was macht das Existierende Existent ?

Tommy schrieb:
Klasse. Jetzt gehts mir sehr viel besser.
Und die "Erleuchtung" würde vermutlich darin bestehen, dies alles zu erkennen. Aber nein, es gäbe ja keine "Erleuchtung". Sondern es wäre die *Erleuchtung* Gottes, der sich bewußt wird, wie furchtbar das doch alles ist, was er da geschaffen hat, bzw., da ja alles *Gott* ist, die Erleuchtung, wie furchtbar er doch selbst ist.

Da wunderts, daß er sich selbst nicht schon zu Tode gelangweilt hat.
Lies dich mal durch all die Mystiker. Lies dich durch Krishnamurti, Maharshi, Balsekar, die Veden, die Sufis und das ganze Zeugs. Sie sagen alle dasselbe - nichts anderes als das. Das heisst noch nicht, dass sie recht haben. Aber es wäre immerhin erstaunlich, dass seit mehreren tausend Jahren Menschen ständig dasselbe erzählen. Dass sie von "Atman" ("Göttliches Selbst") und "Brahman" ("Letzte Realität") sprechen oder von Buddha-Geist, der überall sein soll, oder von Shunyata ("Leerheit"), davon, dass Erleuchtung oder das Selbst nicht erlangt werden kann, weil alle schon erleuchtet sind. Die Sufis haben sogar ein Bild davon: Wenn die Motte, vom Licht der Flamme angezogen, in der Flamme verbrennt: Der Moment, in dem der Mensch aufhört zu glauben, dass alles ihm selbst gehört. Der Moment, in dem er erkennt, dass er nichts ist und nichts vermag, dass Gott alles ist und alles vermag, und dass zwischen ihm und Gott nicht ein Millimeter an Distanz herrschen kann.

Alle Kulturen dieser Welt haben diese Einsichten als die höchste Wahrheit gehandelt, als unschätzbares Wissen. Sie haben Schulen errichtet, um diese Erfahrung zu vermitteln. Es ist interessant zu sehen, dass du diesem Wissen keinerlei Wert zumisst, dass du es sogar ablehnst.
 
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Übrigens - *lach* - sogar unser Gespräch wäre in diesem Fall nichts als Auseinandersetzung Gottes mit sich selbst. Wie ein Schauspieler, der in zwei Rollen gleichzeitig schlüpft und blitzschnell den Platz wechselt.
Ich: "Das ist doch alles Schwachsinn!"
Ich: "Ganz und gar nicht, schau dir die Mystiker an."
Ich: "Aber so könnte einer gar nicht leben."
Ich: "Doch, sehr wohl sogar. Er würde einfach nicht länger dran glauben, er selbst sei es, der das Leben bestimmt, der es in den Händen hätte."
Ich: "Das ist ja alles nicht mal logisch."
Ich: "Das habe ich auch nicht behauptet. Es war nur ein Vorschlag, die Welt mal durch eine andere Brille zu betrachten."
...
 
fckw schrieb:
Alle Kulturen dieser Welt haben diese Einsichten als die höchste Wahrheit gehandelt, als unschätzbares Wissen. Sie haben Schulen errichtet, um diese Erfahrung zu vermitteln. Es ist interessant zu sehen, dass du diesem Wissen keinerlei Wert zumisst, dass du es sogar ablehnst.

Das ist wohl deine private Geschichtsschreibung. :weihna1
Wo bitte, ist etwa in der christlichen, jüdischen, islamischen Religion ein derartig mechanistisches Gottesverständnis auch nur in Ansätzen vorhanden? Christliche Religion geht prinzipiell von der Entscheidungsfreiheit der Menschen aus; mechanistische Annahmen, etwa die, das das Universum wie eine aufgezogene Maschine ablaufe und wir alle willenlose Marionetten wären, sind ihm völlig fremd. Aber ich bin kein Christ, kann aber sehr wohl erkennen, daß im Grunde das Bild, das du entwirfst, zur Diagnose eines manisch-depressiven Schöpfers führt, der permanent an seiner eigenen Existenz zweifelt. Denn, wenn es tatsächlich so wäre, daß wir nicht handeln und denken, das dies eine Illusion sei und vielmehr Gott denke und zwar durech uns, wäre dementsprechend Atheismus nicht anders zu deuten (innerhalb deines Gottesbildes) als Selbstzweifel in Permanenz. Und die raschen Folgen glücklicher und leidvoller Erfahrungen auf dieser Welt, die ja deiner These zufolge nichts als Gedanken Gottes seien, müßte man als rasch wechselnde Gemütszustände dieses Schöpfers deuten. Demnach wäre durch diese Sicht eine klinische Diagnose über Gott erstellt, die nach irdischen Maßstäben so lautete:manisch-depressiv, dringender Therapiebedarf.

Es ist nicht unbedingt mein Ding, dieser Sicht (Gott als Psychopath) zu folgen, aber natürlich kann man es so sehen, es würde so vieles, was auf dieser Welt passiert, erklären.

Das Schöpfungsmodell eines prinzipiell von Gott nicht determinierten Menschen erklärt die Phänomene, sowohl die Schatten- als auch Lichtseiten, aber ebensogut, wüßte nicht, warum man auf dieses Horrorinszenario, das du entfaltest, umsteigen sollte.

:)
 
In Galather 2,20 sagt Paulus von sich: "nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir."

Ansonsten darfst du dich gerne selbst um weitere Beispiele bemühen. Am besten du liest dich durch die Mystiker, beispielsweise Rumi, Kabir, Meister Eckhart. Jüdische Mystiker kann ich dir jetzt auf Anhieb leider keine nennen.

Ich habe übrigens keine Ahnung, warum du das als Horrorszenario bezeichnest. Vermutlich hast du eine abgrundtiefe Angst vor der Vorstellung, dein "freier Wille" könnte eine komplette Illusion sein.
 
Das ist ma eine schöne Diskussion hier zwischen fckw'le und Thommy'le.

Ich persönlich würd ja einfach mal sagen, da der christus in mir lebt, lebe ich mein leben einfach so weiter, wie es war, wie es ist und wie es sein wird. Denn der Herr hat mir das Leben gegeben und der herr wirds mir nehmen und ich werd immer beim Herrn sein.
 
Übrigens weiss ich, warum das so schwer zu akzeptieren sein soll: Gott ist für viele Menschen bloss ein reichlich abstrakter, weit ferner Gedanke, der sie persönlich im Leben und Alltag nicht trifft. Ab und zu denkt man an einen ollen Kerl mit Bart, macht einen Spass darüber und vergisst es wieder. Und erst wenn es einem mal schlecht geht, beginnt man erneut über ihn nachzudenken.

Die Übung, die ich hier vorgeschlagen habe, das Nachdenken über das Subjekt, das offenbar nicht bestimmt werden kann, aber trotzdem da sein muss, zeigt plötzlich ganz unmittelbar, dass da etwas ist, das man nicht kennt, aber man trotzdem dazu in unmittelbarer Beziehung steht.

Wenn nun einer kommt und behauptet, hier läge ein geheimer Zugang zu Gott verborgen, dann ist man erstmal damit überfordert. Zu weit weg, zu abstrakt, zu unsicher war dieser Gott vorher noch. Und jetzt kommt plötzlich jemand, und der zeigt, dass dieser Gott, falls das überhaupt Gott sein soll, denn da hat man erhebliche Zweifel dran, weil es überhaupt nicht in das Bild passt, das man sich zuvor noch machte, UNMITTELBAR DA ist. Nicht weit weg, nicht abstrakt, sondern ganz konkret, ganz hier, ganz jetzt. Alleine schon der Gedanke machte mir am Anfang ziemliche Angst. Er war verwirrend, unheimlich. So nahe hatte ich mir Gott nie vorgestellt.

Aber egal, wie man es dreht und wendet - es passt. Es passt sehr viel besser, als es einem lieb ist. So besehen machen plötzlich all die Aussagen aller Mystiker und Esoteriker dieser Welt einen Sinn, der zuvor lediglich Spekulation gewesen ist. Und dieser Sinn ist derart verblüffend gegenwärtig, dass man es erst einmal abstreitet, abstreiten muss! Es würde das eigene Weltbild zerstören, das man sich jahrelang aufrechterhalten hat, das Weltbild von einem Menschen, der in der Welt lebt, mit eigenem Willen, eigener Vernunft. Und Gott, falls es ihn denn überhaupt gibt, ist weit weg, viel zu unsicher, irgendwas für ein paar naive Christen und Freikirchler - jedenfalls nichts für einen aufgeschlossenen, modernen, kritisch denkenden Menschen.
 
Tommy schrieb:
Ähnlich sehe ich es auch.
Richtig: Geräusch als Interpretation der Schallwellen. Die Schallwellen selbst (physikalische Größen) werden aber nicht von uns selbst erzeugt. Sie werden von uns interpretiert, was ihre Existenz voraussetzt.
:)

Nein, nein nein. Ich wiederspreche. Die Betrachtung ermöglicht die Existenz. Nicht umgekehrt. Wenn du alle Menschen der Erde vor eine grüne Wand stellst und jedem einzelnen davon überzeugst sie sei rot. Ich garantiere dir sie ist dann auch rot. Praktisch, faktisch, physikalisch. Wie auch immer. Sie IST rot, rot, rot. Wozu sollte es auch dienen das sie grün ist ? Würde ja nur Verwirrung stiften. :escape:

Schau Dir meine Signatur an.

LG
 
Muggle schrieb:
Nein, nein nein. Ich wiederspreche. Die Betrachtung ermöglicht die Existenz. Nicht umgekehrt. Wenn du alle Menschen der Erde vor eine grüne Wand stellst und jedem einzelnen davon überzeugst sie sei rot. Ich garantiere dir sie ist dann auch rot. Praktisch, faktisch, physikalisch. Wie auch immer. Sie IST rot, rot, rot. Wozu sollte es auch dienen das sie grün ist ? Würde ja nur Verwirrung stiften. :escape:

Schau Dir meine Signatur an.

LG

Ich würde das Eingangsstaement so umformulieren: Wenn im Wald ein Baum umfällt, und niemand ist da, gibt es auch keine Interpretation der Schallwellen, die wir "Geräusch" nennen.

Aber vermutlich bist du damit nicht einverstanden.

:D
 
fckw schrieb:
Es würde das eigene Weltbild zerstören, das man sich jahrelang aufrechterhalten hat, das Weltbild von einem Menschen, der in der Welt lebt, mit eigenem Willen, eigener Vernunft. Und Gott, falls es ihn denn überhaupt gibt, ist weit weg, viel zu unsicher, irgendwas für ein paar naive Christen und Freikirchler - jedenfalls nichts für einen aufgeschlossenen, modernen, kritisch denkenden Menschen.

Diese Psychologisierung ist belanglos und hat wenig argumentativen Wert, weil man sie beliebig umkehren kann, etwa gegen deine eigene Position. Z.B.:

Der Grund, warum du dich sträubst, ein relativ frei agierendes Subjekt zu akzeptieren, ist der, daß dann deine monatelang mühsam zusammgebastelte Theorie zusammenbrechen würde, eben das Weltbild von einem mechanistisch ablaufenden Weltprozeß, in dem es keine Schuld, kein Leiden, keine Freude, sondern nur *Funktionieren* gäbe, da alles Bestandteil einer gigantischen Maschine, die "Gott" genannt wird, wäre. Diese Theorie hätte also eine Verdrängungs- und Entlastungsfunktion, weil ich mich dann nicht mehr für meine Taten verantwortlich fühlen müßte ("Gott hat es getan"). Ein ziemlich schlichtes und "befreiendes" Denkmodell.

:)
 
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Das Argument "Ihr weigert euch, die von mir verkündete Wahrheit anzunehmen, weil dann euer Weltbild zusammenbrechen würde", ist deshalb beliebig und austauschbar, weil dieses Argument jeder benutzen könnte, um die Überlegenheit seiner eigenen Weltsicht gegenüber konkurrierenden Modellen *unter Beweis* zu stellen.
 
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