Sexualkraft - "Kundalini"

Wenn wir dann jetzt mal zur Kundalini kommen, dann müßten wir von Schläuchen sprechen. Schläuche, in denen etwas verläuft. Denkt an einen Feuerwehrschlauch: der Schlauch liegt da, ungefüllt, und ist platt. Wird er aber mit Wasser gefüllt, dann wird er prall, voll, und fühlt sich von außen sogar hart an, wenn der Druck innendrin groß genug ist.

Beim Feuerwehrschlauch ist der Schlauch die Materie, die das Element, das Wasser, umgibt. Gleichsam könnte man sagen, daß das Wasser "die Energie" ist, die den Schlauch füllt, denn Wasser transportiert ja eine bestimmte Energie, eine bestimmte Qualität. Leben zum Beispiel - ohne Wasser ist kein Leben auf Dauer möglich, es sei denn es steckt in einem Samen oder in einer Wurzel - makrobiotisch betrachtet.

Wenn man sich nun vorstellt, in den Feuerwehrschlauch flösse kein Wasser, sondern es schlängele sich darin eine Schlange, dann hat man ein schönes Bild um zu verstehen, wie Kundalini durch einen Kanal aufsteigt. Sie geht durch vorgegebene Bahnen, und diese heißen Ida (wie die Tante aus Bayreuth), und Pingala.

Sie sind strukturell aufgebaut wie eine zusammengedrehte DNS, laßt mal gucken:
http://www.trabajadoresdelaluz.com.ar/material/idaPingalaSushumna.gif
Wie Ihr seht heißt das Bildchen "IdaPingalaSushumna, wobei "Sushumna" der indische Begriff für den Mittelkanal ist:
http://www.vagyoga.com/images/motive/Vagyoga_Ida_Pingala.gif

Da. Sooo einfach.


Was wir da jetzt gesehen haben war eine zweidimensionale, also flache Darstellung - ein Längsschnitt, könnte man sagen. So als ob man den Menschen, vor dem man steht, einmal in der Mitte aufschneidet.

Jetzt müssen wir das Ganze in ein dreidimensionales Modell hineindenken, damit wir es dreidimensional in uns selber visualisieren können. Quasi wie eine Säule, die von unten aufsteigt, gaaanz sanft, und die es ermöglicht, aufrecht zu stehen und zu sitzen. Mit allen damit verbundenen Konsequenzen natürlich.

Wenn wir von der flächigen Vorstellung weggehen und in uns hinunterblicken in diese Struktur, die wir da visualisieren: der Chakrenkanal mit den leuchtenden Pompons, den Chakren, die vom Herzen aus mit rosanen Puscheln in der Peripherie verbunden sind (die Hände und Füße), und um die sich ein Geflecht aus einem aufsteigenden und einem absteigenden Ast harmonisch windet wie von Kunstschmiedhand gefertigt, dann erkennen wir, daß jeweils die Ida und die Pingala eine Art Ei bilden, welches jeweils ein Chakra umfaßt.

Das Chakra, könnte man sagen, ist das Eigelb und liegt in einer Schale wie eine kleine Sonne. Und die Eischale wird gebildet von Ida und Pingala. Das sieht man alles nur beim Betrachten, gell, mehr kann man auch nicht tun - zunächst. Aber: wenn dann Kundalini "zündet", dann kann man noch viel mehr: man kann die aufsteigende Energie des Kanals lenken, kann sie einzelne Körperbereiche beliebig füllen lassen, so daß die Wahrnehmung jedes Körperteils mit und mit gleich gelingt. Die Erhöhung der Aufmerksamkeit für den eigenen Körper steigt bei diesem Weg mit dem Aufsteigen der Schlange an, beginnend, von der Basis des Seins, welche nun einmal als die Grundvoraussetzung allen Seins überhaupt die Sexualität und die Sexualkraft sind. Oder im weiteren, spirituellen Sinne: die Zeugungs- und Schöpfungskraft, auf mehrdimensionalen Gebieten.
 
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Jetzt stellemer uns mal janz dumm und denken uns mal: wat stellt sich der Inder da vor, wenn er sich ein Chakra vorstellt? Er stellt sich "Sonnenräder" vor. Um aber diese Sonnenräder genau lokalisieren zu können, manifestiert er eine Lehre, um die Anatomie der Sonnenräder zu erklären. Man sieht: eine sehr frühe Form der Lehre, nicht mit dem Wunsch sich zu beweisen, sondern ausschließlich um den Schüler des Yoga einen ganz bestimmten Weg zu führen. Raumerfahrung im Inneren gehört sicherlich dazu, nicht nur durch das Atmen, sondern eben auch optisch-visuell, durch die Erweiterung des Sehorgans vom sinneswahrnehmenden Funktionsteil der menschlichen Sinn hin zum Gestaltungselement optisch-visueller Vorstellungsarbeit, modern würde man sagen "in der Phantasie". Nur: diese Bilder, die er da malt, setzt er eben in seinen Körper hinein, d.h. er visualisiert sie im Innern seiner Ganzheit, im Körper drin.

Anders zum Beispiel der Buddhist. Für ihn ist Buddha im Gegenüber, das Gegenüber ist also heilig. Das findet der Inder noch lange nicht, sondern der unterscheidet sehr wohl, zum Beispiel durch das Kastensystem. Da gibt es Menschen, die sind mehr oder minder heilig - für den Buddhisten gibt es sowas nicht, ebenso wenig für den Christen. Im Islam wird das, soweit ich einige Textstellen erinnere, anders gesehen. Da gibt es die Gottlosen, und Vergebung ist zunächst einmal nicht automatisch vorgesehen durch einen "Erlöser". Die message ist vielmehr: Mohammed ist der letzte Prophet und jetzt mach selbst. Und das führt dann zum Gottesstaat, wie man sah und sieht. Tja - in Indien war das ähnlich, zu den Zeiten von Hochkulturen. Das waren ebenfalls Gottesstaaten, auch in China war das so, Mao Tsetung hatte wohl als Letzter in einer jahrtausendelangen Tradition dort die Macht "Gottes".

Sollte man die Gabe haben mitzudenken, dann erkennt man jetzt: "Gott": Vorsicht. Es ist noch lange nicht alles Gott, was glänzt. Hier liegt, denke ich, das Mißverständnis: wenn man sich auf eine Energie einläßt, die "göttlich" genannt wird, dann darf man nie vergessen, daß dieses Wörtlein "göttlich" für jeden etwas Anderes ist. Es gibt sogar Menschen, bei denen führt der Gedanke an die eigene Göttlichkeit zu einem Ausbruch erheiterten Lachens. Da sieht man, wie ernst man alles nehmen kann, was im Geiste so geschieht.

Wenn man also "verbissen", oder verhakt in Bestrebungen, daß etwas so oder so sein müsse, in eine Beschäftigung mit einer "göttlichen" Energie hineingeht, dann tut man sich nicht wohl. Sozusagen. Daher wollen wir dem Kiefer, der sich ja verspannt, wenn man sich verbeißt, im Moment etwas Aufmerksamkeit widmen. Und uns vorstellen, unsere Zunge würde im Inneren eines Schlangenkopfes herumtasten, während wir die Zähne leicht geschlossen haben und genau bemerken, daß wir unten am Kinn jede Menge Muskulatur versteckt haben, die wir noch gar nicht kannten.
 
Und dann ist da diese unendliche Frage: wie kriege ich sie denn an, diese Energie?

Egal um welche Energie es sich dabei handelt, es ist immer die Frage, wie man sie anbekommt, und wenn man sie anbekommen hat ist die Frage, wie man sie beherrscht. Zum Beispiel, wie man sie eindämmen, leiten, forttragen kann.

Grad mal so, wie der Mensch, der das Feuer erfindet: er muß das Flämmlein züngeln sehen, und wahrscheinlich muß er eine große Angst vor dem Qualm überwinden, denn er weiß ja: das ist Waldbrand. Er weiß aber auch, wie lecker die Tiere riechen, wenn ein Wald gebrannt hat, und er überlebt hat, aber die Tiere nicht. Und von daher will er's nachahmen.

Er denkt also: hm, wenn's brennt, ist es heiß. Dann guck ich doch mal, wie ich es sonst noch auf eine andere Art und Weise zu einer Hitze bringen kann. Und er nimmt sich eine trockene Rinde und einen Stock, und reibt denselben solange, bis er sein Feuer gefunden hat.

Tja, man denkt zurecht: so etwas erfindet man nur, wenn man Zeit hat. Der Inder hatte Zeit. Also fand er Wege, sein inneres Feuer zu entfachen. Und dieser Wege gibt es mehrere, nicht nur aus Indien, sondern auf der ganzen Welt. Da kann man mal sehen. Das innere Feuer. Jaha.


So wie der Mensch beim Feuererfinden vorgeht, so muß man es auch im Inneren tun: man muß ein Werkzeug anwenden, um sie, die Energie, zu entfachen. Sprache ist so ein Werkzeug, also zum Beispiel Geschriebenes. Oder aber auch einzelne Worte, Mantren, zum Beispiel ausgedrückt als fernöstliches Symbol. Durch diese Worte, also letztlich durch die Namen der Energien, werden dieselben geweckt. Es ist grad so, wie wenn man jemanden weckt: man spricht seinen Namen. So kann man die Energie sozusagen "rufen", und mit Symbolen werden diese Energien ritualhaft dann in sogenannten "Einweihungen" weitergegeben.

Dat wär mal das, wo man nix für kann, ne, dat Wort. Dat weckt so ziemlich Alles, was geweckt werden will und kann. Es ist der Motor für die Evolution des Menschen in vielerlei Weise: als Sprache, als Ausdruck, als Beleg, Siegel, und so weiter. Es prägt uns ganz tief in uns drin, das Wort. Zuerst mal: unser Name. Mit dem werden wir meist ganz zu Beginn des Lebens konfrontiert. Der ist also quasi auch eine Art Wurzel, der Name. An den kann man sich halten.


Eine andere Erweckungsmöglichkeit stellt die Bewegung dar. Wir haben ja gesehen, daß innendrin eine Säule ist, in der eine Welle rotiert: sie dreht sich wie Bohrkern, und ist in sich spiralisierend verdreht. Die Energie in ihr fließt gleichermaßen hinaus wie hinab. Das macht sie zur "Säule", sie ist "stabil".

So denkt sich der Inder das, so visualisiert er es und so gibt er es eben weiter. Kann man nicht ändern. Jetzt kann man sich leicht vorstellen: damit sich die Welle dreht, muß eine Kraft aufgewendet werden. Und die muß irgendwo herkommen. Und jetzt ist's so: wir haben die Möglichkeit, für diese innere Bewegung sehr viele Quellen auszuwählen. Man kann zum Beispiel einfach mal die Hand drehen, und zwar nachdem man sich vorgestellt hat, daß diese Spiralen im Mittelkanal, die sich da drehen, durch die rosanen Fäden aus dem Herzen bis in die Hände ausbreiten. Die sprängen da quasi raus, wenn man sie vorher hineindrücken würde. Flupp, guten Tag. Einfach so, durch die Visualisierung und die Absicht es zu erleben, erlebt man es. Die Welle aus dem Inneren breitet sich aus, auch wenn "Welle" hier zunächst noch keine Wasserwelle ist, sondern eine vorgestellte, aufrechte sich drehende Säule, welche den Himmel mit der Erde verbindet. Und man selber steckt da so drin wie eine auf einen Käsewürfel gespießte Traube.

So kann man durch eine geistige Bewegung, also durch das Herausspiralisieren der inneren Spirale nach außen, sehr einfach die Energie schön in Fluß halten und immer in Bewegung bleiben. In winziger, kleiner, langsamer Bewegung, im Fluß also. Wie Worte, die perlen, genauso ist dann der Körper. Er geht wie ein Teig mit Hefe immer weiter nach außen. Ziel: Entfalten. Wachsen. Gerade werden eben. Dat wollte der Inder, fand der schick.
 
nuja, was kann man noch machen? Man kann sie beatmen, ne, die gute Schlange, damit sie in die Gänge kommt. Wie macht man es zum Beispiel? Als gute Hausfrau stelle man sich einen Trichter vor, und zwar in der eigenen Halskrause steckend. So richtig mittendrin, da wo' eng ist. In diesem Trichter drin steckt der Kopf. (Es ist grad so wie die Halskrausen, die Tiere bekommen, damit sie sich nicht am Ohr oder im Gesicht kratzen können, nur ist der Trichter bei uns eben nach oben geöffnet.)

Und da oben in den Trichter, da atmet man mal hinein. In das Bild hinein, in den Trichter atmen. Und dann mal dem Atem folgen: wie lang reicht eigentlich das untere Ende des Trichters im Körper hinab? Ist der Ausfluß des Trichters in der Mitte am Ende nur so lang wie die Dinger in der Küche? Oder geht es hinab bis zum Hosenboden? Wie tief geht der Atem?

Wenn er bis zum Hosenboden geht, dann hat man die Mittelsäule einmal freigeatmet. Einfach nur durch das Anwenden der Visualisierung eines Küchentrichters, toller Trick.

Jetzt ist Folgendes: wenn der Mittelkanal dann frei ist, dann ist das, als ob man schwebe. Der Kanal ist ja frei, da ist kein Halten nach oben oder unten, der Körper mit diesem Kanal, der schwebt. Et ist wie geboren werden am Vogel. Festgekettet an einem Adler, da merkt man nicht, daß es Erdanziehung gibt. Man hängt einfach. Und genauso ist das, wenn man gerade ist. Nur ist man dabei eben aufrecht. Deshalb kann man ja dann auch gefahrlos hängenlassen.

Man schwebt also. Und stellt eines fest: hups, da ist ja eine kreisende Bewegung. Alternativ kann man die auch mal selber machen, diese kreisende Bewegung - das wäre dann aber Arbeit mit Chi. Einfach mal gucken: da liegt eine Schlange da unten im Leib, so ein Ring ist da, der zieht den Hosenboden gerade herunter. Und wenn man diesen Ring mit der Aufmerksamkeit abfährt, dann ergit sich eine kleine, klitzekleine Bewegung. Und die kreist genau um das Damm-Zentrum, um's Wurzelchakra herum. Um diesen dicken Muskel da unten, am Beckenboden. Da, wo vorne der Herrgott die Mumu und den Schniepi angebracht hat.

gute Nacht, Engelchen
 
Säule - da ist sie, und in ihr turnt Kundalini auf und ab, ohne daß man es bemerkt. Ist die Säule nicht, dann bemerkt man Kundalini nicht, solange sie nicht erwacht ist. Wenn sie aber erwacht ist und die Säule ist nicht, dann kann es kommen, daß man sich unwohl fühlt. Denn man fühlt: da innendrin ist etwas, das bewegt mich. Aber man kann nicht Herr über diese Bewegung werden und fühlt sich gestoßen und gebeutelt. Das erschöpft.

Und dann fühlt man sich krank, hadert ob dieser Energie: warum hat man sich nur mit ihr eingelassen? Wenn man das wieder in den Griff bekommen will, dann benötigt man ein Gerüst, an das man sich halten kann, und im Falle einer energetischen Lehre ist es immer die Lehre, die diesen Halt geben kann. Energie selber gibt nämlich keinen Halt, sie ist ja in Bewegung, fluide, kann verschoben und angepaßt werden und ist oft da, wo man sie gar nicht vermutet hätte. Wo man sie dagegen haben möchte, da ist sie nicht.

Das will man ändern, man will, daß Kundalini gerade den Mittelkanal hochsteigen kann und sich von dort aus spiralförmig und selbständig im Körper weiter ausbreitet. Wie erreicht man das? Nur durch Übung, und durch Disziplin. Kurz: Meditation, aber zu einem bestimmten Zweck, mit einem Ziel, einem Inhalt. Man würde das dann Kundalini-Meditation nennen.

Schlimm ist's, wenn ein Mensch der Kundalini ausgeliefert ist mitunter dann, wenn irgendwo im Bewegungsapparat Blockaden vorhanden sind. "Sie" lebt davon, daß sie sich Wirbelkörper für Wirbelkörper, Bandscheibe für Bandscheibe im Körper hochturnt und so die Säule im Menschen entfaltet und dann im zweiten Schritt auch den Körper, den diese Säule in der Sicht des Inders mit Energie speist. Mit Kraft, mit Strom, Spannung und Stärke.

Normalerweise heben wir unachtsam unsere Hand einfach so hoch, und dann senken wir die Hand wieder herunter. Dann bewegen wir unsere Extremität ohne Verbindung zum Zentrum. Die Schlange, die unten im Becken ruhte, und hochgeklettert ist und wieder hinunter, und jetzt in diesem Auf und Ab kreist, ohne daß wir es wahrnehmen, greift dann nicht durch bis in die Hand, sondern die Hand hebt sich separat, ohne Verbindung zum Körperinneren.

Alternativ kann man die Aufmerksamkeit auf ein kleines Kreisen im Bauch richten, das dort entsteht, weil Kundalini sich dreht. Es kreist im Inneren des Körpers, im Sexualchakra, im Uhrzeigersinn, liegend wie eine Uhr im Körperinneren. Flach, horizontal liegt diese Uhr da, und der Zeiger geht im Uhrzeigersinn herum und verursacht so die Drehung der Kundalini im Körper. Da ist also ein kleines Kreisen.

Wenn man das mal annimmt und aktiv mitmacht, dieses Kreisen, einfach nur im Unterbauch via geistige Absicht, es zu verfolgen, dann hat man eine Dynamik in sich entfacht. Man kann es deutlich spüren: da kreist etwas im Unterbauch. Man kann es sehr schön hier lernen:
http://www.youtube.com/watch?v=1BxffCADpjE&feature=related
Der Herr dort lehrt das Circling Chi Kung, eine Übung, um die Säule des Mittelkanals zu entwickeln und sie mit dem gesamten Körper zu verbinden. Von Innen heraus entsteht und geschieht die Bewegung im Außen, er zeigt es hervorragend und man sollte einfach mal mitmachen. Der "Kanal", der hier trainiert wird, ist der gleiche Kanal, in dem Kundalini aufsteigt. Bei diesem Herrn da im Video steht sie geradezu, ist voll entfaltet, und daher kann er diese lockeren Bewegungen machen. Was sich dort dreht, ist, kann man durchaus sagen, die Kundalini. Denn die chinesischen Lehren rund um das Chi sind ja aus dem Yoga entstanden. Sie sind also eine Art "Weiterentwicklung", in einem anderen Volk. Sie nennen das in China kurz "Chi", wobei Chi alle Qualitäten haben kann, die auch Kundalini haben kann. Chi beinhaltet als Kundalini, ist aber nicht ihr Weg. Der Weg des Chi ist ein Anderer, aber zum Kennenlernen des Kanals und der kreisenden Bewegung im Inneren des Körpers ist die Lehre vom Chi ohne Zweifel weiter fortgeschritten.

Wenn man also das Gefühl hat, daß Kundalini einen irgendwo drückt und zwickt und daß man nicht "hochkommt", dann kann das Circling Chi Kung eine gute Vorübung zu sein, um dann in der Sitzmeditation mit bereits im Fluß geratenen Chi sich ganz auf die Energie im Unterbauch zu fokussieren und ganz aus dem Sexualzentrum heraus "zu blühen", wie eine Blume. Allein reduziert auf die Fähigkeit, ein Lebenwesen zu sein, fähig sich fortzupflanzen wie ein Baum oder eine Biene oder eben eine Blume. Als Stück Natur, würde der Inder sagen. Sein in der Natur als Natur, bloß, nackt, ohne geheime Zutat. Aber innendrin, da kreist es, im Unterbauch, im Uhrzeigersinn um sich selbst herum.
 
Wenn man dann mal so sitzt, gelockert in den Gelenken, frei in einer Schwingungsfähigkeit der Gelenke und Muskeln, unverspannt und frei, dann bemerkt man oft: ach, guck an, ich bin ja krumm und schief. Und zwar da, und dort auch, und da hinten ebenso. Ja sowas.

Dann hat man mit der Kundalini eine Art Gegenmittel gegen diese Stellen im Körper, die nicht voll entwickelt sind, nicht vital, nicht an der Bewegung des Moments beteiligt und die dunkel und unbekannt erscheinen, wobei man Schmerzen in ihnen vermutet.

Normalerweise bewegt man diese Stellen nicht, sondern man bewegt sich um sie herum. Man könnte sagen, daß man eine Schonhaltung hat, um den Kontakt mit diesen Stellen im Körper zu vermeiden. Wenn wir in der Kundalini-Meditation ja aber jetzt die Säule kennen, wenn wir den kleinen kreisenden Motor im Unterbauch angeworfen haben und bemerken, daß sich immer wieder neue Energie von unten nachschiebt und daß immer gleichzeitig genauso viel Energie herabperlt - hinten herauf und vorne herab - dann haben wir ja vielerlei Möglichkeiten, diese Stellen zu erreichen.

Wir könnten zum Beispiel uns das Kreisen im Unterbauch vornehmen und uns vorstellen, wie sich eine Spirale durch den Körper entwickelt, genau in diese Stelle hinein. Wie ein Schlauch, der sich innendrin auftut, von einer Waschmaschine. Und dann können wir beobachten, vielleicht können wir es sogar als Kribbeln im Körper spüren, wie entlang dieser Spirale aus dem Unterbauch Energie in diese "tote" Stelle fließt, so als ob ein Ballon mit Wasser gefüllt würde. Ganz ohne unser Zutun beobachten wir dann, wie diese Stelle sich füllt, wie die Dunkelheit in der Stelle verschwindet und wie sie leicht, durchsichtig und kristallklar wie Wasser wird. Leitfähig, und doch ohne Widerstand. So fühlt sie sich an.

Wir könnten auch zur Trichter-Vorstellung zurückgehen, ein Trichter, der in unserem Mittelkanal steckt und dessen Rohr immer bis ganz unten, hinab bis in die Wurzel reicht. Wir können den Trichter verschieben nach oben oder nach unten auf diesem Mittelkanal, und überall wo wir möchten können wir Wasser in den Mittelkanal schütten. Wir können also Kundalini "tränken", sie bewässern, denn sie will trinken. Irgendwann hat sie genug Wasser, und dann fühlen wir uns doch tatsächlich selber so, als hätten wir etwas getrunken. Wir sind innendrin etwas praller geworden, die "Kraft" ist gestiegen.

Wenn wir auf geistige Arbeit mehr verzichten möchten, dann können wir auch einfach hinunteratmen, den Mittelkanal herab bis in die Wurzel. Wir können dafür entweder als Einstiegsbild einen Trichter wählen, oder aber wir atmen ganz einfach von den Naseneingangslöchern beginnend ein und bleiben mit unserer Aufmerksamkeit immer da vorne an der Nasenspitze. Zum Teil. Der andere Teil der Aufmerksamkeit nimmt wahr, wie sich der Druck, welchen das Einatmen im Körper verusacht, bis unten in die Wurzel fortsetzt. Sitzt man aufrecht auf einem Stuhl, dann kann man fühlen, wie sich die Dammmuskulatur, also das Zentrum des Beckenboden, nach unten wölbt. So kann man den untersten Druckpunkt erreichen.
Dann: der Säule obendrüber bewußt werden, wie der Atem sie herstellt. Und dann das Kreisen wieder bemerken, das sich um diese Säule herum und in ihrem Inneren gleichermaßen befindet. Ein leichtes Kreisen, im Uhrzeigersinn.
 
Wenn ich bisher schreib "rechtsherum", dann ist das Yang, Strahlen, in Gang kommen quasi. Yang bringt Bewegung, während Yin sie oder sich sammelt. Das sind die beiden Tendenzen, die entstehen, je nachdem wie herum man die Drehung der Säule im Inneren und besonders im Bauchraum betrachtet. Rechtsrum - Linksrum. Yang - Yin.

Weil wir gerade erst mit der Kreiserei beginnen, fangen wir mit Rechtsherum an, denn wir wollen erst einmal in Bewegung geraten. Wichtig ist zu verstehen, daß beide aber gleichwertig nebeneinander existieren, und daß sie sich mehr theoretisch denn praktisch unterscheiden.

Viel Wichtiger als die Theorie über diese Tendenzen oder auch Pole ist nämlich die Energie, welche von beiden Tendenzen bewirkt wird. Betrachtet man es beim Kreisen der Schallplatte da im Unterbauch, dann fällt auf, daß sich die Platte auf der rechten Seite nach hinten bewegt, wenn man rechtsherum kreist. Die Energie wird also von rechts vorne nach rechts hinten bewegt, so daß der Popess rechts hinten auf den Stuhl heruntergezogen wird.
Dreht man dagegen links herum, wird dementsprechend die Energie aus dem linken Vorderbauch nach hinten ins Becken geschaufelt, so daß sich dieses "setzt". So bekommt man dann auch ein schönes, seitengleich bewegliches Becken, das entspannt am Oberkörper hängt und diesen nicht tragen muß. Das tun die Füße, genauer die Fußsohlen, das Becken ist also "Teil der Kathedrale" und hängt am Ehesten wie ein Kronleuchter von der Kuppel des Brustkorbs herab.

:rolleyes: Man sieht: bei Kundalini gibt es Bilder über Bilder. Und um innerhalb derselben nicht durcheinander zu geraten ist es gut, wirklich gute Bilder zu kennen. Denn Visualisierung ist im Umgang mit Energie das A und das O in Einem. Visualisiert man nicht akkurat, dann droht die Anarchie der Energien im Innern. ;)
 
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Nun also, man sieht:

man ist ihr keineswegs ausgeliefert, dieser Energie. Man kann mit ihr arbeiten und muß lernen, sie zu zähmen. Tut man es nicht, wird die kluge Schlange zur blöden Ziege und dann bockt sie und blökt und gibt sauere Milch. So einfach ist das, selbst Autofahren muß man lernen, warum sollte das im Umgang mit dem eigenen Körper und beim Bewegen des eigenen Körpers auch anders sein. Man muß Bewegung "lernen", das wissen Viele nicht. Lernt man es nicht, dann bewegt man sich einfach so - und kommt dadurch auch immer nur hierhin und dorthin, ohne je ganz frei im eigenen Körper zu werden.

Wat sacht man noch? In einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist. Man sagt das genausogut andersherum: In einem gesunden Geist wohnt ein gesunder Körper. Man versteht hoffentlich, daß es da kein richtigherum oder falschherum gibt in dieser Aussage, sondern daß sich Beides gleichermaßen bedingt. Viel interessanter ist es meines Erachtens, folgende Frage zu beobachten:

wie wohnt denn überhaupt der Körper im Geist, bzw. wie wohnt denn der Geist im Körper? Wie sieht diese Wohnung auf, wer räumt da auf, wer putzt, kocht, wäscht, macht den Abwasch? Wer streicht regelmäßig die Wände und macht alles neu? Wer kauft ein und überprüft, daß kein Schmuh oder nicht zuviel oder eine hohe Qualität eingekauft wird?

Wenn man den Verbund von Körper und Geist auf diese Weise mal als Haushalt betrachtet, dann fällt auf, daß jeder Haushalt eine Energie hat, mit der gehaushaltet wird. Jetzt wäre das zu einfach - aber deutlich zu einfach - wenn man einfach sagen würde: es kommt immer genug Energie nach, man muß nicht sparen oder haushalten, man muß im Gegenteil immer mehr wollen und immer mehr fliessen lassen. So hört man es ja oft. Das ist, wie gesagt, viel zu einfach gedacht und nicht bis an's Ende, also an den Tod heran verfolgt.

Es ist ja so: ganz offen für jeden sichtbar geht beim Tod etwas zuende. Es geht eben nicht "die Energie" weiter in den Tod hinein, meint der Inder, sondern die sogenannte "Essenz" eines Wesens. Man kann es sich vorstellen wie ein Mikrofilm, auf dem die essenziellen Daten einer Wesenseinheit gespeichert sind, die weiterreist auf einem Weg hinein in's Nirwana. Immer wieder, zwischen den Leben, geht es in diesen großen Kreislauf ein, verläßt das eigene, innere Kreisen in der lebbaren Welt und wird Teil dieses Großen, das Athman, wie der Inder sagt. Er meint damit den großen "Übergeist", der die Seelen (würden wir sagen) aufnimmt und ans andere Ufer bringt. Der Vater, Gott, dieser Aspekt ist Athman.

Es geht also etwas zu Ende, Leben geht zur Neige, und damit offensichtlich auch seine Energie. Man sieht es beim Betrachten eines Toten: da ist noch Materie, aber keine Energie mehr, die Leben anzeigen würde. Es ist noch das Fleisch da, aber das Wesen und sein Ausdruck sind bis auf den letzten Gesichtsausdruck weg.

Man sieht also: Energie kann versiegen. Sie kann verschwinden und woanders hingehen. Daß immer wieder Energie nachkommt, bis in die Unendlichkeit von Menge und Zeit hinein, ist also gewissermaßen eine theoretische Aussage, die aus einem begrenzten Denken stammt. Energien gehen also durchaus zu Neige, Geld zum Beispiel ist eine Energie, die zur Neige gehen kann.

Man kommt also, sobald man mit Energien arbeitet, selber in's Spiel. Man muß selber etwas tun, damit die Quellen geöffnet bleiben, oder damit sie geöffnet werden. Wenn man einfach nur stupide dahockert, dann kann auch nicht wirklich viel passieren. Achtet man dagegen auf das kleine Kreisen im Unterbauch, dann passiert jede Menge. Und wem dient es? Der sogenannten Salutogenese. Das ist etwas, das der Inder schon kannte und das in unserer Zivilisation in den letzten Jahren doch tatsächlich auch entdeckt wurde. (Daran sieht man, wie weit diese unsere Gesellschaft tatsächlich im Moment entwickelt ist: im Vergleich mit dem Inder malen wir noch auf Felswänden mit Kreide herum.)
 
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