Hallo,
mein Eindruck ist, dass wir über ähnliche Phänomene reden, wir jedoch unterschiedliche Begriffe verwenden und uns mit diesen unterschiedlichen Begriffen in Relation zu unserer Persönlichkeit in dieses Gespräch einbringen.
Der Ausgangspunkt vor der „Praxis“ – ich meine damit hier erst einmal nur die „Praxis des Konzentrierens auf ein Objekt etc.“ - scheint mir zu sein: entweder man ist eher unruhig (A) oder man kommt sich selbst eigentlich ruhig (B) vor.
Im Fall A ist es ganz deutlich wahrzunehmen, dass man sich eigentlich hinsetzt, um sich zu beruhigen. Und „beruhigen“ heißt hier, dass die ganzen Stimmen im Kopf ein wenig distanziert im Bewusstsein vorbeiziehen können und sich hierbei auch der Körper etwas entspannt.
Im Fall B meint man eigentlich, man wäre ruhig, aber wenn man sich hinsetzt und beginnt, sich auf ein Objekt etc. zu konzentrieren, dann wird sehr schnell deutlich, wie viel Unruhe hier doch vorhanden ist und wie viele Stimmen, Gedanken etc. hier ein kleines Konzert aufführen können.
Beide treten also aus unterschiedlichen Einstiegsbewusstseinserlebnissen in dieses erste Stadium ein: viele Stimmen, Bilder, Erinnerungen, Gedanken, etc. .
Nun hat RegNiDoen von einem „Sich-Daran-Gewöhnen“ gesprochen. Mir scheint, dass sich hier eine Gewöhnung vollzieht, aber auch mehr als „Gewöhnung“. Wenn man sich nur daran „gewöhnen“ würde, dann würde sich der Gedankenfluss nicht verändern, lediglich das Erlebnis stets ähnlicher Gedankenflüsse würde langsam ruhiger wahrgenommen werden und man würde immer mehr spüren, dass man dieses Ich ist. Tatsache ist doch aber, dass sich auch der Gedankenfluss verändert. Mir scheint der Prozesse, dass das beobachtende Ich ruhiger wird, sich gewöhnt und damit auch das beobachtete Ich, also der Gedankenfluss, der das Ich ja ebenso selbst ist – beobachtendes Ich und beobachtetes Ich sind Eins - durch den Begriff der Gewöhnung nicht ganz erfasst zu, aber doch auch ein Teil zu sein.
Ich finde, dass man diesen zweiten Aspekt vor allem dann sehr deutlich beobachten kann, wenn man beispielsweise über 10-20 Tage täglich 8-12 Stunden intensiv meditiert, ohne mit anderen Menschen zu kommunizieren – also nicht über Jahre mit 1-2 Stunden Praxis und „Gewöhnung“.
Beides schließt sich natürlich nicht aus und hat je seine Vorteile.
Wenn sich nun langsam diese Ruhe einstellt, dann wird das Bewusstsein klar und ruhig, wie ein heller Strahl. Aber dieser Bewusstseinsstrahl wird nicht nur klar und hell, sondern zugleich wird er auch „stärker“. Wenn man sich nun auf ein Chakra, eine Körperstelle etc. konzentriert, dann sind die Empfindungen viel intensiver und klarer: einerseits kann nun das leichte, energetische Vibrieren viel feiner wahrgenommen werden, andererseits können grobe Stellen, Wunden im Herzen etc. wie ein starker, heißer Schmerz empfunden werden.
Diese zweite Phase, wenn Ruhe einkehrt und dieser Bewusstseins-Strahl rein und stark ist, hab ich zuvor als „Beginn der Meditation“ bezeichnet.
Ich will mich aber nicht an Worten festhalten, weshalb ich hier die Phänomene und Phasen beschreibe..
Wenn man mit dieser Fähigkeit sich nun bestimmten Meditationstechniken widmet, dann steht man noch vollkommen am Anfang, scheint es mir. Es ist sicherlich sehr beglückend, wenn man eine Stunde in voller Stille verharrt. All das, was hiernach in der Außenwelt passiert, kann dann nicht mehr viel anrichten – im Inneren ist dann Stärke, Gleichmut und Glanz. Ich will dieser Phase nichts Positives abstreiten.
Bis es dann jedoch zu einer Bhanga-Erfahrung kommen kann, dass kann mehrere intensive Tage, Woche, Monate oder Jahre gehen – je nach biographischer Konstitution/ kosmologischem Karma. Und auf diesem Wege kann und muss man sich sicherlich viel mit seinem Ego auseinander setzen. Minderwertigkeitsgefühle, aggressive Reaktionen, Süchte, Neid, traumatisierte Erlebnisse, all das kann aufsteigen und wird eventuell gleichmütig verarbeitet/losgelassen. Ich denke, dass auch diese Auseinandersetzung mit diesen psychischen Erlebnisse ein Teil des gesamten Prozesses ist, ohne, dass ich irgendwie „Meditation“ darauf beschränken möchte.
Und gerade im Alltag – wie das Galong auch beschrieben hat – zeigt sich die Frucht der Meditation. Werde ich aggressiv, wenn ich Situationen so erlebe, das mich andere angreifen ? Begegne ich Menschen mit Mitgefühl, ohne, dass ich mir Mitgefühl als Ideal ständig vorhalte? Kann ich mich selbst akzeptieren und lieben, auch wenn ich nicht erlöst bin, vielleicht noch am Anfang stehe ? Denke ich stets, dass die anderen Schuld an Ereignissen haben oder kann ich mich auch selbst hinterfragen, ohne mir die ganze Schuld zuzuschreiben?
Vielleicht kann man es auch so beschreiben, dass sich langsam immer mehr die „Meditation“ auch außerhalb der Sitz-Praxis vollzieht. Immer mehr werden alltägliche Situationen zu Meditationsaufgaben. Was zuvor „Gleichmut“ und „Liebe“ während der Meditation im Innern erforderte, das stellt sich jetzt als bewusste Aufgabe im Alltag dar.
Aber nicht nur im Alltag, natürlich wird sich das dann auch in der „Sexualität“ widerspiegeln, die dann nicht mehr als Sexualität (2. Chakra), sondern als spirituelle, erotische, liebevolle Vereinigung (Gelassenheit, alle Chakren, Flow) erlebt wird.
Man kann natürlich den Begriff „Meditation“, wenn man will, auch nur für Erlebnisse der dritten Phase verwenden. Also z.B. das Bhanga-Erlebnis: der gesamte Körper ist ein Vibrieren und löst sich auf, im ganzen Körper kribbelt es, Energie flutete überall und alles vibriert. Man kann diesen Zustand auch so lange halten wie eine „Meditation“ der zweiten Phase – die Frage ist nur, ob das sinnvoll ist oder ob man hierbei nicht an „schönen“ Emotionen klammert, etc. – aber das ist ein anderes Problem. Es stellt sich also auch hier wieder die Frage: Mit welcher (Meditations-)Technik arbeitet man hier mit diesen neuen Phänomenen?
Und irgendwann, kommt dann (vielleicht) auch die Erlösung, Nibbana, – ich habe sie noch nicht erlebt
- und wenn man will, dann kann man auch dieses Erlebnis, als „die einzige, wahre Meditation“ bezeichnen. Ich glaube nur, dass man sich damit selbst keinen großen Gefallen tut und, wenn man andere mit diesem Begriff bewertet oder sie damit subsumiert und gleichstellt, auch den anderen nicht.
Ich denke, dass all diese Phasen Entwicklungsphasen darstellen: zunächst Gelassenheit, Geduld und Gleichmut, dann Auflösung und Verarbeitung von psychischen-leiblichen Verfestigungen und ... . Aber es kann durchaus sein, dass ein sehr gelassener, gleichmütiger Mensch viel mehr Ruhe und Spiritualität für einen Beobachter ausstrahlt, als ein Mensch, der sich gerade mit schwierigen Verfestigungen auseinandersetzen muss.
Und eigentlich laufen auch alle Entwicklungen in den jeweiligen Phasen gleichzeitig ab und nicht so sortiert und geordnet, wie ich das hier darstellte, um sie zu beschreiben. Alles sind vielleicht eher Wellen, Wellen die aus einem Meer kommen und wieder in dieses Meer zurückfließen..
Alles Liebe
Energeia