Ist alles eine Sache der Perspektive.
Wenn du in einer fast leeren Wohnung sitzt mit 3 Kindern, seit fast 3 Monaten darauf wartest, dass endlich Leistungen fließen, weil dein Antrag immer noch nicht abschließend bearbeitet wurde und du somit seit zig Wochen ohne Geld da sitzt und nicht weißt, wie du mit 3 Kindern leben sollst (Bezugsscheine für die Tafel waren auch nicht zu ergattern, weil Belastungsgrenze überschritten), während dein Vermieter bereits mit fristloser Kündigung droht und das Jobcenter dir aber schon mal vorsorglich mit Sperre droht, weil du ja seit Wochen keine Bewerbungen schreibst.... dann denke ich, dass die Bedrohung deiner Existenz (und der deiner Kinder) kaum als relativ harmlose Gängelei zu sehen ist... (jüngster Fall den ich jetzt hatte, wenige Wochen vor Weihnachten und nein...KEIN trauriger Einzelfall, bevor mir wieder einer damit kommen will)
Das hat für mein Empfinden auch nix mit einer verwöhnten Wahrnehmung zu tun. Das ist zerstörerischer Psychoterror in Reinkultur und sorgt in vermutlich nicht wenigen Fällen dafür, dass die Obdachlosenzahlen steigen und noch mehr Kinder in staatlicher Obhut landen (auch einen Selbstmord aus solchen Umständen heraus hatten wir schon dabei)
Ich glaube einfach, dass viele viele Mitbürger immer noch nicht realisiert haben, wie groß die Armut in Deutschland mittlerweile tatsächlich ist. Wir nähern uns langsam aber beharrlich diesbezüglich amerikanischen Verhältnissen, aber die wenigsten hier wollen das wahrhaben und schwadronieren immer noch davon wiiiieee gut es "uns" hier doch geht, womit sie dann vermutlich ihre eigene Situation und die ihres direkten Umfeldes meinen und das mal flugs eben auf ganz Deutschland projezieren und/oder der Ansicht, dass die vielen Menschen, die hier mittlerweile ganz unten am Rande der Gesellschaft rumkrebsen ja eigentlich selber schuld seien.
Das wirkt manchmal ein bischen surreal, wenn auf die Hartzler gespuckt wird, als sei das nur faules Pack, das es nicht anders verdient hat und im gleichen Atemzug die Flüchtlinge wie die heilige Kuh in den Himmel gehoben wird (damit meine ich jetzt nicht dich, Vermin, obwohl es sich anfangs erst so las...) und dass ICH auf so etwas mitunter etwas empfindlich reagiere, ist vermutlich der Tatsache geschuldet, dass dies nun mal eine "Klientele" ist, mit der ich regelmäßig zu tun habe und somit viele damit zusammenhängende Schicksale kenne und auch hautnah miterlebe (neben Obdachlosen, Opfern von Partnerschaftsgewalt und mißhandelten/mißbrauchten Kindern). Wenn du regelmäßig darum bemüht bist, diesen Menschen irgendwie zu helfen, geht einem dann gelegentlich schon mal ein wenig "der Hut hoch". Selbstverständlich ist das nicht angebracht, aber menschlich...
Und um den Bogen zurück zu schlagen zum Thread-Thema, gemessen daran scheint mir die Drohung, einen Deutschkurs besuchen zu MÜSSEN bei mangelnden Sprachkenntnissen, doch vergleichsweise erträglich, ohne das Schicksal von Kriegsflüchtlingen dagegen aufrechnen zu wollen. Vor allem, wenn man nebenbei auch hautnah mitbekommt und realisiert, dass eine nicht unbeträchtliche Anzahl der Flüchtlinge mitnichten alle vor einem Bombenhagel, Terror oder Folter flohen. Auch DAS ist eine Tatsache, die oft vehement negiert und bestritten wird.