Vater und Mutter ehren????

Allgemein gesehen ja. Auf das Obere wäre zu klären, was da denn angenommen werden sollte

Der ist-zustand. Den begriff der "situation" zu verwenden ist wohl irreführend, weil man in ihr meist noch einen direkten zugriff auf das geschehen hat.
Ich meine mit annahme jedoch nicht ein verzeihen durchs hintertürchen oder eine stillschweigende akzeptanz (ein sich "abfinden" mit etwas), weil das eine handlung/einstellung wäre, mit der ich immer noch auf einen inneren druck reagiere, wenn auch nur mit resignation.

Ziel wäre es in meinen augen, den ist-zustand wertungsfrei anzunehmen, um frei(er) agieren zu können.

Bei mir und der betreffenden person funktioniert das erstaunlich gut. Was früher war, lasse ich so stehen, ohne es zu verzeihen.
Ich erwarte nichts von der betreffenden person, aber auch nichts von mir selbst. Daraus ergibt sich ein grösseres spielfeld,
wo mich keiner mehr über den platz jagt, weil ich entscheide, wo ich mitspiele und wo nicht.:D:)
 
Werbung:
Cayden schrieb:
ich hab da mal nen Tip von einem Freund bekommen konkret mit so einer Trigger-Situation umzugehen. Er sagte mir, dass es mitunter so sein kann, dass (und das nicht mal selten) man zu gewissen traumatischen Situationen einfach keine adäquaten Muster für deren Lösung hat.

Die Gründe dafür können sein: das Trauma geschah in der recht frühen Kindheit, wo man einfach nicht fähig ist, Muster für eine Lösung eines Problems zu assimilieren bzw. man kann eine/mehrere oder immer widerkehrende traumatisierende Situationen gar nicht begreifen.

Bei mir hatte es den Effekt, dass ich in Situationen, in denen ich vorher diesen dissozaitiven Zustand hatte/oder durch welche er ausgelöst wurde, bei mir bleiben konnte und mir diese Situationen ganz allmählich in einem komplett anderen Licht erschienen und eigentlich vollkommen harmlos waren. Wahrnehmungsverschiebung halt.

Wow, das ist eine coole Herangehensweise. Ich kenne da auch eine aber weiß nicht, ob diese umständlicher sein könnte.

Ich habe mal ein Buch (halb :tomate:) gelesen, in dem es darum geht, zu erkennen, was einen da so triggert, wenn man gerade getriggert ist.
Anders, als du es schreibst Cayden, lenkt man seine Konzentration dann nicht auf die "Karteikarten", sondert fokussiert die aktuellen Emotionen. In diesen Momenten beginnt man, sie liebevoll zu hinterfragen. Liebevoll kann aber genauso gut neutral bedeuten. Es soll jedenfalls nicht gerichtet werden, weil man steht immerhin sich SELBST gegenüber. Die Liebe zu sich selbst ist das A und O im Selbstheilungsprozess. ( finde ich manchmal ganz schön schwierig,
mich selbst lieb zuhaben aber ich versuche dagegenzuhalten ^^)

Zu entdecken gibt es dabei die Anteile (Parts) in sich, die es gilt, würdevoll zu begegnen. Anteile, die ablehnend sind, Anteile, die einen beängstigen in speziellen Situationen, Anteile, die aggressiv machen und so weiter....
Diese Parts stellen sich als Protektoren vor, die das, laut Buch, sogenanne Exile (englisches Buch, englischer Begriff) beschützen.
Das Exile kann in Form eines verwahrlosten Kindes erscheinen, das z.B. von der Mutter Ablehnung erfahren musste. So stellt sich der Protektor also vor das Kind um nichts an ihm ranzulassen, was ihm wieder schaden könnte.
Und das geschieht, wenn wir von außen einen Trigger erfahren.

Beispiel: Kind hat, wie schon erwähnt, Ablehnung durch die Mutter erfahren, wodurch entsprechende Gefühle in ihm entstanden sind. Dass es die GEfühle nicht äußern durfte/konnte zu dieser Zeit, ließ es wohl, wie es schon hier öfter erwähnt wurde, überleben. Im Erwachsenenalter erfährt das Kind in vielen Situationen wiederumAblehung, sei es z.B. bei der Arbeitssuche, wo es lauter Absagen hagelt. Die Reaktion, die darauf erfolgen kann, ist dann auf den Protektor zurückzuführen, der das Kind, welches damals Ablehnung erfuhr, davor beschützt, noch mehr (oder wieder) Schmerz und Leid dadurch erfahren zu müssen.
Jetzt liegt es daran, dem Protektor entgegen zu kommen und ihn zu fragen, warum, weshalb er so agiert. Fängt er an, dem Befrager zu vertrauen lüftet er das Geheimnis um das kleine Exile. Dann darf man ihm begegnen.
Was man draus macht, ist von jedem zu jedem verschieden.
In einem Fallbeispiel hat eine Klientin z.B. ein verwahrlostes Kind in ihre Arme geschlossen und ihm Liebe und Fürsorge entgegnet (ohje, das rührt mich gerade wieder total :D)

Im Großen und Ganzen ist von der Liebe zu sich Selbst die Rede, wenn man das Exile erkennt und ihm letztlich gegenübersteht und ihm liebevoll begegnet.
Die Selbstliebe sehe ich übrigens sowohl in der Methode, wie Cayden sie beschreibt, als auch in dieser beschriebenen.
Sie nennt sich übrigens Internal Family System (IFS), bezogen auf alle Parts die ein Selbst beinhaltet.
 
Ännaaa;3891459 schrieb:
Ich habe mal ein Buch (halb :tomate:) gelesen, in dem es darum geht, zu erkennen, was einen da so triggert, wenn man gerade getriggert ist.
Anders, als du es schreibst Cayden, lenkt man seine Konzentration dann nicht auf die "Karteikarten", sondert fokussiert die aktuellen Emotionen. In diesen Momenten beginnt man, sie liebevoll zu hinterfragen. Liebevoll kann aber genauso gut neutral bedeuten. Es soll jedenfalls nicht gerichtet werden, weil man steht immerhin sich SELBST gegenüber. Die Liebe zu sich selbst ist das A und O im Selbstheilungsprozess. ( finde ich manchmal ganz schön schwierig,
mich selbst lieb zuhaben aber ich versuche dagegenzuhalten ^^)

ja - :thumbup:

es geht um die entwicklung des gesunden egoismus.

ich wage ihn nicht zu definieren, denn da könnte dann stehen, dass mensch - im zweifelsfall - für sein eigenes leben entscheidet.
 
Der ist-zustand. Den begriff der "situation" zu verwenden ist wohl irreführend, weil man in ihr meist noch einen direkten zugriff auf das geschehen hat.
Also: eine vergangene Situation die noch auf den Ist-Zustand wirkt. (?)
Ich meine mit annahme jedoch nicht ein verzeihen durchs hintertürchen oder eine stillschweigende akzeptanz (ein sich "abfinden" mit etwas), weil das eine handlung/einstellung wäre, mit der ich immer noch auf einen inneren druck reagiere, wenn auch nur mit resignation.

Ziel wäre es in meinen augen, den ist-zustand wertungsfrei anzunehmen, um frei(er) agieren zu können.
Nicht doch eher, einen ganz bestimmten Zustand so zu betrachten, wie er einfach (zur Zeit/Jetzt) ist? Ob dieser Zustand jetzt wertungsfrei gesehen wird oder nicht wertungsfrei gesehen wird, denke ich, is völlig Schnuppe. Denn, wie weit kann man denn etwas wertungsfrei betrachten (?).

Ich kann das mit dem "wertungsfrei" ehrlich gesagt eigentlich nicht mehr lesen (hören). Es ist einfach so ein Unsinn, denn es gibt absolut nix, das der Mensch "wertungsfrei" betrachtet, das ihm bewußt ist.

Eine Situation oder einen Zustand "unberührt" zu betrachten oder besser gesagt zu beobachten is nur dann möglich, wenn man ihr/ihm vollkommen gelassen gegenübersteht. Jetzt ist nochmal die Frage: Wann steht ein Mensch Etwas gegenüber gelassen da? Meist doch nur dann, wenn es ihm total Schnurz ist oder eine Situation/Zustand eintritt, den er noch nie in seinem Leben bewußt wahrgenommen/erlebt hat und diesem Neuen völlig offen (man könnte sagen: in dem kurzen Moment "wertungsfrei") gegenüber steht.
Bei mir und der betreffenden person funktioniert das erstaunlich gut. Was früher war, lasse ich so stehen, ohne es zu verzeihen.
Ich erwarte nichts von der betreffenden person, aber auch nichts von mir selbst. Daraus ergibt sich ein grösseres spielfeld,
wo mich keiner mehr über den platz jagt, weil ich entscheide, wo ich mitspiele und wo nicht.:D:)


Den Ist-Zustand, in dem Sinne, wie du es hier beschreibst, anzunehmen, ist auch nix anderes als ein den Ist-Zustand akzeptieren (sich damit abfinden) und nicht ein Annehmen im Sinne von integrieren. Darauf bezogst du dich doch. Das ist jedoch nochmal ein anderes paar Schuhe als das was du hier beschreibst mit der betreffenden Person, würd ich meinen.

Ich habe den Eindruck, dass du von etwas schreibst, das du dir zwar irgendwie vorstellen kannst aber du noch nicht durch hast. Kann das sein?
 
1. Also: eine vergangene Situation die noch auf den Ist-Zustand wirkt. (?)

2. Nicht doch eher, einen ganz bestimmten Zustand so zu betrachten, wie er einfach (zur Zeit/Jetzt) ist? Ob dieser Zustand jetzt wertungsfrei gesehen wird oder nicht wertungsfrei gesehen wird, denke ich, is völlig Schnuppe. Denn, wie weit kann man denn etwas wertungsfrei betrachten (?).

3. Jetzt ist nochmal die Frage: Wann steht ein Mensch Etwas gegenüber gelassen da? Meist doch nur dann, wenn es ihm total Schnurz ist


4. Den Ist-Zustand, in dem Sinne, wie du es hier beschreibst, anzunehmen, ist auch nix anderes als ein den Ist-Zustand akzeptieren (sich damit abfinden) und nicht ein Annehmen im Sinne von integrieren. Darauf bezogst du dich doch. Das ist jedoch nochmal ein anderes paar Schuhe als das was du hier beschreibst mit der betreffenden Person, würd ich meinen.

5. Ich habe den Eindruck, dass du von etwas schreibst, das du dir zwar irgendwie vorstellen kannst aber du noch nicht durch hast. Kann das sein?

1. Ja. Bsp. eine person, die immer noch das gleiche (verletzende/destruktive/ignorierende) verhalten dir gegenüber an den tag legt wie vor 30 jahren.

2. Auch ja. Wertungsfrei im sinne vom aufgeben einer schuldzuweisung, aufgeben von einer beurteilung.

3. Wenn er es integriert hat. Die bewertung ist dann nicht mehr so wichtig. Du darfst es gerne auch schnurz nennen, aber nimm die kälte raus.:)

4. Verstehe ich jetzt nicht richtig. Etwas stehen lassen kann für mich durchaus auch integrieren bedeuten.

5. "Ich habs so durch" wie im letzten post geschrieben. Für mich ist es gut so, vor allem wenn ich sehe, wie der rest der betroffenen damit umgeht....

Abschliessend kann ich nur sagen, dass ich auch rückfälle habe, wo es weniger gut funktioniert. Mir genügt es, dass ich ohne ein "verzeihen müssen" sehr gut leben kann. Ich muss allerdings auch sagen, dass mein "trauma" nicht die komponenten der geschichte der TE enthält. Gereicht hat es dennoch, längere zeit schatten auf mein leben zu werfen.
:)
 
Ännaaa;3891459 schrieb:
Wow, das ist eine coole Herangehensweise. Ich kenne da auch eine aber weiß nicht, ob diese umständlicher sein könnte.


Anders, als du es schreibst Cayden, lenkt man seine Konzentration dann nicht auf die "Karteikarten", sondert fokussiert die aktuellen Emotionen. In diesen Momenten beginnt man,.......
*lol, Meine Güte, bis ich da alles durch hätte wäre die Situation schon 3 Stunden vorbei:D:). Karteikarten runterfallen lassen oder Lieblingsvase zerdeppern geht alle mal schneller. Vor allem: Man muß ja das Zeug nicht wirklich aufsammeln, schlichten oder kleben (auch nicht in Gedanken:D), es geht im Prinzip bei dem "Trick" nur um den Effekt des bei sich selbst und seinen Dingen (des Einem Wichtigsten) Bleibens und des sich durch eine Situation nicht durcheinanderbringen Lassens.

Ännaaa;3891459 schrieb:
Die Selbstliebe sehe ich übrigens sowohl in der Methode, wie Cayden sie beschreibt, als auch in dieser beschriebenen.
Ich würde es bei der von mir beschriebenen Methode nicht als eine Selbstliebe bezeichnen, sondern es ist definitiv schlicht eine Verschiebung der eigenen Wahrnehmung. Was dann daraus weiterhin für Schlüsse oder Erfahrungen erfolgen, steht wieder auf einem anderen Blatt und wird von Mensch zu Mensch jeweils anders erlebt werden.:)
 
Grüß euch!

Ich habe mich ja auch lange gegen meine Eltern und Familie gestellt.
Viele schlimme Sachen sind Ihnen widerfahren, die sich dann natürlich
auch auf mich auswirkten. Ich wollte einfach nicht an diesem Familienkonflikt
teilhaben und flüchtete davor.

terra, in der Zwischenzeit war ich 2 mal bei Hiah Park auf Seminaren und
auch privat. Sie hat unglaubliche Sachen für mich gemacht, ich hoffe
da auf dem richtigen Weg zu bleiben. Auf jeden Fall hat sie mich
gemahnt meine Familie und Ahnen in Mitgefühl zu ehren, denn es war wirklich
schon sehr ernst um mein Leben.


Was ich sagen will, Eltern zu hassen muss nicht der richtige Weg sein. ;)
Auch wenn es für dich so scheinen mag...
 
Ich glaube der Thread befindet sich in einer Art Sackgasse, weil ein Dogma überrepräsentiert ist: das Gefühl verlaufe so und so. Daß Gefühle sich so und so entwickeln, ist eine Annahme. Vielleicht entwickeln sie sich aber auch so oder so.

So ist es z.B. ein Dogma zu sagen, man müsse Annehmen, was einem geschehen sei, um in einen Frieden damit zu gelangen. Diese Annahme zeugt von einem ganz bestimmten Verständnis von Gefühl und der Notwendigkeit, sie in einen vorgefertigten Zustand zu bringen. Vielleicht ist dies ja aber gar nicht nötig und wir unterliegen nur der dogmatischen Annahme, es müsse so sein.

Ebenso ist es ein Dogma zu meinen, man müsse verzeihen, um in einen Frieden mit dem eigenen Peiniger zu gelangen. Es ist auch ein Dogma zu glauben, man müsse unbedingt in einen Frieden gelangen und ohne dies sei Leid, bzw. der mangelnde Frieden sei der Grund für das Leid. Das Gleiche gilt für den Prozess der Vergebung. Er unterliegt dem Dogma, daß es einen Schuldigen und einen Unschuldigen gibt. Vielleicht gibt es aber im erlebten Zusammenhang gar keinen echten Schuldigen.

Mir persönlich scheint es eh so, daß die Gefühle in uns allen etwas unterschiedlich miteinander verwoben sind. Der Eine kann von jetzt auf gleich aus der Wut in die Gelassenheit geraten. Der Andere muß, um von Wut in Gelassenheit zu gelangen, über Verzweiflung oder über die Verzeihung oder die Annahme gehen. Es gibt Menschen, die können quasi auf Knopfdruck Liebe in sich erzeugen und es gibt Menschen, die können das nicht. Sie werfen den Menschen, die auf Knopfdruck Liebe in sich erzeugen können dann oftmals vor, daß diese Liebe nicht echt sei, weil sie ganz einfach diese Erfahrung für sich im Leben so nicht machen. Dies können natürlich nur kleine Beispiele dafür sein, daß in jedem von uns die Gefühle anders zugänglich, ansteuerbar, überbrückbar, lösbar und fühlbar sind.

Insofern kann also meines Erachtens auch nicht der Threaderstellerin gesagt werden, daß sie so oder so fühlen muß oder daß sie dies oder jenes tun muß, um ihre Lebenssituation zu bewältigen. Wir können aber sicherlich von uns selber berichten und ihr damit ein Beispiel sein, durch das sie Anregungen bekommt. Gerade die Unterschiedlichkeit des Verständnisses, das jeder von uns über das Zusammenhängen von Gefühlen in sich selber erfährt und ihre Wandlung, kann ihr dann vielleicht den Blick auf die Frage öffnen, wie es denn genau in ihr ist und wie die Lösung ihrer Gefühlsfragen in ihr erfolgen kann. Dahingegen hilft eine Diskussion über das, was nun notwendig ist, um ihre Situation zu lösen, ihr nicht weiter.

Daher will ich nochmal von mir berichten, nach diesem sicherlich wieder zu langem Vorwort, wie es bei mir ist bzw. war. Natürlich hatte auch ich meinen Eltern zu verzeihen. Natürlich hatte auch ich anzunehmen, was gegeben war an Charakteren und deren Unvermögen. Natürlich entsteht daraus mein Sosein in der heutigen Art, v.a. auch aus der in mir spürbaren Tatsache, daß ich reflektiert habe, was mich belastet hatte. Zu Beginn war mir dieses mich Belastende ja gar nicht bewusst, ich wusste nicht, was es war, nur daß es vorhanden war.

Das grosse Trauma meiner Kindheit war sicherlich der frühe Tod meines Vaters. Er war ein strenger Mann, ein Lehrer, dem meine Mutter, wie sie sagte, die Entscheidungen und Weglegungen für die Kinder überlies und dem sie sich in diesen Fragen unterordnete. Bei seinem Tod litt ich zum Einen, denn ich konnte nicht begreifen, was es bedeutete, wenn jemand tot ist. Es war da eine Lücke, die nicht gefüllt werden konnte und die sehr weh tat. Eine noch grössere Lücke riss dann aber eigentlich durch die Mutter und ihre Trauer um den Ehemann, die es ihr - rückblickend gesehen - verunmöglichte, die neue Rolle als alleinerziehende Mutter einzunehmen und die Erziehung weiter zu führen. Ich bin also gründlich unerzogen, fürchte ich. Das zu erkennen war ein ganz wesentlicher Schritt in meinem Leben, der mich zur Selbsterziehung in Gedanken und im Gefühl ermahnte und der mich schliesslich dann befähigte, trotz einer gewissen in mir vorhandenen Egalität und Wahllosigkeit bis Wollust Ziele zu erkennen und den Versuch zu starten, sie zu erreichen. Nach einigen Luftschlössern gelang mir das dann auch. Heute sehe ich mich eher als diejenige Person in meinem Umfeld, welche die Luftschlösser anderer Personen erkennt und dafür gewertschätzt wird, den Boden der Tatsachen sichtbar zu machen.

Eine grosse Wut entstand im Unbewussten meinem Vater gegenüber, der mich allein gelassen hatte. Ich war nicht in der Lage zu begreifen, warum er das tat, denn ich war noch ein Kind. Hier war zum Einen ein Annehmen meiner Lebensgeschichte und des Halbwaisenseins geboten, mit allen Konsequenzen, die das für einen Mann hat, keinen Vater gehabt zu haben in wesentlichen Zeiten seiner Entwicklung als Heranwachsender. Später musste ich lernen, nicht in anderen männlichen älteren Personen die Eigenschaften zu suchen, die mir im Vater fehlten und mit ihnen die Enttäuschung meiner Kindheit zu wiederholen. Auch projizierte sich dieses Enttäuschtwordensein in mich selber hinein indem ich die Rolle des Enttäuschers teilweise übernahm, ohne es verhindern zu können. Intensiv habe ich daher meine Suche erlebt, einen Sinn zu finden trotz der vielen Enttäuschungen, was mich letztlich zum Leben an sich führte und zu seiner Vergänglichkeit. Der Tod und das Verlassen des Lebens ist daher für mich heute ein integraler Bestandteil meines Denkens, Fühlens und Handelns geworden in vielen Aspekten meines Lebens und in meiner Sichtweise. Ich hafte an vielen Dingen nicht mehr an, an denen ich früher angehaftet habe.

Wut entstand in mir auch gegen meine Mutter, bereits in der Kindheit und Jugend, in der ich wenig Gefühle für sie hatte. Diejenige Person, die mir eigentlich eine Erziehung hätte anbieten sollen, hat mich mehr oder minder so gelassen, wie ich war. Andere Kinder werfen ihren Eltern ihre Erziehung vor - ich warf meiner Mutter eher ihre Nichterziehung vor.
Die Ursache für ihr Unvermögen, mich zu verstehen und auf meine Bedürfnisse einzugehen, interpretierte ich zum Einen in die Tatsache, daß sie eine Frau ist und ich ein männliches Wesen. Diese Art der Interpretation hielt mich von Frauen im Allgemeinen gefühlsmässig wie körperlich fern, denn das "warme Wesen" der Frau ist mir in meiner Mutter nicht offensichtlich geworden. Vielmehr hat sie ihre Gefühle, die v.a. aus Sorgen, Ängsten und Nöten bezüglich der/meiner Zukunft bestanden, vor mir verbergen wollen, was ihr aber natürlich nicht gelang. Auf diese Weise entstand in mir die Einstellung zu mir selber, ein mit Sorge zu betrachtender Mensch zu sein, dem man nicht trauen kann, der nur bedingt belastbar ist und bei dem immer etwas Schlimmes passieren könne. Das äussert sich bei mir heute noch immer in Gedanken an meine Gesundheit, an berufliches Versagen, an Nutzlosigkeitsgefühlen und an der ständigen inneren Frage, ob ich das, was ich tue, richtig mache oder ob ich es tuen sollte. Nur ist mir das heute bewusst, daß es die Gefühle meiner Mutter sind, die sich da in mir zeigen.

Auf diesen Gesamtzusammenhang war ich eines Tages so wütend, daß ich den Kontakt zu meiner Familie grösstenteils abbrach und mich auf das Land zurückzog und in mein Innenleben. Ich entwickelte auch heftig alle Krankheiten, die ich jemals hatte, nur in schlimmerer Form. Phasenweise hatte ich das Gefühl, nicht mehr lebensfähig zu sein und wünschte mir dies auch nicht weiter. Dann aber kam irgendwie der Prozess des Annehmens in Gang. Die innere Verzweiflung des verletzten Kindes flaute ab und verwandelte sich in Verständnis für mich und meine aktuelle Situation. Durch das Verstehen meiner inneren Ursachen konnte dann die Arbeit der Integration beginnen. Integrieren kann ich persönlich aber nur, was ich verziehen habe. Die Loslösung, die durch das Verzeihen geschieht, ermöglicht mir persönlich erst das Ja-Sagen zum Erlebten und die Versöhnung mit mir selber wie mit den Anderen.

Ganz entscheidend auf diesem Weg war etwas, das ich im Moment wo ich schreibe "Überschattung" nennen will. Es ist eine Art von Schatten, den ich über mein Leben geworfen gesehen habe durch eine intensive Beschäftigung mit Jesus Christus. Durch die Dunkelheit seiner Geschichte wurde mir das wenige Licht in meinem Leben deutlicher und klarer. Es war, als ob ich wie Rotkäppchen durch den dunklen Wald wanderte, nur geführt von einem fernen Licht, das mir den Weg zur Großmutter wies. Und so waren es Mythen, Märchen und spirituelle Geschichten, die mir schliesslich zu einer neuen Klarheit mir selber gegenüber verhalfen. Aber es ging vorher durch ein dunkles Tal der Tränen, durch eine schattenreiche Nacht. Das tiefe Durchleiden führte dann zwar nicht in höchstes Glück, aber es erlaubte mir das Weiterleben. Und dafür, daß ich lebe, bin ich dankbar. Diese Dankbarkeit zu leben überstrahlt in mir alles, was mal irgendwann geschehen ist. Zwar gibt es auch heute noch dunkle Stunden, aber das Leben an sich ist es wert, die Schatten zu ertragen.

:) So, habe endlich fertig. :)
 
1. Ja. Bsp. eine person, die immer noch das gleiche (verletzende/destruktive/ignorierende) verhalten dir gegenüber an den tag legt wie vor 30 jahren.

2. Auch ja. Wertungsfrei im sinne vom aufgeben einer schuldzuweisung, aufgeben von einer beurteilung.
Wenn eine Situation aus der Vergangenheit noch immer auf den Ist-Zustand wirkt, ist es m.E. nicht möglich, den Ist-Zustand wertungsfrei anzunehmen. (Deshalb habe ich da nachgehackt).

Um bei deinem Beispiel aus 1) zu bleiben. Was ist hier "wertungsfrei" wenn (noch immer) gesagt wird/empfunden wird, dass das Verhalten der Person, dir gegenüber, noch immer verletzend, destruktiv und ignorant ist? Sind das keine Wertungen? Erschließt sich mir grad mal überhaupt keine Wertungsfreiheit hier.

Jetzt formuliere ich wieder deinen Satz um, du schreibst:
Wenn ich es aufgebe dieser Person Schuld zuzuweisen, bin ich wertungsfrei.
Wenn ich es aufgebe das Verhalten dieser Person zu beurteilen, bin ich wertungsfrei.

Ist man da wirklich automatisch wertungsfrei?

Ist das nicht eher ein ein bischen verschobener Anspruch an sich selbst, ähnlich dem des "Verzeihen Müssens/Wollens" nur halt ein wenig komplexer und dadurch noch nen deut trixterhafter (für sich selbst weniger durchschaubar als simpler verschobener Anspruch)?
Oder, ist es nicht doch (noch), ganz schlicht, ein "sich damit abgefunden haben"?


Ganz abgesehen davon habe/halte ich keinen Kontakt zu Menschen, die sich mir gegenüber so Verhalten. Soviel liebe ich mich nun selbst.
3. Wenn er es integriert hat. Die bewertung ist dann nicht mehr so wichtig. Du darfst es gerne auch schnurz nennen, aber nimm die kälte raus.:)

Ja WAS wird denn integriert??? Was genau? Und dann noch wohinein?

Integrieren, wie ich es verstehe, heißt eingliedern, einfügen, anpassen, einbeziehen, zu einem größeren Ganzen zusammenfügen oder in ein übergeordnetes Ganzes (dazu)aufnehmen. Was aber bestimmte Voraussetzungen erfüllen muß um sich in dieses Ganze einfügen, anpassen, einbeziehen, eingliedern zu lassen, um dieses Ganze nicht zu gefährden und dazuzupassen, es zu erweitern. Das muß schon klar sein, finde ich.

Was soll also integriert werden? Das man das verletzende, ignorante und destruktive Verhalten einer Person als möglicherweise unveränderbaren, seit 30 Jahren wirkenden Ist-Zustand wahrnimmt und Den als gegeben hinnimmt, ist doch noch lang kein "Irgendetwas" "Irgendwohin" integrieren.

Und: ich hab ja nicht nur das Schnurz beschrieben und auch das Schnurz hat mitnichten was mit Kälte zu tun, wie ich es sehe. Die Kälte siehst du da drinne:).

Beispiel: Wenn Jemand versucht, von sich auf mich etwas zu projizieren, berührt mich das nicht (es ist mir Schnurz/Wurscht), da ich es sofort erkennen kann, andem, dass es mich nicht berührt. Ich kann (nicht muß!) darauf, je nach Situation, adequat reagieren, ohne mich gestört oder irgendwie in (m)einer Handlungsweise eingeschränkt zu fühlen (und ich bleibe da in der Situation ganz bei mir). Ich kann genausogut darauf gar nicht reagieren, wenn ich keine Lust zu habe.

4. Verstehe ich jetzt nicht richtig. Etwas stehen lassen kann für mich durchaus auch integrieren bedeuten.

Nö. :)Du hast in deinem Beispiel eine Person die destruktiv, ignorant und verletzend ist. Das siehst du, akzeptierst du so, dass diese Person so ist und ihr Verhalten vllt niemals ändern wird (dir gegenüber) und das läßt du stehen. Oke. Und was integrierst du davon jetzt wohin und vor allem wozu?

In dem Fall, wie du das hier darstellst, verstehe ich das so, dass du diese Person samt ihrem Scheißverhalten einfach in deinem übergordneten Ganzem drinnebleiben läßt (du meinst es wäre integrieren) und diese Person weiterhin als einen Aggressionsfaktor in diesem deinem Ganzen beläßt. Das wäre ungefähr so, wie wenn sich viele Staaten zusammengetan hätten (wurscht jetzt aus welchen Gründen) und ein Staat davon ist fortwährend ignorant, destruktiv und verletzend den anderen gegenüber. Hat da Integration funktioniert? Ich denke: Nö. Und da hilft oder ändert auch kein Annehmen der Situation irgendetwas daran, dass der Staat einfach für das Ganze untragbar ist. Das Annehmen einer Tatsache ist ja nix anderes als ein hinschauen, dass etwas so ist, wie es nun mal ist. Es ändert aber nix und integriert auch nix.

5. "Ich habs so durch" wie im letzten post geschrieben. Für mich ist es gut so, vor allem wenn ich sehe, wie der rest der betroffenen damit umgeht....

Abschliessend kann ich nur sagen, dass ich auch rückfälle habe, wo es weniger gut funktioniert. Mir genügt es, dass ich ohne ein "verzeihen müssen" sehr gut leben kann. Ich muss allerdings auch sagen, dass mein "trauma" nicht die komponenten der geschichte der TE enthält. Gereicht hat es dennoch, längere zeit schatten auf mein leben zu werfen.
:)

Ja, das kann ich nachvollziehen an welchem Punkt du da stehst. Hier sehe ich dich auch stehen, aber nicht bei irgendeiner Integration.:)

Vor allem, denke ich, dass es da grad nix zu integrieren gibt.:):umarmen:
 
Werbung:
Was ich sagen will, Eltern zu hassen muss nicht der richtige Weg sein. ;)
Auch wenn es für dich so scheinen mag...
Es kann aber für eine zeitlang das Richtige für einen selbst sein. Denn den vorhandenen Haß zu unterdrücken, bringt ja auch nur Leid.
Und irgendwann kommt man hoffentlich soweit, dass sich dieser Haß auflösen kann und einem angenehmeren Gefühl Platz macht.
 
Zurück
Oben