Ist es nicht so, dass wir eine richtig gute Vertrauensbasis haben, wenn sich Vertrauen zueinander aufbaut.
Ich stelle mich also in die Mitte des Kreises: Los, es ist ganz toll, uns zu haben! Keine Angst, wir halten uns. Ich spüre, wie mein Herz klopft. Aber dann gibt es immer einen kleinen Impuls, wir diskutieren und helfen einander. Ich erinnere mich an die Vorgabe, ganz gerade zu bleiben, nicht einzuknicken in den Beinen. Und es klappt. Ich kann mich ins Nichts hinein fallen lassen. Und, da, kurz vor dem reflexartigen Einknicken der Knie werde ich tatsächlich aufgefangen, gehalten. Und schon geht in der Diskussion wieder friedlich zu und nach vorne mit mir, dann seitwärts, wieder rückwärts, und so weiter. Es ist wirklich ein großartiges Gefühl: ein wunderbares Gefühl vollkommenen Vertrauens.
Ich lasse dich nicht fallen und verlasse dich nicht.
Ja, das ist es: Um Vertrauen geht es im Leben und in er Gemeinschaft. Um Vertrauen zu den Menschen, mit denen wir leben und arbeiten, mit denen wir Haus an Haus wohnen, denen wir begegnen, Vertrauen zu den Menschen und zu uns.
Doch was wäre gewesen, wenn da einer nicht mitgespielt hätte, einfach weggegangen wäre, oder nicht aufgepasst hätte? Dann wäre mein Vertrauen umsonst gewesen, Schreck und Schmerz wären die Konsequenzen, und so schnell hätte ich mich auf so etwas nicht mehr eingelassen.
Ich lasse dich nicht fallen", das sagt ein Freund zum anderen. Oder Eheleute versprechen es sich mit ihrem "Ja" am Traualtar. Der Sportlehrer bei der Hilfestellung beim Sprung über den Kasten, oder Vater und Mutter, wenn sie ihr Kind auf die Schaukel setzen. Wer sagt: "Ich lasse dich nicht fallen", verspricht damit Treue, Dasein, Nähe, Verlässlichkeit. Einige Male haben auch wir es vielleicht jemandem versprochen, dieses "Ich lasse dich nicht fallen".
Aber trotzdem kennen wir auch das Gefühl, wie es ist, wenn man dann doch fällt. Wenn einer mich fallen lässt, wie eine heiße Kartoffel, obwohl ich doch fest mit seiner Unterstützung gerechnet habe. Wenn einer einfach weggeht, sich abwendet, obwohl er doch Verlässlichkeit versprach. Wenn ein Freund mich im Stich lässt, wenn ich es gerade besonders brauche.
Dann fühle ich mich schrecklich, und mir kommt es so vor, als wäre mir der Boden unter den Füßen weggezogen worden. Einsam, hilflos, verlassen. Und anders herum gibt es sicher auch Beispiele. Als ich einmal nicht zur Stelle war, als ich mein Wort nicht hielt, als ich einen anderen einfach stehen ließ oder seine Probleme ignorierte.
Manchmal ist es ja auch nicht so einfach, zu einem Freund zu stehen, wenn man sich auseinander entwickelt hat, unterschiedliche Interessen oder Meinungen offenbar werden. Aber ihn dann einfach fallen lassen, einfach so aus dem gemeinsamen Leben, der gemeinsamen Geschichte herauskippen?
Vielleicht wäre das ein guter Vorsatz fürs Jahr 2006: Seine Freundschaften, Beziehungen, Verwandtschafts- und Partnerschaftsbünde einmal darauf hin untersuchen: wo habe ich jemanden fallen lassen, oder bin dabei, es zu tun? Und wo will und könnte ich den Faden wieder aufgreifen?
Ich lasse dich nicht fallen und verlasse dich nicht.
Das sagt die Gemeinschaft.
Ich lasse dich nicht fallen und verlasse dich nicht. Wie wäre dies?