Die Schlange in der "hindu" Spiritualität

anadi

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Erlangen
1. Die Geschichte von Jaratkaru und wie er seine Ahnen trifft
(aus Maha-bharata)

Saunaka fragte: „Warum hat dieser Tiger unter den Königen, Janamejaya, beschlossen, die Schlangen durch ein Opfer zu vernichten? Oh Sauti, erzähle uns die ganze Geschichte. Erzähl uns, warum Astika, dieser Beste unter den zweifachgeborenen Asketen, die Schlangen vor dem lodernden Feuer errettete. Wessen Sohn war dieser Monarch, der das Schlangenopfer zelebrierte? Und wessen Sohn war der genannte Zweifachgeborene?“
Sauti meinte daraufhin: „Oh Bester der Redner, die Geschichte von Astika ist lang. Ja, ich werde sie euch voll und ganz erzählen. Hört nur zu.“
Und Saunaka: „Ich wünsche, die bezaubernde Geschichte dieses Rishi, dieses berühmten Brahmanen namens Astika, in voller Länge zu hören.“

Und Sauti begann:
Die Geschichte, die zuerst von Krishna Dwaipayana rezitiert wurde, wird von den Brahmanen ein Purana genannt. Mein weiser Vater Lomaharshana hat sie als Schüler von Vyasa früher einmal auf ihre Bitte hin den Zuhörern im Naimisha Wald erzählt. Ich war damals anwesend und, oh Saunaka, da du mich bittest, werde sich die Geschichte Astikas exakt so erzählen, wie ich sie damals hörte. Nun lauscht allen Einzelheiten dieser sündenzerstörenden Erzählung:

Der Vater von Astika war so mächtig wie Prajapati. Er war ein Brahmacharin, immer in strenge Aufopferung vertieft, maßvoll beim Essen, ein großer Asket und hatte seine sexuellen Gelüste unter vollständiger Kontrolle. Er war unter dem Namen Jaratkaru bekannt. Dieser Beste unter den Yayavaras, tugendhaft, schwersten Gelübden folgend, höchst gesegnet und mit großer asketischer Kraft ausgestattet, unternahm einst eine Reise durch die Welt. Er besichtigte viele Orte und Schreine, badete in vielen heiligen Wassern und ruhte dort, wo ihn die Nacht überkam. Mit gewaltiger Energie ausgestattet übte er so harte religiöse Enthaltsamkeit, welche niemals von Menschen mit ungezügelter Seele praktiziert werden kann.

Der Weise lebte nur von Luft und entsagte dem Schlaf für immer. So wanderte er umher wie ein loderndes Feuer. Eines Tages geschah es, daß er seine Ahnen erblickte, wie sie kopfüber in einem großen Loch hingen mit den Füßen nach oben. Als er sie sah, sprach Jaratkaru sie an: „Wer seid ihr, die ihr mit den Füßen nach oben an einem Seil aus Virana Fasern hängt, welches von allen Seiten heimlich von einer Ratte angenagt wird, die hier lebt?“

Die Ahnen antworteten: „Wir sind Rishis von strengen Gelübden, Yayavaras genannt. Wir werden für immer in der Erde versinken mit dem Wunsch nach Nachkommen. Wir haben einen Sohn namens Jaratkaru. Weh uns! Dieser Lump widmet sich nur dem Leben der Enthaltsamkeit. Der Narr denkt nicht daran, durch Heirat Kinder zu zeugen. Aus diesem Grund, nämlich aus Furcht vor dem Verschwinden unseres Geschlechts, hängen wir hier in diesem Loch.

Mit allen Verdiensten ausgestattet ergeht es uns doch wie jenen unglücklichen Sündern, welche keine Verdienste sammelten. Doch wer bist du, oh Brahmane? Wir möchten auch wissen, warum du mit uns fühlst wie ein Freund.“ Jaratkaru sagte: „Ihr seid meine Väter und Großväter. Ich bin dieser Jaratkaru. Oh sagt mir, wie ich euch dienen kann.“ Die Antwort der Väter war: „Gib dein Bestes, oh Kind, einen Sohn zu bekommen, damit er unsere Linie fortführt. Dann hast du eine verdienstvolle Tat begangen für uns und auch dich, oh Bester.

Die Früchte aus Tugenden oder die aus wohl angehäufter Askese können sich nicht mit dem Verdienst vergleichen, den ein Vater erntet. Daher, oh Kind, richte auf unsere Bitte hin deinen Geist auf Heirat und Nachkommen. Das wird uns von größtem Nutzen sein.“ Jaratkaru meinte daraufhin: „Ich werde nicht um meinetwillen heiraten, noch werde ich aus Vergnügen nach Reichtum streben. Doch für euer Wohl werde ich es tun. Nur zu diesem Zweck werde ich mir in Übereinstimmung mit den Shastren eine Frau nehmen. Sonst nicht.

Wenn es eine Braut gibt mit dem selben Namen wie ich, deren Freunde sie mir als Geschenk und aus Wohltätigkeit aus freien Stücken übergeben, dann werde ich sie heiraten. Doch wer wird mir Armen seine Tochter als Gattin übergeben? Ich werde mich bemühen, ihr Herren, und wohl jede Tochter als Geschenk annehmen. Ich habe euch mein Wort gegeben und werde nun nicht anders handeln. Mir ihr werde ich Nachkommen für eure Erlösung zeugen, damit ihr Väter in die ewigen Regionen der Glückseligkeit eingehen und euch dort nach Belieben erfreuen könnt.“
 
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2. Jaratkaru heiratet die Schwester Vasukis

Sauti sprach:
Von nun an wanderte dieser Brahmane mit den strengen Gelübden über die Erde auf der Suche nach einer Ehefrau, doch er fand keine. Eines Tages betrat Jaratkaru einen Wald, erinnerte sich an die Worte seiner Ahnen und bat dreimal mit schwacher Stimme um eine Braut. Da erschien Vasuki (der Schlangenkönig) und bot dem Rishi seine Schwester an.

Doch der Rishi zögerte, sie zu akzeptieren, denn er vermutete, sie würde nicht denselben Namen haben wie er. Denn im Innern dachte sich der hochbeseelte Jaratkaru: „Ich werde keine Frau annehmen, die nicht denselben Namen hat wie ich.“ Und der große, weise Rishi der strengsten Enthaltsamkeit fragte Vasuki: „Sage mir aufrichtig, oh Schlange, wie lautet der Name deiner Schwester?“ Und Vasuki antwortete: „Oh Jaratkaru, der Name meiner jüngeren Schwester ist auch Jaratkaru. Ich übergebe sie dir als Geschenk. Nimm die schlankhüftige Dame zu deiner Gemahlin. Oh bester Brahmane, ich habe sie für dich aufgehoben. Also nimm sie.“ Mit diesen Worten bot er seine wunderschöne Schwester dem Jaratkaru an, welcher sich gemäß den vorgeschriebenen Riten mit ihr vermählte.
 
3. Die Geburt von Astika

Sauti sprach:
Denn wisse, oh Bester der Brahma Wissenden, die Mutter der Schlangen hatte vor langer, langer Zeit das Geschlecht der Nagas (Schlangen) verflucht: „Er, der den Wind zum Wagenlenker hat (Agni), wird euch alle im Schlangenopfer des Janamejaya verbrennen!“

Und um diesen Fluch aufzuheben, verheiratete der König der Schlangen, Vasuki, seine Schwester mit dem hochbeseelten Rishi mit den hervorragenden Gelübden. Nachdem er sie mit den rechten Riten geheiratet hatte, bekam er mit ihr einen edlen Sohn namens Astika. Dieser war ein ruhmreicher Asket und geübt in den Veden und all ihren Zweigen. Er betrachtete alles mit gleichen Augen und zerstreute die Furcht seiner Eltern.

Viel später richtete der Nachfahre der Pandavas ein großes Schlangenopfer aus. In diesem Opfer, was mit der Vernichtung der Schlangen begann, rettete Astika die Nagas, also seine Brüder und Onkel mütterlicherseits und alle anderen Schlangen vor einem gräßlichen Tod. Und er erlöste seinen Vater aus der Not, keine Nachfahren zu haben.

Durch Buße, viele Gelübde und dem Studium der Veden befreite er sich selbst von allen seinen Schulden.
Durch verschiedene Opfer versöhnte er die Götter.
Durch das Leben als Brahmacharya gewann er die Gunst der Rishis, und indem er Nachkommen zeugte, stellte er seine Ahnen zufrieden.

So entlud sich der strenge Gelübde einhaltende Jaratkaru der schweren Schuld seinen Ahnen gegenüber, die damit von ihren Banden befreit wurden und zu en himmlischen Planeten aufstiegen. Nach einer langen Reihe von Jahren hatte Jaratkaru großen religiösen Verdienst angesammelt und begab sich in den Himmel, Astika zurücklassend. Dies ist die Geschichte von Astika, wie ich sie dir kurz erzählt habe. Nun sage mir, Bester der Munis, was sonst soll ich dir berichten.
 
Die Geschichte von Kadru und Vinata

Saunaka bat:
Oh Sauti, erzähle uns mehr Einzelheiten über den gelehrten und tugendhaften Astika. Unsere Neugier ist groß. Du Liebenswerter, deine Rede ist süß, mit angenehmer Aussprache und Betonung (verschiedene Sanskrit Meter). Es gefällt uns sehr, wie du erzählst. Du sprichst genau wie dein Vater, und er war auch immer bereit, uns zufrieden zu stellen. Erzähl uns nun die Geschichte, wie sie dein Vater erzählte.

Und Sauti hob an:
Oh du mit einem langen Leben Gesegneter, ich werde alles erzählen, wie ich es von meinem Vater einst vernahm. Oh Brahmane, im goldenen Zeitalter hatte Prajapati zwei schöne und tugendhafte Töchter. Ihre Namen waren Kadru und Vinata, und sie wurden die Ehefrauen von Kasyapa. Kasyapa, welcher Prajapati selbst glich, hatte große Freude an seinen beiden Gattinnen und höchst zufrieden gewährte er jeder einen Segen.

Als die schönen Damen erfuhren, daß ihr Herr willens war, ihre Wünsche zu erfüllen, freuten sie sich sehr. Kadru wünschte sich tausend Schlangen von gleicher Kraft. Und Vinata wünschte zwei Kinder zu gebären, welche die tausend Söhne der Kadru an Stärke, Energie, Größe und Tapferkeit übertreffen sollten. Und Kasyapa sprach „So sei es!“ zu Vinata, welche äußerst begierig auf Nachkommenschaft war.

Und so freute sie sich sehr, als ihr Gebet erhört wurde und betrachtete ihren Wunsch nach zwei überragenden Söhnen als erfüllt. Auch Kadru war zufrieden mit ihren tausend Söhnen mit gleicher Energie. „Tragt eure Kinder mit Sorgfalt.“, sprach Kasyapa und ging in den Wald, seine beiden höchst zufriedenen Ehefrauen mit seinem Segen zurücklassend.

Sauti sprach:
O Bester der Zweifachgeborenen, nach langer Zeit brachte Kadru tausend Eier zur Welt und Vinata zwei. Ihre Dienerinnen legten die Eier einzeln in warme Gefäße und hegten sie für fünfhundert Jahre. Da brachen die tausend Eier der Kadru auf und ihre Söhne schlüpften aus. Doch die beiden von Vinata rührten sich nicht. Vinata war eifersüchtig und brach ein Ei auf.

Darinnen fand sie einen Embryo, bei dem die obere Hälfte entwickelt war, die untere jedoch noch nicht. Das Kind war darüber sehr ärgerlich und verfluchte seine Mutter: „Oh Mutter, weil du viel zu früh dieses Ei aufgebrochen hast, und aus Eifersucht meinem Körper nicht erlaubtest, sich voll zu entwickeln, sollst du Kadru als Sklavin dienen. Doch wenn du geduldig weitere fünfhundert Jahre wartest, und das andere Ei nicht zerbrichst, dann wird dich dieses ruhmreiche Kind aus der Sklaverei befreien.

Wenn du wirklich einen starken Sohn haben möchtest, dann mußt du das Ei die ganze Zeit mit zärtlicher Sorge pflegen.“ So verfluchte Aruna (Morgendämmerung) seine Mutter und erhob sich in den Himmel. Oh Brahmane, Aruna wurde der Wagenlenker von Surya (der Sonne), den man immer in der Morgenstunde erblickt. Nachdem die fünfhundert Jahre vergangen waren, zerbrach das andere Ei und heraus kam Garuda, der Schlangenvertilger. Oh Tiger des Bhrigu Geschlechts, in dem Augenblick, indem er das Licht erblickte, verließ der Sohn seine Mutter Vinata. Dieser König der Vögel verspürte Hunger und flog davon, auf der Suche nach der ihm vom großen Schöpfer bestimmten Nahrung.
 
Der Wunsch nach Amrit

Sauti sprach:
Oh asketischer Rishi, es war um diese Zeit, daß die beiden Schwestern Kadru und Vinata das sich nähernde Roß Uchai-srava erblickten. Dieses Juwel unter den Pferden wurde von den Himmlischen verehrt und hatte sich aus den wogenden Fluten des Ozeans erhoben, als er wegen Amrit gequirlt wurde. Es war göttlich, anmutig, beständig jung, ein Meisterwerk der Schöpfung, unwiderstehlich, voller Energie und mit allen glücksverheißenden Zeichen gesegnet.

Da fragte Saunaka:
Warum rührten die Götter den Ozean? Und unter welchen Umständen erschien dieses Beste der Pferde, so kraftvoll und strahlend, wie du es sagst?

Sauti antwortete:
Es gibt diesen Berg Meru von leuchtender Erscheinung und großem Glanz. Die Strahlen der Sonne fallen auf seine goldglänzenden Gipfel und werden von ihnen zerstreut. Er ist mit Gold bedeckt, außerordentlich schön, und ein häufig besuchter Ort der Götter und Gandharvas. Und er ist unerreichbar und unermeßlich für Menschen mit vielfältigen Sünden. Fürchterliche Raubtiere wandern über seinen Kamm, und er wird beleuchtet von vielen göttlichen lebensspendenden Kräutern.

Mit seiner Höhe küßt er den Himmel, und er ist der Erste der Berge. Selbst mit dem Geist kann man ihn nicht erfassen. Er wird von vielen Bäumen und Strömen geziert und erklingt von den zauberhaften Gesängen des geflügelten Chors. Er steht seit unerdenklichen Zeiten hoch über allem. Einmal saßen alle Himmlischen auf seinem goldenen Gipfel und berieten sich. Jene, welche Buße geübt und hervorragende Gelübde eingehalten hatten, suchten nun nach Amrit (Ambrosia).

Als (der Höchste Herr) Narayan die himmlische Versammlung in besorgter Stimmung sah, sprach er zu Brahmaa (das erste Lebewesen in diesem Universum): „Du sollst mit allen Göttern und Asuras (Daemonen) den Ozean quirlen (wörtlich „buttern“, die Milch zu Butter veredeln). Indem ihr das tut, werdet ihr Amrit (Nektar) erhalten und auch alle Arzneien und Juwelen. Oh ihr Götter, quirlt den Ozean, und ihr werdet Amrit entdecken.“
 
Das Quirlen des Ozeans

Sauti fuhr fort:
Da gibt es einen Berg namens Mandara mit Gipfeln wie Wolken. Er ist der Beste der Berge und ganz und gar mit Schlingpflanzen und Kräutern bedeckt. Zahllose Vögel zwitschern ihre Lieder und Raubtiere ziehen ihre Bahn. Götter, Apsaras und Kinnaras besuchen den Berg oft. Aufwärts erhebt er sich um elftausend Yojanas und abwärts um ebenso viele. Die Götter wollten ihn ausreißen und zum Quirlen benutzen, doch es gelang ihnen nicht, und so gingen sie zu Brahmaa (das erste Lebewesen in einem Universum) und Vishnu (der Schöpfer aller Universen), die beieinander saßen, und baten: „Ersinnt einen Weg, wie wir Mandara für unsere Zwecke nutzen können, ihr Götter.“

Und Brahma und Narayana (Vishnu) billigten diesen Wunsch, oh Sohn des Bhrigu. Der lotusäugige Vishnu übergab die schwere Aufgabe dem mächtigen Ananta, dem König der Schlangen. Von sowohl Brahma als auch Vishnu darum gebeten, entwurzelte der mächtige Ananta den Berg mit allen Wäldern und Waldbewohnern darin.

Dann gingen alle Götter mit Ananta zum Ufer des Ozeans und sprachen zu ihm: „Wir sind gekommen, deine Wasser für Amrit aufzuwühlen.“ Und der Ozean erwiderte: „Es sei, wenn ich einen Anteil erhalte. Ich bin wohl in der Lage, das große Quirlen meiner Wasser durch den Berg zu ertragen.“

Alsdann traten die Devas (Götter) und Danavas (Daemonen) vor den König der Schildkröten und sagten zu ihm: „Oh König der Schildkröten, du wirst den Berg auf deinem Rücken tragen müssen.“ Der König stimmte zu, und Indra (der König der Götter) brachte es fertig, den Berg auf seinen Rücken zu heben.
So machten die Götter und Asuras (Daemonen) aus dem Berge Mandar einen Quirl und die Schlange Vasuki wurde das Seil, oh Brahmane.

Dann begannen alle, die Tiefen aufzuwühlen. Die Asuras zogen Vasuki an der Haube und die Götter hielten ihn am Schwanz. Und Ananta, welcher eine Manifestation von Narayana war, hob und senkte wieder und wieder die Haube der Schlange. Von dem Zug, den Vasuki von den Göttern und Asuras bekam, schlugen schwarze Dämpfe und Flammen aus seinem Mund. Aus diesen flammenden Dämpfen entstanden Wolken mit Blitzen und ließen erfrischende Regenschauer auf die müden Ziehenden fallen.

Auch die Blüten, die aus den Bäumen an den Flanken des wirbelnden Berges fielen, erfrischten sowohl Götter als auch Asuras. Dann, oh Brahmane, erhob sich ein gewaltiges Gebrüll wie das Donnern der Wolken zur Auflösung des Universums. Viele Meerestiere wurden vom großen Berg zerquetscht und verloren ihr Leben in der salzigen See. Viele Bewohner der unteren Regionen und des Reiches von Varuna wurden getötet. Vom wirbelnden Berg Mandara fielen große Bäume mitsamt Wurzeln und allen nistenden Vögeln ins Wasser.

Durch die gegenseitige Reibung dieser Bäume entstand ein Feuer, das den ganzen Berg einhüllte. Der Berg glich damit einer großen Masse dunkler Wolken, welche die Blitze durchzuckten. Oh Brahmane, das Feuer breitete sich aus und verzehrte Löwen, Elefanten und andere Tiere, die auf dem Berge lebten. Da tilgte Indra das Feuer, indem er heftige Regenfälle schickte.

Nach einer Weile des Quirlens begannen sich die milchigen Extrakte der Bäume und Kräuter mit den Wassern des Ozeans zu vermischen. Und die Himmlischen wurden unsterblich, als sie das Wasser tranken, welches sich mit diesen flüssigen Essenzen aus den Pflanzen verbunden hatte und ähnliche Eigenschaften wie Amrit besaß, so als hätte man die kostbare Essenz aus Gold herausgewaschen.

Und allmählich wandelte sich, kraft dieser weißen Säfte, das gequirlte milchige Wasser der Tiefe zu geklärter Butter. Doch das Amrit selbst erschien noch nicht. Da traten die Götter von den segenspendenden, auf seinem Sitz ruhenden Brahmaa und sagten: „Herr, wir sind erschöpft. Wir haben keine Kraft mehr, um weiterzuquirlen. Das Amrit ist noch nicht erschienen, und außer Narayana haben wir und auch die Danavas keine Kraft mehr.“

Da sprach Brahmaa zu Narayana: „Oh Herr, geruhe, den Göttern Stärke zu schenken, damit sie erfrischt weiterrühren können.“ Narayana willigte in die Erfüllung ihrer Gebete ein und sprach: „Ihr Weisen, ich gewähre euch genügend Kraft. Geht, setzt den Berg an seinen Platz und quirlt die Wasser.“ Gesagt, getan. Nach einer Weile des Quirlens tauchte der milde und glänzende Mond mit tausend Strahlen aus dem Ozean auf.

Danach erhob sich Lakshmi (die Glücksgöttin), ganz in weiß gekleidet und auf einem Lotus sitzend. Dann erschienen Sura Devi, die Göttin des Weines und das gedankenschnelle Weiße Pferd Uchai-srava. Danach erhob sich das himmlische Juwel Kaustubha, welches nun Narayanas Brust schmückt. Sie alle traten vor die hohen Götter. Und endlich erschien der göttliche Dhanvantari (Arzt der Götter) selbst mit einem weißen Gefäß Amrit in seiner Hand. Die Asuras erhoben ein lautes Geschrei beim Anblick dieser Erscheinung und riefen: „Ihr habt schon alles genommen, dieser muß unser sein!“

Nach einer Weile kam der große Elefant Airavat herauf, mit seinem riesigen Körper und zwei Paaren weißer Stoßzähne. Indra (der König der Götter), der Träger des Donners, nahm ihn für sich. Doch das Quirlen ging immer weiter und zum Schluß erschien das tödliche Gift Kalakuta. Es verschlang die Erde und brannte wie Feuer mit Rauch. Durch seinen gräßlichen Geruch waren die drei Welten völlig gelähmt.

Von Brahma gebeten schluckte Shiva das Gift und rettete die Schöpfung. Der göttliche Maheshvara (Shiva) hielt es in seiner Kehle und seither wird er auch Nilakantha, der Blaukehlige, genannt. Als sie alle diese wundervollen Dinge sahen, wurden die Asuras von Verzweiflung geplagt, und zwischen den Asuras und den Göttern erhob sich große Feindschaft, denn jeder wollte Lakshmi und Amrit besitzen. Doch Narayana rief seine bezaubernde Maya (Illusion) zu Hilfe, welche die Gestalt einer verlockenden Frau annahm und mit den Danavas liebäugelte. Alle Danavas und Daityas verloren aufgrund ihrer Schönheit und Anmut den Verstand und übergaben der schönen Dame einstimmig das Amrit.
 
Die Geschichte von Rahu und dem Kampf zwischen Göttern und Asuras

Sauti sprach:
Es bewaffneten sich also die Daityas und Danavas mit den unterschiedlichsten Waffen und griffen die Götter an. In der Zwischenzeit hatte der heldenhafte Lord Vishnu in Gestalt einer bezaubernden Frau und von Nara unterstützt die mächtigen Danavas getäuscht und ihnen das Amrit entwendet.

In diesem großen Wirrwarr tranken alle Götter mit Entzücken das Amrit aus der Hand von Vishnu. Und auch ein Danava (Daemon) namens Rahu mischte sich in göttlicher Verkleidung verlangend unter die durstig trinkenden Götter. Als das Amrit seine Kehle erreicht hatte, erkannten ihn Surya und Soma (Sonne und Mond) und verständigten die anderen Götter. Sofort schleuderte Narayana seinen Diskus und schnitt dem unerlaubt Amrit trinkendem Rahu den wohlverzierten Kopf ab. Der riesige, abgetrennte Kopf des Danava glich einem Bergesgipfel, als er sich in den Himmel erhob und ein gräßliches Gebrüll aussandte. Und der kopflose Körper fiel rollend zur Erde und ließ sie mit all ihren Bergen, Wäldern und Inseln erbeben.

Doch Narayana entsagte nun seiner bezaubernden, fraulichen Gestalt, wirbelte viele schreckliche Waffen auf die Danavas und ließ sie erzittern. So begann die fürchterliche Schlacht zwischen Göttern und Asuras am Ufer des salzigen Meeres. Tausende scharfe Speere, Lanzen und viele andere Waffen wurden auf beiden Seiten geschleudert.

Vom Diskus zerfleischt, von Pfeilen und Keulen verwundet und von Schwertern zerschnitten lagen viele Asuras am Boden und erbrachen Blut. Mit scharfen, doppelschneidigen Schwertern fielen unablässig von den Körpern abgetrennte, goldverzierte Köpfe zur Erde. Die großen Asuras lagen überall tot auf dem Schlachtfeld, und ihre Körper waren in Blut getränkt. Es schien, als ob rot eingefärbte Bergesgipfel zerstreut herumlagen.

Selbst als die Sonne sich rötlich färbte, kämpften noch tausende Krieger miteinander. Von allen Seiten ertönten notleidende Schreie von den sterbenden Asuras. Und das Gebrüll der sich gegenseitig aus der Entfernung mit Geschossen oder im Zweikampf mit den Fäusten niedermetzelnden Krieger erhob sich gen Himmel. Überall hörte man Schreie wie: „Schlag zu! Durchbohre sie! Auf sie! Schleudere sie zu Boden! Vorrücken!“

Als die Schlacht am heftigsten tobte, betraten Nara und Narayana das Schlachtfeld. Narayana blickte auf den himmlischen Bogen in der Hand von Nara und dachte an seine eigene Waffe, den Danava vernichtenden Diskus. So schnell wie der Gedanke, der ihn rief, kam der feindezerstörende Diskus Sudarsana, so strahlend wie Agni und tödlich in der Schlacht vom Himmel herab.

Mit Armen wie Elefantenrüssel schleuderte Narayana mit großer Kraft und schrecklicher Energie die tödliche Waffe mit dem außerordentlichen Glanz, die wie Feuer loderte und in der Lage war, ganze Städte von Feinden zu vernichten. Der Diskus leuchtete wie das Feuer, das am Ende des Yuga alle Dinge vernichtet, und fiel beständig in die Reihen der Danavas und Daityas, welche zu Tausenden starben.

Manchmal blitzte er wie Feuer auf und verbrannte alles, manchmal tötete er die Feinde, während er sie im Flug verfolgte, und manchmal fiel er auf die Erde und trank ihr Lebensblut wie ein Kobold.

Doch auf ihrer Seite erhoben sich die kraftvollen Danavas mit den tapferen Herzen wie regenlose, weiße Wolken in den Himmel und ließen tausende Berge hinabstürzen, welche die Götter zermürbten. Diese tödlichen und massigen Felsen mit Bäumen bewachsen und flachen Gipfeln stießen beim Fall auf die Erde zusammen und verursachten ein gigantisches Donnern. Ohne Unterbrechung schrien die Krieger im Schlachtfeld, die Berge brachen zusammen und die Erde mit ihren Wäldern erbebte.

Da erschien der göttliche Nara im tödlichen Kampf zwischen Asuras und Ganas (die Rudra folgen) und zermürbte die fallenden Felsen mit seinen goldköpfigen Pfeilen zu Staub, so daß sich der ganze Himmel eintrübte. Von den Göttern aus der Fassung gebracht und im Angesicht dieses fürchterlichen Diskus, der beständig die Bereiche des Himmels durchkämmte wie ein flammendes Feuer, flohen die mächtigen Danavas davon, versteckten sich im Inneren der Erde oder tauchten in die Tiefen des salzigen Meeres ein.

Nach ihrem Sieg ehrten die Götter den Berg Mandara und stellten ihn auf seinen Platz zurück. Dann ließen die Amrit tragenden Götter den Himmel mit ihrem Freudengeschrei erklingen, und kehrten in ihre Bereiche zurück. Dort übergaben Indra und die anderen Götter höchst entzückt das Gefäß mit Amrit dem Narayana, damit er es sorgfältig bewahre.
 
Die Wette zwischen Kadru und Vinata, Kadru verflucht alle Schlangen

Sauti sprach:
Nun habe ich euch die ganze Geschichte erzählt, wie das Amrit aus dem Ozean gequirlt wurde und dabei das Pferd Uchaisrava von größter Schönheit und unvergleichlicher Stärke zum Vorschein kam. Es war dieses Pferd, von dem Kadru zu Vinata sprach:
„Sag mir schnell, meine liebenswerte Schwester, welche Farbe hat Uchai-srava?“ Vinata antwortete: „Dieser König der Pferde ist ganz sicher weiß. Was denkst du, Schwester? Sag es mir und laß uns drauf wetten.“ Und Kadru erwiderte: „Oh du mit dem süßen Lächeln, ich denke, daß Pferd hat auch Schwarzes im Schwanz. Oh du Schöne, wette mit mir, daß diejenige, die verliert, der anderen Sklavin wird.“

Und Sauti fuhr fort:
So geschah es. Die beiden wetteten, daß die Verliererin die Sklavin der Gewinnerin werden würde und sprachen: „Morgen sehen wir uns das Pferd an.“. Danach gingen sie nach Hause. Doch Kadru hatte für sich Betrug beschlossen. Sie befahl ihren tausend Söhnen, den Schlangen, sich in schwarze Haare zu verwandeln, und sich in den Schwanz des Pferdes zu hängen, damit sie nicht zur Sklavin würde. Doch ihre Söhne lehnten ihre Bitte ab.

Da verfluchte sie ihre Kinder und sprach: „Beim Schlangenopfer des weisen Königs Janame-jaya aus der Familie der Pandavas soll euch Agni alle verschlingen!“ Der Große Vater Brahma selbst hörte den außerordentlich grausamen Fluch, zu dem das Schicksal Kadru trieb. Er sah, daß sich die Schlangen zu sehr vermehrt hatten und aus Freundlichkeit den anderen Wesen gegenüber, stimmte er mit den Göttern dem Fluch zu.

Tatsächlich waren diese Schlangen mit schnellwirkendem Gift ausgestattet, sehr stark und mutig, und immer bereit, andere Wesen zu beißen, so daß der Fluch ihrer Mutter für die anderen Wesen Gutes bedeutete. Das Schicksal erlegt immer denjenigen die Strafe des Todes auf, welche nach dem Tod anderer trachten. Indem sie dies bedachten, unterstützen und lobten die Götter Kadrus Tat.

Brahmaa rief Kashyapa zu sich und sprach zu ihm: „Oh du Reiner, der alle Feinde besiegt, deine Schlangen mit dem schnellen Gift und den gewaltigen Körpern, die immer andere beißen wollen, wurden von ihrer Mutter verflucht. Nun Sohn, du solltest um ihretwillen nicht trauern. Die Vernichtung der Schlangen im Opfer wurde schon seit langem beschlossen.“ So beruhigte der Himmlische Schöpfer des Universums Kasyapa und eröffnete dem Ruhmreichen das Wissen zur Neutralisierung von Giften.
 
Kadru und Vinata erblicken den Ozean

Die Nacht war vorüber, die Sonne erhob sich am Morgen, oh du an Askese Reicher, und die Schwestern Kadru und Vinata eilten hastig, neidisch und ungeduldig heran, um das Pferd Uchaisrava von Nahem zu sehen, auf das sie um Sklaverei gewettet hatten. Auf ihrem Weg schauten sie auf den Ozean, dieses weite und tiefe Wasser, welches der Wind bewegte. Die rollenden Wogen brüllten laut.

Man sah viele Fische, die groß genug waren, einen Wal zu verschlucken, Makaras (halb Delphin, Elefant oder Krokodil, die Reittiere von Ganga und Varuna), Schildkröten, Krokodile und tausende Wesen aller Art. Er war unzugänglich für andere Wesen wegen all der schrecklichen, dunklen, monsterartigen und fruchtbaren Meerestiere. Und er war übervoll mit allen Arten von Edelsteinen, das Reich Varunas und der schönen und hervorragenden Nagas (Schlangen). Er war der Herr aller Flüsse, die Heimat des unterirdischen Feuers, der Freund der Asuras (Daemonen), der Schrecken aller Wesen, der große Vorrat an Wasser und kannte keine Veränderung.

Er war heilig, ein Segen für die Götter, die große Quelle von Amrit, grenzenlos, unfaßbar, dunkel, geheiligt und höchst wunderbar. Das gräßliche Gebrüll der Meerestiere und auch all die tiefen Strudel waren zum Fürchten. Er war ein Gegenstand des Schreckens für alle Wesen. Von den Winden bewegt erhob er sich hoch und unruhig und schien wie mit hocherhobenen Armen mit seinen Wellen zu tanzen. Er war voller sich bäumender Wogen, welche der zu- und abnehmende Mond verursachte. Er war der Ursprung von Vasudevas großer Muschel Panchajanya und aller großen Juwelen.

Vor langer Zeit wurden seine Wasser aufgewühlt vom höchst mächtigen Herrn Govinda (Krishna - der Hüter der Kühe und Gopis - Kuh-Mädchen), als er die Gestalt eines wilden Ebers annahm und die Erde wieder aufrichtete. Der große asketische Rishi Atri konnte seinen Boden selbst nach hunderten Jahren der Anstrengung nicht ergründen, denn er ist tiefer als die niederen Bereiche (Hiermit ist das universalle Ozean gemeint). Am Ende aller Yugas wird er das Bett von Vishnu mit dem Lotusnabel, wenn die unermeßlich mächtige Gottheit sich dem Yoganidra (Meditation Zustand - Wache Schlaf) hingibt, dem tiefen Schlummer unter dem Zauber spiritueller Meditation.

Er war die Zuflucht vom Berg Mainaka, als dieser die fallenden Donnerblitze fürchtete. Und er war die Ruhestätte für die von den Göttern besiegten Asuras. Er opferte dem lodernden Feuer aus dem Mund von Varava (der Meeresstute) Wasser wie heilige Butter. Er war bodenlos, ohne Grenzen, weit, unermeßlich und der Herr der Ströme.

Die Schwestern schauten auf die mächtigen Flüsse, die mit stolzem Schwall zu tausenden in ihn mündeten wie liebende Wettstreiter, ein jeder eifrig erpicht, in ihn einzugehen und den anderen zuvorzukommen. Sie sahen, daß er immer gefüllt war, und seine Wellen immer tanzten. Und sie sahen, daß er tief und voller schrecklicher Wale und Makaras war. Und immer erklangen die fürchterlichen Stimmen der Meerestiere in diesem weitausgedehnten, unergründlichen und grenzenlosen Raum voller Wasser.
 
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Die Schlangen färben den Schwanz des Pferdes

Sauti sprach:
Die Naga (göttliche Schlangen) Söhne debattierten untereinander und kamen zu dem Entschluß, daß sie dem Befehl ihrer Mutter folgen sollten. Denn wenn sie ihrem Wunsch nicht nachkamen, würde sie ihrer Liebe entsagen und sie alle verbrennen. Doch wenn sie ihnen wohlwollend zugetan war, dann würde sie vielleicht alles zurücknehmen und sie vom Fluch befreien. Sie sagten: „Wir werden zweifellos den Schweif des Pferdes schwarz einfärben.“ Und es wird gesagt, daß sie sich verwandelten und Haare am Schwanz des Pferdes wurden.

Die beiden Schwestern begaben sich vergnügt ob ihrer Wette durch die Lüfte zum anderen Ufer des Ozeans. Auf ihrem Weg schauten sie auf diese Masse an Wasser herab, die nicht einfach gestört werden konnte, und die vom Wind heftig und plötzlich bewegt wurde. Da war ein schreckliches Getöse und überall sahen sie Fische, die in der Lage waren, Wale zu verschlingen, Makaras, und viele andere Wesen der unterschiedlichsten Formen und Farben. Der Ozean wurde durch all diese gräßlichen Monster ein fürchterlicher Ort. Er war unzugänglich, tief, die Quelle aller Juwelen, das Heim Varunas, die wunderschöne Heimstatt der Nagas, der Herr der Flüsse, der Ort des unterirdischen Feuers, die Zuflucht der Asuras und der Born allen Wassers.

Er war unvergänglich, aromatisch, heilig, die wunderbare Quelle von Amrit für die Himmlischen, unermeßlich und unerfaßbar. Er enthielt heiliges Wasser, wurde bis an den Rand von tausenden großen Flüssen gefüllt und tanzte mit seinen Wellen. Er war so weit wie der Himmel, und sein Körper wurde von den Flammen des unterirdischen Feuers erleuchtet. Er brüllte, und die Schwestern passierten ihn schnell.
 
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