Mir scheint Du hältst Deine Ratio für so klein, daß sie Deinen Gefühlen nicht gewachsen ist. Das ist aber nicht so, der Verstand ist in der Lage, Gefühle zu verstehen, die Ursachen zu begreifen und zu heilen. Vor allem was verstanden ist, das heilt. Es ist dabei egal, ob man es aus Glaubenswissen heraus versteht, oder aus materiell-technischem Wissen. Unverstandenes Verdrängtes bleibt immer diffus und beängstigend.
Einerseits schreibst Du, Du wollest auf keinen Fall an Deine verdrängte Tiefe heran, andererseits gehst Du zu einer Familienaufstellung und läßt Dir die Hände auflegen. Ja was willst Du denn nun wirklich?
Bist Du dir sicher, daß Du nicht an Deine Tiefe heranwillst? Ich meine ja Du verpaßt da etwas und die Idee, nicht damit umgehen zu können, was Dein eigenes Leben ist und war, scheint mir aus einem Minderwertigkeitskomplex zu entstammen. Oder so.
Wenn man die eigene Tiefe nicht hat und kennt, dann hat man doch nichts. Dann lebt man doch nur die Oberfläche, das kann es doch nicht sein, oder? Nicht auf Dauer.
Was man mit 30 nicht für bewältigbar hält, darüber lächelt man mit 50. Warum nur?!
Und noch zur Atmung:
Ich würde auf das Handauflegen verzichten, um ehrlich zu sein. Es hat Dir ja jetzt gezeigt, woran Du arbeiten kannst: an den Grenzen Deiner Atmung. Du vermeidest natürlich (wie wir wohl alle zumeist) die Tiefe der Atmung und atmest psychisch, also oberflächlich und bestimmt von Deinen nervlichen Verfassungen.
Ein tiefer, natürlich fliessender Atem hat eigentlich sogar 4 Phasen:
1. die Ausatemphase, bei der sich in einem vom Körper selbst gewählten Tempo die gesamte Lunge lehrt und im Liegen die Bauchdecke ganz ganz tief nach unten hereinfällt in Richtung Rücken.
2. Eine Atempause. Sie entsteht nur nach vollständiger Ausatmung. Atmet man nicht vollständig aus, so entsteht die Pause nicht, sondern es geht sofort mit der Einatemphase weiter. Wenn man genau hinspürt dann fühlt es sich so an, als hätte das Zwerchfell Angst, wirklich loszulassen und die Grenze zwischen Brust- und Bauchraum (Verstand und Gefühl) freizugeben. Es atmet einfach aus psychischer Veranlassung heraus und aus falscher Atemgewohnheit wieder ein. Pfui, doofes Ding, laß es locker und der Atem ist es auch und geht natürlich.
3. Die Einatemphase. Nach der Atempause geht es in einem vom Körper selbstgewählten Tempo wieder los, es ist so als wenn ein Auto ganz langsam anfängt bergab zu rollen, weil man vergessen hatte die Handbremse anzuziehen. Wenn das Zwerchfell locker ist, dann fühlt sich das Einatmen so an, als ob der gesamte Oberkörper bis hinunter zum Steißbein und Po langsam und gleichzeitig wie ein Ballon gefüllt wird. Alle Zonen des Oberkörpers bis zum Halsansatz herauf füllen sich wie ein Ballon, weil die Lunge die Massen gleichmässig verteilt. Das kann dauern, aber die Ausatemphase dauert normalerweise länger.
4. Eine Atempause. Wenn wirklich der Atem entspannt ist, dann ist am Zenit der Einatmung ebenfalls eine Pause vorhanden. Natürlich nicht beim aktiven Tun, sondern das ist eher in Ruhe oder in der Meditation so. Oder beim Yogaüben, oder im Autogenen Training. In dieser vierten Atemphase, die glaube ich nur wenige kennen, tauscht sich in der Lunge die Luft mit dem Körper aus und Sauerstoff wird aufgenommen. Man kann es fühlen: es kribbelt und das sauerstoffreiche Blut verteilt sich im gesamten Körper, der völlig entspannt liegt und über, unter und neben der Luftblase, die man ist, herumliegt. Ist in der Luft nicht mehr ausreichend Sauerstoff vorhanden, wird die Luft wieder ausgegeben und Phase 1 beginnt. Es ist so, als ob man ein klitzekleines Loch in einen Ballon macht und ein bisschen Luft unbemerkt ausströmt. Aber dann beschleunigt es sich und alles sinkt wieder zu Boden, oder auf's Bett oder auf die Yogamatte etc.
Ich schildere Dir das, weil ich Dir den Tip geben möchte, für Dich selber zu versuchen, via Atmung Deine Tiefen zu erreichen. Und nicht via Gefühl oder Begegnung in einer Aufstellung, auch nicht durch sonstige Manipulation, sondern nur durch Dich selber beim Atmen. Auch nicht durch leidvolles Erinnern, Aufarbeiten - noch nicht einmal durch Verstehen der Vergangenheit. Sondern nur durch Training des natürlichen Atmens. Du wirst sehen, daß sich dadurch alles, was in Dir verhaftet ist, ganz von alleine löst, sich Deinem Geist zeigt, Du kannst das Gefühl ertragen, verstehen und es in die Vergangenheit stecken, wo es hingehört. Es loslassen wie den Atem.
Leg Dich einfach mal hin und beobachte die Phasen, den Atem. Das kann man täglich morgens und abends tun, da liegt man meist eh.
LG