Liebe Mara,
Dann erst sind sie also wirklich ins Licht geholt, diese Schattenanteile.
Aber was dann ?
Erlösen ?
Wieder verdrängen ?
Oder einfach hinnehmen und leben, annehmen, da sein lassen, akzeptieren ?
Aber wenn ich das tue, diese Eigenschaft in mir zulasse, bin ich dann böse ?
Wie geht ihr mit Euren schlechten Eigenschaften um ?
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Diese Frage beschäftigt mich schon eine ganze Weile und ich sehe es so:
Liebt man seinen Schatten, dann kann man auch die "anderen" Schatten lieben und damit ins Licht holen. Aber wie macht man das? Wie liebt man sich, wenn man sich in seinem So-Sein zum Kotzen findet? Selbst wenn man alles erklären und analysieren kann, wenn man weiß, man ist so gemein, weil man Gemeinheit selbst erlebt hat, usw. es bleibt: Wie nimmt man das in Liebe an, wenn man es nicht ändern kann/will? Eine Gebrauchsanweisung müßte her. Ich bastele an folgender:
Mit jedem Schatten korrespondiert eine Angst (eine Ebene höher gibt es nur die eine Angst, aber "hier unten" erleben wir das in viele unterschiedliche Ängste aufgesplittert). Diese Angst ist eine Illusion, wird aber erst dann als Illusion erkannt, wenn man sich ihr stellt. Stellt man sich ihr, löst sie sich auf, damit geht der Schatten von selbst.
Konkretes Beispiel: ich fühle mich oft wie eine "schlechte Mutter". Wenn ich Mütter sehe, die sich hingebungsvoll auf ihre Kinder einlassen, dann bekomme ich genauso Schuldgefühle wie zuhause, wenn ich spüre, dass ich mich vor meinen Kinder "schützen" will, weil sie mich vereinnahmen, aussaugen, brauchen. Ich hasse mich dafür. Ich will auch so lieb und geduldig usw. sein, ich will meine Kinder nicht zurückstoßen, aber es gelingt mir einfach nicht nachhaltig.
Bei dieser Betrachtungsweise spielt es - scheinbar - überhaupt keine Rolle, dass ich im Rahmen meiner Möglichkeiten das Beste versuche, dass ich sie pflege, wenn sie krank sind, niemals die Hand gegen sie erhebe, ihre Geburtstagsfeiern mit viel Mühe ausrichte, auf Schulkonzerte mitgehe, mit ihnen kuschle, ihnen die Tränen trockne usw. In mir verankert ist: Ich bin eine schlechte Mutter. Meine positiven Seiten sehe ich gar nicht und wenn, dann schiebe ich sie weg. Ein entsetzlicher Zustand.
Welche Angst steht dahinter ?: die Angst, vereinnahmt, gebraucht, eingesperrt, völlig in Beschlag genommen zu werden. Diese Angst spiegelt sich auf allen Ebenen, beruflich, partnerschaftlich, überall. Ich bin geradezu pathologisch freiheitssüchtig. Aber diese Angst ist nur vordergründig. Dahinter steckt etwas anderes. Wut auf mich selbst (Schuldgefühl), Wut auf die, die mich einengen und diese Wut ist ein "erlerntes" Ersatzgefühl für den abgewehrten Schmerz im Angesicht der Einsamkeit. Die Analyse allein hilft nicht weiter. Kein bißchen. Aber wenn man genau hinschaut, dann findet man korrespondierend zu der Wut über erlebte Einengung auch eine Angst, vor dem "sich ehrlich zum Ausdruck bringen und Grenzen abstecken", weil man befürchtet, nicht mehr lieb gehabt zu werden. So sehr ich mich z.B. bei meinen Kindern mit irrsinnigen Schuldgefühlen abgrenzen kann, so wenig kann ich das z.B. bei Fremden, die mir gegenüber ihre Grenzen überschreiten. Ich bleibe sehr lange viel zu freundlich , einfach, weil ich feige bin. Feige, weil "die könnten mich dann ja blöd finden" (aber ich will doch, dass mich alle mögen, - so ähnlich läuft das, ganz kindlich unbewußte Muster spielen da eine Rolle). Und da ist der Ansatzpunkt. Anstatt mich also in Schuldgefühlen zu baden ist der Weg hinaus der, mich dieser Angst zu stellen und dem Handwerker z.B. der was verbaselt hat, ganz klar sagen, dass das so nicht bleiben kann, anstatt wie üblich:"Ach, das ist nicht so schlimm.....").
Ich habe das jetzt ein paar mal ausprobiert, mit innerem Zittern und Herzrasen und siehe da, es war gar nicht so schlimm. Und interessanterweise hatte ich sofort weniger Abgrenzungsbedürfnis bei meinen Kindern. Es wirkt also, aber ich bin erst am Anfang. Wenn ich das Ding richtig geknackt habe, dann sag`ich Bescheid und/oder schreibe ein Buch.
Liebe Grüße
Katarina