(17) [...] will ich ohne Scheu bekennen, mit welch großer Liebe zu Pythagoras mich Sotion erfüllt hat. Er belehrte uns darüber, warum jener sich des Fleischgenusses enthalten habe (animalibus abstinuisset) und warum später Sextius. Jeder von ihnen hatte einen anderen Grund, aber beide einen edlen.
(18) Sextius glaubte, für den Menschen gebe es genug Nahrungsmittel ohne Blut, und Grausamkeit werde zur Gewohnheit, wenn das Zerstückeln dem Genuss dienen sollte. Er fügte hinzu, man müsse die Versorgungszufuhr für Völlerei unterbrechen. Er zog den Schluss, dass die Verwendung gewisser Lebensmittel der Gesundheit schädlich sei und unserem Körper fremd (varia est nostris aliena corporibus).
(19)Aber Pythagoras erklärte, es bestehe Verwandtschaft zwischen allen Lebewesen und dass die Seelen in immer andere Formen übergehen. Keine Seele, wenn man ihm Glauben schenkt, vergeht jemals, nicht einmal raste sie, es sei denn für kurze Zeit, bis sie in einen anderen Körper übergeht. Wir werden noch sehen, wann sie, nachdem sie mehrere Wohnstätten durchirrt hat, in den Menschenleib zurückkehrt. Einstweilen jage er den Menschen aber Furcht vor Frevel und Vatermord ein, da sie ja unwissentlich auf die Seele ihres [einstigen] Vaters stoßen und sie mit Messerstich und Biss verletzten könnten, wenn in einem Tier eine verwandte Seele wohne.
(20) Nachdem Sotion das ausgeführt und seine Argumente dargelegt hatte, sprach er: "Glaubst du nicht, dass die Seelen immer wieder in andere Körper versetzt werden und das, was wir Tod nennen, eine Wanderung ist? Glaubst du nicht, dass in diesen zahmen oder wilden Tieren oder Fischen, die Seele eines früheren Menschen wohnt? Glaubst du nicht, nichts vergehe in dieser Welt sondern welchsle lediglich seine Form? Und dass nicht nur Himmelskörper sich in bestimmten Kreisläufen drehen sondern auch Lebewesen bestimmte Veränderungen durchlaufen und ihre Seelen einem Kreislauf folgen?
(21) Bedeutende Männer haben es geglaubt. Darum sei nicht zu schnell mit deinem Urteil und lass dir alle Möglichkeiten offen stehen. Sind diese Worte wahr, so bedeutet die Enthaltung von Tierfleisch Schuldlosigkeit (abstinuisse animalibus innocentia est). Treffen sie aber nicht zu, so bringen sie Mäßigung. Worin besteht deiner Leichtgläubigkeit Schaden? Ich entreiße dir nur die Speise der Löwen und Geier."
(22) Das brachte mit dazu, mich tierischer Nahrung zu enthalten, und nach einem Jahr war es mir nicht nur selbstverständliche Gewohnheit, sondern auch angenehm. Ich glaubte mein Geist wäre beweglicher geworden. Doch kann ich es nicht mit aller Sicherheit sagen, ob es wirklich so war.