Wenn ein Obdachloser...

... denn wir nehmen die Position des Auf-jemanden-Herabsehens ein. Die Begegnung mit Menschen, denen es - unserer Beurteilung nach - schlechter geht als uns selbst, schmeichelt dem Ego, und wenn wir dann etwas geben, fühlen wir uns groß und gönnerhaft und machen die andere Person damit klein. Dummerweise merkt sie das und wird es eigentlich nur dann wirklich akzeptieren können, wenn sie aus dem masochistischen Lager kommt.

nanabosho, ich verstehe worauf du hinaus willst
und ich habe oft die selben Gedankengänge:

Etwas annehmen zu müssen, ist für viele (Bettler)
etwas, was gegen ihren Stolz geht. Das ist auch
verständlich, denn ich denke mal, jeder möchte
unabhängig sein.
Deshalb setzen sich viele schon mit diesem
Gesichtausdruck auf die Strasse, der ausdrückt:
"Es ist mir unangenehm, etwas annehmen zu
müssen", oder "ihr Reichen kotzt mich an".


Ich habe aber auch schon erlebt, dass man mit
Menschen, die betteln oder Kleinigkeiten auf der
Strasse verkaufen ins Gespräch kommt, sich
austauscht...
Das finde ich schön, vor allem wenn man
sich danach gegenseitig noch einen
schönen Tag wünschen kann...:)



Mit Hass auf die Umwelt, gegenseitiger
Verachtung oder einem schlechten
Gewissen kommt man imho nicht "weiter".






Lg. Vogelkatze
 
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Ein weiterer Anhang:
Wir müssen vorsichtig sein, wenn wir sagen: Dieser oder jener ist b e d ü r f t i g. Es gibt auf beiden Seiten einen ungesunden Beigeschmack, wenn wir das tun. Denn wir nehmen die Position des Auf-jemanden-Herabsehens ein.

"Bedürftig". Es ist eine Einschätzung, eine Bewertung von etwas, das wir nicht genau wissen können.
Meistens werden uns da selbst unsere eigenen Bedürfnisse widergespiegelt: z.B. helfen wollen = Einfluss haben = jemanden/etwas/sich verändern können = sich selbst annehmen wollen usw. ...

Es könnte auch sein, dass wir manchmal etwas von uns geben (etwas veräußern), um uns selbst innerlich kleiner zu machen und den anderen größer, damit wir intuitiv wieder auf Augenhöhe kommen. Das könnte dann das Bedürfnis nach Ausgleich sein für die, die spüren, dass alles miteinander verbunden ist. So wie sich unterschiedliche Wasserstände früher oder später angleichen.

Deshalb setzen sich viele schon mit diesem
Gesichtausdruck auf die Strasse, der ausdrückt:
"Es ist mir unangenehm, etwas annehmen zu
müssen", oder "ihr Reichen kotzt mich an".
Interessante Beobachtung, so habe ich das noch nicht gesehen. Danke.


Immer noch finde ich diese Frage an die Threaderstellerin interessant und würde mich über eine Antwort freuen:
Lionéz;3391181 schrieb:
Sagt er selbst, dass er obdachlos ist und was er möchte?
Fragst du ihn das vorher, bevor du rotierst, die Platzdeckchen hinlegst und Kürbissuppe auftaust? :)
Was du im Teil 2 vorschlägst, beruht ja auf reinen Annahmen oder vielleicht gelernten Vorstellungen in dieser Situation: [...]

Betteln, bitten zu können setzt ja eigentlich ein genaues Gespür und Bewusstsein für seine Bedürfnisse voraus - und dann die Fähigkeit, einen ziemlich konkreten Wunsch zu kommunizieren.
Vielleicht sind manche von dieser Unmittelbarkeit überrascht, weil sie sich ihre Bedürfnisse selbst nicht so klar eingestehen oder äußern würden? Würde zumindest ein paar Automatismen oder Übersprungshandlungen der "Gebenden" erklären. :)
 
Zitat von Lionéz Beitrag anzeigen
Sagt er selbst, dass er obdachlos ist und was er möchte?
Fragst du ihn das vorher, bevor du rotierst, die Platzdeckchen hinlegst und Kürbissuppe auftaust?
Was du im Teil 2 vorschlägst, beruht ja auf reinen Annahmen oder vielleicht gelernten Vorstellungen in dieser Situation: [...]
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Ich betrachte mir nicht nur die Welt,sondern besonders diese seltsame Lebenswesen die sich Mensch nennen,hier bei uns stehen jedes Wochenende einige Obdachlose und verkaufen ihre Zeitung,ich sehe wie angeekelt einige diese Menschen betrachten,wie sie ein Bogen um sie machen..Als hätten sie die Pest,hier wurde auch meine Frage geboren..Was wäre wenn? Klar kommen Obdachlose nicht an die Haustüren,aber wenn doch? Meine Oma hatte ein kleines Ritual,sie machte es ab und zu,besonders aber an Weihnachten,nahm sie etwas zum Essen mit,Kleidung oder ähnliches und sie ist auf die suche gegangen ,sie ist so lange herumgelaufen,bis sie es bedürftigen schenken konnte,es gibt viele Menschen die es tun,auch ich mache es,ich Helfe,bin da,ich würde auch Aufmachen und Geben wenn jemand bei mir an die Tür klopfen wird,ich Frage nicht,ich handle,aber leider gibt es bei mir keine Kürbissuppe,wenn dann eine richtig gute Hühnersuppe.:)
 
Wenn ein Obdachloser an deine Tür klopfen wird,was würdest du tun? Würdest du ein Teller mit etwas warmen für ihm haben,würdest du die Tür überhaupt aufmachen oder ihm sogar zu dir hereinlassen? Sag schon,was würdest du tun?

Einen Menschen, über den ich nicht das geringste weiß, der mir absolut unbekannt ist? Schwere Frage.

Ich bin schon in höchstem Maße gefordert, einen flüchtig Bekannten aus der Kneipe hier ein paar Nächte verbringen zu lassen, weil ich hab nur Zimmer, Küche Kabinett und weiß, er träumt davon, sich ein Bett in meinem Zimmer aufzustellen. Er bietet mir sogar Geld von seiner Mindestpension dafür an, aber ich kann nie sicher sein, in welchem Zustand er nächtens daher kommt. Nie im Leben könnte ich eine WG mit ihm gründen, auf der Basis meiner Mietwohnung.

Ich bin selber krank und kaputt vom Alkohol, von Medikamenten und von mir selber und kann selbst einem Menschen, den ich flüchtig kenne, über dessen trauriges Schicksal ich zumindest ein wenig was weiß, nur für ein paar Nächte einen Schlafsack anbieten und bin gefordert, im Internet für ihn zu recherchieren und ihn zurück, in Richtung Stadt und Öffentlichkeit zu drängen.

Bei einem mir völlig Fremden wäre ich vollkommen überfordert.
 
ja ich würde ihm schon was zu essen geben weil menschen die kein standard-sklaven-leben führen generell für mich interessant sind ...


find ich gut die aussage :thumbup:

War in meiner Jugend selbst mal obdachlos und hab mit einigen obdachlosen alkoholikern in einer alten stillgelegten, aber gut erhaltenen Eisengießerei gelebt.
Einmal hab ich Hundefutter fressen müssen, mit Ihnen...naja Hunger nech... aber hab mich dann eine Zeitlang kriminell selbstständig gemacht als Schränker.
weil ich keinen bock auf den fraß hatte und überhaupt was erleben wollte.

Es war Heiligabend 1994 und ich hatte 11.000 Mark von einem ding auf tasche, die ich damals mit den Obdachlosen mit denen ich Monate zuvor einen lebensabschnitt verbrachte ... (einer davon war wie ein Vater für mich) das Geld mit Ihnen auf den Kopf gehauen, Essen und Trinken satt und zu Weihnachten durfte es dann auch ne "tüte" sein... dafür war es eines meiner schönsten Weihnachten, ich glaube wir alle hatten schönes Weihnachten, schade das man dafür erst Geld stehlen musste, naja setidem war ich nie wieder obdachlos, auch als ich diese Karriere beendete, aber mein Herz für diese Menschen habe ich behalten.


Für leute die sich fragen, was ist ein Schränker?

http://www.berliner-zeitung.de/arch...-maenner-mit-ehrgefuehl,10810590,9601906.html
 
Anfang der 90er wars, ich hab ca. 8 Jahre keinen Alkohol mehr angegriffen und versucht, mit einer Frau ein "normales" Leben zu führen. In einer Kifferdisco habe wir einen Typen kennengelernt, der obdachlos war. Er war sehr nett, kommunikativ und als Individuum nicht uninteressant. Reisender Discjockey und Schlagzeuger. Ich hab heut noch seine Sticks und ein paar andere Andenken an ihn. Wir haben ihm angeboten, das Wochenende bei uns zu verbringen, draus geworden ist ein Monat.

Dann hat sich herausgestellt, dass er zu seinem Glück täglich einen Liter Rum braucht, was mich als ehemaligen Säufer nicht glücklich gemacht hat. Aber ich hab versuchte, es zu ertragen. Immerhin war ich seit 8 Jahren trocken und fühlte mich stark genug, damit umzugehen. Meine Ex hat brav und gern für uns gekocht und er hat sich laufend Geld geborgt. Wir hatten ja damals ein wenig. Nicht gar viel, aber es reichte.

Vermutlich aus einer Manie heraus hat er dann meine alten Vinylplatten suggzessive auf den Flohmarkt und meine wenigen güldenen Andenken an Großmutter zum Versatzamt gebracht, der Racker. Zu spät bemerkte ich den Lapsus. Als ich ihn darauf ansprach, wollte er mir einreden, dass ich mir das alles nur einbilde und dann sind mir irgendwann die Sicherungen durchgebrannt und er ist verschwunden, genau so schnell wie er aufgetaucht ist. Ein paar Andenken an ihn gibt es noch. Seine Schlagzeugsticks, seine Dokumente, Kleidung und ein Loch in der Wand von einem schweren Stuhl.

Das war 1992 oder 93.

Jetzt aber haben wir 2011 und ich hab mittlerweile selber wieder ein kleines Alkoholproblem entwickelt. Ich versuch zwar zwanghaft, mich von dem Trip wieder runter zu holen, aber es ist mühsam. Der Mensch, der zur Zeit bei mir im Schlafsack nächtigt und der mich ein wenig mit mir selbst ins Grübeln bringt, ist ganz anders, als Jener aus den 90ern. Friedlich, ruhig, ohne räuberische Hintergedanken und sicher kein leichtes Karma. Aber ich kann mein Eigenes kaum noch tragen. Darum muss ich die Verantwortung abgeben und ihn früher oder später wieder fort schicken. Nein sagen, wenn er mich fragt, ob vielleicht noch eine Nacht geht. Das fällt mir nicht leicht und macht mich ein wenig traurig, weil ich gelernt hab: Obdachloser ist nicht gleich Obdachloser und man hat genau die Begegnungen im Leben, die man braucht. Und wer schickt einen Menschen gern auf die Straße, wenn er weiß, dass die Nächte kühler werden? Ich nicht.

Am Besten ist, man geht gar nicht an die Tür, wenns klopft.
 
Einmal klingelte ein Obdachloser an unserer Tür und fragte nach etwas Geld.
Geld gaben wir ihm keins, aber Brot und einige Konserven.

Wisst Ihr was er damit gemacht hat?

Es nach uns geworfen!

P.S. Ich will damit nicht sagen, dass man Obdachlosen nix geben soll, aber es gibt eben auch solche und solche
 
Anfang der 90er wars, ich hab ca. 8 Jahre keinen Alkohol mehr angegriffen und versucht, mit einer Frau ein "normales" Leben zu führen. In einer Kifferdisco habe wir einen Typen kennengelernt, der obdachlos war. Er war sehr nett, kommunikativ und als Individuum nicht uninteressant. Reisender Discjockey und Schlagzeuger. Ich hab heut noch seine Sticks und ein paar andere Andenken an ihn. Wir haben ihm angeboten, das Wochenende bei uns zu verbringen, draus geworden ist ein Monat.

Dann hat sich herausgestellt, dass er zu seinem Glück täglich einen Liter Rum braucht, was mich als ehemaligen Säufer nicht glücklich gemacht hat. Aber ich hab versuchte, es zu ertragen. Immerhin war ich seit 8 Jahren trocken und fühlte mich stark genug, damit umzugehen. Meine Ex hat brav und gern für uns gekocht und er hat sich laufend Geld geborgt. Wir hatten ja damals ein wenig. Nicht gar viel, aber es reichte.

Vermutlich aus einer Manie heraus hat er dann meine alten Vinylplatten suggzessive auf den Flohmarkt und meine wenigen güldenen Andenken an Großmutter zum Versatzamt gebracht, der Racker. Zu spät bemerkte ich den Lapsus. Als ich ihn darauf ansprach, wollte er mir einreden, dass ich mir das alles nur einbilde und dann sind mir irgendwann die Sicherungen durchgebrannt und er ist verschwunden, genau so schnell wie er aufgetaucht ist. Ein paar Andenken an ihn gibt es noch. Seine Schlagzeugsticks, seine Dokumente, Kleidung und ein Loch in der Wand von einem schweren Stuhl.

Das war 1992 oder 93.

Jetzt aber haben wir 2011 und ich hab mittlerweile selber wieder ein kleines Alkoholproblem entwickelt. Ich versuch zwar zwanghaft, mich von dem Trip wieder runter zu holen, aber es ist mühsam. Der Mensch, der zur Zeit bei mir im Schlafsack nächtigt und der mich ein wenig mit mir selbst ins Grübeln bringt, ist ganz anders, als Jener aus den 90ern. Friedlich, ruhig, ohne räuberische Hintergedanken und sicher kein leichtes Karma. Aber ich kann mein Eigenes kaum noch tragen. Darum muss ich die Verantwortung abgeben und ihn früher oder später wieder fort schicken. Nein sagen, wenn er mich fragt, ob vielleicht noch eine Nacht geht. Das fällt mir nicht leicht und macht mich ein wenig traurig, weil ich gelernt hab: Obdachloser ist nicht gleich Obdachloser und man hat genau die Begegnungen im Leben, die man braucht. Und wer schickt einen Menschen gern auf die Straße, wenn er weiß, dass die Nächte kühler werden? Ich nicht.

Am Besten ist, man geht gar nicht an die Tür, wenns klopft.



Der, der jetzt bei Dir wohnt, ist aber nicht der gleiche, wegen dem Du Dich so geärgert hast und wegen dem Du rückfällig geworden bist, oder?



@Oril: Schon heftig, das ist ja gefährlich, mit einer Konservendose beworfen zu werden! :eek:
Besser, man gibt den Leuten weiche Sachen zum Essen, falls sie sie einem um die Ohren hauen.
 
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