Bahia

K

Karuna

Guest
Bahia
I

Es war am späten Nachmittag, als Diogo und Angela, endlich, nach einer langen Fahrt, Canavieras erreichten. Der Bus hielt mitten im Ort am Hafen, wo ein paar Männer vor einer Kneipe versammelt, laut diskutierten.
„Das war eine lange Reise.“ Angela kletterte steif aus dem Bus.
Diogo folgte ihr. Neugierig schauten die Männer zu ihnen herüber. Diogo nahm seinen Rucksack und bedeutete Angela ihm zu folgen.
„Alô“, grüβte er.
„Boa tarde“, kam es brummend zurück. Es waren alte Männer mit dunkler Haut. Einer von ihnen stand auf und kam wankend auf sie zu.
Die abseits stehenden Männer verfolgten währenddessen begierig das Gespräch. Ein Farbiger mit aufgedunsenem Gesicht und glasigen Augen stierte zu Angela und begutachtete ihren Körper selig von oben bis unten. Da war erst einmal ihr knappes T-Shirt mit Spagetti Trägern, welches verheiβungsvolle Wonnen ihm offenbarte. Nachdem er sich an den Andeutungen ihres Busens genügend aufgegeilt hatte, wanderten seine Augen hinab zu ihren kurzen Shorts, die ihre Beine ganz frei gaben.

„Ich suche das Haus von Mariazinha Santos“, erklang Diogos Stimme ziemlich ungeduldig, lieβ den Gaffer zusammenzucken.
„Hm.“ Der alte, der aufgestanden war, hatte eine Alkoholfahne und sah Diogo neugierig an. „Mariazinha Santos?“ Er kratzte sich am Kopf. “Kennst du sie?”
Diogo wich einen kleinen Schritt zurück und nickte. „Sie ist meine Groβmutter.“
Allgemeines Beifallgemurmel. „Ah, deine Groβmutter“, wiederholte der alte Mann grinsend und zeigte dabei seinen fast zahnlosen Mund. „Mariazinha wohnt dort hinüber, ganz am Rande des Ortes.“ Er zeigte nach links. „Du musst einfach diese Straβe weitergehen und dann, beim Ende den Erdweg nach links. Ihre Hütte ist die ganz hinten, am Rande vom Palmenhain.“
„Danke Compadre. Das war sehr freundlich.“
„Du bist also der Enkel.“ Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. „Ja, es ist zwanzig Jahre her, als dein Vater von hier fortreiste. Er war ein guter Mann, ich kannte Francisco gut.“ Dann deutete er auf Angela. „Und wer ist die Ausländerin?“
„Oh, sie ist meine Freundin und ich will sie meiner Groβmutter vorstellen.“
Die übrigen Männer nickten wohlwollend und zwinkerten Diogo fachmännisch zu.
„Dann habt noch einen schönen Tag und danke erst einmal“, rief er ihnen zu und machte sich mit Angela auf den Weg.
Canavieras bestand aus alten Kolonialhäuschen in bunten Farben.
„Das waren einmal die Paläste der Coronels“, meinte Diogo abschätzend.
„Coronels?“ fragte Angela. „Was sind Coronels?“
Das war in den dreiβiger Jahren, als der Kakaohandel blühte, man nannte sie auch die Kakaobarone. Canavieras war damals einer der wichtigsten Kakaohäfen der Welt. Diese verdammten Coronels schwammen nur so im Geld und tranken Champagner lieβen Tänzerinnen aus Paris einfliegen.“ Diogo schnaubte verächtlich. Und meine Urgrosseltern wurden damals noch wie die Sklaven ausgebeutet. Mein Vater erzählte mir diese Geschichte mal.“ Er seufzte. „Mein Groβvater zog es vor mit den Fischern hinaus zu fahren, als sich auf den Plantagen abzuplagen.“
Sie waren bereits ein gutes Stück Weg gegangen und kamen an einem Lebensmittelgeschäft und dann an der Schule vorbei. Diogo konnte es kaum erwarten seine Groβmutter endlich zu sehen und humpelte bereits voraus, während Angela müde hinterher trottete.
Rechterhand glitzerte das Meer in der kleinen Fischerbucht, wo Boote lustig in der Nachmittagsbrise schaukelten. Dann wurde die Gegend immer einsamer, der Weg führte an Kokospalmen entlang und man hörte nur das Rauschen des Windes in den Wipfeln.

Ich bin gespannt auf die alte Frau, dachte Angela. Wie Diogo es angedeutet hat, soll sie hellseherische Fähigkeiten besitzen. Sie ist eine Mãe de Santo, eine Candomblé Priesterin. Diogo will sie unbedingt sehen. Nach dem Besuch seiner Mãe de Santo in Jacarepaguá, sprach er nur noch davon, denn er hat Angst vor bösem Zauber und sie soll ihn davon befreien. Es ist sein Aberglauben, der bisher unüberwindbar zwischen uns steht. Claudia ist da ganz anders, aber Claudia wuchs in Brasilien auf. Da verkaffert man wahrscheinlich ein bisschen. Sie atmete einmal tief ein. Die Luft roch nach Meer und nach der Erde hier. Es war dunkelrote Erde, fruchtbare Erde. Hier wir der Kakao angebaut, vor hundert Jahren war noch dichter Urwald, und nicht weit von hier, im Hinterland, gibt es ihn noch immer meilenweit. Darum haben mich diese Hinterwäldler auch so angegafft, überlegte sie. Wir sind hier so ziemlich am Ende der Welt.
„Angela, wo bleibst du?“, rief ihr Diogo zu. Sie schrak aus ihren Gedanken. Er war bestimmt zwanzig Meter vor ihr und wartete bereits.
„Wir sind hier zwar im Nirgendwo, aber es ist paradiesisch, Diogo.“
Sie marschierten tapfer die Landstraβe, auf der der Abendwind rote Staubwolken aufwirbelte.
„Paradiesisch? Dieses Land hier nennt man das Land ohne Ende, so erzählten meine Eltern. Blutdurchtränkte Erde, von den zahllosen Menschen, die ihre Leben lassen mussten.“
Dann sahen sie die Hütte. Sie stand ein wenig abseits, am Rande von einem Palmenhain. Genau wie der Fischer es beschrieben hatte und vor der Tür wartete eine dicke Negerin und winkte. „Das ist sie“, murmelte Diogo. „Das ist meine Groβmutter.“
Angela nickte. Und dann hinkte Diogo zu ihr.
„Avô! Avô!“ rief er und fiel ihr in die Arme.


text von Karuna
auszug aus Maracanã:kiss3:
 
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II

Sie waren bereits eine Woche in Canavieras, im Süden von Bahia und Angela war glücklich hier, obwohl die alte Frau einige seltsame Zeremonien mit Diogo machte und sie öfters alleine mit sich war.

Na ja, dachte sie, Diogo hatte mich vorher schon darauf vorbereitet und von seinem Schutzgott Xangô gesprochen… Angela hatte sich an eine der vielen Kokospalmen gelehnt, und beobachtete, wie es langsam dämmerte. Hier setzte sie sich oft hin, es wurde ihr Lieblingsplatz, dann, wenn Diogo und die Zauberpriesterin ihre seltsamen Rituale in der Hütte vollzogen. Es hingen Rauchschwaden in der Luft, die sich sanft ausbreiteten und mit dem Grau der Dämmerung vermischten. Oben in den Palmen zwitscherten noch hie und da ein paar Vögel, die aber bald verstummten, nachdem es zunehmend dunkler wurde. Angela sah die ersten Sterne oben am Himmel aufblitzten und ihr war friedlich ums Herz. Ob es wohl an diesem Platz liegt, oder an Diogos Groβmutter?
Sie blickte hinauf zu den Sternen und dachte weiter über die Alte nach, die hier in der Einsamkeit, mit ein paar Hühnern und Ziegen lebte. Und mit ihren afrikanischen Göttern: Ogum, Omulú, Oxossí, Oxulufa und Yemanjá.
Diogo war unbemerkt gekommen und hatte sich neben sie gesetzt.
Lange Zeit schwiegen beide und schauten auf das ruhige Meer, in dem sich die Sterne spiegelten.
„Es ist sehr einsam hier“ begann Angela zögernd. Kein elektrisches Licht und die anderen Hütten so weit. Lebt deine Groβmutter schon lange alleine in dieser Hütte hier?“
„Schon lange, ja. Einmal, nach einem Sturm auf dem Meer, kam mein Groβvater mit seinem kleinen Fischerboot nicht mehr heim und da beschloss mein Vater nach Rio de Janeiro zu ziehen um sein Glück dort zu versuchen.“
„Du kamst bereits in Rio auf die Welt, somit ist das jetzt zwanzig Jahre her?“
„Ein wenig länger muss es her sein.“ Diogo atmete tief ein. „Es war meine Groβmutter, die ihn praktisch wegschickte, sie prophezeite ihm einen besonderen Sohn, der dort auf die Welt kommen sollte. Wir zogen erst einmal zu einem Onkel, der in Nilópolis wohnte. Ja, so fing alles an.“
„Was fing an?“
Diogo antwortete nicht. Schlieβlich sagte er leise, mehr zu sich selbst: der Besuch mit meinem Onkel im Maracanã Stadium, als ich sieben Jahre alt war. Von da ab begann ich den Fuβball ernst zu nehmen.“
Diogos Groβmutter erschien vor der Tür und rief nach ihnen zum Abendessen. Hand in Hand schlenderten sie in Richtung Hütte.

Heute gab es Ximxim. Dafür hatte die Alte ein Huhn geschlachtet und daraus ein köstliches Gericht mit getrockneten Krabben, Erdnüssen gezaubert. Geschmort in Palmöl und Kokosmilch, scharf gewürzt mit roten Pfefferschoten und dazu Reis.
Sie aβen schweigsam, drauβen vor der Hütte. Die Erde war noch warm, aber eine leichte Brise kam vom Meer und sorgte für Erfrischung.
In der Ferne begann eine Harmonika ein schwermütiges Lied zu spielen, begleitet von Gitarren und Gesang, der Wind brachte immer wieder Musikfetzen davon herüber.
„Übermorgen werden wir das Fest von Yemanjá feiern“, begann die Alte und sah beide abwechselnd an.
Diogo nickte und verdrückte derweil mit groβem Appetit sein Ximxim.
„Ich brauche für den morgigen Abend den Santo Daime und ich brauche dringend Heilpflanzen für deinen Fuβ“, sagte sie nachdenklich und pfiff durch ihren fast zahnlosen Mund.
„Santo Daime?“ Diogo sah sie fragend an. „Ist das nicht diese Pflanze aus dem Urwald?“
„Santo Daime ist das Getränk aus der Ayuhascapflanze.“ Sie stellte brummend ihren Teller zur Seite und sah Angela an. „Morgen in aller Früh müssen wir los, noch bevor die Sonne aufgeht. Paulinho wird uns abholen und in den Urwald begleiten.“
„Ich kann nicht solche weiten Strecken mit meinem Fuβ wandern Avô!“
Die Alte schüttelte unwillig den Kopf. „Du bleibst hier, ich gehe mit Angela und Paulinho bringt uns hin. Gregório erwartet uns bereits…“ Sie lächelte verschmitzt und stand auf.
„Ist es denn nicht gefährlich, Avô?“
„“Nicht mit mir und Paulinho.“ Dabei schaute sie Angela fragend an. „Und? Traust du dich uns zu begleiten?“
Angela brauchte nicht weiter zu überlegen. „Natürlich, kann ich mit Tennisschuhen gehen?“
Die Alte nickte und schien zufrieden, dann begann sie leise ein Lied vor sich hin zu summen: “Ich bin nicht Gott, aber ich habe Hoffnung. Ich bin nicht Gott, aber ich habe Hoffnung
Ich bin nicht Gott, aber ich bin sein Ebenbild. Gott ist Feuer…Gott ist Wasser, Gott ist alles…“
Dann war es sehr still. Die Musik der Ziehharmonika und der Gitarren in der Ferne waren inzwischen verstummt, auch die traurigen Lieder von Liebe und Sehnsucht. Man vernahm nur das Rauschen des Windes und der Wellen, die sich am Strand brachen.
Die Alte stand auf. „Lasst uns schlafen gehen, morgen ist ein langer Tag.“
Angela und Diogo folgten ihr ins Haus.
 
III

Sie waren bereits zwei Stunden marschiert. Langsam begann es zu dämmern. Dona Mariazinha, wie die Alte hieβ, schritt rüstig voran. Vor Angelas Auge erstreckten sich die Kakaopflanzungen, so weit das Auge reichte. Sie ging durch das hügelige Land der Kakaobäume, schwer behangen mit reifen Früchten, die golden in der Morgensonne glänzten und folgte Mariazinha im Gänsemarsch. Die Nachhut bildete Paulinho.
Als die Sonne höher und höher am Horizont aufstieg, näherten sie sich dem Urwald. Paulo holte seine Manchete hervor, ein langes Buschmesser und bildete ab jetzt die Vorhut.
Es war ein schmaler Trampelpfad, der sie tiefer und tiefer in undurchdringliches Dickicht hineinführte. Bald musste Paulinho mit seiner Manchete den zugewachsenen Pfad frei schlagen.
Der Urwald begann immer dichter zu werden und obwohl die Sonne bereits aufgegangen war, blieb sie unsichtbar hinter dem Dach von Baumkronen verborgen.
Sie versanken im Universum des Dschungels, wo der Himmel sich nicht mehr zeigte und die Zeit ihre festen Konturen verlor, bis es schien, als bliebe sie endgültig stehen und sie in eine andere, fremde Realität verwies.
Es roch nach Morgentau. Die Luft war schwer vom Duft süßlich duftender Blüten.
Paulinho verlangsamte seinen Gang. Sie mussten sich vorsichtig weiter bewegen, hindurch zwischen Lianen, Riesenfarnen und Pflanzen mit großen fleischigen Blättern. Immer dichter wurde der Urwald. Der Lärm von exotischen Vögeln, Insekten und dem Gekreische der Affen war ohrenbetäubend.
Längst waren ihre Kleider durchnässt vom Schweiß, ihre Schuhe voll gesogen von Wasser. Das Vorwärtskommen wurde immer schwerer und war ermüdend.
Nicht so Mariazinha, sie ging barfuss, genau wie Paulinho. Angela wagte aber nicht ihre Schuhe auszuziehen, aus Vorsicht vor Schlangenbissen und Blutegeln, gegen die Mariazinha und Paulinho anscheinend immun waren.

Angela war in eine völlig andere Welt versetzt worden. Im Territorium der Unwirklichkeit, der Intuition und der Magie. Hier in diesem grünen Universum konnte man sich nicht mehr allein auf den Verstand verlassen.
Da dachte sie an ihre Meditationstechniken, die sie in Rio beim Yogakurs gelernt hatte und wendete sie an. Sie wurde ruhig und kämpfte nicht mehr an, ließ einfach geschehen.
Endlich, nach langer Zeit erreichten sie eine Waldeslichtung mit einer einsamen Hütte in der Nähe eines kleinen Flusses. Es war ein groβer freier Platz aus lehmigem, festgestampften Boden Die Hütte war mit Palmenblättern, die man kunstvoll geflochten hatte, an drei Seitenwänden bedeckt und dadurch sehr luftig. Das Dach war genauso mit Palmenstroh bedeckt und überall liefen Hühner und Ziegen herum.
Vor der Hütte saβ ein dunkelhäutiges Männchen vor einer Feuerstelle, mindestens genauso alt wie Mariazinha, die freudig auf ihn zueilte.
„Das ist Gregório“, stellte sie den Alten vor und bedeutete Angela Platz zu nehmen. Auch Paulinho gesellte sich dazu. Der Alte eilte in die Hütte und kam mit frischem Wasser
dass er in Holzbechern anbot. Dann musterte er mit aufmerksamen Augen, die so klein wie Schlitze waren, das blonde Mädchen aus Deutschland und Angela tat das Gleiche. Er musste wirklich uralt sein, die Haut seines Gesichts schien nur aus Falten und Runzeln zu bestehen. Sein Haar war schneeweiβ und zu einem dünnen Zopf geflochten, der ihm bis an die Hüfte reichte. Er trug nur einen Lendenschurz und einen Gürtel, an dem hing ein kleiner Lederbeutel, bunte Vogelfedern und kleine Kabassen. Den Hals schmückten mehrere Ketten aus Muscheln, bunten Samenkörnern, Wildschweinzähnen und kleine Knochen.
Nachdem sie ihre Becher gelehrt hatten, goss ihnen Gregório stark aromatisch duftenden Kräutertee ein.
„Salve a Natureza!“ begann er. „Heilige Mutter Erde“, er hob den Becher. „Mutter Erde, an dich wollen wir uns immer erinnern und dir danken.“ Er bot seinen Becher symbolisch der Erdmutter an und verbeugte sich drei Mal vor ihr. Die Alte, Paulinho und auch Angela taten es ihm nach und sprachen: „Salve a Natureza“, sprachen sie.
„Jeder Berg, jeder Felsen und unsere Natur, das ist Mutter Erde“, fuhr der alte Gregório fort. „Der weiβe Mann kam über das Meer und eroberte unser Reich, aber er hat unsere Mutter Erde nicht geachtet und hat so den Vater unserer Welt beleidigt.“ Gregório seufzte schwer und fuhr dann fort: „Der weiβe Mann hat dadurch, dass er seine Liebe zu unserer Mutter Erde vergessen hat, Krankheiten in der Natur und sich selbst heraufbeschworen. Ohne die Liebe zu Mutter Erde, hat der weiβe Mann die Liebe zum Vater der Welt auch vergessen und wurde kalt im Herzen. Das Blut der Menschen veränderte sich seitdem, es birgt in sich den schleichenden Tod.“
Dann tranken sie von dem Tee. Er hatte einen bitteren Geschmack, aber er war wohltuend nach der langen Wanderung. Die Sonne stand bereits oben am Zenit, sie mussten sieben Stunden gegangen sein, überlegte Angela und trank durstig.
„Ich lebe schon ewig in diesem Wald, die Erde dort bei den Kakaoplantagen, sie ist blutdurchtränkt, ich floh vor unzähligen Jahren vor meinem Plantagenbesitzer und lebte bei den Indianern. Der Zauberer des Stammes lehrte mich alles über die Heilpflanzen.“ Er seufzte. „Wenn dieser Wald eines Tages auch gerodet wird, dann sind die Tage auf der Erde gezählt und groβes Unheil droht über die Menschen hereinzubrechen.“

„Das ist ein Tee aus Ayahuasca“, sprach Mariazinha nach einer geraumen Weile leise. „Er wird aus dem Cipó Jagube, dem König des Urwaldes und den Blättern der Urwaldkönigin, des Chacruna Strauches zubereitet und wirkt heilend und bewusstseinserweiternd.“
Angela zuckte zusammen. „Bewusstseinserweiternd?“ fragte sie ein wenig bange.
„Keine Angst, meine Tochter, der Tee ist schwach und nicht schädlich.“ Die Alte lächelte besänftigend. „Wir müssen ja bald wieder aufbrechen und uns auf den Heimweg begeben.“
Gregório trank seinen Tee und sah Angela an.
„Habe keine Angst, meine Tochter. Du bekommst nur den Tee zu trinken, mehr nicht. Um des Ayahuasca wirklich würdig zu sein, braucht man ein langes Leben.“ Er lächelte vielsagend und erzählte von Jahren der Enthaltsamkeit und der kargen Kost von Bananen und selbst gefischtem Fisch aus dem Fluss und den vielen Stunden, die er am Ufer verbringe und ihm lausche.
„Wer die Wahrheit sucht, der muss allem entsagen.“ Er schwieg lange Zeit und man hörte das Schnattern der Papagaien in den Bäumen, das Gekreische der Affen, die sich immer mehr näherten. „Ich lebe hier allein mit den Tieren und lausche dem Fluss. Manchmal besucht mich Mariazinha, ich besorge ihr die Heilpflanzen die sie braucht, so wie heute.“ Er lachte laut. „Ich träumte letzte Nacht, davon, dass sie kommt und ein blondes Mädchen mitbringen wird.“ Er stand auf und begab sich kurz in die Hütte, um gleich darauf mit den Fischen zu erscheinen, die er, wie er sagte, heute morgen erst gefangen habe. Paulo holte aus seiner Tasche einen kleinen Beutel mit Salz hervor, den er Gregório reichte. Der bedankte sich und spieβte die gesalzenen Fische auf Stöckchen und legte sie über die Glut.
Es waren kleine Fische, die schnell garten und einen köstlichen Duft verströmten. Der Alte scharrte im Feuer und förderte gebackene Süβkartoffeln hervor, die er auf kleine Blechteller verteilte und dazu je einen der fertig gebratenen Fische legte.
Der Fisch war zart und von besonderem Aroma. Angela langte hungrig zu und dachte an die Bananen und den Fisch, den Gregório tagein, tagaus verzehrte. Innerlich spürte sie etwas sonderbares, eine Welle des Lichts, die sich in ihr auszubreiten begann und sie erheiterte.
„Salve a Natureza!“, rief sie aus und hielt ihren Becher hoch.
„Salve a Natureza!“, taten es ihr die Anderen nach. Gregório schenkte nochmals allen vom Tee ein und bald wurde es eine fröhliche Runde. Auch Gregório lachte mit ihnen und seine Augen waren noch mehr geschlitzt und fast gar nicht mehr zu sehen.
„Dein Freund Diogo wird wieder gesund“, sagte er wieder ernst. Er wird ein berühmter Fuβballer werden und in dein Land kommen, meine Tochter. Aber bis es soweit sein wird, sind noch Gefahren zu bestehen und hohe Berge zu erklimmen…“ Dann kicherte er wieder.
Angela war sprachlos. Woher wusste der Alte überhaupt von Diogo? Fragte sie sich, aber da hörte sie bereits Gregório fortfahren: „Diogo wird für sein Land spielen und unermesslich reich werden. Seine Aufgabe aber ist es, die Kinder zu unterstützen. Die Kinder von den Straβen zu holen.“ Er seufzte leise und murmelte: die Kinder des Lichts, die jetzt überall geboren werden in unsere Welt, rein und heilig…heilig sind sie. Ihre Lichtkörper sind von einem tiefen Blau, so wie das Meer es ist, frühmorgens wenn der Tag anbricht.“
Es folgte langes Schweigen, nur die kreischenden Papageien blieben völlig unbeeindruckt von Gregórios Zukunftsvisionen, auch die Äffchen und die Grillen und Zikaden, die zu einem ohrenbetäubenden Konzert ansetzten.


Karuna:kiss3: :kiss4: :kiss3:
 
vielen dank ganz wunderbar erzählt

und die Menschen bildeten einen Kreis mit den Pflanzen und Tieren und tanzten und ihr Gesang erscholl über alle Wipfel
„Salve a Natureza!“ „Salve a Natureza!“ „Salve a Natureza!“


liebe grüße Inti
 
Inti schrieb:
vielen dank ganz wunderbar erzählt

und die Menschen bildeten einen Kreis mit den Pflanzen und Tieren und tanzten und ihr Gesang erscholl über alle Wipfel
„Salve a Natureza!“ „Salve a Natureza!“ „Salve a Natureza!“


liebe grüße Inti


hey Inti,

das hast du dazugedichtet
gar nicht übel... oder kenne ich meine eigenen
Texte nicht mehr? hi hi

"Salve a natureza-heilig sei die Natur"

danke Karuna:kiss3: :kiss4: :kiss3:
 
Inti schrieb:
ich gebs zu, es ist von mir - man erkennt es an der etwas holprigen Wortwahl und dem sehr warmherzigen Stil.

Liebe Grüße Inti

wunderschöner warmherziger Stil
ich danke dir:blume:



„Heute ist unser letzter Abend!“ Aus Angelas Stimme vernahm man ein wenig Wehmut.
„So ist das Leben. In zwei Tagen beginnt mein Training im Flamengo Club und Gott sei Dank hat sich mein Fuβ gebessert.“ Diogo atmete hörbar aus und meinte dann: „Ich werde die ersten Tage mit Rehabilitationsübungen zu tun haben, das sagte mir der Doktor, und dann muss ich fit sein für das Pokalspiel.“
Von der Hütte drangen die Trommeln, die Congas herüber. Der Trommelschlag war ganz langsam, so wie der Rhythmus der Wellen, Die Nachbarn hatten sich bereits bei der Hütte eingefunden. Sie waren in weiβ gekleidet und man hörte ihr fröhliches Lachen.
Angela legte ihm beruhigend die Hand auf die Schultern. „Du schaffst den Pokal, Xangô wird dir dabei helfen!“
Diogo musste in sich hinein lächeln, gerade Angela sagte ihm das. Sie die an nichts glaubte. Weder an Gott, noch an Naturgötter, aber wahrscheinlich wollte sie ihm Mut machen.
Es war der groβe Tag des Festes für Yemanjá, der Königin des Meeres.
„Sobald es dunkel ist, wird der Ziegenbock geopfert werden.“ Angela sah ihn an, sagte aber nichts.
„Die Opfergaben für Yemanjá sind bereits fertig: ein Manjar mit Fisch und Palmenöl, dass wir später ins Meer bringen. „Was ist Manjar?“
„Das ist ein Brei aus Mandiokwurzel“, erklärte er. „Yemanjá isst so etwas besonders gerne, darum bereiten wir es für sie zu.“
„Wir?“ Angela sah ihn an. „Gib mal nicht so an, das war deine Groβmutter.“ Da musste er lachen.
„Ja, du hast Recht.“ Diogo erhob sich. „Lass uns zu den Anderen gehen, es ist soweit.“

In einer singenden Prozession gingen sie gemeinsam zum Strand, beladen mit Sträuβen aus weiβen Blumen und sangen immer und immer wieder:
„Saravá, saravá Yemanjá.“
Die Menschen brachten singend ihre Opfergaben ins Meer und tanzten am Strand.
Angela brachte Yemanjá zusammen mit Diogo Blumenopfer dar. Es heiβt, wenn die Blumen vom Meer aufgenommen werden, dann erfüllt sich der Wunsch. So hatten sie kleine Steinchen am Blumenstrauβ befestigt.
Dann gab es für alle reichlich zu essen und es war eine ausgelassene Gesellschaft, singend und tanzend begrüβten sie das Neue Jahr.
Ja, was wird das neue Jahr bringen?, fragte sich Angela. So viel ist geschehen, Torsten starb
Vor einigen Monaten und mitten in meiner Trauer tauchte plötzlich Diogo in meinem Leben auf, gab mir wieder Mut und Liebe zu den Dingen des Lebens.
Die Musik wiegte Angela in eine seltsame Stimmung. Sie begann sich wie die Anderen auch zu drehen und dann auf einmal hatte sie das Gefühl, dass ihr Hinterkopf eine Öffnung habe, eine Tür hinaus zur Weite des Meeres. Das groβe Meer der Zeit, wo Vergangenheit und Zukunft sich mischten, aber dieses Meer war aufgewühlt und zog Angela hinaus, hinaus in die Weite des Ozeans.
Erschrocken taumelte sie zurück, aber wieder wurde sie hinausgezogen, hörte das Rollen der Wellen und Rauschen des Wassers. Da erblickte sie Yemanjá auf den Wellen, kühl und distanziert war sie, die Göttin des Wassers, die auf sie zu kam und ihr über die Stirn strich, wie um sie zu beruhigen. Angela tat es ihr nach und strich sich mit dem Handrücken über die Stirn, schwankte vor und zurück, so wie vom Strom der Gezeiten, der sie wie Ebbe und Flut
hin und her bewegte. Irgendwann fiel sie erschöpft zu Boden und schlief dort bis zum frühen Morgen, bis das Wasser kam und sie weckte.



Karuna:kiss3: :kiss4: :kiss3:
 
Hallo ihr Lieben :daisy: !

Die Geschichte ist schön, Sista :kiss3: :danke: :kiss4: .

Venus-Skorpion kommt an mehreren Stellen zur Geltung ;) .
 
JeaDiama schrieb:
Hallo ihr Lieben :daisy: !

Die Geschichte ist schön, Sista :kiss3: :danke: :kiss4: .

Venus-Skorpion kommt an mehreren Stellen zur Geltung ;) .


danke liebe Jea...
ja diese Venus im Skorpion
die hats manchmal in sich:)
und ich liebe sie diese Venus


Karuna:kiss3: :kiss4: :kiss3:
 
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