine viel höhere Region, nämlich die vom Gott der Götter (Shiva), wo ich in Glückseligkeit
verweilte. Ja, ich habe in verschiedenen Bereichen gelebt, wurde von den Himmlischen geehrt, und besaß Macht und Herrlichkeit, welche den Himmlischen glich.

Ich konnte jede beliebige Gestalt annehmen und lebte für hunderte Ayutas (1 Ayuta = 10.000) an Jahren im Garten Nandana, vergnügte mich mit
den Apsaras und genoß den Anblick zahlloser, wunderschöner Bäume, die in ein Blütenmeer gehüllt waren und köstliche Düfte verbreiteten.
Nachdem viele, viele Jahre vergangen waren, und ich immer noch im Genuß vollkommener Schönheit lebte, kam eines Tages ein himmlischer Bote
mit grimmigem Gesicht und rief mit lauter und tiefer Stimme dreimal: „Ruiniert! Verarmt! Verdorben!“

Oh du Löwe unter den Königen, soweit ich mich erinnere fiel ich danach aus Nandana heraus, und mein religiöser Verdienst war geschwunden.
Im Himmel hörte ich die traurigen Stimmen der Himmlischen: „Weh! Welches Elend! Yayati fällt, denn obwohl er tugendhafte und heilige Taten
wirkte, ist sein tugendhafter Verdienst vernichtet.“ Im Fallen fragte ich sie laut: „Wo, ihr Himmlischen, wo sind die Weisen, unter die ich
fallen soll?“ Da wiesen sie auf diesen geheiligten Opferplatz, welcher dir gehört. Als ich die Rauchwirbel sah, wie sie die Luft schwärzten, und den
Geruch von geklärter Butter wahrnahm, die unablässig ins Feuer gegossen wurde, näherte ich mich von den Himmlischen geleitet deinem Land
und bin froh im Herzen, daß ich bei euch bin.
 
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