Mir war schon klar, das Erbsenzähler den Begriff völlig unreflektiert als Gesamtheit begreifen würden, und genau dazu war der Nebensatz gut. Schön, du hast ihn so nicht gelesen
Nein, und als unter anderem auch Kommunikationswissenschaftler weißt Du ja, dass der Empfänger die Botschaft bestimmt. Also hab ich mir erlaubt, meine weiblichen Aschenputtel-Anteile zu leben und die Erbsen zu zählen... die (m.E.) guten ins Töpfchen und die schlechten ins Kröpfchen, daher der Würgereiz, wenn ich sowas wie "das Wesen der Frau" lese.
Mit political correctness kommst du da leider nicht weiter -- inzwischen hat sich auch und gerade in Krisen der soziologischen Wissenschaft die Erkenntnis durchgesetzt, das Mann und Frau definitiv unterschiedlich sind.
Nett, die Krisen *g*. Mit political correctness hat das auch weniger zu tun - eher mit einer ausgeprägten Sensitivität für Anschauungen, die sich für faschistoiden Missbrauch wunderbar eignen. Eva Hermann hatte ja genug zu sagen über das Wesen der Frau, und dankenswerter Weise hat sie dann auch gleich vor laufender Kamera die begleitende historische Perspektive dargestellt...
Zur Wissenschaft - tu bitte nicht so, als gäbe es (gerade in der Soziologie) irgendeine Meinung, die sich als "allgemein gültig" durchgesetzt hätte. Du mit Deiner Bildung wirst hier doch nicht mit einem so flachen Wissenschaftsbegriff argumentieren wollen... die Unterschiede zwischen Männern und Frauen sind selbstverständlich vorhanden, beobachtbar, als ob das nicht außer Streit stünde. Aus diesen Unterschieden allerdings sowas wie "das Wesen der Frau" oder das "Wesen des Mannes" abzuleiten, ist genau jene generalisierende Typisierung, die eben die Wahrnehmung der Unterschiede nivelliert - ich wüsste nicht mal, wozu das als Hypothese gut sein sollte. Bin sehr dafür, die Unterschiede anzuschauen, die sich "dem männlichen" und "dem weiblichen" Kriterienraster zuordnen lassen ... das konstituiert dann aber kein Wesen, sondern ein Sammelbecken von Elementen, die zugeordnet werden (und im Einzelfall auch hinterfragt werden können).
Es braucht schon einen sehr weiblichen Mann und eine sehr männliche Frau im direkten Vergleich, um dein Ideal der Gleichheit zu erfüllen und daher wird nun schon seit längerem nicht mehr verfolgt, "den Menschen" unbeachtet seines Geschlechts zu paraphrasieren.
Wo um alles in der Welt hätte ich ein Ideal der Gleichheit formuliert? Im Gegenteil, ich bin ein Fan der konkreten Unterschiede. Das "Wesen der Frau" hingegen ist dann ja wohl doch eher eine Idealisierung... abgehoben von der Realität, in der sich die Verteilung der psychosexuellen Wirklichkeitsbeziehungen von Individuen sehr breit gestreut und durchmischt darstellt. Was übrigens schon bei C. G. Jung zu Beginn des 19. Jahrhunderts durchaus gängige Anschauung war... Animus und Anima als Archetypen, die in unterschiedlicher Verteilung bei jedem Menschen als Persönlichkeitselemente zu finden sind. Es gibt dann freilich auch noch die Kabarettisten, die sich des Themas annehmen... Bernhard Ludwig zum Beispiel, köstlich seine "Anleitungen zur sexuellen Unzufriedenheit".
Das Klischee mag nicht in jedem Fall treffen, aber wenn es in der überwiegenden Mehrheit aller Fälle zutrifft, reicht das völlig aus, um generalisierende Mengenbegriffe zu benutzen.
Das schaut so ungefähr wie die Umkehr des Evolutionsprinzips aus - da hätte also die generalisierende Beharrung der Mehrheit verändernde Entwicklung begleitet und nicht die Mutation der Minderheit, die in neuen Kontexten besseres Passen gezeigt hat!?
Also bleibe ich weiterhin bei "dem Wesen der Frau" und werde es weiterhin mit "Nestbau" und "Brutpflege" assoziieren.
Auch da schauen ganz viele aus Soziologie, Psychologie, Ethologie, Biologie ziemlich genau hin und achten dabei auf die kleinen Unterschiede... was daran erscheint geschlechtsspezifisch determiniert, was ist soziokultureller Kontext, was ist schlicht irrige Beobachtung - von Lorenz bis Maturana (um mal die feministisch orientierte Wissenschaft außen vor zu lassen) gibt es da eine große Bandbreite von Befunden, aber ich kenne keinen einzigen Wissenschaftler der Gegenwart, der so etwas wie "das Wesen der Frau" beschreiben würde. Ich lass mich gern durch Literaturhinweise vom Gegenteil überzeugen.
Es geht eben nicht darum, aus Frauen die besseren Männer und vice versa zu apostrophieren, sondern die seit Millionen von Jahren angehäufte Evolution als das innere Wesen zu begreifen, gegen das keine Erziehung ankommt.
Das mit der Evolution, die die Unverrückbarkeit von Verhaltensbeziehungen zu Kontexten determiniert, lass ich mir auf der Zunge zergehen, das hat Seltenheitswert. Dass die Veränderungen langsam gehen - d'accord.
Wie man im z.B. vormals realsozialistischen Osten Europas bestens beobachten kann -- da haben 60 Jahre Gleichheit nichts im Basisverhalten geändert, das "Wesen der Frau" konnte nicht wegerzogen werden
Danke für den Hinweis - das ist ja das, was ich sag: "Wesen der Frau" ist mit totalitären Anschauungen bestens vereinbar, in denen Individualität als Gefahr für konformistische Kader betrachtet wird.
Mei, macht mal wieder Spaß
Alles Liebe,
Jake