Um mehr über den psychischen Gesundheitszustand von Sexarbeitenden zu erfahren, wurde zwischen August 2004 bis Februar 2005 in Zürich eine erste Querschnittsuntersuchung durchgeführt. Darin wurden insgesamt 193 Sexarbeitende nach ihrem psychischen Gesundheitszustand und ihren Erfahrungen in der Sexarbeit befragt [20].
Die Untersuchung zeigte, dass Sexarbeitende in Zürich deutlich häufiger an psychischen Störungen litten als Frauen in der europäischen Allgemeinbevölkerung [21]. Es wurden Jahresprävalenzen hinsichtlich affektiver Störungen (30,1 Prozent) und Angsterkrankungen (33,7 Prozent) beobachtet, die zum Teil um das Sechsfache höher waren als in der europäischen Allgemeinbevölkerung (5,6 Prozent affektive Störungen, 8,7 Prozent Angsterkrankungen).
Dieser Vergleich kann allerdings nur grobe Hinweise liefern, da es sich bei den Vergleichszahlen um keine nach Alter und sozioökonomischem Status angepasste und nach Nationalität parallelisierte Vergleichsgruppe handelte.
Darüber hinaus deutete aber das Verhältnis aus Lebenszeit- und Jahresprävalenz der psychischen Störungen darauf hin, dass sich nicht nur Frauen mit psychischen Erkrankungen für Sexarbeit entscheiden, sondern dass insbesondere die Belastungen der Tätigkeit selbst, die psychische Gesundheit der Sexarbeiterinnen negativ beeinflusst [20]. Dabei hängt die Häufigkeit psychischer Störungen insbesondere von den Arbeitsbedingungen (beispielsweise Escortservice, Arbeit in Bordellen oder Straßenprostitution) und der Nationalität der Sexarbeitenden ab.
Die höchsten Prävalenzraten fanden sich bei Nicht-Europäerinnen, die in Studios arbeiteten. Die höchste Depressionsrate (45,5 Prozent) wurde bei den drogenabhängigen Straßenprostituierten beobachtet, die überwiegend die Schweizer Nationalität hatten.
Die Ergebnisse wiesen darauf hin, dass die psychische Beeinträchtigung der Sexarbeitenden im Zusammenhang mit tätigkeitsspezifischen Risiken wie Gewalt steht. Soziale Unterstützung, die sich positiv auf das Wohlbefinden auswirkt, erlebten die Sexarbeitenden meist nicht.