Zum Thema "Aggressives Missionieren":
Ich war 8 Jahre lang Vegetarier, 6 davon Veganer. Da war das zwar noch nicht so verbreitet und trendig wie jetzt, aber immerhin schon so, dass man nicht mehr zwangsläufig entmündigt, enterbt und nackt durchs Dorf getrieben worden ist. Trotzdem hab ich damals massenhaft aggressivstes Missonieren durch Fleischfresser erlebt.
Ich hab niemandem erklärt, dass er böse ist, weil er da totes Tier essen tut. Und das war auch gar nicht nötig, um dennoch in Debatten zu geraten. Es reicht oft die bloße nüchterne Erwähnung der simplen Tatsache, dass man kein Fleisch ißt, und los gehts mit den Vorträgen über Unnatürlichkeit, Militanz, Unausgwogenheit, unmittelbar bevorstehendes entsetzlichstes Leid durch B12-Mangel und andere Mängel usw. usw. usw.
Es ist wahrhaft faszinierend, welche Filme und Programme bei vielen Leuten anspringen, sobald sie einen von diesen pöhsen Körndlfressern gewahren, selbst wenn der nix gesagt hat außer dass er kein Fleisch isst.
Selbst jetzt, wo ich seit mittlerweile 15 Jahren selber wieder Fleischfresser bin, fällt mir das nach wie vor auf. Jemand erwähnt, dass er Vegetarier ist, und schon geht die ganze eingelernte Leier los.
Natürlich gibts auch mehr als genug aggressiv missionierende Veganer/Vegetarier, keine Frage. Aber auf der "Gegenseite" ist dieser Wahn um nix weniger vertreten.
Ja, genau das ist auch meine Erfahrung. Eigentlich wollt ich hier eh noch Beispiele anbringen, fand ich hier im Thread dann bloß etwas ausschweifend.
Mittlerweile denke ich, wenn man wirklich nur einem "Trend folgen" möchte, gibt es weitaus angenehmere, akzeptiertere. Als ich zB (wirklich nicht angriffig) unter einem Tierhaltungs-Video einmal schrieb, dass ich es schade finde, dass Schweine noch immer betäubungslos kastriert werden (und ich hatte noch nicht einmal meine Ernährung verraten), kam prompt ein: "Du dummer Veganer, geh doch Scheiße fressen!". Teilweise auch von (angeblichen) Landwirten ausgehend.
Und wenn man es gut mit mir meint und mich nicht kennt, lief das dann häufig so oder ähnlich ab: Dorffest, es gibt Kotelett, der Koch ist ein Bekannter meiner Familie also esse ich höflichkeitshaber eben Pommes mit Ketchup. Niemand versteht, warum ich das "lecker Kotelett" nicht bestellt habe, und nach einer 5-Minuten-Diskussion ringe ich mich dazu durch, zu sagen, dass ich kein Fleisch esse. Folge: Verständnislose Blicke, dann Gelächter, diverse Sprüche (aber die waren nicht böse gemeint, ein "freundschaftliches Necken" kann ich ab), und dann ein: "Ah, deshalb bist du so dünn! Na typisch, das ist bei vielen Veganern/Vegetariern so. Mädel, du brauchst Fleisch!"
- Das Witzige ist nur, dass ich zu dem Zeitpunkt schon Normalgewicht hatte - dank veganer Ernährung. Ich war jetzt Jahrelang (fast 10 Jahre) untergewichtig, die Ärzte fanden nichts, es war eine Odyssee. Dann begann ich (aus ethischen Gründen) mit veganer Ernährung und innerhalb von 1, 2 Monaten hatte ich endlich wieder Normalgewicht und sah sogar laut Fleischessern viel gesünder aus. Aber wie will man dann halt bei einem Dorffest, wo alle freudig ihr Kotelett verspeisen zwischen "Tür und Angel" jemandem erklären, dass man dank pflanzenbasierter Nahrung endlich wieder zugenommen hat und weniger "ausgemergelt" aussieht als zu Fleischesser-Zeiten?
- Also sagte ich einfach nichts, habe sogar der Höflichkeit halber dann von anderen Anwesenden noch das Kotelett gekostet um dem Koch ein freudiges Lächeln zu entlocken (auch wenn ich es nicht vertrug, lag aber nicht an der Qualität, die war sehr gut) und somit sahen sich wohl alle in ihren Vorurteilen von wegen "unternährter Veganer muss zu Fleisch missioniert werden" wieder bestätigt.
-- Das nehm ich auch niemandem übel, ich mag die Bekannten dort sehr. Aber das sind halt Alltagssituationen, die erlebe ich gefühlt jeden zweiten Tag. Und mir fehlt einfach meist die Energie und Lust, Umstände zu berichtigen oder groß zu diskutieren. Will ja auch nicht die Laune anderer verderben.
Was ich total spannend fand: Ich war bislang bei 2 Heilpraktikerinnen, bei einer davon schon 2 Mal. Bei unserer ersten Begegnung kamen die üblichen Argumente - vielleicht zu wenig Nährstoffe, lieber nicht vegan, usw. - bis sie mich dann auf die Nährstoffe testete und diese laut ihr alle vorhanden waren (da war sie etwas verblüfft). Als wir uns dann 3 Monate später zur Nachbesprechung wiedersahen, war sie zwischenzeitlich selbst Veganer geworden - für ihre Gesundheit.
Das schreibe ich jetzt nicht, weil jeder Veganer werden müsste, sondern weil ich es spannend finde, wie viele Menschen oft ihr Vorverständnis verändern, wenn sie es einfach selbst probieren. Ich hatte früher, als Fleischesser, ja genau die gleichen Vorurteile und Vorstellungen über Veganer

, bis ich einfach selbst dazu kam.
Mein Umfeld isst jetzt auch vermehrt vegan, und es schmeckt ihnen und sie fühlen sich wohl damit. Ich habe sie übrigens nicht missioniert - sie wurden einfach immer neugieriger und es scheint ihnen wohl zu gefallen.