Lieber Mmanuel,
ja ich halte nichts von dem Schuld- und Sühneprinzip, deshalb werfe ich auch nicht alle in einen Topf. Du sprichst von der kriminellen Kirche und dem Vatikan und da möchte ich Dich daran erinnern, dass die Christenheit nicht nur aus der Institution der römisch-katholischen Kirche besteht. Sie umfasst zwar einen Großteil des Christentums, aber eben halt nicht alle.
Ja, Schuld lässt sich nicht abtragen und schon gar nicht die Schuld derer, die sich diese aufgeladen hatten. Du sprichst davon kein Richter zu sein und dennoch verurteilst Du im Gießkannenprinzip. Ja, ich glaube Dir gerne, dass Du Dich mit der Christenheit beschäftigt hast, aber mit was hast Du Dich da beschäftigt? Ich denke, dass man immer nur das sehen kann, auf das man auch blickt.
Ich möchte jetzt hier kein neues Fass mit der Hexenverfolgung aufmachen, aber da solltest Du auch einmal etwas genauer hinschauen. Diese Gräuel sind nicht aus der Institution der r.-k. Kirche entstanden, sondern aus den klimatischen Lebensumständen im ausgehenden Mittelalter. Zu den Missernten wurden Schuldige gesucht und da erinnerte man sich an die Hexen. Diese Frauen wurden nicht von der Kirche angeklagt, sondern von der Bevölkerung. Die Folge war eine Hysterie der Denunziationen, die jeden treffen konnten – auch Männer.
Zudem lag die Gerichtsbarkeit nicht bei den „Kirchen“, sondern in den weltlichen Institutionen. Der Mob auf den Straßen war also die Triebfeder dieses Unheils, wie es heute noch ist. Klar gab es auch beim Klerus Leute jeglicher Konfession, die sich vor diesen Karren spannen ließen und Öl ins Feuer gossen. Diese Kleriker waren jedoch auch damals schon innerhalb des Klerus sehr umstritten. So wurde zum Beispiel der Verfasser des Hexenhammers vom Bischoff von Innsbruck des Landes verwiesen und das war nicht der einzige Widerstand. Selbst Rom hielt sich in dieser Frage sehr bedeckt.
Hexenverfolgung und andere Pogrome gab und gibt es weltweit, auch heute noch und das ohne einen Bezug zur Christenheit. Gibt es bei uns nicht auch Leute jeglichem Couleur, die gerne Öl ins Feuer gießen?
Da bin ich dann auch wieder bei dem biblischen Aug um Auge, denn im Alten Testament galt das als Gesetz, nach dem die Richter urteilten. Die Folge waren unversöhnliche Fehden in der Gesellschaft und dagegen wandte sich Jesus. Einfach einmal Schweigen und nicht das letzte Wort oder das Recht für sich in Anspruch nehmen zu wollen:
Mattäus 5 [37] Eure Rede soll sein: ja, ja; nein nein. Was darüber ist von Übel. [38] Ihr habt aber gehört, dass da (vor dem Richter) gesagt wird: „Auge um Auge, Zahn um Zahn.“ [39] Ich sage aber euch, dass ihr nicht wiederholen sollt dieses Übel, sondern so dir jemand einen Streich gibt auf deine rechte Wange, dem biete auch die andere dar.
Wie Du siehst, geht bei den Gleichnissen von Augen und dem Stein, der geworfen wird, nicht um die Vergebung einer Schuld. Ja und in diesem Sinne, möchte ich auch nicht an einer Christenverfolgung beteiligt sein und dazu auch nicht schweigen.
Merlin