Das ist eben eine überaus interessante Frage. Ich habe aber die Behauptung, es gäbe einen Unterschied, nicht aufgestellt (und auch nicht die gegenteilige Behauptung).
Irgendwie scheint es "offensichtlich" zu sein, dass "Sexkauf" und Chirurgie, Alten- oder Krankenpflege nicht wirklich qualitativ gleichzusetzen sind. Aber eben, worin besteht denn jetzt genau der Unterschied?
Im Grad der Intimität? Genau das Argument finde ich als wenig zutreffend, wie schon oben erwähnt.
In der Bezahlung? Kann auch kein treffendes Argument sein, weil ja in all diesen Bereichen eine Bezahlung stattfindet.
In der Asymmetrie der Macht zwischen Klient und Dienstleistungserbringer? Das könnte gegebenfalls ein Argument sein, obschon ich es ein eher schwaches Argument empfinde. Denn, in der Chirurgie, Alten- und Krankenpflege ist der Klient besonders schutzbedürftig gegenüber dem/r Dienstleistungserbringer/in. Der Klient kann sich ja in diesen Beziehungen nur in eingeschränktem Masse wehren. In der Prostitution - vorausgesetzt es handelt sich um Klienten ohne spezifische geistige oder körperliche Beträchtigungen - ist der Klient nicht im gleichen Mass schutzbedürftig, er kann sich nämlich ein gutes Stück weit besser wehren. Insofern könnte dies ein erster Ansatz sein, den wir argumentativ weiterverfolgen könnten.
Irgendwo wurde von "Aufgeilen" oder so ähnlich gesprochen. Könnte dies ein Alleinstellungsmerkmal der Prostitution sein? Theoretisch ja, aber es bleibt leider ziemlich unklar, wie genau denn "Geilheit" in irgendeiner Weise eine qualitativ andere Dienstleistung darstellt als Chirurgie, Altenpflege oder Krankenpflege. Eigentlich kann ich mir bloss ein einziges Pesudo-Argument ausdenken - welches ziemlich entlarvend ist: Dass nämlich "geile" Menschen irgendwie weniger Kontrolle über ihre Impulse hätten als "nicht-geile" Menschen, und weil das eben so sei, bestehe eine besondere Schutzbedürftigkeit für Prostituierte vor der Abwesenheit der Impulskontrolle der Freier. Dieses Argument - wenn es denn gültig wäre - wäre wenigstens in irgendeiner Weise logisch. Ich halte es aber für kein wirklich gültiges Argument, weil ich dieses Narrativ des Kontrollverlustes gerade nicht glaube. Sonst wären wir ja alle Opfer unserer Sexualität und gerade eben nicht zurechnungsfähig für das, was wir tun. Man könnte dann niemanden für schuldig halten, der/die eine andere Person vergewaltigt, denn er/sie wäre ja bloss Opfer der eigenen Triebe, die unkontrollierbar wären. Insofern also ist "Geilheit" kein gutes Argument, warum Prostitution anders sein soll, als eben anderes.
Vielleicht gibt es ja noch weitere mögliche Argumente, die mir jetzt nicht in den Sinn kommen?