Der Sinn in der postmodernen Welt

Z

Zugvogel

Guest
Liebe Foris,

ich habe den Eindruck, es gibt zwei Lager (natürlich gibt es auch noch ganz viel dazwischen, aber zur Verdeutlichung will ich mal schwarz und weiß aufzählen):

1. Die "Esos", die munter an Aliens, Engel und Channelings glauben und das alles mit der Quantenphysik begründen. Interessant an dieser Fraktion ist, dass sie bei Kritik durchaus aggressiv reagieren, was darauf schließen lässt, dass sie sich ihres Weltbildes nicht ganz sicher sind.

2. Die "Vernünftigen", die außerhalb der Naturwissenschaften nichts sehen. Für diese Fraktion ist alles spirituelle biologisch erklärbar (das Hirn kann uns ja schließlich alles vorgaukeln...) und auch sie reagieren emotional, nicht aggressiv wie "Freaktion 1", sondern mit einer vorgezeigten intellektuellen Überlegenheit, die auch auf ein Defizit schließen lässt (oder wozu sollte es jemand, der mit sich vollkommen im Reinen ist, nötig haben, andere auf Unzulänglichkeiten im Weltbild hinzuweisen - wo dieses bröckelige Weltbild eindeutig einen Trost in der postmodernen erkalteten Welt darstellt? (nochmal ganz deutlich: ich halte es für wenig empathisch, Menschen ihren für die psyschische Gesundheit wichtigen Glauben streitig machen zu wollen))

Besonders merkwürdig finde ich es, wenn es zu Streits kommt, wer wem beweisen müsse, dass es eine Seele (Gott oder-was-auch-immer) (nicht) gibt. Klar ist doch, dass sich hier gar nix inter-individuell beweisen lässt, dass es nur um inneren Frieden gehen kann und um individuelles Vertrauen ins Leben und seinen Sinn.

Ich versteh es echt nicht - die Welt geht nicht unter, wenn jemand nicht der Evolutionstheorie vertraut und auch nicht, wenn jemand Liebe auf biochemische Prozesse reduziert.

Mein Eindruck: Wir sind alle sehr verunsichert und das liegt daran, dass es in der Postmoderne keinen fest verankerten Sinn des Lebens gibt. Menschen aus älteren Generationen, die ich noch kennen lernen durfte, hatten diese Probleme tatsächlich weniger (dafür natürlich andere) - da gab es einen wie auch immer gearteten Gott. Punkt.

Nun scheinen ja einige tatsächlich glücklich im Atheismus (wobei: ich beobachte, dass hartgesottene Atheisten über 60 plötzlich gläubig werden, in angesicht des näherrückenden eigenen Todes...) zu werden. Mir macht das ehrlich gesagt eher Angst, ich vermute, das lässt sich auf existenzielle Todesangst zurückführen.

Hmm...
Was ich mit euch diskutieren möchte, ist: Was braucht der Mensch, um das Leben lebenswert zu finden? Und damit meine ich explizit nicht sowas wie Freunde oder eine erfüllende Arbeit. Sondern ich meine es "spirituell": Wieso findet ihr das Leben lebenswert, unabhängig von individueller psychosozialer Hygiene? Sprich: Alle 90 Sekunden verhungert ein Kind irgendwo auf der Welt. Das menschliche Leben (auf dieser Erde im 21. Jahrhundert) ist trotzdem lebenswert, weil....

Ja, warum eigentlich???

Ich weiß, das ist eine schwierige Frage, wenn man sich wirklichg drauf einlässt, das könnte an die Substanz gehen. Aber vielleicht fühlt ja jemand, dass er oder sie da mal dran möchte.

LG vom Zugvogel
 
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ich musste wirklich lachen, als ich diesen beitrag durchgelesen habe, denn du hast völlig recht mit diesem 1er und 2er lager.
und ich oute mich jetzt mal (denn man soll ja immer schön selbstreflexion betreiben) ich komme eher aus dem 2er lager. nicht mehr so sehr wie früher, weil mein ego nicht mehr ganz so stark ist und auch kritik einstecken kann.

so viel zum eingangspost.
jetzt zu deiner frage
warum ist mein leben lebenswert?

naja da gibt es für mich so einige dinge die mein leben lebenswert machen. zum einen hab ich einen sohn, mein eigen fleisch und blut, zum anderen lebe ich am schönsten fleck der erde, umgeben von mutter erde und zum dritten, weil ich lernen kann, ich kann hier lernen wirklich wieder mensch zu werden, auch wenn es keine leichte aufgabe ist, doch ich will es und das macht mein leben verdammt lebenswert. :)
 
Was braucht der Mensch, um das Leben lebenswert zu finden?
M.M. nach muss er sich selbst kennen, sich selbst liebenswert finden - dann ist man nämlich weitgehend unabhänging von Personen und Dingen... Soviel zur Theorie.

Was mein Leben im Moment erfüllt, ist der Gedanke, dass es einen best. Grund hat, wieso ich hier bin, wieso ich dies und jenes tue etc.

Grüße,
Diana
 
Was ich mit euch diskutieren möchte, ist: Was braucht der Mensch, um das Leben lebenswert zu finden?
Einfache Antwort: Der Mensch braucht ein Ziel.
Das Problem ist nur, daß unsere Gesellschaft in der Richtung kaum was zu bieten hat. Und darum sucht Mensch in allen nur denkbaren Richtungen nach einen Ziel, rennt dabei immer in Kreis, und fragt sich ständig wovor er die ganze Zeit flüchtet und ob ihn das weiter bringt...
 
Hallo Sitanka und Diana,

also, wenn ich das jetzt richtig deute, dann sieht Sitanka Sinn in ihrem Leben, weil sie ihr individuelles Leben interessant und voller Liebe findet und Diana, weil sie einen übergeordneten Grund vermutet, der ihr Dasein ordnet.

Hmm...
Sitanka, aber wie sieht es aus, wenn jemand trotz jahrelanger Versuche nicht schwanger wird und in einem hässlichen Plattenbau wohnt und der so traumatisiert ist, dass er einfach nicht aus seiner negativen Wahrnehmung rauskommt - wo ist für den der Sinn des Lebens (wenn dieser an persönliche Dinge gekoppelt ist...)?

Und Diana, du meinst, dass du an einen Grund siehst, der nicht aus dir selber stammt? Kannst du das konkretisieren?

Ach, ich frag das ja nicht, weil ich selber die Weisheit mit Löffeln gegessen habe - ich finde es unendlich schwierig, eine Basis zu finden, an die ich glauben kann...

(wobei das Verb glauben auch schon wieder so kritisierbar ist - glauben ist ja nicht wissen, eigentlich finde ich das Verb vertrauen besser)

LG vom Zugvogel
 
Einfache Antwort: Der Mensch braucht ein Ziel.
Das Problem ist nur, daß unsere Gesellschaft in der Richtung kaum was zu bieten hat. Und darum sucht Mensch in allen nur denkbaren Richtungen nach einen Ziel, rennt dabei immer in Kreis, und fragt sich ständig wovor er die ganze Zeit flüchtet und ob ihn das weiter bringt...

Hallo Millex,

was sind denn deiner Meinung nach brauchbare Ziele, um das Leben als sinnvoll zu empfinden?

LG vom Zugvogel
 
was sind denn deiner Meinung nach brauchbare Ziele, um das Leben als sinnvoll zu empfinden?
Ziele sind schwer zu definieren. Es muß ein Ziel sein was erreichbar scheint und trotzdem nie erreicht werden kann, denn dann hätte man das Problem mit dem "was kommt danach...", was einen also einen Weg aufzeigt der einen weiter bringt und dabei nicht im Kreis laufen läßt.
Mein Ziel ist, immer den richtigen Weg zum Ziel, was ich nie erreichen werde, zu finden...
Der Weg ist das Ziel...
 
Hallo,
diese ganze Sinnsuche macht doch erst unfrei, ängstlich und orientierungslos.
Ein Backofen hat den Sinn zu backen.
Ein Auto soll fahren.
Ein Mensch "soll", DARF leben. Das ist Sinn genug.

Sayalla :)
 
Ziele sind schwer zu definieren. Es muß ein Ziel sein was erreichbar scheint und trotzdem nie erreicht werden kann, denn dann hätte man das Problem mit dem "was kommt danach...", was einen also einen Weg aufzeigt der einen weiter bringt und dabei nicht im Kreis laufen läßt.
Mein Ziel ist, immer den richtigen Weg zum Ziel, was ich nie erreichen werde, zu finden...
Der Weg ist das Ziel...

Hmm... also, vorstellen kann ich mir darunter trotzdem noch nix... (oder alles und nichts...)




Hallo,
diese ganze Sinnsuche macht doch erst unfrei, ängstlich und orientierungslos.
Ein Backofen hat den Sinn zu backen.
Ein Auto soll fahren.
Ein Mensch "soll", DARF leben. Das ist Sinn genug.

Sayalla

Hallo Sayalla,

und was ist mit Menschen, deren Leben frühzeitig geendet ist? Und meinem Mitgefühl für diese Menschen?

Mit dem ersten Satz kann ich zwar d'accord gehen, aber andererseits haben wir Menschen nunmal genug (oder zuviel?) Verstand, der uns zwingt, durch diese Sinnfragen zu gehen...

LG vom Zugvogel
 
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aber andererseits haben wir Menschen nunmal genug (oder zuviel?) Verstand, der uns zwingt, durch diese Sinnfragen zu gehen...
Hm, - in ganz jungen Jahre habe ich mich ausgiebigst mit Sinn-Fragen beschäftigt ... auf ganz vielen Ebenen.
Da sich die Antwort nie wirklich geklärt hat ;) (wie auch) und ich nicht sinnlose Hypothesen "leben" wollte, lebe ich jetzt einfach - in der (von Dir so gut beschrieben Kategorie 2) - und das sehr, sehr glücklich.
Ein gewisser "eigengestrickter" Sinn, der aber in keinerlei Kategorie paßt, ist sicher auch dabei ... .
 
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