@tarbagan,
Nein, aber du solltest Jura studiert haben, um eine ernstzunehmende verfassungsrechtliche Bewertung abgeben zu können. Alles andere ist Wichtigtuerei. Und diese Wichtigtuerei hab ich auch an Herrn Boes schon kritisiert - diese inflationäre Verwendung des Wortes "Menschenwürde". First-World-Problems halt - um mal auf ein früheres Beispiel in diesem Thread zurückzugreifen; wenn der Staat einem nicht eine "Mindestteilhabe an Kultur" bezahlt, verstößt das nach Meinung mancher hier auch schon gegen die Menschenwürde. Erzähl mal Opfern echter Menschenrechtsverletzungne (Krieg, Ausbeutung, Sklaverei, Folter), dass deine Menschenwürde verletzt ist, weil dir der Staat nen Kinobesuch nicht zahlt. Das ist doch völlig pervers.
In deinen Worten sind wieder einmal Ungenauigkeiten und Verallgemeinerungen, wo ich von einer zukünftigen Juristin erwarte, dass sie das profesioneller handhabt und Polemisierungen unterlässt.
Es ist unsinnig eine Mindestteeilhabe an Kultur auf einen Kinobesuch herunter zu brechen. Der Kulturbegriff und das dürftest Du wissen ist sehr umfassend und hat in großem Maße mit Bildung zu tun.
Zur Menschenwürde, es ist nicht nötig dass jeder Bürger erstmal Jura studieren muss um verfassungsrechtliche Beurteilungen abgeben zu können, denn gerade diesbezüglich liegen Definitionen und Beurteilungen vor, was Du ganz genau weißt. Ich habe mir die Mühe gemacht entscheidende Passagen rot zu markieren und diese dürften gerade Dir bekannt sein !
Ich zitiere:
Die Menschenwürde als oberster Wert des Grundgesetzes
Die Menschenwürde ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die wichtigste Wertentscheidung des Grundgesetzes. Sie kann niemandem genommen werden, weil sie nach der Ordnung des Grundgesetzes dem Menschen durch seine bloße Existenz eigen ist. Wohl aber kann der Achtungsanspruch verletzt werden, den jeder Einzelne als Rechtspersönlichkeit hat. Daher geht es zunächst um den Schutz vor der Verletzung dieses Achtungsanspruchs, der dem Menschen kraft seines Menschseins zukommt.
Der Staat hat alles zu unterlassen, was die Menschenwürde beeinträchtigen könnte. Es ist also ein Abwehrrecht gegen die öffentliche Gewalt selbst, und zwar in allen ihren Ausprägungen (Judikative, Exekutive, Legislative, öffentlich-rechtliche Körperschaften, Beliehene usw.). Zudem hat die Staatsgewalt Angriffe auf die Menschenwürde soweit irgend möglich rechtlich wie tatsächlich zu verhindern und entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Hinzu kommt ein Leistungsrecht: Der Gesetzgeber und die vollziehende Gewalt sind verpflichtet, allgemeinverbindliche Normen zu erlassen, die den Schutz der Menschenwürde bestmöglich gewährleisten. Der Staat hat also nicht nur selber Eingriffe zu unterlassen, sondern muss z. B. durch Gesetze darauf hinwirken, dass nicht nur die öffentliche Gewalt, sondern auch Dritte die Menschenwürde jedes Einzelnen achten. Und natürlich haben auch die Gerichte die Menschenwürde bei ihren Entscheidungen stets zu beachten.
Der Begriff der Menschenwürde
Definition des Bundesverfassungsgerichts
Der Begriff der Menschenwürde ist in zahlreichen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts definiert: Es ist damit jener Wert- und Achtungsanspruch gemeint, der dem Menschen kraft seines Menschseins zukommt, unabhängig von seinen Eigenschaften, seinem körperlichen oder geistigen Zustand, seinen Leistungen oder seinem sozialen Status. Der Staat bezieht nach der Ordnung des Grundgesetzes seine Legitimation allein daraus, dass er den Menschen konkret dient. Die Menschenwürde ist so das Bundesverfassungsgericht oberster Grundwert und Wurzel aller Grundrechte. Als einzige Verfassungsnorm gilt die Menschenwürde absolut, kann also durch keine andere Norm auch nicht durch ein davon abgeleitetes Grundrecht beschränkt werden. (Nach herrschender Meinung sei die Würde das höchste Grundrecht. Grundrechte binden nach Art. 1 Abs. 3 GG die vollziehende Gewalt. Nach Mindermeinung umstritten, da sich alle Grundrechte nach der Würde richten und somit Art. 1 Abs. 1 GG Wurzel aller Grundrechte sei.) Vielmehr sind alle anderen Bestimmungen im Lichte der Bedeutung des Art. 1 Absatz 1 Satz 1 GG auszulegen, mit der Folge, dass jeder Verstoß gegen die Menschenwürde zur Verfassungswidrigkeit der jeweiligen Norm führt, sofern nicht doch eine grundgesetzkonforme Interpretation der umstrittenen Norm möglich ist. Art. 1 Abs. 1 GG ist seinerseits durch die sogenannte Ewigkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG geschützt. Sie ist damit selbst dem Zugriff durch den Verfassungsgesetzgeber entzogen. Eine Änderung des Grundgesetzes, die den Grundsatz der Menschenwürde aufgeben sollte, ist unzulässig.
Ein Verstoß gegen die Menschenwürde ist daher jede quantifizierende Betrachtungsweise menschlichen Lebens, also z. B. die Abwägung vieler Menschenleben gegen ein einzelnes. Jedes Menschenleben ist gleich wertvoll, jeder Mensch besitzt die gleiche Würde. Jeder einzelne hat daher einen Anspruch, dass sich der Staat schützend vor sein Leben stellt. Es ist unzulässig, menschliches Leben zum Schutz anderer Leben zu opfern, und zwar auch dann, wenn die Betreffenden nach aller Wahrscheinlichkeit nur noch wenige Minuten zu leben haben. Ein solches Vorgehen würde Menschen zum Objekt staatlichen Handelns machen und ihnen damit die Achtung versagen, auf die jeder Mensch Anspruch hat; es würde damit gerade denjenigen Menschen, deren Leben in höchster Gefahr ist, der Schutz, den der Staat ihnen schuldet (vgl. oben), versagt werden.
Das Grundgesetz schließt eine erniedrigende Behandlung von Menschen durch staatliche Organe als unvereinbar mit deren Würde aus. Nach der Objektformel darf keine Person zum bloßen Objekt der Staatsgewalt herabgewürdigt werden, insofern ihre Subjektqualität damit infrage gestellt wird (vergleiche Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Dezember 1970).[14] Die grundlegenden Voraussetzungen individueller und sozialer Existenz des Menschen müssen vom Staat garantiert werden (vergleiche Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juni 1977).[15]
Auch § 136a StPO steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Verpflichtung des Staates aus Art. 1 GG, die Würde des Menschen zu achten und zu schützen:
Die Freiheit der Willensentschließung und der Willensbetätigung des Beschuldigten darf nicht beeinträchtigt werden durch Misshandlung, durch Ermüdung, durch körperlichen Eingriff, durch Verabreichung von Mitteln, durch Quälerei, durch Täuschung oder durch Hypnose.
Zwang darf nur angewandt werden, soweit das Strafverfahrensrecht dies zulässt. Die Drohung mit einer nach seinen Vorschriften unzulässigen Maßnahme und das Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils sind verboten.
Verpflichtung des Staates, das Existenzminimum zu gewährleisten
Das Bundesverfassungsgericht verbindet Art. 1 mit Art. 20 GG (Sozialstaatsprinzip), um die Verpflichtung des Staates herzuleiten, jenes Existenzminimum zu gewähren, das ein menschenwürdiges Dasein überhaupt erst ausmacht.[19]
Nun zum Ende dieser Zitate frage ich Dich wie es kommt, dass Sachbearbeiter welche ja übrigens auch kein Jura studiert haben, in mannigfaltiger Weise, zielgerichtet gegen das GG verstoßen und weshalb Verwaltungsakte per se über das GG gestellt werden.
Dagegen geht Herr Boes vor. Und wie ich ja schon aufgezeigt habe, hat das Job-Center zwei Sanktionen wegen angeblicher Formfehler 3 Wochen später zurück gezogen - weshalb wohl ?
Ich sage deutlich NEIN zu deinen Aussagen - der 1. Artikel des GG und die Menschenwürde sind nicht auslegbar, denn wie ich aufgezeigt habe hat Bundenverfassungsgericht hier definiert und klar geurteilt !!!
Ich wehre mich gegen Aussagen - wie auch Du sie öfters von Dir gibst ganz ohne frage intelligent und wortgewandt, die nicht nur meinem tiefen Gewissen und Rechtempfinden nach grob fahrlässig oder gar beabsichigt sind, sondern bewusst oder unbewusst zum Ziel haben Grundgesetz und Menschenwürde beliebig zu relativieren und zu missachten.
LG Siegmund