Die Schlange in der "hindu" Spiritualität

Ein Schüler Samikas überbringt König Parikshit die Botschaft

Sauti fuhr fort:
So sandte der große, seine Gelübde einhaltende Asket von Freundlichkeit bewegt einen seiner Schüler mit geeigneten Instruktionen zu König Parikshit. Er schickte Gaurmukha, einen jungen Mann von hervorragendem Benehmen und asketischer Hingabe, und instruierte ihn, sich erst nach dem Wohl des Königs zu erkundigen und dann die tatsächliche Botschaft zu überbringen.

Der Schüler gelangte bald nach Hastinapura und trat vor den König, das Oberhaupt des Kuru Geschlechts. Erst sandte er die Botschaft seiner Ankunft durch einen wachhabenden Diener am Tor, dann betrat er den Palast des Königs. Der zweifachgeborene Gaurmukha wurde vom König mit allen Ehren begrüßt. Nachdem er sich eine Weile ausgeruht hatte, überbrachte er dem König in Anwesenheit aller Minister die vollständige und schmerzliche Botschaft von Samika, genauso wie er es ihm aufgetragen hatte.

Gaurmukha sprach also:
Oh König der Könige, es lebt ein friedlicher Rishi namens Samika in deinem Reich, welcher eine tugendhafte Seele besitzt, seine Leidenschaften unter Kontrolle hält und sich der strengen asketischen Buße verschrieben hat. Du, oh Tiger unter den Männern, legtest diesem Rishi, der gerade einem Schweigegelübde folgte, mit dem Ende deines Bogens eine tote Schlange auf die Schulter. Er selbst vergab dir diese Tat. Doch sein Sohn konnte dies nicht. Und so wurdest du heute, oh König der Könige, ohne das Wissen seines Vaters vom Sohn verflucht.

Takshaka wird innerhalb der nächsten sieben Tage dein Tod sein. Samika bat seinen Sohn wiederholt, dich zu retten, doch niemand kann seinen Fluch aufheben. Und da er nicht in der Lage war, seinen erzürnten Sohn zu beruhigen, wurde ich gesandt, oh König, dir zum Nutzen.“

Sauti erzählte weiter:
Der König der Kurus, selbst ein großer Asket, lauschte den schmerzlichen Worten, erinnerte sich an seine sündige Tat und wurde sehr traurig. Als er vernahm, daß dieser Beste der Rishis im Walde einem Schweigegelübde gefolgt war, wurde ihm doppelt bewußt, wie freundlich der Rishi Samika zu ihm und wie sündig seine eigene Tat gewesen war. Schwerer Kummer und große Reue drückten ihn nieder.

Der göttergleiche König betrauerte weniger seinen eigenen Tod, als die Kränkung, die er dem Rishi angetan hatte. Er entließ Gaurmukha mit den Worten: „Möge der anbetungswürdige Samika mir gnädig sein.“ Nachdem Gaurmukha gegangen war, beriet sich der höchst besorgte König sofort mit seinen Ministern. Nach der Debatte mit ihnen ließ der weise König ein Häuschen auf einer einzelnen Säule errichten, welche Tag und Nacht von Männern bewacht wurde.

Es kamen Ärzte mit ihrer Medizin und um Mantras wissende Brahmanen zu seinem Schutz und versammelten sich rundherum. Der König entband sich von seinen königlichen Pflichten, und wurde von seinen tugendhaften Ministern und von allen Seiten bewacht. Niemand konnte sich dort diesem Besten der Könige nähern. Sogar die Luft wurde vom Eintreten abgehalten.
 
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Das Gespräch zwischen Kasyapa und Takshaka

Als die siebte Nacht nahte, wanderte der gelehrte Kasyapa, dieser beste Brahmane, zum Palast des Königs. Er wollte den König nach dem Schlangenbiß behandeln, denn er hatte alles Geschehene vernommen, daß also Takshaka, diese Erste der Schlangen, den König zu Yama führen würde. Und er dachte bei sich: „Ich werde den König heilen, nachdem er von der Schlange gebissen wurde. Dadurch werde ich Reichtum erlangen und auch Tugend.“

Doch Takshaka, dieser König der Schlangen, beobachtete den sich nähernden und um die Heilung des Königs bemühten Kasyapa. In Gestalt eines alten Brahmanen erschien er vor Kasyapa und fragte ihn: „Wohin gehst du in aller Eile? Und was ist deine Absicht?“ So angesprochen antwortete Kasyapa: „Heute wird Takshaka mit seinem Gift König Parikshit verbrennen, diesen Bezwinger seiner Feinde aus dem Geschlecht der Kurus.

Ich eile, ohne zu säumen, oh Verehrter, um diesen einzigen Repräsentanten der Pandavas, diesen König von unermeßlicher Kraft zu heilen, nachdem ihn Takshaka mit der Energie Agnis (des Feuers) gebissen hat.“ Da sprach Takshaka: „Ich bin dieser Takshaka, oh Brahmane, der den Herrn der Erde verbrennen soll. Gib auf, denn du bist nicht in der Lage einen zu heilen, der von mir gebissen wurde.“ Doch Kasyapa erwiderte: „Ich bin mit der Macht des Lernens ausgestattet. Ich bin sicher, daß ich den von dir gebissenen Monarchen heilen kann.“

Kasyapa zeigt seine Macht, doch Takshaka verhindert die Heilung von König Parikshit

Da schlug Takshaka vor: „Wenn du wirklich jedes Wesen, welches ich gebissen habe, heilen kannst, dann gib diesem Baum das Leben zurück, den ich jetzt beißen werde. Oh Kasyapa, bester Brahmane, ich werde diesen Banian Baum in deiner Gegenwart verbrennen. Versuch dein Bestes, und zeige mir dein Geschick mit den Mantras, von dem du gesprochen hast.“ Kasyapa war einverstanden: „Nun Schlange, wenn du meinst, dann beiß den Baum, oh König der Schlangen. Ich werde ihn trotzdem wiederbeleben.“

Sauti erzählte weiter:
So biß dieser König der Schlangen den Banian Baum. Sofort trat das Gift der ruhmreichen Schlange in den Baum ein, und er verbrannte lodernd. Nachdem er den Baum vernichtet hatte, sprach die Schlange zu Kasyapa: „Nun, Erster der Brahmanen, versuche dein Bestes und gib dem Baum das Leben zurück.“ Tatsächlich war der Baum völlig zu Asche verbrannt vom Gift der Schlange.

Doch Kasyapa hob die Asche auf und sprach: „Oh König der Schlangen, werde Zeuge der Macht meines Wissens, welches ich nun an diesem Herrn des Waldes anwende. Unter deinen Augen werde ich ihn wiederbeleben.“ Und dies tat der ruhmreiche und gelehrte Kasyapa mittels seines Wissens (vidya, das Bewußtsein der Einheit) mit diesem Baum, der zu einem Haufen Asche zerfallen war. Zuerst schuf er den Sproß, dann gab er diesem zwei Blätter. Dann entstanden der Stamm und die Äste, und nach und nach der vollausgewachsene Baum mit allem Laubwerk.

Bei diesem Anblick sprach Takshaka: „Es ist kein Wunder, daß du die Wirkung meines Giftes oder das von anderen Schlangen aufheben kannst. Oh du, der du die Askese zum Reichtum hast, welchen Reichtum wünschst du dir, da du zum König gehst? Die Belohnung, die du vom König hoffst zu erhalten, werde ich dir geben, wie schwer es auch sein mag, sie zu gewinnen. So mit Ruhm geschmückt, wie du es bist, wird dein Erfolg beim König umstritten sein, der mit dem Fluch eines Brahmanen belegt und dessen Lebensspanne verkürzt wurde. In diesem Fall würde sich dein strahlender Ruhm, der die drei Welten bereits überspannt, verdunkeln wie die Sonne, wenn die Finsternis sie ihres Glanzes beraubt.“

Kasyapa antwortete: „Ich suche Reichtum. Gib ihn mir, oh Schlange, und ich könnte, dein Gold annehmend, wieder umkehren.“ Und Takshaka: „Oh bester Brahmane, ich gebe dir mehr, als du vom König erwartet hast. Geh nicht dorthin.“

Sauti sprach:
Nach diesen Worten Takshakas setzte sich Kasyapa, dieser beste Brahmane mit großer Kraft und Klugheit, zur Meditation über den König nieder. Und dieser hervorragende Muni erfuhr durch seine Yogakräfte, daß die Lebensspanne des Königs der Pandavas wirklich abgelaufen war. So empfing er von Takshaka so viel Reichtum, wie er begehrte, und kehrte um.
 
Der Tod des Königs durch den Biß von Takshaka

Takshaka eilte nun selbst nach Hastinapura, und erfuhr auf seinem Weg, daß der König achtsam lebte und von giftneutralisierenden Mantras und Medizin beschützt wurde. Da dachte die Schlange nach: „Der König muß von meiner Kraft der Illusion getäuscht werden. Doch welche Mittel soll ich anwenden?“ Da sandte Takshaka einige Schlangen in Gestalt von Asketen zum König, die Kusha Gras, Wasser und Früchte bei sich trugen. Takshaka sprach zu ihnen: „Tretet ihr alle vor den König. Sagt, daß ihr in einer dringenden Aufgabe unterwegs seid, doch zeigt keinerlei Zeichen der Ungeduld, so als ob ihr dem Monarchen nur die Früchte, das Wasser und die Blumen als Geschenk darbringen wollt.“

Und die Schlangen folgten dem Befehl Takshakas und trugen Kusha Gras, Wasser und Früchte zum Monarchen. Der König, dieser Beste der Könige, akzeptierte ihre Gaben, und als ihre Aufgabe getan war, entließ er sie: „Nun zieht euch zurück.“ Nachdem die als Asketen auftretenden Schlangen gegangen waren, sprach der König zu seinen Ministern und Freunden: „Eßt mit mir diese hervorragend schmeckenden Früchte, welche die Asketen gebracht haben.“

Vom Schicksal und vom Fluch des Rishi getrieben, fühlte der König nebst seinen Ministern den Wunsch, die Früchte zu essen. Der König selbst ergriff die eine Frucht, in welcher Takshaka sich versteckte. Als er sie verzehrte, kroch ein häßliches Insekt heraus, oh Saunaka, von kaum wahrnehmbarer Gestalt, mit kupfernem Leib und schwarzen Augen. Der König hob das Insekt hoch und sprach zu seinen Ministern: „Die Sonne geht unter. Ich habe keine Angst mehr vor Gift. Laßt dieses Insekt Takshaka sein und mich beißen, damit meine sündige Tat gesühnt wird und die Worte des Asketen wahr werden.“

Vom Schicksal getrieben stimmten seine Berater zu. Lächelnd setzte sich der Monarch das Insekt auf den Nacken, und lächelnd verlor er seine Sinne, denn seine Zeit war gekommen. Takshaka, der aus der dem König angebotenen Frucht gekommen war, umschlang flugs den Hals des Monarchen. Er stieß einen gewaltigen Schrei aus und biß den Beschützer der Erde.
 
Janamejaya wird zum König gekrönt

Sauti sprach:
Als die Berater des Königs sahen, wie der König von Takshaka umschlungen wurde, da erbleichten sie und weinten kummervoll. Als das Gebrüll von Takshaka ihre Ohren erreichte, da flohen sie davon. Im Weglaufen sahen sie die wundervolle Schlange, Takshaka, diesen König der Schlangen, durch den blauen Himmel davonfliegen wie ein lotusfarbenes Band. Er glich sehr dem zinnoberroten Streifen auf dem Scheitel einer Frau, welcher ihre dunkle Haarpracht in der Mitte zerteilte. Der Ort, an dem sich der König aufgehalten hatte, brannte lichterloh von Takshakas Gift. Die Minister flohen davon, und der König fiel zu Boden, als ob ihn der Blitz getroffen hätte.

Nachdem auf diese Weise der König durch das Gift Takshakas gefallen war, da führte der königliche Priester, ein heiliger Brahmane, alle letzten Riten für ihn durch. Alle Bürger versammelten sich und setzten den jungen Sohn des verstorbenen Monarchen auf den Thron. Das Volk nannte den neuen König, diesen Zerstörer aller Feinde und Held des Kuru Geschlechts, Janamejaya.

Und dieser Beste der Monarchen war, obwohl noch ein Kind, bereits weise im Geist. Mit seinen Beratern und Priestern, regierte der älteste Sohn von Parikshit, dieser Bulle unter den Kurus, das Königreich wie sein heldenhafter Großvater (Yudhishthira). Als die Minister sahen, daß der junge König nun in der Lage war, seine Feinde zu zügeln, begaben sie sich zu Suvarnavarman, dem König von Kasi, und baten ihn um seine Tochter Vapushtama als Braut für Janamejaya.

Nach angemessener Prüfung übergab der König von Kasi mit den rechten Riten seine Tochter dem mächtigen Helden der Kurus. Und Janamejaya freute sich sehr über seine Gemahlin. Zu keiner Zeit schenkte er sein Herz einer anderen Frau. Mit großer Energie gesegnet wanderte der Held zu seinem Vergnügen durch Wälder und Blumenwiesen und erfreute sich mit frohem Herzen an so manchem Teich. Dieser Erste der Monarchen verbrachte seine Zeit in Fröhlichkeit wie einst Pururavas, als er die himmlische Dame Urvasi empfing. Die Schönste der schönen Damen selbst, Vapushtama, hatte sich einen begehrenswerten Ehemann gewonnen und war ihrem Herrn in Liebe zugetan. Sie wurde für ihrer Schönheit gefeiert und erfreute ihn sehr mit ihrer zärtlichen Zuneigung.
 
Die Geschichte von Jaratkaru

Ungefähr zu dieser Zeit geschah es, daß der große Asket Jaratkaru über die Erde wanderte, und an welchem Ort auch immer die Nacht hereinbrach, da war sein Heim (Er war zum Jatra Shayan Griha geworden). Mit großer asketischer Kraft gesegnet badete er in verschiedenen geheiligten Gewässern und praktizierte diverse Gelübde, die für unreife Menschen schwer einzuhalten waren.

Der Muni lebte von Luft allein und war völlig frei von weltlichen Gelüsten. Mit jedem Tag wurde er dünner und ausgemergelter. Und eines Tages traf er die Geister seiner Vorfahren, wie sie mit den Köpfen nach unten in einem Loch und an einem Strick aus Virana Wurzeln hingen. Dieser bestand nur noch aus einem Faden, denn eine im Loch lebende große Ratte nagte beständig an dem Strick.

Die Pitris im Loch waren ohne Nahrung, ganz abgemagert und mitleiderregend und wünschten sich sehnlichst ihre Erlösung. Jaratkaru näherte sich ihnen demütig und fragte: „Wer seid ihr, die ihr an dieser Virana Wurzel hängt? Es ist nur noch ein einzelner Faden übrig geblieben, weil die Ratte im Loch dauernd daran nagt. Der dünne Rest dieses letzten Fadens wird bald nachgeben, und ihr werdet ganz sicher kopfüber in das Loch stürzen. Wenn ich euch so sehe, wie ihr mit den Häuptern nach unten in diesem großen Elend gefangen seid, erhebt sich mein Mitgefühl. Was kann ich euch Gutes tun? Sagt mir schnell, ob sich eure Misere durch ein Viertel, ein Drittel oder vielleicht die Hälfte meiner Askese abwenden läßt. Oder erlöst euch mit meiner ganzen Askese, ich stimme dem zu. Tut, wie es euch gefällt.“

Die Ahnen antworteten:
Verehrter Brahmacharin, du möchtest uns erretten. Doch, oh Bester der Brahmanen, du kannst mit deiner Askese unser Elend nicht abwenden. Ach Kind, du bester Redner, auch wir verfügen über die Früchte unserer Askese, und doch fallen wir in diese unheilige Hölle hinab, denn wir haben keine Nachfahren. Der Große Vater hat gesagt: „Nachkommen sind großer Verdienst als Dharma.“

Oh Kind, in diesem Loch hängend trübte sich unser Verstand. Daher erkennen wir dich nicht, obwohl deine Größe aller Welt sichtbar sein muß. Du bist ganz sicher ehrwürdig und glücksverheißend, denn aus Freundlichkeit trauerst du um uns, die wir des Mitgefühls würdig und schwer beladen sind. Höre, oh Brahmane, wer wir sind, und um wen du trauerst. Wir sind Yayavara Rishis der strengen Gelübde. Weil wir keine Nachfahren haben, oh Muni, sind wir aus den heiligen Bereichen gefallen.

Da wir noch an einem Faden hängen, ist unsere harte Buße noch nicht völlig zerstört. Doch nur ein einziger Faden ist uns noch geblieben, und es macht kaum noch einen Unterschied, ob er da ist oder nicht. Ach, wir sind bedauernswert. Der eine Faden ist als Jaratkaru bekannt. Dieser Bedauernswerte ist in den Veden und ihren Zweigen bewandert und praktiziert doch nichts anderes als Askese. Er ist hochbeseelt, hat seine Sinne unter Kontrolle, lebt gemäß seiner harten Gelübde, ist ein großer Asket und voller Verlangen nach dem Verdienst durch Askese.

Durch ihn wurden wir auf diesen erbärmlichen Zustand reduziert. Er hat keine Ehefrau, keinen Sohn und keine Verwandten. Und deshalb hängen wir bewußtlos in diesem Loch, wie jemand, um den sich niemand sorgt. Wenn du ihn triffst, oh sag ihm aus Freundlichkeit zu uns: „Deine Ahnen hängen leidend mit den Gesichtern nach unten in einem Loch. Oh Heiliger, nimm dir eine Frau und zeuge Kinder. Oh du mit Askese Reicher, du Verehrungswürdiger, du bist der einzige verbleibende Faden in der Linie deiner Vorfahren.“

Oh Brahmane, die Virana Wurzel, die du hier siehst und an der wir hängen, ist das Seil, was die Vermehrung unseres Geschlechts repräsentiert. Und die abgefressenen Virana Fäden sind wir selbst, wie wir von der Zeit verschlungen werden. Die Wurzel ist schon halb verschwunden, und wir hängen im Loch an einem einzigen Faden, nämlich dem Asketen. Die Ratte, welche du siehst, ist die Zeit mit ihrer grenzenlosen Kraft. Und die Zeit schwächt den armen Kerl Jaratkaru nach und nach, der in seine asketische Buße versunken ist und von ihrem Verdienst verführt wurde. Dabei fehlt es ihm an Besonnenheit und Herz.

Oh Vorzüglicher, seine Askese kann uns nicht retten. Schau nur, unsere Wurzeln sind ausgerissen, wir wurden aus den höheren Regionen geworfen und von der Zeit unseres Bewußtseins beraubt. Wir gehen unter wie sündige Leute. Und wenn wir mit all unseren Verwandten von der Zeit verschlungen untergehen, wird auch er mit uns in die Hölle sinken. Oh Kind, ob Askese, Opfer oder andere heilige Taten - sie alle zählen nicht so viel wie ein Sohn. Oh Kind, nachdem du alles gesehen hast, sprich zum Rishi Jaratkaru. Erzähle ihm alles ganz genau. Oh Brahmane, sei freundlich zu uns, werde unser Retter, und sprich zu ihm, damit er sich eine Gattin nimmt und Kinder bekommt.

Oh vorzüglicher Mann, wer bist du? Bist du einer seiner Freunde oder aus unserer Familie, weil du dich um uns sorgst wie ein Freund? Wir möchten erfahren, wer hier vor uns steht.“
 
Jaratkaru wünscht sich eine Ehefrau

Sauti sprach:
Nachdem Jaratkaru alles angehört hatte, wurde ihm sehr jämmerlich zumute und mit tränenerstickter Stimme sprach er kummervoll zu den Pitris: „Ihr seid meine verstorbenen Väter und Großväter. Sagt mir daher, was ich für euer Wohl tun kann. Ich bin dieser unwürdige Sohn von euch, bin Jaratkaru. Bestraft mich für meine sündigen Taten, ich bitte euch.“ Die Ahnen erwiderten: „Oh Sohn, das Glück hat dich auf deinen Wanderungen an diesen Ort geführt. Oh Brahmane, warum hast du dir keine Ehefrau genommen?“

Und Jaratkaru sprach: „Ihr Ahnen, ich hatte immer diesen Wunsch in meinem Herzen, daß ich mit zurückgehaltenem Lebenssamen meinen Körper in die andere Welt tragen werde. Mein Geist war von der Idee besessen, keine Ehefrau zu nehmen. Aber nun habe ich euch Großväter wie Vögel hängen sehen und ziehe meinen Geist von der Lebensweise eines Brahmacharya zurück. Ich werde wahrlich tun, was ihr wünscht. Ich werde gewiß heiraten, wenn ich jemals ein Mädchen mit meinem Namen treffe. Ich werde diejenige akzeptieren, welche sich aus eigenem Entschluß mir übergibt und welche ich als Almosen erhalte, damit ich sie nicht unterhalten muß. Ich werde heiraten, wenn ich dieser Braut begegne, sonst nicht. Oh Großväter, ich spreche die Wahrheit. Das Kind, das ich mit ihr haben werden, soll eure Rettung sein. Und ihr, meine Ahnen, werdet gesegnet und ohne Angst vor dem Fall für immer leben.“

Sauti fuhr fort:
Nachdem der Rishi Jaratkaru solcherart zu seinen Ahnen gesprochen hatte, wanderte er wieder über die Erde. Doch er wurde alt und bekam keine Frau, oh Saunaka. Da er nicht erfolgreich war, wurde er sehr betrübt. Doch wegen der Worte seiner Ahnen setzte er die Suche fort. Einmal ging er in einen Wald und weinte laut. Dieser Weise war vom Wunsch bewegt, seinen Ahnen Gutes zu tun, und sprach zu sich selbst: „Ich bitte um eine Braut.“, und wiederholte deutlich und dreimal diese Worte.

Weiter sprach er: „Ihr Wesen alle, ob beweglich, unbeweglich oder sogar unsichtbar, ihr alle, hört meine Worte. Meine trauernden Ahnen haben mich, der ich in die schwerste Buße vertieft war, wegen eines Sohnes angewiesen zu heiraten. Nun wandere ich in Armut und Kummer durch die weite Welt, um eine Braut zu heiraten, die mir als Gabe überreicht wird. Wenn ein Wesen mich hört, welches eine Tochter hat, dann übergib sie dem Wanderer auf der Suche.

Oh gib mir eine Tochter, mit demselben Namen wie ich, die mir als Almosen übergeben wird und die ich nicht erhalten muß.“ Als nun die Schlangen, welche Jaratkaru überall auf seinen Spuren gefolgt waren, seine Absichten deutlich vernommen hatten, meldeten sie die Nachricht ihrem König Vasuki. Da begab sich der König der Schlangen sofort mit seiner geschmückten Schwester in den Wald zum Rishi. Und Vasuki, oh Brahmane, bot dem hochbeseelten Rishi das Mädchen als Gabe an.

Doch nicht sofort nahm der Rishi sie an, denn er dachte, sie hätte vielleicht nicht denselben Name wie er und auch die Frage des Unterhalts war noch nicht geklärt. Er zögerte eine Weile und dachte nach. Dann, oh Sohn des Bhrigu, fragte er Vasuki nach dem Namen des Mädchens und setzte noch hinzu, daß er sie nicht ernähren könne.
 
Jaratkaru heiratet die Schwester Vasukis

Sauti sprach:
Da sagte Vasuki folgende Worte zum Rishi Jaratkaru: „Oh bester Brahmane, dieses Mädchen hat denselben Namen wie du. Sie ist meine Schwester und verfügt über asketischen Verdienst. Ich werde deine Gattin versorgen, nimm sie an. Oh Rishi, ich werde sie mit all meinen Fähigkeiten beschützen. Und, Bester der großen Munis, ich habe sie für dich aufgezogen.“ Der Rishi sprach: „Dies soll zwischen uns vereinbart sein: Ich werde sie nicht ernähren, und wenn sie etwas tut, was mich ärgert, werde ich sie verlassen.“

Sauti fuhr fort:
Als die Schlange mit „Ich werde meine Schwester ernähren.“ zugestimmt hatte, ging Jaratkaru zum Haus der Schlange. Dort nahm der Mantra kennende, strenge Gelübde einhaltende, tugendhafte und erfahrene Brahmane die ihm angebotene Hand des Mädchens gemäß der Riten in den Shastren (offenbarte Schriften).

Dann führte der große Rishi seine Braut in das entzückende Haus, welches der Schlangenkönig für ihn vorbereitet hatte. Es gab in diesem Haus ein Bett, welches mit kostbaren Decken ausgestattet war. Dort lebte der vorzügliche Rishi Jaratkaru mit seiner Gattin und vereinbarte mit ihr: „Du solltest nichts sagen oder tun, was mir mißfällt. Denn dann werde ich dich verlassen und nicht länger in deinem Haus bleiben. Behalte diese meine Worte in deinem Gedächtnis.“

Da antwortete die Schwester des Schlangenkönigs in großer Angst und Sorge traurig: „So sei es.“ Von da ab kümmerte sich die ruhmreiche Dame mit dem unbefleckten Ruf mit der Wachsamkeit eines Hundes, der Furchtsamkeit eines Rehs und dem scharfen Instinkt einer Krähe mit dem Wissen um Zeichen (Sweta Kakiya.) um ihren Ehemann, denn sie wünschte, Gutes für ihr Geschlecht zu bewirken.

Eines Tages hatte sich die Schwester Vasukis nach ihrer Menstruation im Bad gereinigt und näherte sich ihrem Herrn, dem großen Rishi. Sie empfing, und der Embryo war wie die Flamme, hatte große Kraft und war so strahlend wie das Feuer selbst. Und er wuchs wie der Mond in der hellen Monatshälfte.

Jaratkaru verläßt seine Ehefrau

Einige Tage später schlief der ruhmreiche Jaratkaru mit dem Haupt im Schoße seiner Gattin und schaute sehr erschöpft aus. Während er schlief, näherte sich die Sonne ihrem Heim in den westlichen Bergen und war kurz davor unterzugehen. Als nun der Tag zu schwinden begann, da wurde die vorzügliche Schwester Vasukis nachdenklich, denn sie fürchtete um die Tugend ihres Gatten. Sie dachte: „Was soll ich nun tun? Soll ich meinen Ehemann aufwecken oder lieber nicht? Er ist so streng und peinlichst genau mit seinen religiösen Pflichten. Was kann ich tun, um ihn nicht zu beleidigen?

Die Alternativen sind sein Zorn oder der Verlust der Tugend dieses tugendhaften Mannes. Ich denke, der Verlust von Tugend ist das größere Elend von den beiden. Denn wenn ich ihn aufwecke, wird er wütend sein. Doch wenn das Zwielicht vergeht ohne seine Gebete, dann wird er den Verlust von Tugend ertragen müssen.“ Nachdem sie sich entschlossen hatte, sprach Jaratkaru, die Schwester Vasukis, sanft und mit süßen Worten zum strahlenden Rishi voller asketischer Buße, der so strahlend dalag wie eine lodernde Flamme: „Oh großer Herr, erhebe dich. Die Sonne geht gleich unter. Du Ruhmreicher mit den strengen Gelübden, sprich deine abendlichen Gebete, nachdem du dich mit Wasser gereinigt und den Namen Vishnus ausgesprochen hast. Die Zeit für das abendliche Opfer ist gekommen und diese Augenblicke sind sowohl wunderschön als auch furchtbar, denn das Zwielicht, oh Herr, bedeckt schon sanft den westlichen Himmel.“

Nachdem der ruhmreiche große Asket Jaratkaru von seiner Frau so angeredet worden war, sprach er zu ihr mit vor Zorn zitternder Oberlippe: „Oh du Liebenswerte aus dem Geschlecht der Nagas, jetzt hast du mich beleidigt. Ich werde nicht länger mit dir leben und dahin zurückkehren, woher ich kam. Oh du mit den schönen Schenkeln, ich glaube tief im Herzen, daß die Sonne nicht die Macht hat, zur üblichen Zeit unterzugehen, solange ich schlafe.

Eine gekränkte Person sollte niemals dort verweilen, wo sie gekränkt wurde, nicht zu reden von tugendhaften Personen oder solchen wie mich.“ Nach diesen Worten ihres Ehemannes begann Jaratkarus Herz vor Angst zu beben, und sie sprach zu ihm: „Oh Brahmane, ich habe dich nicht aufgeweckt, weil ich dich beleidigen wollte. Ich habe es getan, damit deine Tugend nicht schwindet.“

Doch Jaratkaru sprach zur Schlange, von Zorn und dem Wunsch besessen, seine Gattin zu verlassen: „Oh du Schöne, noch niemals habe ich ein falsches Wort ausgesprochen. Daher werde ich gehen. Dies war die Vereinbarung mit dir und deinem Bruder. Oh du Liebenswerte, ich habe meine Zeit mir dir in Glück verbracht. So sage deinem Bruder, du Schöne, daß ich dich verlassen habe. Und traure nicht um mich, wenn ich fort bin.“

Da fühlte die schöne Schwester Vasukis mit dem makellosen Gesicht große Angst und mächtigen Kummer. Sie sammelte allen Mut und Geduld, und obwohl ihr Herz bebte, ihre Tränen strömten und ihr Gesicht ganz bleich war, sprach sie mit gefalteten Händen zum Rishi: „Es gehört sich nicht für dich, mich Schuldlose zu verlassen. Du schreitest auf dem Pfad der Tugend. Auch ich bin auf diesem Pfad, und mein Herz ist dem Wohle meiner Verwandten zugewandt. Oh bester Brahmane, der Zweck, für den ich dir übergeben wurde, ist noch nicht erfüllt. Ich bin so unglücklich! Was wird Vasuki zu mir sagen? Oh Vorzüglicher, der Nachkomme, den meine vom Fluch der Mutter beladenen Verwandten sich ersehnen, ist noch nicht geboren. Das Wohl meines Geschlechts hängt von dem Kind ab, das ich von dir bekomme. Ich wünsche mir sehr, meiner Familie Gutes zu tun. Und damit unsere Verbindung nicht fruchtlos bleibt, flehe ich dich an, nicht zu gehen. Oh ruhmreicher Brahmane, du Hervorragender, so hochbeseelt wie du bist, warum verläßt du mich, die ich keinen Fehler beging? Das verstehe ich nicht.“

Da antwortete der große Muni seiner Gattin mit angemessenen Worten: „Du Glückliche, das Wesen, welches du empfingst, gleicht Agni selbst. Er ist ein Rishi von hochbeseelter Tugend und ein Meister alle Veden und ihrer Zweige.“ Sprach's und ging davon. Der tugendhafte und große Rishi hatte sein Herz fest auf die erneute Ausübung der strengsten Bußübungen gerichtet.
 
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Die Geburt von Astika

Sauti sprach:
Oh Asket, sogleich, nachdem ihr Ehemann sie verlassen hatte, ging Jaratkaru zu ihrem Bruder und erzählte ihm alles, was geschehen war. Der König der Schlangen hörte die verheerenden Neuigkeiten und sprach zu seiner traurigen Schwester, wobei er selbst sich noch viel elender fühlte als sie: „Liebe Schwester, du weißt den Grund, warum du dem Asketen übergeben wurdest. Wenn aus eurer Vereinigung zum Wohle der Schlangen ein Sohn geboren wird, dann wird der höchst Energetische uns alle vor dem Schlangenopfer retten.

Dies hat der Große Vater (das erste Lebewesen - Brahmaa) inmitten der Himmlischen vor langer Zeit gesagt. Oh du Glückliche, bist du von diesem Besten der Rishis schwanger geworden? Es ist mein Herzenswunsch, daß deine Heirat mit dem Weisen nicht fruchtlos sein möge. Wahrlich, es ist nicht recht von mir, dir diese Frage zu stellen. Doch die Ernsthaftigkeit der Sache verlangt es. Ich weiß auch um die Hartnäckigkeit deines Ehemannes, der immer in schwere Buße vertieft ist. Daher werde ich ihm nicht folgen, denn er könnte mich verfluchen.

Erzähl mir alles im Detail, was dein Herr getan hat, oh Liebenswerte, und zieh den gräßlich schmerzenden Pfeil aus meinem Herzen, der schon so lange dort steckt.“ Da beruhigte Jaratkaru den König der Schlangen, Vasuki: „Als ich ihn nach Kindern fragte, da sagte der hochbeseelte und mächtige Asket: „Es ist.“, und ging davon. Ich kann mich nicht erinnern, daß er jemals zuvor etwas Unwahres ausgesprochen hätte, nicht mal im Spaß. Oh König, warum sollte er dann bei solch einer ernsten Angelegenheit etwas Falsches sagen? Er sagte auch: „Sorge dich nicht um den gewünschten Erfolg unserer Vereinigung, oh Tochter des Schlangengeschlechts. Dir wird ein Sohn geboren werden, der so strahlend ist wie das Feuer.“ Oh Bruder, nachdem er das gesagt hat, ging mein Ehemann mit dem Reichtum an Askese davon. Also, laß den tiefen Kummer in deiner Seele vergehen.“

Sauti fuhr fort:
Zustimmend und freudig antwortete Vasuki, der Erste der Schlangen: „So sei es.“, und pries seine Schwester mit den besten Grüßen, angemessenem Lob und reichen Geschenken. Und der strahlende und kraftvolle Embryo begann sich zu entwickeln wie der Mond im Himmel in der hellen Monatshälfte, oh bester Brahmane. Nach der rechten Zeit gebar die Schwester des Schlangenkönigs einen Sohn, der glänzte wie ein Kind des Himmels. Er wurde zum Erlöser seiner Ahnen und Verwandten sowohl mütterlicher- als auch väterlicherseits. Er wuchs im Hause des Königs der Schlangen heran und studierte die Veden mit ihren Zweigen mit dem Asketen Chyavana, dem Sohn des Bhrigu.

Er war mit großer Klugheit, vielen tugendhaften Eigenschaften, Wissen, der Freiheit von weltlichen Genüssen und Heiligkeit gesegnet. Er war der Welt unter dem Namen Astika bekannt. Diesen Namen (Astika= wer auch immer ist) bekam er, weil sein Vater mit den Worten „Es ist.“ in den Wald zurückkehrte, als das Kind noch im Leib seiner Mutter war. Obwohl er noch ein Junge war, verfügte er über Ernst und Klugheit. Er wurde mit großer Sorgfalt im Palast der Schlangen aufgezogen und glich dem ruhmreichen Herrn der Himmlischen, Mahadeva (Shulapani, Shiva) in seiner goldenen Gestalt, dem Träger des Dreizacks. Er wuchs heran, und Tag für Tag war er das Entzücken der Schlangen.
 
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